Der Oberste Gerichtshof hat am 11.November 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wimmer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bahrija M***** und Igor D***** wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter und dritter Fall StGB und des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Igor D***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 4.Mai 1993, GZ 4 Vr 2551/92-82, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kodek, des Dolmetschers Dkfm.Walter, des Angeklagten D***** und des Verteidigers Dr.Sauer-Nordendorf zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Igor D***** auch die Kosten des ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der zur Tatzeit jugendliche Igor D***** und der Mitangeklagte Bahrija M***** auf Grund des Wahrspruches der Geschworenen der Verbrechen (1.) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter und dritter Fall StGB und (2.) des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie am 26.August 1992 in T***** im bewußten und gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter
(zu 1.) Thomas F***** dadurch, daß sie mit geballten Fäusten und unter Verwendung eines flachen, handtellergroßen Steines, mithin einer Waffe, massive Schläge gegen seinen Kopf führten, ihm Fußtritte gegen den Oberkörper versetzten und seine Armbanduhr, sein goldenes Armband, seinen Fahrzeugschlüssel sowie einen Bargeldbetrag von 1.600 S und ungarische Forint im Wert von 500 S an sich nahmen, sohin mit Gewalt fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Gewaltanwendung eine schwere Körperverletzung des Thomas F*****, nämlich eine Hirnschwellung, Prellungsblutungen und ein Rotationstrauma sowie Brüche der 5. bis 8.Rippe rechs zur Folge hatte;
(zu 2.) nach der unter 1. geschilderten Tat Thomas F***** dadurch vorsätzlich getötet, daß sie den Bewußtlosen in den angrenzenden Badeteich der Firma A***** zogen, in dem er schließlich ertrank.
Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage I nach (gemäß § 143 zweiter und dritter Fall StGB qualifiziertem) Raub einhellig und die gleichfalls anklagekonform gestellte Hauptfrage II nach Mord mehrheitlich (im Stimmenverhältnis 7 : 1) bejaht. Die "Varianten" b und c der Hauptfrage II, die in die Urteilsausfertigung nicht aufgenommen wurden und rechtlich Eventualfragen nach Alleintäterschaft jedes der beiden Angeklagten zum Mord darstellen, blieben folgerichtig unbeantwortet.
Beide Angeklagte bekämpfen das Urteil mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen.
Zum Gerichtstag wurde (ua) - entsprechend der Mitteilung vom 21. Oktober 1993, wonach die mittlerweilige Stellvertretung aufgehoben wurde - der dem Angeklagten M***** bereits im Verfahren erster Instanz beigegebene Verteidiger geladen. Inzwischen war jedoch für diesen (am 4.November 1993) vom Ausschuß der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer (abermals) ein mittlerweiliger Stellvertreter bestellt worden, der am 10.November 1993 mitteilte, daß er erst an diesem Tag vom Gerichtstag erfahren habe und daher nicht mehr rechtzeitig für eine Vertretung des Angeklagten M***** im Gerichtstag vorsorgen könne. Der Gerichtstag wurde daher auf die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel des Angeklagten D***** eingeschränkt; über die Rechtsmittel des Angeklagten M***** wird gesondert entschieden werden.
Der allein auf den Grund der "Z 4" (richtig: Z 5) des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D*****, mit welcher undifferenziert der gesamte ihn betreffende Schuldspruch bekämpft wird, kommt keine Berechtigung zu.
Soweit die Beschwerde die Abweisung des Beweisantrages auf kriminologische Untersuchung der Kleidung des Erstangeklagten M***** und der daran haftenden Blutspuren als Verfahrensmangel rügt (S 156/II iVm S 152/II), läßt sie jegliche Begründung dafür vermissen, weshalb eine solche Untersuchung den damit - der Sache nach - angestrebten - im Hinblick auf die angenommene Mittäterschaft rechtlich ohnehin irrelevanten - Nachweis einer Beteiligung des Beschwerdeführers am Raub ohne eigene Gewaltanwendung erwarten ließe. Denn nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen können die in der Hauptverhandlung ausführlich erörterten Blutspuren an der Kleidung beider Angeklagter keiner bestimmten Phase des Tatgeschehens zugeordnet werden. Soweit der Beschwerdeführer aber aus der Art der Blutspuren "allenfalls" Feststellungen zur Lösung der Frage für möglich hält, wer das Opfer in das Wasser gezogen habe, ist dieser Beweis als - unzulässiger - Erkundungsbeweis anzusehen, dessen Nichtaufnahme den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht herzustellen vermag.
Dem Erstgericht ist aber, der Beschwerdeauffassung zuwider, auch durch die Ablehnung der beantragten Vertagung der Hauptverhandlung zur Einvernahme des Zeugen L*****, dessen Angaben zufolge sich der Erstangeklagte M***** ausdrücklich dazu bekannt haben soll, das Opfer (allein) ins Wasser gezogen zu haben (S 133/II), und durch die Verlesung dessen Aussage kein Verfahrensfehler unterlaufen, war dieser Zeuge doch unbekannten Aufenthaltes (S 97/II) und lagen Anhaltspunkte, die seine Ausforschung erwarten ließen, nicht vor. Die Verlesung der im Vorverfahren deponierten Aussagen dieses Zeugen (ON 35) entsprach daher der Vorschrift des § 252 Abs 1 Z 1 StPO. Der Beschwerdeführer kann sich hiedurch umsoweniger beschwert erachten, als die Vernehmung dieses Zeugen im Vorverfahren gemäß § 162 StPO unter Zuziehung seines Verteidigers erfolgte, der auch sein Fragerecht ausgeübt hat (ON 35).
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über Igor D***** nach § 75 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und unter Bedachtnahme auf § 5 Z 2 lit a JGG eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. Dabei wertete es neben dem Zusammentreffen zweier Verbrechen, dem Zusammenwirken zweier Personen, der Tötung eines widerstandsunfähigen Opfers und der brutalen Vorgangsweise beim Raub, auch die schwere Verletzung des Raubopfers als erschwerend - letztere nach dem Sinnzusammenhang ersichtlich aber nur zur Unterstreichung der bei der Raubtat angewandten Brutalität, die (sogar) eine schwere Verletzung zur Folge hatte, und demgemäß nicht als eigenständigen Erschwerungsumstand -, während dem Angeklagten das Teilgeständnis und die Unbescholtenheit als mildernd zugute gehalten wurde.
Berücksichtigt man die noch zusätzlich als erschwerend ins Gewicht fallende zweifache Qualifikation des Raubes zum schweren Raub, besteht angesichts der im übrigen vollständig erfaßten Strafzumessungsgründe und der Schwere der Schuld des Angeklagten zu einer Herabsetzung der Freiheitsstrafe, auf welche die Berufung abzielt, kein Anlaß.
Der - nur zum Teil - geständigen Verantwortung hat das Geschworenengericht ausdrücklich Rechnung getragen. Von einem umfassenden Geständnis kann dagegen ebensowenig die Rede sein wie davon, daß der Angeklagte die Mordtat nur durch Unterlassen begangen hätte. Auch daß er vom Erstangeklagten zum Mord bestimmt worden wäre, findet in der Aktenlage keine Deckung.
Somit war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.
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