Der Oberste Gerichtshof hat am 16.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Ursula D*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 2 StGB über die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26.Juli 1985, GZ 29 Vr 2160/82-37, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, der Angeklagten und des Verteidigers Dr. Sonnleitner zu Recht erkannt:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über die Angeklagte verhängte Strafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ursula D*** des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach der letztgenannten Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr sowie überdies gemäß § 369 (Abs. 1) StPO zur Bezahlung eines Betrages von 112.844,50 S an den Privatbeteiligten Johann K*** verurteilt.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend den hohen Schaden sowie die Tatwiederholung durch einen längeren Zeitraum und die mehrfache (gemeint: zweifache) Qualifikation des Diebstahls, als mildernd hingegen die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten, die teilweise Schadensgutmachung und eine gewisse finanzielle Notlage.
Nachdem die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten vom Obersten Gerichtshof bereits in nichtöffentlicher Beratung mit Beschluß vom 19. März 1986, GZ 9 Os 15/86-8, dem im übrigen auch der nähere Inhalt des Schuldspruches zu entnehmen ist, zurückgewiesen wurde, war im Gerichtstag nur mehr über die Berufung der Angeklagten gegen den Strafausspruch und gegen das Adhäsionserkenntnis zu entscheiden, mit welcher sie die Herabsetzung der Strafe und deren bedingte Nachsicht sowie die Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg anstrebt.
Was zunächst die Strafhöhe betrifft, so entspricht
diese - ausgehend von den vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollständig festgestellten besonderen Strafzumessungsgründen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 Abs. 2 und 3 StGB) - der Schwere der Schuld der Angeklagten. Eine Reduzierung der Strafe - die angesichts der gesetzlichen Strafdrohung des § 128 Abs. 2 StGB nur unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung zulässig wäre, wofür es aber an den im § 41 StGB normierten Voraussetzungen fehlt - konnte daher nicht in Erwägung gezogen werden.
Berechtigt ist hingegen das Begehren um Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB. Daß die Angeklagte, worauf im Ersturteil allein abgestellt wird, in erster Instanz trotz erdrückender Beweislage kein Geständnis abgelegt hat, steht - entgegen der Ansicht des Erstgerichtes - der Gewährung der bedingten Strafnachsicht keineswegs zwingend entgegen. Denn Geständnis und Schuldeinsicht sind keine unabdingbaren Voraussetzungen für die Anwendung des § 43 StGB; ihr Fehlen ist nicht schlechthin geeignet, das für die bedingte Strafnachsicht maßgebliche Persönlichkeitsbild der Angeklagten nachhaltig zu trüben und es kann der Angeklagten insoweit grundsätzlich nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie von dem Recht eines jeden Angeklagten Gebrauch gemacht hat, die ihm am günstigsten erscheinende Verantwortung zu wählen (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB 2 ENr. 10 und 11 zu § 43). Entscheidend ist vielmehr, ob nach Lage des Falles anzunehmen ist, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und daß es nicht der Strafvollstreckung bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Im Hinblick auf das bisherige Wohlverhalten der Angeklagten, das längere Zurückliegen der inkriminierten Taten und die letztlich im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof gezeigte Einsicht kann vorliegend die bloße Androhung der Strafvollstreckung kriminalpolitisch als ausreichendes (gegenüber dem sofortigen Strafvollzug zumindest gleich zweckmäßiges) Mittel angesehen werden, um die Angeklagte in Hinkunft von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Da generalpräventive Erwägungen der Gewährung der bedingten Strafnachsicht im gegebenen Fall (gleichfalls) nicht entgegenstehen, war in teilweiser Stattgebung der Berufung die verhängte Strafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachzusehen. Es wird Sache des Erstgerichtes sein, gegebenenfalls durch die Erteilung einer entsprechenden Weisung (etwa gemäß § 51 Abs. 2 letzter Satz StGB) für eine (zusätzliche) positive Beeinflussung der Angeklagten während der Probezeit zu sorgen (§ 494 StPO).
Über die Berufung war sohin spruchgemäß zu erkennen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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