Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Barbara Hopf und Helmuth Prenner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ursula W*****, vertreten durch Dr.Otto Ackerl und Dr.Adalbert Laimer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Rosemarie G*****, Geschäftsfrau, ***** vertreten durch Dr.Diethard Schimmer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 59.500 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.April 1994, GZ 32 Ra 14/94-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4.Juni 1993, GZ 25 Cga 1020/93i-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4871,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 811,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war ab 12.11.1990 bei der Beklagten als Nagelkosmetikerin vollbeschäftigt, wobei ein monatliches Bruttoentgelt von 9000 S vereinbart war. Am 22.11.1990 kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis auf. Das Kündigungsschreiben ging der Klägerin am 26.11.1990 zu. Am 27.11.1990 überbrachte die Klägerin der Beklagten eine Schwangerschaftsbestätigung und erklärte sich arbeitsbereit. Die Beklagte vertrat jedoch weiterhin den Standpunkt, daß das Arbeitsverhältnis beendet sei. Zu einer Arbeitsaufnahme durch die Klägerin kam es danach nicht mehr. Mit Urteil vom 1.10.1991, 25 Cga 419/90, gab das Erstgericht dem Begehren der Klägerin auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses statt. Dieses Urteil wurde beiden Streitteilen am 17.10.1991 zugestellt. Mit Urteil vom 22.6.1992 gab das Oberlandesgericht der von der Beklagten gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung nicht Folge. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft.
Am 23.6.1991 wurde die Klägerin von einem Kind entbunden. Mit Schreiben vom 11.10.1991 sprach die Beklagte die Kündigung des Dienstverhältnisses zum 18.10.1991 aus. Am 8.11.1991 gab die Klägerin der Beklagten schriftlich bekannt, daß sie einen Karenzurlaub nach dem Mutterschutzgesetz beanspruche.
Mit der am 28.10.1992 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Betrages von 59.500 S an Lohn für die Zeit vom 12.11.1990 bis 1.5.1991 sowie von aliquoten Sonderzahlungen. Die Beklagte habe seit Beginn des Dienstverhältnisses keinerlei Entgelt gezahlt. Die von der Beklagten im Oktober 1991 ausgesprochene Kündigung sei vor Ablauf der viermonatigen Schutzfrist erfolgt und daher unwirksam.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe den Karenzurlaub nicht fristgerecht bekanntgegeben. Das Dienstverhältnis sei daher vorsorglich zum 18.10.1991 gekündigt worden. Im übrigen sei die Klägerin vorzeitig ausgetreten, weil sie nach Ablauf der Schutzfrist nach dem MSchG ihren Dienst nicht angetreten habe. Das Dienstverhältnis sei daher nicht mehr aufrecht; allfällige Ansprüche der Klägerin aus dem Dienstverhältnis seien gemäß § 20 des maßgeblichen Kollektivvertrages verfallen.
Das Erstgericht gab dem Begehren der Klägerin statt. Der Fortbestand des Dienstverhältnisses sei rechtskräftig festgestellt worden. Die von der Beklagten zum 18.10.1991 ausgesprochene Kündigung sei rechtsunwirksam, weil sie innerhalb der viermonatigen Frist des § 10 Abs 1 MSchG erfolgt sei. Da die Klägerin arbeitsbereit gewesen sei und die Dienstleistung nur zufolge der Weigerung der Beklagten, die Klägerin zu beschäftigen, unterblieben sei, gebühre der Klägerin das Entgelt für den der Klage zugrundeliegenden Zeitraum.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes im wesentlichen bei. Daß die Klägerin nach Ablauf der achtwöchigen Schutzfrist ihren Dienst nicht angetreten habe, sei nicht als vorzeitiger Austritt zu qualifizieren. Im Hinblick darauf, daß zu dieser Zeit das Verfahren über das Begehren der Klägerin auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses noch im Gang gewesen sei, könne solches aus dem Verhalten der Klägerin nicht abgeleitet werden. Die drei Wochen nach Zustellung des Feststellungsurteiles abgegebene Erklärung, Karenzurlaub in Anspruch zu nehmen, sei daher als rechtzeitig anzusehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Begehren der Klägerin abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren zu 25 Cga 419/90 steht fest, daß das Dienstverhältnis der Klägerin jedenfalls am 1.10.1991 (Schluß der Verhandlung im Vorverfahren) aufrecht war. Gemäß § 10 Abs 1 MSchG können Dienstnehmerinnen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung nicht rechtswirksam gekündigt werden. Diese Frist lief im Hinblick auf die am 23.6.1991 erfolgte Entbindung am 23.10.1991 ab.
Die am 11.10.1991 zum 18.10.1991 ausgesprochene Kündigung war daher rechtsunwirksam und konnte das Dienstverhältnis nicht beenden. Dazu bringt die Beklagte auch in ihrer Revision nichts mehr vor.
Sie vertritt vielmehr den Standpunkt, der Nichtantritt des Dienstes durch die Klägerin nach Ablauf der Schutzfrist gemäß § 5 Abs 1 MSchG sei als vorzeitiger Austritt zu qualifizieren. Dem kann nicht beigetreten werden. Es trifft zweifellos zu, daß die Grundsätze bezüglich schlüssiger Willenserklärungen auch im Arbeitsrecht anzuwenden sind, doch liegen hier keine Umstände vor, die die Annahme einer konkludenten Austrittserklärung der Klägerin rechtfertigen. Die Beklagte hatte der Klägerin bereits im November 1990 erklärt, daß sie davon ausgehe, daß das Dienstverhältnis beendet sei. Diesen Standpunkt vertrat sie auch im Prozeß über das Begehren der Klägerin auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses. Gegen das ihr am 17.10.1991 zugestellte, dem Begehren der Klägerin stattgebende Urteil erhob die Beklagte Berufung, wobei sie auf ihrem Rechtsstandpunkt beharrte und erst nach Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22.6.1992 erwuchs das dem Klagebegehren stattgebende Urteil in Rechtskraft. Obwohl sich die Klägerin arbeitsbereit erklärte, wurde sie von der Beklagten unter Hinweis darauf, daß kein Arbeitsverhältnis bestehe, ab November 1990 nicht mehr beschäftigt. Nachdem die Beklagte die Dienstleistung der arbeitsbereiten Klägerin abgelehnt hatte, wäre es an ihr gelegen, die Klägerin zum Dienstantritt aufzufordern, hätte sie deren Arbeitsleistung in Anspruch nehmen wollen. Der Nichtantritt des Dienstes durch die Klägerin nach Ende der Schutzfrist gemäß § 5 Abs 1 MSchG kann jedenfalls bei Fehlen einer derartigen Aufforderung durch die Beklagte nicht als schlüssige Austrittserklärung gewertet werden. Im Hinblick auf die vorangegangene Weigerung der Beklagten, die Klägerin zu beschäftigen, kann dem ein solcher Erklärungswert nicht unterstellt werden.
Gemäß § 20 des maßgeblichen Kollektivvertrages sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht spätestens 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden. Wie dargestellt wurde jedoch das Dienstverhältnis weder durch die Kündigung durch die Beklagte vom 11.10.1991 noch durch vorzeitigen Austritt der Klägerin durch Nichtantritt des Dienstes nach Ende der Mutterschutzfrist beendet. Andere Endigungsgründe wurden nicht geltend gemacht. Das Dienstverhältnis war daher im Zeitpunkt der Einbringung der vorliegenden Klage aufrecht, so daß dem Einwand der Beklagten, die Ansprüche der Klägerin seien verfallen, keine Berechtigung zukommt. Die Frage, ob die Klägerin den Anspruch auf Karenzurlaub rechtzeitig geltend machte, ist daher nicht entscheidungswesentlich, so daß sich ein Eingehen hierauf erübrigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf den § 41 und den § 50 Abs 1 ZPO.
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