Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Juli 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Frohner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian Bernhard L***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, 2 und 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 19.Februar 1991, GZ 20 Vr 584/90-47, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Raunig und der Verteidigerin Dr. Pirker jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 4 1/2 (viereinhalb) Jahre erhöht. Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Christian Bernhard L***** wurde vom Landesgericht Feldkirch des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 Z 3 SGG, teilweise als Beteiligter nach § 12, dritter Fall, StGB (Schuldspruchfakten I.A. 1.-8.), des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (I.B. 1.-5.) sowie des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II.) schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last, den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge ein- oder ausgeführt oder in Verkehr gesetzt und hiebei mit Beziehung auf ein Suchtgift gehandelt zu haben, dessen Menge zumindest das 25-fache der im Abs 1 des § 12 SGG angeführten Menge ausmachte, indem er zum Teil mit abgesondert Verfolgten von 1988 bis Mai 1990, in einem Fall als Beitragstäter nach § 12, dritter Fall, StGB, insgesamt 5 kg Cannabisharz, 440 g Cannabiskonzentrat, 530 g Heroin und 825 g Kokain aus der Schweiz und den Niederlanden nach Österreich schmuggelte und hier teilweise verkaufte bzw. zum Schmuggel von Jamaicagrass beigetragen hat (I.A.1.-8.). Ferner wird ihm angelastet, außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG von Ende 1976 bis Mai 1990 Cannabisharz, Heroin und Kokain erworben und konsumiert (I.B.1.-5.) sowie damit zugleich in Tateinheit eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich das zu I.A.1. sowie 3. bis 8. des Schuldspruches angeführte Suchtgift, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht gewerbsmäßig dem Zollverfahren entzogen zu haben.
Die nominell auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und b (sachlich auf Z 10) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich nur gegen den Punkt II. des Schuldspruches wegen des Finanzvergehens des (gewerbsmäßig begangenen) Schmuggels.
Sie releviert, die Beurteilung des ihm angelasteten Verbrechens nach § 12 SGG auch als Finanzvergehen (des Schmuggels) sei rechtsirrig, weil dies einer unzulässigen Doppelbestrafung wegen desselben Verhaltens gleichkomme. Dies wäre schon deshalb ausgeschlossen, weil Eingangsabgaben nur für im Inland frei verkehrsfähige Waren eingehoben werden dürften, deren Einfuhr erlaubt ist, was für Suchtgift (insbesondere Heroin) nicht zutrifft.
Der Beschwerdeführer verkennt damit aber die Rechtslage.
Seit Inkrafttreten der neunten Zolltarifgesetz-Novelle, BGBl 1976/669, am 1.Jänner 1977 unterliegen Waren, die entgegen den Bestimmungen des Suchtgiftgesetzes eingeführt werden, einem Gewichtszoll. Des weiteren übersieht die Beschwerde, daß auf gesetzlichen Vorschriften beruhende Einschränkungen bezüglich der Verwendung und des Gebrauches von Waren durch den Käufer die Heranziehung des Kaufpreises als Zollwert nicht hindern (§ 3 Abs 2 Z 1 lit a WertzollG 1980, BGBl 221). Im übrigen kann den einschlägigen Vorschriften auch sonst keine Einschränkung der Eingangsabgabepflicht auf im legalen Handel befindliche Waren entnommen werden (sh Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Komm z FinStrG, Anm 15 zu § 35; 14 Os 112/90). Gesetzliche Beschränkungen der freien Verkehrsfähigkeit einer Ware (hier: von Suchtgift) im Inland schließen somit eine Eingangsabgabepflicht für solche Waren nicht aus.
Es tritt aber auch keine Konsumtion des Schmuggels durch eine Aburteilung nach dem Suchtgiftgesetz ein. Abgesehen von der Verschiedenheit der geschützten Rechtsgüter folgt vor allem aus der Bestimmung des § 24 a SGG, daß ein eintätiges Zusammentreffen von Suchtgiftdelikten und Finanzdelikten grundsätzlich zulässig ist. Nach dieser Bestimmung entfällt nämlich nur bei eintätigem Zusammentreffen einer nach §§ 12 Abs 1, 14 a oder 16 SGG gerichtlich strafbaren Handlung mit einem Finanzvergehen die Strafbarkeit des letzteren (unter anderem) mit dem Schuldspruch wegen des betreffenden Suchtgiftdeliktes. Im Fall des (hier aktuellen) § 12 Abs 2 und 3 Z 3 SGG steht der Konsumtion nicht nur § 24 a SGG sondern auch die Kumulierungsvorschrift des § 22 Abs 1 FinStrG entgegen, die (von den im Absatz 2 angeführten, hier nicht aktuellen Ausnahmsfällen abgesehen) den eigenständigen Unrechtsgehalt von Finanzvergehen klar hervorhebt (vgl dazu insbesondere 10 Os 102/83, 12 Os 84/86, 15 Os 184/87, 14 Os 112/90 uva; ebenso Foregger-Litzka, SGG2, § 24 a, Erl I).
Bei dieser Rechtslage ergeben sich der Beschwerde zuwider keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 35 FinStrG, welche die Beschwerde ohnehin nicht in der damit statuierten Regelung, sondern in einer allfälligen Interpretation dieser Bestimmung sehen will.
Die Nichtigkeitsbeschwerde mußte deswegen erfolglos bleiben.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen des mehrfach qualifizierten Verbrechens mit einem Vergehen, die jeweils mehrfache Tatbegehung, den teils raschen Rückfall und drei einschlägige Vorstrafen, als mildernd das zur Wahrheitsfindung erheblich beitragende Geständnis des Angeklagten.
Demgemäß verhängte das Erstgericht über den Angeklagten (unter Anrechnung der Vorhaft) nach § 12 SGG und in Anwendung von § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren sowie gemäß §§ 22 Abs 1, 38 Abs 1 iVm § 35 Abs 4 FinStrG eine Geldstrafe von 500.000 S, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten, wobei in diesem Fall erschwerend die mehrfache Begehung des gewerbsmäßigen Schmuggels, mildernd das Geständnis gewertet wurde. Gemäß § 13 Abs 1 SGG wurde das sichergestellte Suchtgift eingezogen, ein Antrag auf Einziehung von "16 Stück Patronen" jedoch abgewiesen.
Gegen den Strafausspruch richten sich Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten mit den Anträgen, die verhängte Freiheitsstrafe schuldangemessen zu erhöhen bzw die verhängten Strafen herabzusetzen.
Die Berufung des Angeklagten ist nicht berechtigt.
Durch die Strafbestimmungen der §§ 12, 14 SGG soll der aus der Verbreitung von Drogen resultierenden (allgemeinen) Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen in großem Ausmaß vorgebeugt werden. Suchtgiftverbrechen sind daher, gleich wie alle strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben (einzelner Personen) gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet und beruhen solcherart auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB) (vgl 14 Os 112/90). Zu Unrecht hat daher das Erstgericht bei der Nennung der Erschwerungsgründe lediglich drei einschlägige Vorstrafen angenommen, da die Strafregisterauskunft des Verurteilten auch zahlreiche weitere strafbare Handlungen gegen Leib und Leben - zum Teil vorsätzliche, zum Teil fahrlässige Körperverletzungen - aufweist, die ebenfalls als einschlägig zu werten gewesen wären. Diesem Umstand kommt jedoch bei Würdigung aller Strafzumessungsgründe kein besonderes Gewicht zu.
Zutreffend wurde vom Erstgericht - entgegen der Meinung des Angeklagten - die mehrfache Begehung der strafbaren Handlungen als erschwerend berücksichtigt. Unabhängig von der Qualifikation der übergroßen Menge des Suchtgiftes gemäß § 12 Abs. 3 Z 3 SGG war die wiederholte Tatbegehung gesondert als Erschwerungsumstand anzulasten, da der Tatvorsatz bei jeder einzelnen Tathandlung erneut gefaßt werden mußte und die kriminelle Energie dementsprechend höher war als bei einmaliger Einfuhr einer großen Menge Suchtgiftes.
Das Erstgericht hat das umfassende Geständnis des Angeklagten, das zur Aufdeckung eines Drogenringes beigetragen hat, bei der Strafzumessung hinreichend berücksichtigt.
Das Schöffengericht hat somit die Freiheitsstrafe keineswegs zu hoch bemessen.
Bei der Strafzumessung hinsichtlich des Finanzvergehens wertete das Erstgericht als erschwerend die mehrfache Begehung des gewerbsmäßigen Schmuggels, mildernd das Geständnis des Angeklagten. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen hielt das Erstgericht die verhängte Geldstrafe von 500.000 S sowie die Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten für tatschuldangemessen. Die Strafzumessungsgründe zum Finanzvergehen wurden zutreffend dargestellt und auch richtig bewertet, sodaß zu einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kein Anlaß bestand.
Die Berufung der Staatsanwaltschaft mit dem Antrag, die zu Punkt I des Urteilsspruches verhängte Freiheitsstrafe schuldangemessen zu erhöhen ist berechtigt.
Das Schöffengericht hat zwar die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt. Berücksichtigt man jedoch die große Menge, sowohl an Heroin und Kokain als auch an Cannabisharz und Cannabiskonzentrat und die damit verbundene Gefährdung der Volksgesundheit zahlreicher Personen, ist die verhängte Freiheitsstrafe von 3 1/2 Jahren bei einem Strafrahmen von 1 bis 15 Jahren auch unter Berücksichtigung des Geständnisses des Angeklagten zu niedrig. Insbesondere aus generalpräventiven Überlegungen ist daher in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Strafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß geboten.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
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