Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Silvia Krieger und Walter Darmstädter als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Renate A***, Angestellte, Wien 18., Kutschkergasse 40/6, vertreten durch Dr.Roman Kosch, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei A*** W*** N***, Wiener Neustadt, Neunkirchnerstraße 36, vertreten durch Dr.Karl Leisser, Landesarbeitsamt Niederösterreich, wegen Insolvenzausfallgeld (S 100.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeitsund Sozialrechtssachen vom 31. August 1989, GZ 33 Rs 154/89-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 14.April 1989, GZ 4 Cgs 542/89-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 8.487 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (davon S 1.414,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war vom 7.Jänner 1985 bis 30.Juni 1987 gegen ein monatliches Bruttoentgelt von S 5.000 (14 x jährlich) beim Verein "Badener Reitclub" beschäftigt und führte dort später auch die Kantine. Die Klägerin war auch Vereinsmitglied und in dieser Eigenschaft schon ab 19.Oktober 1984 erstmals zur ersten Kassierin des Vereines bestellt worden; sie wurde in dieser Funktion in der Hauptversammlung am 22.März 1985 und am 11.April 1986 bestätigt. Ab 20. März 1987 war sie nur mehr stellvertretende Kassierin. Zum ersten Kassier wurde damals Wolfram H***-H*** bestellt.
Gemäß § 7 Abs 1 und 2 der Statuten des "Badener Reitclubs" erfolgt die Leitung bzw. Geschäftsführung des Clubs durch den Vorstand, der aus mindestens sechs ordentlichen Mitgliedern besteht. Ihm gehören der Obmann, der Kassier, der Schriftführer und deren Stellvertreter an. Gemäß § 7 Abs 4 der Statuten sind alle für den Club rechtlich bindenden Verträge, Bekanntmachungen, Ausfertigungen und Vollmachten vom Obmann oder Obmann-Stellvertreter und einem anderen Vorstandsmitglied zu zeichnen. Der Obmann bzw sein Stellvertreter vertreten den Club nach außen hin.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete durch Dienstgeberkündigung. Der "Badener Reitclub" schuldet ihr laut Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 3.11.1988, 4 Cga 78/88 an rückständigem Gehalt und Urlaubsentschädigung S 100.000. Der Antrag des "Badener Reitclubs" auf Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 19.10.1988, S 35/88-2, mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen.
Das beklagte Arbeitsamt Wiener Neustadt lehnte mit Bescheid vom 25.11.1988, Zl 334/114/1/1988 den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld mit der Begründung ab, daß sie als Mitglied des Organs einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld habe, weil sie seit 19.Oktober 1984 Vorstandsmitglied des Badener Reitclubs gewesen sei.
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr Insolvenz-Ausfallgeld "im gesetzlichen Ausmaß der "ihr" aus dem Dienstverhältnis zum "Badener Reitclub" zustehenden Nettobezüge unter Berücksichtigung abgerechneter Gegenforderungen in der Höhe von S 100.000 zu zahlen." Sie behauptete, daß sie in ihrer Funktion als Vorstandsmitglied tatsächlich keinen Einfluß und auch keine Kontrolle über die Geldgebarung im Club gehabt habe. Sie habe diese Stelle nur aus Entgegenkommen angenommen, damit der Verein die gesetzlich vorgeschriebenen Vorstandsmitglieder überhaupt zusammenbrachte. Sie sei für den Verein nur als Angestellte tätig gewesen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Organmitgliedschaft der Klägerin reiche für sich allein aus, alle ihre Ansprüche nach dem IESG aus einem neben der Organschaft vorliegenden Dienstverhältnis auszuschließen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Es stellte - außer dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - fest, daß die Klägerin während ihrer gesamten Angestelltentätigkeit keinen Einfluß auf die Geschäftsführung und die Geschäftsgebarung gehabt habe und niemals die Entscheidungen des Vereins beeinflussen konnte. Sie habe das Amt der (stellvertretenden) Kassierin nur übernommen, weil sie von den Obmännern des Vereins darum ersucht worden sei; sonst hätte der "Badener Reitclub" nicht die erforderliche Anzahl von Organen der Vereinsbehörde melden können. Die Klägerin sei also nur formal der Vereinsbehörde als Kassierin (Stellvertreterin) gemeldet worden; tatsächlich sei ihr aber niemals eine Organstellung zugekommen. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei die Bestimmung des § 1 Abs 6 Z 2 IESG nicht anzuwenden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Nach ständiger Rechtsprechung hätten die Mitglieder des Organs einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen sei, unabhängig von ihrer rechtlichen und faktischen Einflußmöglichkeit auf diese juristische Person im Innenverhältnis keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für privatrechtliche Ansprüche, die ihnen aus dem Rechtsverhältnis zu der juristischen Person in der Zeit erwachsen seien, in der sie Organmitglieder waren. Da die Klägerin Ansprüche für einen Zeitraum geltend mache, in dem sie dem Vorstand des "Badener Reitclubs" angehört habe, und es auf ihre rechtlichen und faktischen Einflußmöglichkeiten im Innenverhältnis nicht ankomme, bestehe ihr Anspruch gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG nicht zu Recht.
Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren Folge gegeben werde.
Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Die Revision ist berechtigt.
Gemäß § 1 Abs 1 IESG haben Arbeitnehmer, ehemalige Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen, sowie die Rechtsnachfolger dieser Personen von Todes wegen (Anspruchsberechtigte) für die nach Abs 2 gesicherten Ansprüche Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld ua dann, wenn ein Antrag auf Eröffnung eines Konkurses über das Vermögen des Arbeitgebers (ehemaligen Arbeitgebers) mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen wird. Gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG haben die Mitglieder des Organs einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld. Wesentlich ist, ob während des Arbeitsverhältnisses dem betreffenden Arbeitnehmer bei seinem (ehemaligen) Arbeitgeber auch die Eigenschaft eines Mitglieds eines vertretungsbefugten Organs zukam.
Das ist hier zu verneinen. Der ehemalige Arbeitgeber der Klägerin ist ein Verein im Sinne des Vereinsgesetzes 1951 (VerG) und damit eine juristische Person (FesslerKölbl, Österreichisches Vereinsrecht5, 44). Gemäß § 4 Abs 2 VerG muß aus den Statuten eines Vereins - dieses sind die grundsätzliche Norm, mit der sich der Verein seine Organisation selbst gibt (SZ 58/15 = GesRZ 1985,
38) - ua folgendes zu entnehmen sein:
"..........
e) die Organe der Vereinsleitung
f) die Erfordernisse gültiger Beschlußfassungen, Ausfertigungen
und Bekanntmachungen
...........
h) die Vertretung des Vereins nach außen."
Das Vereinsgesetz schreibt keine bestimmten Vereinsorgane vor.
Üblich (jedoch nicht zwingend geboten) sind folgende Organe:
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