Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Dezember 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Mazzolini als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Maximilian S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 26.Februar 1993, GZ 12 Vr 1106/91-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Die von Peter B***** für den Angeklagten ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird zurückgewiesen.
Über die von der Verteidigerin Dr.Ingrid P***** ausgeführten Rechtsmittel wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gründe:
Gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem Maximilian S***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und § 15 StGB schuldig erkannt wurde, meldete der Angeklagte durch den gewählten Verteidiger Dr.H***** sogleich nach der Verkündung die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung an. In der Folge führte die dem Angeklagten inzwischen über seinen Antrag gemäß §§ 41 Abs 2 StPO, 45 RAO beigegebene Verfahrenshilfeverteidigerin Dr.Ingrid P***** diese Rechtsmittel am 18. August 1993 - somit rechtzeitig - aus.
Am 21.September 1993 langte beim Landesgericht Wels eine weitere Rechtsmittelschrift des Angeklagten ein, die von dem von ihm bevollmächtigten Obmann der Österreichischen Vereinigung für Rechtshilfe, Peter B*****, verfaßt worden ist.
Nach einhelliger Rechtsprechung ist die Einbringung mehrerer Rechtsmittelschriften unzulässig, und zwar auch dann, wenn der Beschuldigte von seinem in § 40 Abs 2 StPO normierten Recht Gebrauch macht, mehrere Verteidiger beizuziehen (vgl KH 1724; EvBl 1950/386, 521; RZ 1973/101 ua). Auch in diesem Fall ist nämlich das Zusammenwirken mehrerer Verteidiger in sinngemäßer Anwendung des § 40 Abs 2 StPO nur mit der Beschränkung zulässig, daß die vom Gesetz vorgesehene Zahl von Rechtsmittelschriften nicht überschritten wird, darf doch durch eine mehrfache Verteidigung keine Vermehrung prozessualer Rechte geschaffen werden (vgl 11 Os 131/79).
Werden mehrere - für sich allein gesehen zulässige - Rechtsmittelschriften eingebracht, so ist nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes der zuerst beim zuständigen (Erst )Gericht eingelangten der Vorzug zu geben, während die späteren Rechtsmittelausführungen als unzulässig zurückzuweisen sind, weil das Recht zu ihrer Ausführung schon verbraucht ist.
Im vorliegenden Fall ist die von Peter B***** verfaßte Rechtsmittelausführung die zeitlich spätere, weshalb sie schon aus diesem Grund zurückzuweisen war.
Sie entspricht darüber hinaus aber auch nicht den von der Strafprozeßordnung geforderten formalen Voraussetzungen, denen zufolge eine vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, sofern sie nicht zu Protokoll gegeben wurde, von einem Verteidiger unterschrieben sein muß (§ 285 a Z 3 StPO). Als Verteidiger einzuschreiten ist jedoch nur befugt, wer in der Verteidigerliste eines der Gerichtshöfe zweiter Instanz eingetragen ist (§ 39 Abs 1 StPO). Diese Voraussetzung trifft für den Obmann der Österreichischen Vereinigung für Rechtshilfe, soweit ersichtlich, nicht zu.
Dazu kommt: Für den Beginn der vierzehntägigen Rechtsmittelausführungsfrist des § 285 Abs 1 StPO ist grundsätzlich der Tag der Zustellung des Urteils an den Angeklagten, wenn dieser aber durch einen Verteidiger vertreten ist, an letzteren maßgebend. Nur dann, wenn der Angeklagte innerhalb der für die Ausführung eines Rechtsmittels offenen Frist die Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO beantragt, beginnt diese Frist mit der Zustellung des Bescheides über die Verteidigerbestellung an den Verteidiger von neuem zu laufen.
Die von Peter B***** verfaßte und am 21.September 1993 überreichte Rechtsmittelausführung - deren oben aufgezeigter formaler Mangel durch die nachträgliche Unterfertigung durch einen Verteidiger hätte behoben werden können - ist daher überdies jedenfalls verspätet, weil die vierzehntägige Frist für die Ausführung der angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung mit dem 16.Juli 1993, an welchem Tag die Urteilsausfertigung dem damaligen Verteidiger des Angeklagten, Dr.H*****, zugestellt worden ist (RS zu ON 24), zu laufen begonnen hat und demnach am 21.September 1993 bereits abgelaufen war.
Die von Peter B***** verfaßte Rechtsmittelschrift war daher als unzulässig zurückzuweisen.
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