Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth v*****, vertreten durch Dr.Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Land Steiermark, vertreten durch Dr.Rudolf Griss und Dr.Gunter Griss, Rechtsanwälte in Graz, wegen 170.839,08 S sA und Feststellung (Streitwert 140.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. September 1995, GZ 5 R 95/95-104, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die klagende Waldeigentümerin und Eigentümerin zweier Eigenjagdreviere nahm das Land Steiermark aus dem Rechtsgrund der Amtshaftung wegen Wildschäden in ihrem Forst auf Zahlung von 170.839,04 S sA sowie auf Feststellung der Haftung für alle weiteren derzeit noch nicht ziffernmäßig festlegbaren Wildschäden, welche ihre Ursache in einem vor Klagseinbringung (31.Dezember 1987) liegenden Zeitpunkt haben, in Anspruch.
Die grundlegenden Rechtsfragen wurden im ersten Rechtsgang in der Vorentscheidung 1 Ob 17/92-47 = Jus-Extra OGH-Z 1164 gelöst, im zweiten Rechtsgang waren im wesentlichen nur mehr noch offene Tatfragen zu klären.
a) Zu der von der Klägerin behaupteten rechtswidrigen Unterlassung (von Maßnahmen gegen eine zu hohe Wildhege) von Landesbehörden vertrat der erkennende Senat im ersten Rechtsgang die Auffassung, eine Verpflichtung zum amtswegigen Einschreiten nach § 56 Abs 1 stmk.JagdG 1954 (nun § 61 stmk.JagdG 1986) werde jedenfalls dann bestanden haben, wenn eine Waldverwüstung iSd § 16 Abs 2 lit.c ForstG vorgelegen und der Bewuchs somit offenbar einer "flächenhaften Gefährdung" durch die Wildhege ausgesetzt gewesen sei. Zutreffendenfalls werde durch Einholung eines Gutachtens eines Jagdsachverständigen zu prüfen sein, ob Anordnungen nach § 56 stmk.JagdG 1954 eine weitere Waldverwüstung hintangehalten hätten, bejahendenfalls in welchem Raum sie anzuordnen gewesen wäre.
Im zweiten Rechtsgang stellten die Vorinstanzen nach Einholung eines forstwirtschaftlichen Gutachtens (vgl die Zusammenfassung ON 65 AS 465) fest, bei einer großflächigen Beurteilung der gesamten Kulturflächen sei es bis 1986 nicht zu einer flächenhaften Gefährdung des forstlichen Bewuchses durch jagdbare Tiere gekommen, bei kleinflächiger Beurteilung seien zwei Teilflächen im Ausmaß von 1,2 und 2 Hektar durch jagdbare Tiere, insbesondere Rotwild, in ihrem forstlichen Bewuchs flächenhaft gefährdet worden, doch fehle es an der Kausalität eines allenfalls schuldhaft rechtswidrigen Organverhaltens, weil die Schäden weder durch eine Wildverminderung nach § 56 stmk.JagdG 1954 noch bei antragsgemäßer Genehmigung der Abschußzahlen verhindert worden wären. Nach einer von der Klägerin im Rechtsmittel als "Kernsatz" relevierten Darlegung der Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofs mußte die durch eine Wildgattung geschädigte Land- und Forstwirtschaft keineswegs in jenem Gemeinde- oder Jagdgebiet liegen, für das die Verminderung des Wildstands iSd § 56 Abs 1 stmk.JagdG 1954 angeordnet wurde oder anzuordnen war. Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch der Klägerin infolge unterlassenen amtswegigen Einschreitens zur Verminderung einer Wildgattung in einem Gemeinde- oder Jagdgebiet war aber, daß die flächenhafte Gefährdung des forstlichen Bewuchses in der Forstwirtschaft der Klägerin auftrat. Die Vorinstanzen mußten nicht alle Forstwirtschaften im Sprengel der behauptetermaßen rechtswidrig untätig gebliebenen Behörde in ihre Untersuchungen miteinbeziehen. Denn vom Rechtswidrigkeitszusammenhang des § 56 Abs 1 stmk.JagdG 1954 ist unabhängig davon, in welchem Gemeinde- oder Eigenjagdgebiet die Wildgattung zu vermindern wäre, nur derjenige geschützt, in dessen Forstwirtschaft Wildschäden auftreten, nicht hingegen der nicht gefährdete Waldeigentümer. Zu einer großräumigen, den gesamten Jagdbezirk Judenburg miteinbeziehenden, revierüberschreitenden Betrachtung des Schadensverlaufs bestand damit entgegen dem Rechtsmittelvortrag kein Anlaß.
§ 16 ForstG bestimmt weder für die Gefährdungsintensität noch für die gefährdete Waldfläche Mindestgrößen. Der Vorschlag einer Mindestgröße von 0,5 ha im Wirtschaftswald und 0,2 ha im Schutzwald (RV 1985) wurde vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Daher haben sich die vollziehenden Behörden um eine für alle Verursacher objektiv gleiche Ermessensübung zu bemühen, die an den Grundsätzen des § 12 ForstG und an der Art der spezifischen Gefahr zu orientieren ist (Bobek/Plattner/Reindl, ForstG2 § 16 Anm 6). Ab welcher Schädigung eine flächenhafte Gefährdung vorliegt, entzieht sich infolge dieser Einzelfallbezogenheit einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage im Bereich des Amtshaftungsrechts.
b) Der Oberste Gerichtshof führte im ersten Rechtsgang aus, Unvertretbarkeit der Rechtsanwendung liege bei der Entscheidung über den Wildabschußplan 1983/84 vor. Nun steht aber fest, es hätte keine Auswirkung auf die Wildschäden im Revier gehabt, wäre der Klägerin im Jagdjahr 1983/84 der beantragte Abschuß von 15 Stück Rotwild statt der bewilligten 13 Stück genehmigt worden.
c) Zur Wildstandsverminderung 1986 steht schon seit dem ersten Rechtsgang fest, daß die vom Verwaltungsgerichtshof als verfehlt beurteilte Anordnung der Bezirksverwaltungsbehörde, die Verminderung des Wildstands von der Erfüllung des Pflichtabschußplans abhängig zu machen, auf vertretbarer Rechtsauffassung beruhte.
d) Zur bescheidmäßigen Genehmigung der Errichtung und des Betriebs der Rotwildfütterungsanlage in einem anderen Eigenjagdrevier führte der erkennende Senat im ersten Rechtsgang aus, es werde der Sachverhalt vorerst mit den Parteien gemäß § 182 ZPO zu erörtern und die Klägerin aufzufordern sein, anzugeben, worin sie die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheids der steiermärkischen Landesregierung erblicke und, da die Bescheide nach dem Zeitraum liegen, für den die Klägerin ein Leistungsbegehren stellt, aufzuklären, ob ein Schadenseintritt bisher nicht erfolgt sei, obwohl die Schadensträchtigkeit der Handlungsweise der Organe der beklagten Partei gegeben gewesen sei. Nur in letzterem Fall wäre die Einbeziehung dieser Schadensquelle ins Verfahren möglich. Die zweite Instanz vertrat nun die Auffassung, die Klägerin habe die nötige Aufklärung nicht geleistet; auch sei die Genehmigung nicht schadenskausal. Jedenfalls liege kein Verschulden der Organe der beklagten Partei vor, weil ua auch die Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft und die Bezirksforstinspektion eine Winterfütterung des Rotwilds - gerade zur Verminderung des Winterverbisses - , als notwendig erachteten, den Standort als äußerst geeignet betrachtet hätten und Wildschäden in der Vergangenheit nicht hätten festgestellt werden können. Gegen diese Beurteilung eines fehlenden Verschuldens wird im Rechtsmittel nichts vorgetragen.
Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist das Rechtsmittel zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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