Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Juni 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wlattnig als Schriftführer in der Strafsache gegen Doris E***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 11. Oktober 1994, GZ 9 U 925/94-4, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:
Die in der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals vom 11.Oktober 1994, GZ 9 U 925/94-4, getroffene Entscheidung nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO verletzt das Gesetz in der genannten Bestimmung sowie in § 53 Abs 2 (iVm mit Abs 1) StGB.
Diese Entscheidung wird aufgehoben und der ihr zugrundeliegende Antrag des Bezirksanwaltes abgewiesen.
Gründe:
Mit dem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24.Juli 1992, GZ 12 a E Vr 8768/91-42, wurde Doris E***** wegen des (als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB) verwirklichten Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB zu einer einmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollzug gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine zweijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Das Urteil erwuchs unmittelbar nach seiner Verkündung in Rechtskraft, sodaß die Probezeit mit Ablauf des 24.Juli 1994 endete (§§ 49, 68 StGB).
Wegen des darnach - nämlich am 9.August 1994 - begangenen Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB wurde Doris E***** mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals vom 11.Oktober 1994, GZ 9 U 925/94-4, zu einer Geldstrafe verurteilt. Unter einem sah der Bezirksrichter vom Widerruf der im vorerwähnten Urteil gewährten bedingten Strafnachsicht ab (§ 494a Abs 1 Z 2 StPO) und verlängerte entsprechend dem Antrag des Bezirksanwaltes vom 6.Oktober 1994 die Probezeit - ersichtlich aus dem Grunde des § 53 Abs 1 StGB und ohne in den Akt über die frühere Verurteilung Einsicht zu nehmen - gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre, obwohl nach dem Inhalt der im Akt erliegenden Strafregisterauskunft (AS 5) der erfolgte Ablauf der Probezeit erkennbar war.
Mit Recht weist die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde darauf hin, daß der angeführte Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals mit dem Gesetz nicht im Einklang steht.
Nach § 53 Abs 2 StGB kann das Gericht die Probezeit verlängern, wenn im Falle des Abs 1 die bedingte Strafnachsicht oder Entlassung nicht widerrufen wird. Wie dort (Abs 1) der Widerruf setzt auch hier (Abs 2) die Probezeitverlängerung die Verurteilung wegen einer während der Probezeit (oder eines nach dem zweiten Satz des § 53 Abs 1 StGB dieser gleichzuhaltenden Zeitraumes) begangenen strafbaren Handlung voraus.
Diese Voraussetzung nach § 53 Abs 2 StGB war hier nicht erfüllt, weil die Anlaßtat von Doris E***** nach Ablauf der Probezeit begangen wurde. Die ausgesprochene Verlängerung verletzt aber das Gesetz nicht nur in dieser, sondern auch in den formalrechtlichen Bestimmungen des § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO, deren Anwendung dem Einleitungssatz des § 494a Abs 1 StPO zufolge die Verurteilung wegen einer vor Ablauf der Probezeit begangenen strafbaren Handlung voraussetzt.
Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde die Gesetzesverletzung wie im Spruch festzustellen und in analoger Anwendung des § 292 letzter Satz StPO mit einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung des diesem zugrundeliegenden Antrages vorzugehen.
Im Hinblick auf den Ablauf der Probezeit wird das Landesgericht für Strafsachen Wien im Verfahren 12 a E Vr 8768/91 über die endgültige Nachsicht der Strafe zu entscheiden haben (§ 43 Abs 2 StGB; § 497 StPO).
Dem Bezirksgericht Hernals kommt die Verständigung des Strafregisteramtes vom vorliegenden Urteil zu.
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