Der Oberste Gerichtshof hat am 9.März 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Madersbacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Siegfried G***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB im Zuständigkeitsstreit zwischen dem Landesgericht Innsbruck und dem Landesgericht für Strafsachen Wien nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Das Strafverfahren steht dem Landesgericht Innsbruck zu.
Gründe:
Am 28.Juni 1990 wurde zu AZ 24 f Vr 6680/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die Voruntersuchung gegen Dipl.Ing.Ulrich P***** wegen Verdachtes des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 StGB (im Zusammenhang mit einem österreichischen Entwicklungshilfeprojekt zugunsten von Äthiopien) und gegen Siegfried G***** wegen des dazu gegebenen Verdachtes strafbarer Beteiligung (§ 12 StGB) eingeleitet. Während der Anhängigkeit dieser Voruntersuchung ergab sich (auf Grund eines Berichtes der österreichischen Botschaft in Addis Abeba) gegen Siegfried G***** auch der Verdacht der (mit gefälschten Rechnungen über LKW-Reifen im Gesamtwert von 400.000 DM verwirklichten) dolosen Schädigung der "deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) GesmbH" bzw des Staates Äthiopien, weshalb die Voruntersuchung gegen diesen Beschuldigten am 11.Februar 1992 in Richtung §§ 146, 147 Abs 3 StGB ausgedehnt wurde.
Ersichtlich in Unkenntnis der anhängigen Voruntersuchung erstattete die "deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) GesmbH" am 21.Mai 1992 wegen des vorerwähnten Scheingeschäftes mit LKW-Reifen bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck Strafanzeige gegen Siegfried G*****. Nach ergänzenden Erhebungen wurde dazu mit untersuchungsrichterlichem Beschluß vom 4.November 1992, AZ 3204/92 des Landesgerichtes Innsbruck, gegen Siegfried G***** (abermals) die Voruntersuchung eingeleitet und dieses Verfahren an das Landesgericht für Strafsachen Wien zur Einbeziehung in das dort zu AZ 24 f Vr 6680/90 bereits anhängige Strafverfahren gemäß § 56 StPO abgetreten. Auf Grund beim Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am 27.Juli 1992 eingelangter Erhebungsergebnisse der Bundespolizeidirektion Innsbruck erstreckte sich die beim Landesgericht für Strafsachen Wien anhängige Voruntersuchung gegen Siegfried G***** mittlerweile auch auf den Verdacht betrügerischer Malversationen im Zusammenhang mit einem zur Ausfuhr nach Äthiopien vorbereiteten neuwertigem Personenkraftwagen der Marke Mercedes und einen kreditfinanzierten Lokalankauf in Innsbruck um sieben Millionen Schilling.
Soweit für die Beurteilung der vorliegenden Kompetenzproblematik von Bedeutung lassen sich die weiteren Verfahrensdispositionen, zu deren detailliertem Ablauf zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Seiten 1 bis 6 der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 20. Dezember 1994, AZ 8 Ns 1240/94, verwiesen wird, wie folgt zusammenfassen:
Im Zuge des - vor und nach der Einstellung der Voruntersuchung gegen Ulrich P***** und Siegfried G***** wegen des eingangs erörterten Untreueverdachtes (Entwicklungshilfeprojekt) - durch wiederholte Abtretungen und Rückabtretungen ausgetragenen Zuständigkeitsstreites wurde im Sprengel des Oberlandesgerichtes Innsbruck (Untersuchungsrichter und Ratskammmer des Landesgerichtes Innsbruck, Oberlandesgericht Innsbruck) im wesentlichen konform der Rechtsstandpunkt vertreten, daß infolge Zuvorkommens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (auch) hinsichtlich der von der Teileinstellung des Verfahrens gegen Siegfried G***** nicht erfaßten Verdachtsmomente die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gegeben sei (§§ 51 Abs 2, 52 Abs 1 StPO). Demgegenüber stützten sich das Landesgericht für Strafsachen Wien (Untersuchungsrichter, Ratskammer) und das (gemäß § 64 Abs 1 StPO angerufene) Oberlandesgericht Wien auf die Bestimmungen der §§ 57, 58 StPO, wonach nach Wegfall des zuvor auf § 56 StPO beruhenden Zusammenhanges mit die Zuständigkeit des Landesgerichtes für Strafsachen Wien begründenden Untersuchungsfakten infolge des aktuellen Wohnortes des Beschuldigten G***** im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck und seiner dort verübten Teilakte der im übrigen auf das Ausland übergreifenden Deliktsverwirklichung von der Zuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck auszugehen sei.
Von den widerstreitenden Rechtsauffassungen der über die Zuständigkeit ihnen untergeordneter Gerichte uneinigen Gerichtshöfe zweiter Instanz kommt jener des Oberlandesgerichtes Wien Berechtigung zu:
Mag es auch zutreffen, daß das Landesgericht für Strafsachen Wien hinsichtlich jenes Verdachtskomplexes, der nach der partiellen Verfahrenseinstellung Gegenstand der noch anhängigen Voruntersuchung gegen Siegfried G***** geblieben ist, dem Landesgericht Innsbruck zuvorkam, so prävaliert bei Beachtung der Orientierung der gesetzlichen Kompetenzregelung auch an prozeßökonomischer Zweckmäßigkeit hier mangels derzeit faßbarer Tatbezüge zum Sprengel des Landesgerichtes für Strafsachen Wien der Umstand, daß der Beschuldigte in Tirol wohnhaft ist und - unbeschadet der weiteren Entwicklung seiner Einlassungsbereitschaft - jeweils mit anfallenden Untersuchungsergebnissen zu konfrontieren sein wird. Da dem Gerichtsstand des Wohnsitzes nach dem Gesetz nur gegenüber jenem des Tatortes subsidiäre Bedeutung zukommt (§ 52 Abs 1 zweiter Satz StPO), den bisher vorliegenden Untersuchungsergebnissen im Umfang der aufrechten Voruntersuchung örtliche Tatanknüpfungspunkte zum Sprengel des Landesgerichtes für Strafsachen Wien nicht zu entnehmen sind, einzelne Tatkomponenten vielmehr auf eine Tatverübung (auch) in Tirol hinweisen, liegt im konkreten Fall - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - die Zuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck vor.
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