Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer und die fachkundigen Laienrichter Univ.Prof.Dr.Franz Schrank und Herbert Wolf als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Friedrich O*****, vertreten durch Dr.Peter Karl Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Arbeitsamt S*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien und des auf Seite der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dr.Bertram M***** als Masseverwalter im Konkurs der B***** GmbH, ***** wegen S 249.751,25 netto sA Insolvenz-Ausfallgeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.Mai 1995, GZ 12 Rs 50/95-16, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Jänner 1995, GZ 19 Cgs 1/94-12, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war ab 1.9.1988 bei der später in Konkurs verfallenen Gemeinschuldnerin beschäftigt. Bei der im September 1991 erfolgten Musterung äußerte der Kläger den Wunsch, seinen Präsenzdienst in der Kaserne St.Johann i.P. ableisten zu wollen. Es war vorgesehen, daß der Kläger seinen Präsenzdienst ab 1.10.1992 ableisten sollte. Im Frühjahr 1992 ersuchte der Betriebsleiter der späteren Gemeinschuldnerin den Kläger, die Ableistung des Präsenzdienstes nach Möglichkeit zu verschieben, da im Betrieb viel Arbeit sei. Der Kläger ersuchte daraufhin mit Schreiben vom 30.6.1992 um Verschiebung des Einberufungstermines, Bekanntgabe eines neuen Einberufungstermines und um Beantwortung der Frage, ob er in der gewünschten Kaserne einrücken könne. Mit Schreiben der Ergänzungsabteilung des Militärkommandos Salzburg vom 6.7.1992 wurde dem Kläger mitgeteilt, daß er für den Einberufungstermin Oktober 1993 in der gewünschten Kaserne vorgesehen sei und ihm der Einberufungsbefehl noch zeitgerecht zugestellt werde. Dieses Schreiben des Militärkommandos übergab der Kläger noch im Juli 1992 dem Betriebsleiter.
Am 18.5.1993 wurde über das Vermögen der Dienstgeberin des Klägers das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger erklärte am 8.6.1993 seinen berechtigten vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis gemäß § 25
KO.
Am 18.8.1993 wurde dem Kläger der Einberufungsbefehl zur Ableistung des Grundwehrdienstes ab 1.10.1993 zugestellt.
Der Kläger beantragte bei der beklagten Partei, ausgehend von dem seiner Ansicht nach bei der Bemessung seiner Entgeltforderungen zu berücksichtigenden Kündigungs- und Entlassungsschutz nach § 12 APSG die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld ua auch für einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 9.6. bis 30.9.1993 und vom 1.4. bis 27.5.1994, Urlaubsentschädigung für 62 Werktage sowie auf anteilige Sonderzahlungen bis 30.9.1993.
Die beklagte Partei gab diesem Antrag nur hinsichtlich einer Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 9.6. bis 2.7.1993, einer Urlaubsentschädigung für 27 Tage und anteiligen Sonderzahlungen für die Zeit vom 1.1. bis 2.7.1993 statt. Die darüber hinausgehenden Ansprüche des Klägers wies es mit der Begründung ab, daß dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche anteilsmäßig lediglich bis zum Ablauf der fiktiven dreiwöchigen Kündigungsfrist nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag, somit bis zum 2.7.1993, zustünden.
Gegen den anspruchsabweisenden Bescheid richtet sich die Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, dem Kläger weiteres Insolvenz-Ausfallgeld von S 249.751,25 netto sA an restlicher Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und anteiligen Sonderzahlungen zu zahlen. Der Kläger vertritt dazu die Ansicht, daß bereits durch die Übergabe des Schreibens des Militärkommandos Salzburg vom 6.7.1992 an den Betriebsleiter der Kündigungs- und Entlassungsschutz nach dem APSG ausgelöst worden sei, weshalb dieser besondere Bestandschutz bei der Berechnung der ihm noch zustehenden Entgeltforderungen zu berücksichtigen sei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und verwies insbesondere darauf, daß der Kündigungsschutz nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 12 Abs 1 APSG erst mit der Zustellung des Einberufungsbefehles beginne. Da der Kläger bereits zuvor vorzeitig ausgetreten sei, komme der für Präsenzdiener vorgesehene besondere Kündigungsschutz nicht mehr zum Tragen. Bei dem Schreiben des Militärkommandos Salzburg vom 6.7.1992 habe es sich lediglich um einen sogenannten "Bereitstellungsschein" gehandelt, somit um keinen Bescheid, welcher unmittelbare Rechtswirkungen nach sich ziehe. Dieses Schreiben sei nicht geeignet gewesen, den besonderen Kündigungsschutz für Präsenzdiener beim Kläger auszulösen.
Das Erstgericht schloß sich der Rechtsmeinung der beklagten Partei an und wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage nicht zu. Die vom Kläger angestrebte Analogie komme nicht in Betracht. Nach dem aus dem Wortlaut des § 12 Abs 1 APSG eindeutig erkennbaren Willen des Gesetzgebers sollte der Kündigungs- und Entlassungsschutz mit der Mitteilung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber über die Zustellung des Einberufungsbefehls, der allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung oder der Zustellung des Zuweisungsbescheides beginnen. Dem Einberufungsbefehl komme Bescheidcharakter zu, der gegenständliche "Bereitstellungsschein" ziehe hingegen keine unmittelbaren Rechtswirkungen nach sich. Auch der mit dem Kündigungs- und Entlassungsschutz verbundene Regelungszweck, einen Arbeitsplatzverlust des Präsenzdieners im Hinblick auf die durch die Ableistung des Präsenzdienstes bedingte mehrmonatige Abwesenheit hintanzuhalten, rechtfertige eine unterschiedliche Behandlung der vom Zugang eines Bereitstellungsscheines und eines Einberufungsbefehles ausgehenden Rechtswirkungen. Während bei der Zustellung eines Einberufungsbefehles, gegen den ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei, die Abwesenheit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber regelmäßig bereits innerhalb kurzer Zeit bevorstehe, könne zwischen dem Zugang eines Bereitstellungsscheines und der allfälligen tatsächlichen Einberufung, wie auch der vorliegende Fall zeige, regelmäßig ein doch erheblich längerer Zeitraum liegen, sodaß die Gefahr eines drohenden Arbeitsplatzverlustes für den Arbeitnehmer im letzteren Fall bei weitem nicht in jenem Ausmaß gegeben sei, wie dies bei der Zustellung eines Einberufungsbefehles der Fall sei.
Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Revision zuzulassen und die Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, die Revision nicht zuzulassen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zwar nicht jedenfalls zulässig, weil die Frage, ob dem Kläger noch weiteres Insolvenz-Ausfallgeld gebühre, keinen der in § 46 Abs 3 ASGG genannten Fälle betrifft. Sie ist aber gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig, weil der Frage, ob bereits der sogenannte "Bereitstellungsschein" den Kündigungsschutz des § 12 Abs 1 APSG auslöse, über den vorliegenden Fall hinausgehende Bedeutung zukommt und oberstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage fehlt.
Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Aus § 105 Abs 3 lit h ArbVG ergibt sich nämlich eindeutig, daß § 12 Abs 1 APSG, der den Kündigungsschutz erst von der Zustellung des Einberufungsbefehles gewährt, nicht analog auch auf den Fall der Zustellung eines sogenannten "Bereitstellungsscheines" iSd § 35 Abs 1 WehrG auszudehnen ist. Die genannte Bestimmung des Arbeitsverfassungsgesetzes gedenkt nämlich dieses Umstandes ausdrücklich. Eine Kündigung, die wegen der bevorstehenden Einberufung des Arbeitnehmers zum Präsenzdienst ausgesprochen wird, kann nämlich als unzulässige Motivkündigung (für alle Floretta/Strasser, ArbVG2 268 f, Anm 26 ff, 272 Anm 55; B.Schwarz in Cerny/Haas-Laßnig/B.Schwarz, Arbeitsverfassungsrecht Bd 3, 212 f,
219) angefochten werden. Der Kläger war daher durch die Zustellung des sogenannten Bereitstellungsscheines nicht bereits unkündbar; er hätte nur eine - hier nicht erfolgte - Kündigung seines Arbeitgebers als unzulässige Motivkündigung bekämpfen können. Dem Kläger stehen daher die geltend gemachten weiteren Entgeltansprüche, die sich aus dem von ihm zu Unrecht herangezogenen besonderen Kündigungsschutz ergeben sollen, nicht zu.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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