Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Walter Holzer und Ignaz Gattringer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Daksha T*****, vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr.Horst Reitböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 201.930,74 brutto sA (Revisionsinteresse S 166.119,21 brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.Mai 1995, GZ 8 Ra 46/95-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 19.September 1994, GZ 17 Cga 1181/93d-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei S 9.135,-
(einschließlich S 1.522,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die nur hilfsweise behaupteten Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Das Berufungsgericht übernahm - mit einer Ausnahme - die Feststellungen des Erstgerichts. Diese Ausnahme ist zwar verfahrensrechtlich verfehlt, weil dies das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung tat, ist aber nicht entscheidungswesentlich: es ist nämlich unerheblich, ob für den Arbeitskollegen der Klägerin, der ihre Äußerungen schließlich an die beklagte Partei weitergab, erkennbar war, daß die Klägerin nicht die Absicht hatte, ihre Drohungen zu verwirklichen. Feststeht, daß er ihre Drohungen, die sie für den Fall der Kündigung aussprach, ernst nahm, und nachdem sie wirklich gekündigt worden war, der beklagten Partei mitteilte. Wesentlich ist vielmehr, ob die beklagte Partei - objektiv betrachtet - durch diese Äußerungen das Vertrauen zur Klägerin verlieren durfte.
Da im übrigen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese zu verweisen (§ 48 ASGG).
Der Revisionswerberin ist mit dem Berufungsgericht zu erwidern, daß die beklagte Partei als Betreiberin einer gentechnischen Anlage eine hohe Verantwortung für alle Bediensteten und die Bevölkerung hat und demnach alle nur denkbaren Vorkehrungen zu treffen hat, das Sicherheitsrisiko zu minimieren (vgl das zwischenzeitige in Kraft getretene Gentechnikgesetz, § 1 Abs 1 GTG). Wegen des besonders sensiblen Bereichs, in dem die Klägerin arbeitete - sie bearbeitete nämlich in der HIV-Forschung Klone, ds gentechnologisch veränderte Bakterienstämme, von hohem wirtschaftlichem Wert - mußte die beklagte Partei auch einen besonders strengen Maßstab an die Vertrauenswürdigkeit der Klägerin stellen.
Die Klägerin hat mit ihren wiederholten Äußerungen, die Ergebnisse ihrer Arbeit vorzuenthalten, insbesondere mit ihrer Äußerung, sollte sie einmal gekündigt werden, würden die Klone, die sie hergestellt hat, verschwinden bzw. so beschriftet, daß sich niemand auskenne, und daß sie Firmengeheimnisse mitnehmen werde, sich des Vertrauens ihrer Dienstgeberin unwürdig gemacht, auch wenn sie die Drohungen nicht verwirklichte und nie ernstlich die Absicht hatte, dies zu tun. Daß es sich bei der Klägerin um eine besonders empfindliche Person handelt, die diese Äußerungen nur aus Angst vor einer Kündigung, aus Verärgerung wegen Vorenthaltens von Entgeltteilen und aus Enttäuschung darüber, daß ihr andere Mitarbeiter karrieremäßig vorgezogen wurden, machte, kann diese Äußerungen nicht als bloße Unmutsäußerungen entschuldigen. Ihre Drohungen sind keine adäquaten Reaktionen auf das Vorenthalten von Entgeltteilen; dies hätte sie nur zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Entgeltansprüche oder zum vorzeitigen Austritt berechtigt. Daß der beklagten Partei - und nur auf diese kommt es an - der Unernst dieser Drohungen erkennbar gewesen wäre, wurde nicht festgestellt (und zwar auch nicht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung durch das Erstgericht). Unter diesen Umständen hat diese nicht das Risiko mangelnder Ernsthaftigkeit der Äußerungen der Klägerin zu tragen, sodaß die Entlassung der Klägerin auch noch während der Kündigungsfrist berechtigt war. Ihr war nämlich die Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Ende der Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar, weil sie die Verwirklichung der Drohung befürchten mußte oder zumindest nicht ausschließen konnte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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