Der Oberste Gerichtshof hat am 17.März 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Schindler, Mag. Strieder und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard F***** wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 erster Fall StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. Jänner 1992, GZ 6 c E Vr 11.823/91-19, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 18. Februar 1993, AZ 23 Bs 111/92, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Stöger, des Verurteilten F***** sowie des Verteidigers Dr.Fasan zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gründe:
Mit dem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.Jänner 1992, GZ 6 c E Vr 11.823/91-19, wurde Gerhard F***** des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 erster Fall StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er in dem von Dr.Fred S***** gegen Ing.Alfred W***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 9 e E Vr 4849/86 (richtig: 4859/86) angestrengten Privatanklageverfahren bei seiner förmlichen Vernehmung als Zeuge in der Hauptverhandlung vom 29.April 1987 falsch ausgesagt hat.
Zur Zeit der Ablegung dieser (Vorgänge in einer Sitzung des Landesparteivorstandes der burgenländischen sozialdemokratischen Partei am 28.Oktober 1985 betreffenden und demnach mit seiner politischen Tätigkeit im Zusammenhang stehenden) Falschaussage war er Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag, der mit Beschluß vom 10. Oktober 1988 "Im Hinblick auf die Anfrage des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.September 1988, Zahl: 23 c Vr 8514/88, im Sinne des Art. 96 Abs. 2 bzw. 57 BVG in der Fassung BGBl. Nr. 490/1984 die Immunität des Abgeordneten zum Burgenländischen Landtag Gerhard F***** aufgehoben und die Zustimmung zur strafgerichtlichen Verfolgung erteilt" hat (S 145). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes gehörte Gerhard F***** diesem Landtag auch zur Zeit der Urteilsfällung an. Die Tatsache, daß seine Landtagszugehörigkeit in Anbetracht der nach Art. 12 Abs. 1 des Landes-Verfassungsgesetzes vom 14. September 1981 über die Verfassung des Burgenlandes (L-VG) normierten fünfjährigen Dauer einer Gesetzgebungsperiode des Burgenländischen Landtages zur Tat- und Urteilszeit infolge der am 18. Juli 1991 erfolgten Neuwahlen des Burgenländischen Landtages jeweils in eine andere Gesetzgebungsperiode fiel, ließ das Erstgericht unberücksichtigt.
Der von Gerhard F***** gegen das bezeichnete Urteil des Einzelrichters erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 18.Februar 1993, AZ 23 Bs 111/92 (= ON 26 des Vr-Aktes), nicht Folge. Zu dem vom Berufungswerber erstmals in seiner Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO) vorgebrachten Einwand, demzufolge er durch die am 18.Juli 1991 erfolgte Wiederwahl zum Abgeordneten des Burgenländischen Landtages eine "neue" Immunität erworben habe, weshalb die (vom Erstgericht jedoch nicht eingeholte) neuerliche Zustimmung des Burgenländischen Landtages zu seiner Strafverfolgung in dieser Strafsache erforderlich gewesen wäre, vertrat das Berufungsgericht die Rechtsauffassung, daß eine bereits (einmal) erteilte Zustimmung des Landtages zur Strafverfolgung eines Abgeordneten in einer bestimmten Strafsache samt der hiedurch bewirkten (teilweisen) Aufhebung der Immunität des Betroffenen einen endgültigen (auch im Fall seiner Wiederwahl) für die Dauer der neuen Gesetzgebungsperiode fortwirkenden Rechtsakt darstelle.
Nach Ansicht des Generalprokurators verletzen die bezeichneten Urteile des Einzelrichters und des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht das Gesetz in den Bestimmungen der Art. 57 Abs. 3 und 96 Abs. 1 B-VG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 3 des Landes-Verfassungsgesetzes vom 14.September 1981 über die Verfassung des Burgenlandes (L-VG). In seiner deswegen gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Beschwerde führt er unter anderem aus:
Zutreffend hat das Erstgericht zwar die hier entscheidende Vorfrage nach einem offensichtlich bestehenden Zusammenhang der strafbaren Handlung mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten bejaht und die Zustimmung des Burgenländischen Landtages zur Strafverfolgung des August F***** eingeholt.
"Hingegen kann der Auffassung des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht nicht beigetreten werden, daß einer einmal erteilten Zustimmung [des Landtages] zur strafgerichtlichen Verfolgung (hier: eines Landtagsabgeordneten) für den Fall der Wiederwahl des Abgeordneten weiter Geltung zukomme:
Die vom Berufungsgericht zur Untermauerung dieses Standpunktes ins Treffen geführte Lehrmeinung (Lohsing-Serini, Österreichisches Strafprozeßrecht4, S 73), sowie die in der Berufungsentscheidung gleichfalls zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs- und Kassationshofes vom 30.Oktober 1909, GZ KR II 206/9 (ÖR. 1), betreffen lediglich die Auswirkungen der Auslieferung eines Abgeordneten auf spätere Sessionen (= Tagungen) ein- und derselben Legislaturperiode und nicht (wie dies hier aktuell ist) auf eine neue Legislaturperiode (= Wahlperiode). Es kann aber auch den im Anschluß an diese Entscheidung veröffentlichten Bemerkungen des Prof.Dr.Gustav Seidler, der meint, daß eine einmal erteilte Zustimmung zur Verfolgung eines Abgeordneten auch in einer neuen Wahlperiode wirksam bleibe, auf Grund der nunmehrigen Verfassungsrechtslage und nach vorherrschendem Verfassungsverständnis keine Aktualität (mehr) zuerkannt werden.
Denn nach dem Abs. 6 des - gemäß Art. 96 Abs. 1 B-VG in seiner Gesamtheit auch für Mitglieder des Landtages geltenden - Artikel 57 B-VG sowie zufolge des eine gleichlautende Regelung enthaltenden Art. 24 Abs. 6 der burgenländischen Landesverfassung (L-VG) endet die Immunität der Landtagsmitglieder mit dem Tag des Zusammentrittes des neuen Landtages und bei Organen des Landtages, deren Funktion über diesen Zeitpunkt hinausgeht, mit dem Erlöschen dieser Funktion. Daraus folgt aber, daß die Mitgliedschaft wiedergewählter Landtagsmitglieder auf einer neuen Rechtsgrundlage beruht, die mit der Neuwahl des Landtages und seiner Neukonstituierung geschaffen wurde. Durch eine Wiederwahl werden alle Rechte und Pflichten des wiedergewählten Abgeordneten neu begründet. Ein solcher Abgeordneter erlangt somit neuerlich die (berufliche und außerberufliche) Immunität, wogegen die für die vorangegangene Wahlperiode bestandene Immunität mit dem Zusammentreten des neugewählten Landtages erlischt. Damit wird zwar der nahtlose Übergang der Immunität eines wiedergewählten Abgeordneten von einer Gesetzgebungsperiode in die andere gewährleistet, jedoch vermag dieser Umstand - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - nichts daran zu ändern, daß die nunmehrige Position des wiedergewählten Abgeordneten insgesamt und damit auch, soweit es seine Immunität betrifft, auf einer neuen Grundlage beruht. Durch die Wiederwahl lebt daher die bisherige (alte) Immunität des Abgeordneten nicht wieder auf, sie wird vielmehr mit dem Zusammentritt des neuen Landtages neu begründet.
Für ein Enden der früheren und die Neubegründung der Immunität bei Wiederwahl spricht aber auch die im Wesen des Parlamentarismus gelegene allgemeine Diskontinuität zweier Wahlperioden. Ist doch der neugewählte Vertretungskörper in der Regel schon in seiner personellen Besetzung mit dem früheren nicht (völlig) identisch und in seiner Willensbildung frei. Daraus folgt, daß dem neugewählten Vertretungskörper auch das Recht zusteht, über die nunmehrige (neu erlangte) Immunität des wiedergewählten Abgeordneten anders als der frühere Landtag zu entscheiden. Eine (fortgesetzte) strafgerichtliche Verfolgung des wiedergewählten Abgeordneten erfordert daher dessen abermalige Auslieferung (hier) durch den neuen Landtag (in diesem Sinne Foregger-Serini-Kodek, StPO5, § 1, Erl. V).
Ein Antrag auf neuerliche Zustimmung zur (weiteren) gerichtlichen Verfolgung des Gerhard August F***** wurde im vorliegenden Fall von den Justizbehörden nicht gestellt und demzufolge auch vom burgenländischen Landtag nicht erteilt. Der Schuldspruch des Gerhard August F***** ist somit mit dem sich zu seinem Nachteil auswirkenden Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO (iVm §§ 468 Abs. 1 Z 4 und 489 Abs. 1 StPO) behaftet. Bei der Behebung dieser Nichtigkeit wäre ungeachtet des Fehlens von Feststellungen im erstgerichtlichen Urteil über die Wiederwahl des Gerhard August F***** als Abgeordneten zum bgld. Landtag am 18.Juli 1991 sogleich mit einem Freispruch vorzugehen, weil in einem zweiten Verfahrensgang davon abweichende (anderslautende) Feststellungen auszuschließen sind."
Der Oberste Gerichtshof vermag diesen Ausführungen aus nachstehenden Erwägungen nicht beizutreten:
Der Beschwerde ist zunächst entgegenzuhalten, daß sie zwar die vom Berufungsgericht zur Untermauerung seines Standpunktes ins Treffen geführte Entscheidung des Obersten Gerichts- und Kassationshofes vom 30. Oktober 1909, GZ KR II 206/9 (ÖR. 1) und die dieses Urteil positiv kommentierenden Bemerkungen von Prof. Dr. Seidler erwähnt, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den darin angeführten Argumenten jedoch unterläßt und sich damit begnügt, anzumerken, daß die Entscheidung des Höchstgerichtes lediglich die Auswirkungen der Auslieferung eines Abgeordneten auf spätere Sessionen ein- und derselben Legislaturperiode und nicht - wie dies hier aktuell sei - auf eine neue Legislaturperiode betreffe und den Anmerkungen Prof. Dr. Seidlers, der meine, daß eine einmal erteilte Zustimmung zur Verfolgung eines Abgeordneten auch in einer neuen Wahlperiode wirksam bleibe, aufgrund der nunmehrigen Verfassungsrechtslage und nach vorherrschendem Verfassungsverständnis keine Aktualität (mehr) zuerkannt werden könne.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes verkennt die Beschwerde damit das Gewicht des der zitierten höchstgerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden, von Prof. Dr. Seidler unterstrichenen zentralen Argumentes, das - der Beschwerde zuwider - durch die Veränderung der Verfassungsrechtslage keineswegs obsolet geworden ist und nach wie vor Gültigkeit besitzt. Auf den wesentlichen Inhalt vereinfacht und auf die Auslieferung eines Abgeordneten bezogen besteht es darin, daß mit dem Auslieferungsbeschluß die Angelegenheit für das ausliefernde Organ endgültig erledigt ist und betrifft damit die damals wie heute aktuelle Frage nach der Natur eines derartigen Beschlusses und in weiterer Folge nach dessen Geltungsdauer. Deutet man nun die beschlußförmige Entscheidung des Nationalrates (oder Landtages) über die Zustimmung zur Verfolgung als Rechtsnorm und geht man von dem allgemeinen Grundsatz aus, daß parlamentarische Akte - soweit nichts anderes angeordnet ist - in ihrer Wirkung nicht auf die jeweilige Gesetzgebungsperiode beschränkt sind, mithin - falls dem keine Bestimmungen des positiven Rechtes entgegenstehen - grundsätzlich eine zeitlich unbegrenzte Geltung angenommen werden muß (siehe dazu Kopetzki, Grenzen der außerberuflichen Immunität der Abgeordneten, ZÖR 1986, Band 37 S 126 FN 89 bis 91 und die dort angeführte Literatur und Judikatur), dann bleibt lediglich die Frage zu beantworten, ob in der den Angelpunkt der Beschwerde bildenden Regelung, wonach die Immunität eines Landtagsmitgliedes mit dem Tag des Zusammentrittes des neuen Landtages endet (Art 57 Abs 6, Art 96, Abs 1 B-VG; Art 24 Abs 6 der Burgenländischen Landesverfassung), eine die Gültigkeit des Auslieferungsbeschlusses zeitlich limitierende, positivrechtliche Norm im Sinne der obigen Darlegungen zu erblicken ist.
Dies ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes schon deshalb schlichtweg zu verneinen, weil sich weder aus dem Wortlaut des Art 57 Abs 6 B-VG noch aus dessen erkennbarer Zielrichtung ein teleologischer Konnex zur Geltungsdauer von innerhalb einer Gesetzgebungsperiode erlassenen Rechtsnormen ergibt.
Bloß der Vollständigkeit halber sei dem beigefügt, daß auch eine andere Argumentationslinie, die nicht von der Rechtsnatur des Auslieferungsbeschlusses bzw. davon ihren Ausgang nimmt, daß damit das Auslieferungsverfahren beendet ist und sein Ergebnis - wie auch andere Rechtsnormen - über die jeweilige Gesetzgebungsperiode hinaus wirksam bleibt, zum gleichen Ergebnis, nämlich zur Verwerfung der Beschwerde führt.
Das historisch gewachsene Instrument der außerberuflichen Immunität als Schutz des Parlaments gegen Funktionsbeeinträchtigungen durch Träger anderer Staatsgewalten gilt nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (vgl. hiezu Kopetzki aaO S 130 ff mit Zitatnachweisen) als prozessual wirksames und vorübergehendes Verfolgungshindernis, das die Verfolgung eines Abgeordneten spätestens nach dessen Mandatsverlust nicht mehr hindert. Ihre Dauer ist mit dem Bestand der Mitgliedschaft zum Vertretungskörper, demnach als Ausfluß der Organstellung mit der Funktion als Abgeordneter - aber nicht mit der Legislatur-, Sitzungs- oder Wahlperiode oder Session - untrennbar verknüpft.
Nach dem einschlägigen Schrifttum nimmt die in Rede stehende Formulierung "endigt" (endet) nur auf den Regelfall Bezug, daß auch die Funktion eines Abgeordneten - im Gegensatz zu seinem vorzeitigen Ausscheiden während der Gesetzgebungs(Legislatur-)periode etwa durch Mandatsverzicht oder Mandatsverlust nach § 2 NRGOG - mit diesem Zeitpunkt endet (so schon Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung 1972, S 188 3.Absatz). Aus dem Wortlaut "endigt mit dem Tag des Zusammentrittes" ist weiter zu schließen, daß die Immunität nicht von Anfang bzw. Ende einer Gesetzgebungsperiode abhängig ist, sondern stets bis zum Tag des Zusammentrittes des neugewählten Nationalrates (hier: Landtages) andauert (Czerny-Fischer, Kommentar zur Geschäftsordnung des Nationalrates2 1982, S 32 und Atzwanger-Kobzina-Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung2, FN 5 zu § 10; in diesem Sinn auch:
Berchtold in ÖJZ 1979, S 509 linke Spalte Punkt V.; Kostelka, Immunität als subjektives Recht in "Der Staatsbürger" Folge 13, S 4; Kopetzki aaO insbesonders S 142 f; Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 16.November 1979, JMZ 375.001/6-II 2/79 Punkt II.2.; Erlaß des Bundeskanzleramtes vom 27.September 1979, GZ 600.681/10-V/1/79 Punkt IV.2.; vgl. auch Frisch, Lehrbuch des österreichischen Verfassungsrechtes 1932, S 91, FN 42, wonach die Immunität im Fall der Wiederwahl "überhaupt nicht erlischt"; nach Adamovich-Spanner, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechtes6 1971, S 220, erlischt die Immunität mit dem Verlust des Abgeordnetenmandates, also in der Regel mit dem Ablauf der Gesetzgebungsperiode).
Schon daraus ist zu schließen, daß die (alte) Immunität eines wiedergewählten Abgeordneten nicht mit der Konstituierung des neuen Vertretungskörpers endet oder erlischt, sondern vielmehr nahtlos von einer Gesetzgebungsperiode in die andere übergeht (Czerny-Fischer aaO S 32), jedoch (naturgemäß) nur in dem (beschränkten) Umfang, wie sie vorher bestanden hat. Eine solche Einschränkung erfährt die Immunität durch die beschlossene "Auslieferung" des Abgeordneten zur Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung. Mit dem Einlangen der (endgültigen - vgl. Kostelka aaO S 4 -) Zustimmung des Nationalrates (Landtages) bei der ersuchenden Behörde wird die Verfolgung des Abgeordneten wegen jener strafbaren Handlung zulässig, auf welche sich das Auslieferungsersuchen bezieht. Der Nationalrat (Landtag) hat keine Möglichkeit, eine einmal erteilte Zustimmung zu widerrufen, weil seine Entscheidungskompetenz im Einzelfall erst durch "ein entsprechendes Ersuchen" der Behörde begründet bzw. aktualisiert wird. Die Verfolgung eines "ausgelieferten" Mitgliedes einer gesetzgebenden Körperschaft bleibt nach dem Ende der Gesetzgebungsperiode aber auch dann zulässig, wenn der Abgeordnete in den neuen Nationalrat (Landtag) gewählt wird. Aus Art. 57 B-VG (Art. 24 L-VG) ergibt sich nämlich nur, daß der Beschluß des Nationalrates (Landtages) über die Zustimmung zur Verfolgung seine Wirksamkeit zu jenem Zeitpunkt verliert, ab welchem sie nicht mehr Voraussetzung für die Verfolgung ist. Dieser Zeitpunkt fällt jedoch - wie dargelegt - mit dem Ende der Abgeordneteneigenschaft zusammen und nicht mit dem Ablauf der Gesetzgebungsperiode (Kopetzki aaO S 124-125 und 127).
Der zur Stützung des Beschwerdestandpunktes zudem ins Treffen geführte Hinweis (der sich mit der vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst an das Bundesministerium für Justiz gerichteten Stellungnahme vom 30.März 1992 bzw. vom 7.Oktober 1992 - erliegend im Akt 23 Bs 111/92 - deckt), daß die zeitliche Wirksamkeit der Zustimmung wegen der "Diskontinuität zweier Wahlperioden" auf die jeweilige Gesetzgebungsperiode beschränkt sei und der Abgeordnete daher neuerlich ausgeliefert werden müßte, findet im B-VG (L-VG) keine tragfähige Basis und scheint zudem das Wesen der Diskontinuität zu verkennen. Besagt doch der aus Art. 28 Abs. 4 B-VG (§ 20 Abs. 2 GOG des Burgenländischen Landtages) abgeleitete Diskontinuitätsgrundsatz nur, daß laufende Verfahren im neugewählten Nationalrat (Landtag) neu zu beginnen sind. Die Rechtswirkung des Beschlusses über die Zustimmung zur Verfolgung kann durch den Ablauf der Gesetzgebungsperiode hingegen nicht beseitigt werden, da das Auslieferungsverfahren mit diesem Beschluß beendet ist (Kopetzki aaO S 125 f mit Anm.).
Aus den dargelegten Gründen bedurfte es demnach bei der gegebenen Sachkonstellation keines Antrages des Gerichtes auf "neuerliche Zustimmung" des (neugewählten) Burgenländischen Landtages zur (weiteren) gerichtlichen Verfolgung des Gerhard F*****. Da mithin die angefochtenen Urteile des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht dem Gesetz entsprechen, mußte die dagegen gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes verworfen werden.
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