Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****VERBAND ***** reg.GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei VEREIN *****, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 61.584,90 S samt Nebenforderungen, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Mai 1991, AZ 14 R 44/91 (ON 31), womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 22.Oktober 1990, GZ 20 Cg 86/88-26, zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde,
folgenden
Beschluß
gefaßt:
Dem Rekurs wird nicht stattgegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind Kosten des zu ergänzenden Verfahrens.
Begründung:
Nach einem Verkehrsunfall nahm ein Verletzter die Leistungen eines Unfallhilfevereins in Anspruch.
Bei dem Unfallsopfer handelte es sich um einen zur Unfallszeit 52 Jahre alten Ausländer mit mangelhaften deutschen Sprachkenntnissen, der am 1.September 1978 als Radfahrer von einem Personenkraftwagen gestreift, zu Sturz gebracht und dabei erheblich verletzt worden war. Das später auch strafgerichtlich festgestellte Verschulden des Kraftfahrzeuglenkers stand nie im Zweifel, die einzelnen Ansprüche des Verletzten waren aber umstritten. Bereits im Jahre 1978 hatte der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeughalters auf die Schadenersatzansprüche des Verletzten einen (Teil )Betrag von 130.000 S gezahlt.
Der Verein arbeitet gerichtsbekanntermaßen (JBl 1990, 41) in der Art eines sogenannten Unfallhelferringes vor allem mit einer von seinem Sekretär beherrschten Beratungsgesellschaft mbH (einziger Geschäftsführer dieser im April 1980 entstandenen Gesellschaft ist nach den Firmenbuchunterlagen der Vereinssekretär, der nach dem Gesellschaftsvertrag von jedem Konkurrenzverbot ausgenommen sein soll, dem als Gesellschafter unmittelbar zwar nur ein Geschäftsanteil im Ausmaß von 1 % zusteht, ohne dessen Zustimmung aber kein Gesellschafterbeschluß wirksam sein soll) unter Betrauung eines ständig beauftragten Rechtsanwaltes und in Geschäftsverbindung mit bestimmten Kreditunternehmungen zusammen.
Der Unfallhilferein vermittelt unter anderem dem betreuten Unfallopfer Darlehen von Kreditunternehmungen, wobei die Darlehensvaluta auch zur Finanzierung der Kosten prozessualer Anspruchsdurchsetzung sowie der eigenen Kosten des Vereins dient. Der Verein beurteilt die Chancen einer Anspruchsverfolgung des Unfallsopfers; er gibt den zur Darlehensgewährung bereiten Kreditunternehmungen Vorbelastungen der Schadenersatzforderungen bekannt. Den Kreditunternehmungen mag es als
Sicherung - gegenüber dem darlehensansuchenden
Verkehrsopfer - erscheinen, daß sich der Unfallshilfeverein die Ersatzforderungen des Unfallsopfers zum Inkasso abtreten läßt und im Falle eines Rechtsstreites als Kläger auftritt.
Das Unfallsopfer trat dem Verein nicht nur als Mitglied bei, es erteilte auch Vollmacht und Auftrag im Sinne der mit 10.Juni 1980 datierten Urkunde (Beilage 2). Nach dem Inhalt dieses Schriftstückes erteilte der Verletzte der Beratungsgesellschaft Vollmacht und richtete an sie das Anbot zum Abschluß eines Betreuungsvertrages; nach den erstinstanzlichen Feststellungen hat der Verletzte mit Zessionsvertrag vom 10.Juni 1980 sämtliche ihm auf Grund seines Unfalls zustehenden Ansprüche an den Verein abgetreten. (Eine Außerstreitstellung zur Person des Inkassozessionars kann im Klagesvorbringen zu Punkt 4 nicht mit hinreichender Sicherheit erkannt werden; vgl auch die Zeugenaussage des Vereinssekretärs AS 37/38.)
Eine Wiener Bank gewährte am 1.August 1980 dem Geschädigten ein als "Schadensvorfinanzierung" bezeichnetes Darlehen in der Höhe von 55.000 S (das nach einer Bankbestätigung vom 21.Mai 1985 zum 31. März 1985 unter Berücksichtigung der Zinsen und Spesen im Gesamtbetrag von 58.102,83 S mit dem Betrag von 106.012,83 S ausgehaftet haben soll).
Das Unfallsopfer wandte sich (nach der festgestellten Abtretung und der festgestellten Schadensvorfinanzierung durch die Wiener Bank) an eine Salzburger Kreditunternehmung wegen Gewährung eines Darlehens. Diese wandte sich zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit des damals beschäftigungslosen Ausländers an den Verein um Auskunft über die Schadenersatzansprüche des Darlehenswerbers. Der Verein richtete hierauf an die Salzburger Kreditunternehmung das mit 25.Februar 1981 datierte Express-Schreiben und teilte darin mit, daß ein namentlich genannter Rechtsanwalt beauftragt sei, namens des Geschädigten ein Feststellungsbegehren und namens des Vereins ein Leistungsbegehren klageweise gegen den Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten Kraftfahrzeuges anzubringen, wobei ein Schmerzengeld von 300.000 S, eine Entschädigung gemäß § 1326 ABGB in der Höhe von 100.000 S, Ersatz für zweieinhalb Jahre Verdienstentgang im Betrag von 150.000 S, Ersatz für die Kosten eines Zahnersatzes in der Höhe von 50.000 S, Kosten einer kosmetischen Operation im Betrag von 20.000 S, Pflegekosten in der Höhe von 80.000 S sowie Ersatz für vermehrte Aufwendungen im Betrag von 10.000 S geltend gemacht würden; der Haftpflichtversicherer habe bereits eine a-conto-Zahlung von 110.000 S geleistet, die Vertretungskosten seien mit 30.000 S bis 40.000 S zu veranschlagen. Wörtlich finden sich im Schreiben des Vereins an die Salzburger Kreditunternehmung folgende Sätze:
"Über unsere Bankverbindung haben wir ..." (dem Geschädigten) "... einen Vorfinanzierungsbetrag inkl. der Prozßkostenvorfinanzierung von S 130.000 gewährt."
"Darüber hinausgehende Beträge können zur Besicherung Ihres Kredites in Höhe von S 50.000 zuzüglich Zinsen verwendet werden.
Auf Grund unserer Erfahrungswerte wird mit einem Gesamtzuspruch von rund S 400.000 bis 500.000 ohne Folgeschäden zu rechnen sein.
Aus diesem Grunde bitten wir Sie, dem Kreditwunsch unseres Klienten entsprechen zu wollen."
Am 26.Februar 1981 unterfertigte das Unfallsopfer den Vertrag über die Gewährung eines bis 28.Februar 1982 rückzahlbaren Einmalkredites von 50.000 S mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß der Kreditnehmer dem Kreditgeber die Forderung gegenüber dem Unfallhilfeverein gemäß einer gesonderten Vereinbarung abtrete. Nach dem Inhalt des gleichfalls mit 26.Februar 1981 datierten Zessionsvertrages trat der Kreditnehmer der Salzburger Kreditunternehmung zur Sicherstellung und Rückzahlung aller Forderungen aus dem 50.000 S-Darlehen seine Forderungen gegen den Unfallhilfeverein "auf Grund eines Schadenfalles" zur Gänze ab. Der Kreditnehmer unterfertigte auch eine mit 26.Februar 1981 datierte Benachrichtigung des Vereins von seiner Forderungsabtretung. Der Verein bestätigte die Kenntnisnahme von dieser Abtretung und sandte eine entsprechende schriftliche Erklärung mit seinem Begleitschreiben vom 6.April 1981 an die Salzburger Kreditunternehmung. Darin erklärte der Verein die Forderungsabtretung "hinsichtlich der Verrechnung in Evidenz genommen" zu haben.
Die vom Verein angekündigte Schadenersatzklage gegen den Haftpflichtversicherer wurde in der Folge am 18.August 1981 eingebracht.
Im November 1981 nahm der Geschädigte bei einer steiermärkischen Kreditunternehmung einerseits einen Kredit zur Finanzierung der Prozeßkosten in der Höhe von 65.000 S und andererseits einen Kredit zur Vorfinanzierung der Schadenersatzansprüche in der Höhe von 45.000 S in Anspruch. (Nach einer Mitteilung der steiermärkischen Kreditunternehmung an den Verein vom 7.März 1985 hafteten die mit 15 % zu verzinsenden Darlehen zum damaligen Zeitpunkt mit 97.458 S und 61.892 S aus, nach einer Aufforderung zur ratenweisen Darlehensrückzahlung vom 5.März 1986 per Jahresende 1985 mit insgesamt 180.454 S.)
Die Rechtsnachfolgerin der Salzburger Kreditunternehmung machte den Verfahrenshilfeverein dafür haftbar, daß er ungeachtet der Benachrichtigung von der erfolgten Sicherungsabtretung bei der Verteilung der vom Haftpflichtversicherer auf die eingeklagten Forderungen des Unfallsopfers ausbezahlten Beträge die Darlehensrückzahlungsforderungen nicht voll berücksichtigt habe. Abgesehen von verschiedenen aufklärungsbedürftigen und von der Salzburger Kreditunternehmung nicht anerkannten Positionen in der von der Behandlungsgesellschaft aufgestellten Abrechnung des Jahres 1987 sei vor allem die Abdeckung der bei der steiermärkischen Kreditunternehmung aufgenommenen Darlehen vor der Abdeckung der zeitlich früher gewährten und durch Sicherungsabtretung besicherten Darlehen der Salzburger Kreditunternehmung zu Unrecht erfolgt.
Der Unfallhilfeverein wendete als Beklagter gegenüber der Klage der Rechtsnachfolgerin der Salzburger Kreditunternehmung zum Einwand der Nachrangigkeit der Forderung der steiermärkischen Kreditunternehmung ein, es habe sich um eine Prozeßkostenfinanzierung gehandelt, die der Verein in Erfüllung einer Treuhandverpflichtung zurückzuzahlen gehabt habe.
Das Prozeßgericht erster Instanz beschränkte sich auf die Beurteilung des von der klagenden Partei hilfsweise geltend gemachten Schadenersatzanspruches, der nach dem Klagsaufbau nur für den bestrittenen Fall einer anzunehmenden Vorrangigkeit der Sicherungsansprüche der steiermärkischen Kreditunternehmung erhoben wurde. Das Prozeßgericht erster Instanz verneinte solche Schadenersatzansprüche und wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht faßte einen Aufhebungsbeschluß, mit dem es dem Prozeßgericht erster Instanz eine Verfahrensergänzung vor allem über inhaltliche Ausgestaltung und Zeitpunkt aller in Betracht zu ziehenden Abtretungen auftrug. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil es an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung über das Verhältnis zwischen Inkassozession und Sicherungszession sowie über das Verhältnis zeitlich aufeinanderfolgender Mehrfachzessionen zur Sicherung verschiedener Forderungen fehle.
Der Rekurs des beklagten Vereines gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Dem Verfahrensergänzungsauftrag des Berufungsgerichtes liegt in der Hauptsache keine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde.
Sollte das Unfallsopfer im Zusammenhang mit den Beratungs- und Betreuungsleistungen des Unfallhilferinges, dem er sich anvertraute, seine Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten Kraftfahrzeuges unwiderruflich an ein Mitglied des Ringes abgetreten haben, dann wäre das über eine bloß uneigennützige treuhänderische Inkassozession erheblich hinausgegangen, weil die Beteiligten am Unfallhilfering die sich aus der Rechtslage des Geschädigten ergebenden Anspruchsmöglichkeiten zu erkunden, abzuschätzen und bis zur Einbringung zu verfolgen und damit eine über die bloße Eintreibung hinausgehende Geschäftsbesorgung übernommen hatten. Die in der Rechtsprechung anerkannte Sonderwirkung einer Abtretung zur Einziehung, bei welcher verschiedentlich darauf Bedacht genommen wird, daß der Abtretende ungeachtet der Übertragung seiner Rechtsstellung auf den Übernehmer wirtschaftlicher Träger des Anspruches bleibt, hinge im übrigen in der Frage der Beachtlichkeit von Verfügungen des Abtretenden gegenüber dem Schuldner nach erfolgter Abtretung zur Einziehung entscheidend vom Inhalt der dem Schuldner zugegangenen Benachrichtigung ab.
Eine von der Unwiderruflichkeit der Abtretung begleitete besondere Geschäftsbesorgerstellung der Teilnehmer des Unfallhilferinges gegenüber dem Verkehrsopfer bewirkte die grundsätzliche Unbeachtlichkeit nachträglicher Verfügungen des Forderungsüberträgers gegenüber dem Schuldner, soweit nicht eine Zustimmung des Forderungsübernehmers ausdrücklich erklärt würde oder schlüssig anzunehmen wäre. Im Falle einer Pfändung oder der sie ersetzenden Sicherungsabtretung des Anspruches des Geschädigten gegenüber dem geschäftsbesorgenden Unfallshelfer dürfte dieser allerdings seine Zustimmung im Sinne einer Rückzession nur unter Wahrung der Rechte des gesicherten Gläubigers erteilen; anderenfalls hätte er den gesicherten Gläubiger so zu stellen, als wäre seine Zustimmung zur nachträglichen Verfügung des Geschädigten nicht erfolgt.
Aus dieser Erwägung trifft es weder zu, daß der Haftpflichtversicherer dem beklagten Verein die Sicherungsabtretung zu Gunsten der steiermärkischen Kreditunternehmung entgegenhalten und daher auch dem Verein eine Verwendung der ausbezahlten Ersatzbeträge zu Gunsten der steiermärkischen Kreditunternehmung bindend hätte auftragen können, noch auch, daß der Verein ohne Rücksicht auf die Sicherungsabtretung des Geschädigten zu Gunsten der Salzburger Kreditunternehmung nach Belieben Verpflichtungen und Abtretungen hätte vornehmen und solcherart zum Nachteil der Salzburger Kreditunternehmung hätte bestimmen können, wie hoch letztlich das Abrechnungsguthaben des Geschädigten als Gegenstand der Sicherungsabtretung ausfallen würde.
Zu der im berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erwähnten Berechtigung der von der beklagten Partei behaupteten Honoraransprüche ist allerdings darauf hinzuweisen, daß die Klägerin dem beklagten Verein gegenüber nur eine absolute Nichtigkeit einer mit dem Geschädigten getroffenen Vereinbarung oder die Frage nach der Einbehaltung gewisser Beträge als Geschäftsbesorgungsaufwand einzuwenden berechtigt ist. Dazu bedürfte es der Erörterung und Klarstellung der Vereinbarungen zwischen dem Geschädigten und dem beklagten Verein insbesondere über die in der in der Klage dargestellten Abrechnung veranschlagten Mitgliedsbeiträge. Soweit nämlich der Verein Mitgliedsbeiträge gegenüber dem Geschädigten aufrechnungsweise gegenüber dessen Anspruch auf den Erlös aus der Geschäftsbesorgung geltend machen hätte können, käme es entscheidend auf den Zeitpunkt des Eintrittes der Aufrechungslage gegenüber dem der Verständigung von der Sicherungsabtretung an.
Mit den dargelegten Klarstellungen und Berichtigungen hat es aber bei der vom Berufungsgericht mit dem angefochtenen Aufhebungsbeschluß aufgetragenen Verfahrensergänzung zu verbleiben.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 JN.
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