Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Oktober 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kahofer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Martina P***** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Martina P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 10.März 1994, GZ 13 Vr 1204/93-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthält, wurde Martina P***** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie als Beamtin der Österreichischen Post- und Telegraphenverwaltung in der Zeit vom 25.Februar 1993 bis März 1993 in Rottenmann mit dem Vorsatz, Postkunden an konkreten Rechten zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß sie Theresia S*****, Elisabeth P*****, Hermine H*****, Rosamunde F*****, Irene G***** und mehreren weiteren unbekannt gebliebenen Postkunden überhöhte Gesprächsgebühren abverlangte und sich die Differenz zu den tatsächlich aufgelaufenen Gebühren zueignete, wodurch die Postkunden in ihrem konkreten Recht auf Vorschreibung richtiger Fernmeldegesprächsgebühren geschädigt wurden.
Den Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unbegründet ist.
Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung der Anträge der Angeklagten auf zeugenschaftliche Einvernahme von behandelnden Ärzten, Beischaffung (weiterer) Krankengeschichten, Einholung eines psychiatrischen und eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens und von sämtlichen Fernmeldebetriebsabrechnungen für den Zeitraum November 1991 bis März 1993 zum Beweis ihres außerordentlich schlechten Gesundheitszustandes und ihrer dienstlichen Überforderung als "Springerin" (darauf abzielend, daß die inkriminierten Handlungen nicht vorsätzlich, sondern wegen Überlastungen bloß irrtümlich erfolgten) sowie ihres Antrages auf Durchführung eines Lokalaugenscheines beim Postamt Rottenmann zum Beweise, daß ihre Arbeitskollegen nicht hören hätten können, welche Beträge sie von den Kunden kassierte.
Entgegen den Beschwerdeausführungen hat das Erstgericht zu Recht von diesen Beweisaufnahmen Abstand genommen.
Der Gesundheitszustand der Angeklagten zur Tatzeit sowie das Ausmaß ihrer privaten und beruflichen Belastung wurden im Beweisverfahren durch die Zeugen S***** und P***** (S 316 und 323 f), eine Krankengeschichte (die eine stärkere psychische Verstimmung erst nach Aufdeckung der Malversationen bekundet - sh ON 17), sowie durch die Aussagen der Vorgesetzten und Arbeitskollegen der Angeklagten, weiters die sie betreffenden Fernsprechbetriebsabrechnungen hinlänglich dargetan; die Anführung jener besonderen Umstände, kraft deren im konkreten Fall erwartet werden könnte, daß die abgelehnten Beweise geeignet seien könnten, eine geänderte Grundlage für die Beurteilung des inneren Vorhabens der Angeklagten zur Tatzeit herbeizuführen und ihrer die vorsätzliche Tatbegehung in Abrede stellenden Verantwortung zum Durchbruch verhelfen, bleiben die Beweisanträge schuldig. Umstände, die gemäß § 134 StPO die Beiziehung eines Sachverständigen verlangt hätten, wurden nicht dargetan. Die beantragte Beischaffung sämtlicher, nicht nur die Angeklagte betreffenden Fernmeldebetriebsabrechnungen geht schon vom Ansatz her fehl, weil diese von vornherein nicht geeignet sind, zur Klärung der subjektiven Tatseite der Angeklagten beizutragen. Der Antrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines kann zum Beweis, daß die Gespräche der Angeklagten mit den Postkunden für ihre Kollegen nicht hörbar gewesen wären, nicht entscheidend beitragen. Hängt doch im vorliegenden Fall die Wahrnehmbarkeit der Äußerungen und Gespräche nicht so sehr von den damals jeweils gegebenen Positionen der Zuhörer, sondern von der Lautstärke der geführten Gespräche, von anderen Lärmquellen, vor allem aber von der Aufmerksamkeit der Zuhörer ab. Dazu kann aber ein Augenschein der Örtlichkeiten nichts (mehr) beitragen.
Durch die Ablehnung der gestellten Beweisanträge wurde sohin die Angeklagte in ihren Verteidigungsrechten nicht beschränkt.
Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) ist unbegründet, weil sie keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen aufzuzeigen vermag.
Die Beschwerde war daher schon in der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), sodaß über die außerdem erhobene Berufung das örtlich zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.
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