Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Republik Slowenien, vertreten durch das Generalkonsulat der Republik Slowenien in Klagenfurt, dieses vertreten durch den Generalkonsul Dipl.Ing.Joze Jeraj, Klagenfurt, Bahnhofstraße 222, dieser vertreten durch Dr.Mathäus Grilc und Dr.Roland Grilc, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Bestellung eines Kurators nach § 276 ABGB, nachstehenden
Beschluß
gefaßt:
Dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien wird die Entscheidung darüber aufgetragen, ob über den Antrag der Antragstellerin, bis zur Klärung der Frage der Rechtsnachfolge nach der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien hinsichtlich der Liegenschaft EZ 1385 des Grundbuches Klagenfurt VIII.Bezirk (KG 72127) mit dem darauf befindlichen Konsulatsgebäude Radetzkystraße 26 einen Kurator zur Verwaltung und zur Wahrung der Rechte für den Rechtsnachfolger nach der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zu bestellen, eine Abwesenheitspflegschaft eröffnet wird oder nicht.
Begründung:
Im Grundbuch des Bezirksgerichtes Klagenfurt ist für die EZ 1385 Klagenfurt VIII.Bezirk die "Föderative Volksrepublik Jugoslawien" als Eigentümer einverleibt. Diese unterhielt in dem auf der Liegenschaft stehenden Gebäude ein in der Zwischenzeit geschlossenes Generalkonsulat. Mit Verordnung vom 14.1.1993 hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt die Schließung des Gebäudes bis zur völkerrechtlichen Klärung der Rechtsnachfolge nach der ehemaligen Förderativen Volksrepublik Jugoslawien verfügt und die Versiegelung der Eingänge angeordnet.
Die Antragstellerin stützte ihren im Spruch ersichtlichen Antrag auf die Behauptung, "Ansprüche privatrechtlicher Art" auf die Liegenschaft zu haben, die jedoch von der Bundesrepublik Jugoslawien bestritten würden. Diese Rechte wolle die Antragstellerin durch einen Kurator gesichert wissen. Es sei davon auszugehen, daß das Gebäude keinen exterritorialen Status mehr genieße.
Das angerufene Bezirksgericht Klagenfurt wies den Antrag auf Eröffnung eines Abwesenheitspflegschaftsverfahrens hinsichtlich der genannten Liegenschaft mit der Begründung ab, daß die Voraussetzungen nach § 276 ABGB nicht vorlägen.
Das Landesgericht Klagenfurt hob als Rekursgericht aus Anlaß des Rekurses diesen Beschluß als nichtig auf und überwies die Rechtssache gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Die Antragstellerin habe keinen Sitz in Österreich, gemäß § 109 Abs.2 JN sei in diesem Fall zwingend die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gegeben. Zufolge Verletzung zwingender Zuständigkeitsvorschriften sei daher der abweisende Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt ersatzlos zu beheben gewesen.
Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien übertrug, ohne weitere Verfahrensschritte zu setzen, gemäß § 111 JN die Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Klagenfurt. Dieses verweigerte mit Beschluß vom 25.8.1993 die Übernahme der Zuständigkeit zur Besorgung der Abwesenheitspflegschaftssache.
Sowohl das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als auch die Antragstellerin stellten das Ersuchen um Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs.2 JN an das Bezirksgericht Klagenfurt durch den Obersten Gerichtshof. Die Antragstellerin begehrt darüber hinaus noch die Entscheidung über den ihrer Ansicht nach gegebenen negativen Kompetenzkonflikt im Sinne des § 47 Abs.1 JN.
Die Voraussetzungen für die begehrte Entscheidung liegen jedoch nicht vor.
Anders als in Pflegschaftssachen über Minderjährige und Besachwaltete, deren Eröffnung sich zwingend aus dem Gesetz ergibt, ist hier fraglich, ob überhaupt ein Rechtsschutzanspruch der Antragstellerin nach § 276 ABGB vorliegt; daher steht noch nicht fest, ob ein Pflegschaftsverfahren eröffnet wird. Ist aber zuerst über das Vorliegen der Voraussetzungen prozessualer Natur zu entscheiden, kann noch keine Übertragung nach § 111 JN erfolgen (vgl. Fasching I, 535). Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien wird daher zu erheben haben, ob die Liegenschaft noch exterritorialen Status genießt und daher die inländische Gerichtsbarkeit gar nicht gegeben wäre, sollte dies jedoch der Fall sein, inwieweit ein Generalkonsul der Republik Slowenien für diesen Staat antragsbefugt ist, und für den Fall der Bejahung dieser Frage darüber zu entscheiden haben, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Abwesenheitskuratel nach § 276 ABGB vorliegen.Vor Klärung dieser Fragen ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt zu entscheiden, ob es im Interesse des Pflegebefohlenen ist, daß die Außerstreitsache dem Bezirksgericht Klagenfurt übertragen wird.
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