Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Abhandlung der Verlassenschaft nach dem am 26. Mai 1992 verstorbenen Eugene Pierre D*****, infolge a) außerordentlichen Revisionsrekurses der erbserklärten Erbin Christine S*****, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, sowie b) Revisionsrekurses der erbserklärten Erben 1) Liselotte Z***** 2) Daniela S*****, 3) Gundhild D*****, 4) Herbert N*****, 5) Ruth B*****, 6) Hilde D*****, für Leopoldine L*****, alle vertreten durch Dr. Peter Philipp, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschuß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 26. Mai 1993, GZ 47 R 53/93 142, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 9. Dezember 1992, GZ 2 A 284/92 107 (= Teilakt HilfsON 10), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Der Revisionsrekurs samt „Nachtrag“ vom 10. August 1993 und der außerordentliche Revisionsrekurs samt „Fundstellen“ vom 10. August 1993 werden zurückgewiesen.
Begründung:
Der in Wien wohnhaft gewesene und hier am 29. Mai 1992 verstorbene Erblasser war nach dem Aktenstand amerikanischer und französischer Staatsangehöriger. Zu seinem im Inland und Ausland liegenden (Mobiliar)Nachlaß liegen unbedingte, zu Gericht angenommene Erbserklärungen von acht Erben vor; von Christine S***** (im folgenden ersterbserklärte Erbin) aufgrund des eigenhändigen Testaments des Erblassers vom 10. Dezember 1988, von Liselotte Z*****, Daniela S*****, Gundhild D*****, Herbert N*****, Ruth B*****, Leopoldine L***** (im folgenden zweit bis siebenterbserklärte Erben) und Ing. Werner S***** vorerst aufgrund des bei einem New Yorker Rechtsanwalt aufbewahrten Testaments des Erblassers vom 1. September 1982.
Das Erstgericht hat mit rechtskräftigem Beschluß vom 14. Oktober 1992 ON 57 für den einzuleitenden Erbrechtsstreit den zweit bis siebenterbserklärten Erben die Klägerrolle zugeteilt und ihnen aufgetragen, binnen vier Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses die erfolgte Einbringung der Erbrechtsklage beim Bezirksgericht Fünfhaus nachzuweisen, und sodann mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, ON 102 = Teilakt HilfsON 5, die Frist um zwölf Wochen erstreckt; das Rekursgericht wies den Rekurs der ersterbserklärten Erbin dagegen als unzulässig zurück und änderte über Rekurs der zweit bis siebenterbserklärten Erben die für die Klagseinbringung gesetzte Frist mit Beschluß vom 26. Mai 1993, ON 141, dahingehend ab, daß fristverlängernd die Einbringung der Erbrechtsklage binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Beschlusses über den Antrag der zweit bis siebenterbserklärten Erben vom 1. Dezember 1992 auf Neuverteilung der Parteienrollen im Erbrechtsstreit nachzuweisen sei.
Die zweit bis siebenterbserklärten Erben gaben dann aufgrund behaupteter mündlicher Anordnungen des Erblassers vom 17. November 1991, 28. März 1992 und 25. April 1992 (neuerlich) unbedingte Erbserklärungen ab. Nach ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 1. Dezember 1992, ON 100 = Teilakt HilfsON 3, lagen folgende Äußerungen des Erblassers in Anwesenheit jeweils einzelner der im Testament vom 1. September 1992 Bedachten, aber auch außenstehender Zeugen vor: „Nachdem ihr jetzt alle beisammen seid, müßt ihr in die A***** Gasse fahren, dort findet ihr im Schreibtisch eine schwarze Mappe mit allen Unterlagen. Außerdem müßt ihr nach Amerika fahren“ (17.November 1992); „Ihr habt die schwarze Mappe in meinem Schreibtisch hoffentlich nicht vergessen.“ (28. März 1992); auch am 25. April 1992 wurde vom Erblasser „Die schwarze Mappe am Schreibtisch“ erwähnt und er meinte, „es sei so wichtig, alles geordnet zu wissen“. Es lägen somit mündliche letztwillige Verfügungen vor, mit denen der Erblasser ausdrücklich die Geltung seines Testaments vom 1. September 1982 wiederholt und bekräftigt habe.
Das Erstgericht hat mit seinem Beschluß ON 107 = Teilakt HilfsON 10, soweit hier relevant, die aufgrund der Anordnungen des Erblassers vom 17. November 1991, 28. März 1992 und 25. April 1992 zu 1/10 bzw 2/10 abgegebenen Erbserklärungen der zweit bis siebenterbserklärten Erben zurückgewiesen (Punkt 1.), weil die angeblichen Erklärungen des Erblassers keine Erbseinsetzzungen und nicht die Mindestformerfordernisse für ein mündliches Testament erkennen ließen, und festgestellt, daß sich seine Abhandlung nur auf den inländischen, „sohin“ beweglichen Nachlaß des Erblassers beziehe und hievon die Heimatbehörde des Erblassers zu Handen der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Österreich verständigt werde (Punkt 4.). Die zweite Instanz bestätigte, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nur in Ansehung der Zurückweisung der Erbserklärungen zu.
Alle acht Erben teilten nach Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof mit am 2. November 1993 beim Erstgericht eingelangter Eingabe mit, am 13. September 1993 ein Erbenübereinkommen geschlossen zu haben, wonach die ersterbserklärte Erbin 55 % des gesamten Nachlasses, die zweit bis achterbserklärten Erben gemeinsam 45 % des gemeinsamen Nachlasses erhalten, aufzuteilen „im Verhältnis des Testamentes vom 1.September 1982“; sämtliche Erben hätten bereits die unbedingte Erbserklärung abgegeben und stellten einvernehmlich den Antrag auf Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 145 AußStrG und § 810 ABGB sowie, ihnen zur Stellung der Schlußanträge und Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses im Wege der schriftlichen Abhandlungspflege eine Frist von drei Monaten einzuräumen. Die ersterbserklärte Erbin zog „sämtliche noch unerledigten Rechtsmittel mit Ausnahme des außerordentlichen Revisionsrekurses betreffend die Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichtes zurück“.
a) Durch diese Erklärung ist der außerordentliche Revisionsrekurs der ersterbserklärten Erbin gegen den fristverlängernden Beschluß des Rekursgerichtes ON 141 zurückgezogen.
b) Der von der zweiten Instanz unter Hinweis darauf, daß zur Auslegung des § 582 ABGB höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, zugelassene Revisionsrekurs der zweit bis siebenterbserklärten Erben gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ON 142 Punkt 1. ist unzulässig. Diesen Erben fehlt (nun) das auch im Verfahren außer Streitsachen zum Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels und der Entscheidung darüber erforderliche Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung als Voraussetzung der Rechtsmittelzulässigkeit (EFSlg 64.552 f uva). Aufgrund des nunmehrigen Erbenübereinkommens und der Beilegung des Erbsrechtsstreites ist die Frage, ob die behaupteten mündlichen Anordnungen des Erblassers die Voraussetzungen für die Abgabe von Erbserklärungen erfüllen, nur mehr von abstrakt theoretischer Bedeutung.
Auf die Frage der Rechtsmittellegitimation der nun statt Leopoldine L***** einschreitenden Hilde D***** (vgl. dazu ON 115) und die Frage der Einmaligkeit des Rechtsmittels im Außerstreitverfahren kommt es nicht mehr an. Das Rechtsmittel ist demnach zurückzuweisen.
c) Der außerordentliche Revisionsrekurs der ersterbserklärten Erbin gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ON 142 Punkt 4. mit dem Antrag, (auch) das auch im Ausland befindliche (bewegliche) Vermögen des Erblassers in Österreich mitabzuhandeln, ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
Hat der Erblasser wie hier mehrere Staatsangehörigkeiten gehabt, so ist die „effektive“ maßgebend. Effektiv ist die Staatsangehörigkeit zu dem Staat, mit dem der Erblasser am engsten verbunden gewesen ist. Dafür ist die Gesamtheit der im Einzelfall gegebenen Lebensverhältnisse maßgebend (MZ 1978, 204 = NZ 1979, 53; SZ 47/79 = JBl 1975, 49 = RZ 1974/110 = NZ 1975, 57). Daß im vorliegenden Fall die französische und nicht die amerikanische Staatsangehörigkeit des Erblassers die „effektive“ gewesen wäre, wird im Rechtsmittel nicht behauptet. Dafür bieten auch die Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens keinen Hinweis. Rechtlich ist daher von der „effektiven“ amerikanischen Staatsangehörigkeit des Erblassers auszugehen. Soweit besondere staatsvertragliche Nachlaßabkommen nicht bestehen, wird die Nachlaßabhandlungs Jurisdiktion, das heißt die Frage, ob und inwieweit die inländischen Gerichte in Verlassenschaftsangelegenheiten mit Auslandsbezug einzuschreiten haben, vom autonomen österr. Recht durch §§ 21 bis 25 AußStrG - als Normen internationaler Zuständigkeit abgegrenzt (1 Ob 524/92; Schwimann in NZ 1979, 103; Bajons in ZfRV 1972, 91 ff, 117). Durch den Freundschafts , Handels und Konsularvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika vom 19. Juni 1928, BGBl 1931/192, wird eine Zuständigkeit des österr. Abhandlungsgerichtes für den im Ausland gelegenen beweglichen Nachlaß eines Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten von Amerika nicht begründet. Die Bestimmung des § 25 AußStrG, wonach der bewegliche Nachlaß der Ausländer, rücksichtlich deren nicht ausgemittelt werden kann, welchem Staate sie angehören ......, von den österr. Gerichten zu verhandeln ist, ist hier unanwendbar, sodaß auf sich beruhen kann, ob damit der gesamte, wo immer befindliche oder bloß der in Österreich gelegene Nachlaß erfaßt wird (vgl. dazu SZ 64/19 = JBl 1991, 593 = EFSlg 67.485/3).
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind zur Abhandlung des im Ausland befindlichen beweglichen Nachlasses eines Ausländers die österr. Gerichte auch dann nicht berufen, wenn der Verstorbene wie hier seinen Wohnsitz im Inland hatte (8 Ob 1588/90, 1 Ob 555/79, 5 Nd 526/77 ua; Loewe , Internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen in Festschrift Wagner 1987, 259 ff, 262; Fasching I 521 mwN).
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