Der Oberste Gerichtshof hat am 19.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Malen K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 StGB und anderer strafbarer Handlungen über den Antrag des Malen K***** auf Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit a StEG nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
In Ansehung der Anhaltung des Malen K***** in Untersuchungshaft vom 28. Februar 1994 bis 13.April 1994 liegt keiner der in § 3 lit a und b StEG bezeichneten Ausschlußgründe vor.
Gründe:
Malem K***** wurde am 29.November 1993 (19,15 Uhr) auf Grund eines Haftbefehles des Landesgerichtes Feldkirch festgenommen. Bereits am 23. November 1993 war gegen ihn die Voruntersuchung wegen §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 StGB ua eingeleitet worden. Am 2.Dezember 1993 wurde über ihn die Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit a StPO verhängt. Der dringende Tatverdacht richtete sich auf einen in der Zeit zwischen 22.September und 2.Oktober 1992 in Feldkirch durchgeführten Einbruchsdiebstahl, bei dem ein Möbeltresor mit Goldmünzen, Schmuck, Wertpapieren und anderen Gegenständen gestohlen worden war.
Über Beschwerde dagegen verfügte zunächst die (damals dafür noch zuständige) Ratskammer des Landesgerichtes Feldkirch am 6.Dezember 1993 die Fortdauer der Untersuchungshaft (aus den Gründen des § 180 Abs 2 Z 1 und 2 StPO), über einen Enthaftungsantrag des (damals) Beschuldigten vom 10.Februar 1994 wurde jedoch keine (kontradiktorische) Haftverhandlung (§§ 181, 182 StPO idF des StPÄG 1993, BGBl 1993/526) sondern (vor Ablauf der gesetzlichen Haftfrist des Art IV Abs 3 Z 1 StPÄG) neuerlich eine Haftprüfungsverhandlung durch die Ratskammer durchgeführt, welche verfügte, daß die Untersuchungshaft bis 18.April 1994 fortzudauern habe (§ 180 Abs 2 Z 1 StPO).
Der Beschwerde dagegen gab das Oberlandesgericht Innsbruck zwar Folge, verfügte aber die Fortdauer der Untersuchungshaft (Haftfrist bis 15.Mai 1994) und hob diese zugleich bei Anordnung der gelinderen Mittel des § 180 Abs 5 Z 1, 2, 5 und 7 StPO unter gleichzeitiger Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung auf.
Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde gab der Oberste Gerichtshof mit Erkenntnis vom 13.April 1994 (13 Os 63/94) Folge und stellte fest, daß durch den (Haftfortsetzungs )Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15.März 1994, 8 Bs 130/94, Malem K***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde. Der bekämpfte Beschluß wurde aufgehoben, weil das Oberlandesgericht (wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf den gesetzlichen Richter nach Art 83 Abs 2 B-VG) in der Sache selbst nicht hätte entscheiden dürfen und der (erste) Beschluß der Ratskammer (vom 6.Dezember 1993) ex lege nur bis 28.Februar 1994 wirksam gewesen war (Art IV Abs 3 Z 2 StPÄG 1993). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im übrigen auf den Inhalt des zitierten Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofes verwiesen.
Malem K***** wurde am 13.April 1994 (um 15,45 Uhr) enthaftet (ON 45) und das Verfahren gegen ihn am 22.Dezember 1994 gemäß § 109 Abs 1 StPO eingestellt (siehe Antrags- und Verfügungsbogen; fälschlich einjournalisiert mit S 4 n).
Am 4.Jänner 1995 (eingelangt beim Erstgericht am 11.Jänner 1995) stellte sein Rechtsvertreter den Antrag, ihm "für die Zeit der Anhaltung in Untersuchungshaft des Landesgerichtes Feldkirch eine Haftentschädigung zuzuerkennen" (siehe unjournalisierter Antrag im Akt). Ein weiteres Vorbringens dazu wurde nicht erstattet. Dieser Antrag wurde (am 25.Jänner 1995) vom Erstgericht dem Oberlandesgericht Innsbruck zur Entscheidung über die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 2 Abs 1 lit a StEG vorgelegt, das ihn seinerseits dem Obersten Gerichtshof zur Prüfung der im Spruch genannten Ausschlußgründe vorlegte.
Gemäß § 11 GRBG bedarf es bei der Anwendung des strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes keines Antrages und keiner Beschlußfassung des übergeordneten Gerichtshofes nach § 6 Abs 1 StEG, soweit der Oberste Gerichtshof aus Anlaß einer Grundrechtsbeschwerde festgestellt hat, daß der Geschädigte im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde. Die Reichweite des Grundrechtsbeschwerdeerkenntnisses ist in diesen Fällen allerdings auf die damit erfolgte Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Anordnung oder Verlängerung der Anhaltung des Inhaftierten durch die von diesem Erkenntnis betroffene Entscheidung (hier des Oberlandesgerichtes Innsbruck) im Sinn des § 2 Abs 1 lit a StEG beschränkt. Ausschlußgründe gemäß § 3 lit a und b StEG (siehe § 6 Abs 1 StEG), die sich auf die gesetzwidrige Anhaltung beziehen, hat der Oberste Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Dies hat in einem gesonderten Verfahren (hier infolge der gesetzwidrigen Haftverlängerung durch das Oberlandesgericht durch den Obersten Gerichtshof gemäß § 6 Abs 1 StEG) zu erfolgen, das durch den bereits bezeichneten Antrag des Malem K***** initiiert wurde (siehe insgesamt 13 Os 118/93 = EvBl 1993/203).
Malem K***** war infolge der Erhebungsergebnisse der im vorliegenden Verfahren nachforschenden Behörden (nach Verkauf von bei dem auch ihm vorgeworfenen Diebstahl erbeuteten Wertpapieren durch andere) in den Verdacht der Tatbeteiligung geraten (ON 2). Er hat bei allen Vernehmungen und Aussagen im vorliegenden Verfahren einen Zusammenhang mit der Tat stets bestritten (S 91 ff, ON 10, S 255 f). Aus der Aktenlage können keine Hinweise darauf festgestellt werden, er habe den die Anhaltung begründenden Verdacht vorsätzlich herbeigeführt. Eine Anrechnung des im Spruch angeführten Anhaltungszeitraumes auf eine Strafe ist (bisher) ebensowenig erfolgt. Die in § 3 lit a und b StEG bezeichneten Ausschlußgründe liegen somit nicht vor.
Wie bereits dargestellt besteht der Antrag des Malem K***** lediglich aus dem nicht weiter substantiierten Begehren auf Zuerkennung einer Haftentschädigung. Ungeachtet dieses Umstandes kann im vorliegenden Falle über den im Spruch bezeichneten Zeitraum (der mit dem Wirksamkeitsende des formell richtigen Ratskammerbeschlusses vom 6. Dezember 1993 beginnt) auch ohne die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung des Angehaltenen gemäß § 6 Abs 3 StEG (s Mayerhofer/Rieder, Nebenstrafrecht3 ENr 8 zu § 6 StEG) eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über das Vorliegen von Ausschlußgründen nach § 3 lit a und b StEG eintreten, weil auf Grund des vorangegangenen Grundrechtserkenntnisses gemäß § 11 GRBG ein Antrag auf Entscheidung über den Rechtsgrund der Entschädigung nach § 2 StEG nicht vorausgesetzt ist und schon aus dem (jeder weitere Begründung ermangelnden) Entschädigungsbegehren allein in Verbindung mit dem angeführten Grundrechtserkenntnis und der Aktenlage (auch inhaltlich) der Entscheidungsrahmen des Obersten Gerichtshofes bestimmt ist.
Über ein etwaiges weitergehendes Begehren wird bei entsprechender Antragstellung unter Beachtung der Verfahrensvorschriften des § 6 Abs 3 StEG zu entscheiden sein.
Somit war wie im Spruch zu erkennen.
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