Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** T***FT MBH, 8461 Ehrenhausen, Landscha 8,
vertreten durch Dr.Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagten Parteien 1.) Alfred S***, Inhaber eines Versandschlachthofes, 8421 Wolfsberg im Schwarzautal 1, 2.) Reinhard T***, Inhaber eines Schlachthofes, 8321 St.Margarethen a.d.Raab, beide vertreten durch Dr.Alfred Lind und Dr.Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 234.842,19 sA und S 207.171,88 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7. Juni 1985, GZ 1 R 94-98/85-17, womit infolge der Berufungen der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 18. März 1985, GZ 8 Cg 24/84-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei 53 %,
die zweitbeklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei 47 % der mit 19.093,39 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.473,94 Umsatzsteuer und S 2.880 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die beiden Beklagten sind Inhaber von Schlachthöfen in der Steiermark, die Klägerin ist jene Tierkörperverwertungsanstalt nach der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamte für Volksernährung vom 19.April 1919, betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) StGBl. Nr.241 (VA) in der Fassung des Bundesgesetzes vom 14.Dezember 1977 über die Tragung der Kosten für die Beseitigung von Tierkörpern BGBl. Nr.660 (künftig kurz Tierkörperverwertungsgesetz = TKVG), an welche nach der am 1.Jänner 1980 in Kraft getretenen Verordnung des Landeshauptmannes der Steiermark vom 28.November 1979 über die Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (Tierkörperverwertungsverordnung) LGBl. Nr.90 in der Fassung der Kundmachung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 14.September 1984, BGBl. Nr.376 (künftig kurz Tierkörperverwertungsverordnung = TKVV) die in der Steiermark anfallenden, nach den zitierten Vorschriften dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände zur Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung abzuliefern sind. Nach Punkt 2 des Tarifs der TKVV sind für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der abfuhrpflichtigen Gegenstände an die Klägerin von den Inhabern von Fleischhauereibetrieben für jedes geschlachtete Rind 19,75 S, für jedes geschlachtete Kalb 2,44 S, für jedes geschlachtete Schwein 2,39 S und für jedes geschlachtete Schaf 2,28 S als Entgelt zu entrichten.
Mit den - zusammen mit anderen rechtskräftig entschiedenen Verfahren - zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen, am 25.Jänner 1984 bei Gericht eingelangten Klagen begehrte die Klägerin vom Erstbeklagten den Betrag von S 234.842,19 sA und vom Zeitbeklagten S 207.171,88 sA als ihr nach der TKVV geschuldete Vorauszahlung auf das Entgelt für das Jahr 1981. Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen, und wendeten - soweit dies noch Gegenstand der außerordentlichen Revision ist - ein, die Klägerin verwende die bei den Beklagten abgeholten Schlachtungsabfälle als Rohstoff für die Herstellung von Futter- und Düngemittel. Die Abfälle hätten einen Wert von mindestens der Höhe der Klagsforderungen, welcher Betrag - da die Klägerin nicht bezahle - aufrechnungsweise eingewendet werde. Die TKVV unterscheide ausdrücklich zwischen der Beseitigung und der Verwertung der dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände. Auf verwertete Schlachtabfälle sei der Tarif nicht anwendbar. Auch § 6 Abs 3 der VA sehe nur Entgelte für die Beseitigung, nicht aber für die Verwertung der abzuliefernden Gegenstände vor. Die Klägerin beseitige Schlachtungsabfälle nur minimal, verwerte sie vielmehr im wesentlichen und dazu noch beträchtliche Mengen zugekaufter Schlachtungsabfälle, wolle aber sämtliche Kosten ihres Betriebes mit dem Entgelttarif abgedeckt haben. Der Entgelttraif sei daher auf Gewinn ausgerichtet und gesetzwidrig.
Das Erstgericht bejahte die Klagsforderungen, verneinte die Gegenforderungen und verurteilte die Beklagten im Sinne der Klagebegehren. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Der Erstbeklagte Alfred S*** schlachtete im Jahre 1980 1533 Rinder, 95 Kälber, 73.123 Schweine. Auf Grund der Schlachtziffern für 1979 waren ihm für 1980 S 211.526,23 vorgeschrieben gewesen. Die Beträge für die Vorauszahlung 1981 wurden mit S 205.272,92 netto, zuzüglich der 18 %-igen Umsatzsteuer von S 36.949,05, demnach mit S 242.221,57 bekanntgegeben, wobei der Saldo zugunsten des Erstbeklagten aus der Abrechnung 1980 mit S 7.379,38 berücksichtigt wurde, so daß die Vorschreibung insgesamt auf den Klagsbetrag von S 234.842,19 lautete.
Der Zweitbeklagte Reinhard T*** schlachtete im Jahre 1980 1105 Rinder, 190 Kälber, 53.506 Schweine und 1 Schaf. Die Klägerin erstellte mit Entgeltvorschreibung vom 1.Dezember 1983 dem Beklagten die Gesamtabrechnung (für 1980) über S 150.168,97. Auf Grund der Schlachtziffern für 1979 hatte die Klägerin dem Zweitbeklagten S 124.768,54 vorgeschrieben gehabt, woraus sich aus der Gesamtabrechnung für 1980 für den Zweitbeklagten eine Lastschrift von S 25.400,43 zuzüglich der 18 %-igen Umsatzsteuer ergab. Aus der Gesamtabrechnung wurde daher ein Betrag von S 29.972,50 ermittelt. Zugleich wurden diese Schlachtzahlen für 1980 der Vorschreibung für das Jahr 1981 zu Grunde gelegt und dem Zweitbeklagten in sechs Teilbeträgen ein Betrag von S 150.168,96 zuzüglich der 18 %-igen Umsatzsteuer von S 27.030,41, somit insgesamt S 177.199,38 vorgeschrieben, demnach unter Berücksichtigung des Saldos für 1980 ein Gesamtbetrag von S 207.171,88.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, es sei Aufgabe der klagenden Partei, die einzelnen Schlachtbetriebe von den Schlachtabfällen zu entsorgen. Die Beklagten hätten nicht ausreichend dargelegt, "warum die tarifmäßigen Entgelte nicht kostendeckend" seien. Der Umstand, daß die klagende Partei abgelieferte Gegenstände auch verwerte, stelle keinen ausreichenden Hinweis dafür dar, daß Verwertungskosten im Tarif enthalten wären. Die Tarifentgelte stellten Durchschnittswerte dar. Eine Entschädigung für derartige Konfiskate sei nicht vorgesehen. Das Berufungsgericht gab der nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei.
Es führte aus:
Der Verfassungsgerichtshof habe bereits mit Erkenntnis vom 3. Dezember 1976, G 14/76 ausgesprochen, daß der ursprüngliche § 6 Abs 1 zweiter Halbsatz der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamt für Volksernährung vom 19.April 1919, StGBl. Nr.241, betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (VA), somit die Wortfolge "und die allfällige Vergütung für abgelieferte Gegenstände sowie die Gebühren für die Abholung und Bearbeitung festzusetzen" nicht Teil der österreichischen Rechtsordnung geworden sei (VfSlg 7936/1976). Der Verfassungsgerichtshof habe auch erkannt, daß die im § 10 Abs 4 und 5 TKVV vorgesehene Maßnahme der Berechnung und Vorschreibung der Entgelte für abzuliefernde Gegenstände nicht nur gesetzmäßig, sondern nach dem Sinn des Gesetzes (VA 1919), nämlich der unschädlichen Verwertung von Tierkörpern, deren Teilen und sonstigen Gegenständen animalischer Herkunft durchaus naheliegend sei (VfGH vom 12.Juni 1984, V 14 und 15/81-19). Abgesehen davon, daß unter Eigentum im Sinne des Art 5 StGG nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes jedes private Vermögensrecht oder vermögenswerte Privatrecht zu verstehen sei, die Schlachtungsabfälle aber nur dann einen Vermögenswert darstellten, wenn sie, wie etwa im § 3 Abs 1 lit b VA vorgesehen, direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung fänden, nicht aber dann, wenn sie der aus Gründen der Volksgesundheit notwendigen und bloß noch Kosten verursachenden Beseitigung zugeführt würden, sei eine Entschädigungspflicht im § 365 ABGB nur im allgemeinen ausgesprochen, nicht aber Bestandteil des Art 5 des Staatsgrundgesetzes RGBl. Nr.142/1867 geworden; daher seien Enteignungen ohne Entschädigung verfassungsmäßig zulässig. Bei einer durch das Gesetz selbst verfügten Enteignung stehe dem Enteigneten ein Entschädigungsanspruch nur dann zu, wenn dieses oder ein besonderes Gesetz eine Entschädigungspflicht ausspreche. Die eingewendeten Gegenforderungen bestünden somit nicht zu Recht. Entgegen der Meinung der Berufungswerber komme es nicht darauf an, ob die Konfiskate als Rohstoffe grundsätzlich einen Handelswert besäßen. Der Umstand, daß die klagende Partei die an sie abgelieferten Schlachtungsabfälle einer Verwertung zuführe, ergebe sich schon aus dem Gesetzesauftrag gemäß § 1 Abs 1 VA. Auch im § 1 Abs 1 TKVV sei zwischen Beseitigung und Verwertung der dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände und somit auch der Schlachtungsabfälle unterschieden. § 10 Abs 1 TKVV bestimme, daß für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der abzuliefernden Gegenstände kostendeckende Entgelte zu entrichten seien. § 1 Abs 1 und § 2 der VA ordneten an, daß die Tierkörperverwertungsanstalten die Tierkörper "zu verwerten", die einlaufenden Gegenstände auf Futter und Fett zu verarbeiten und diese Verarbeitung in rationellster Weise durchzuführen hätten. Die Tierkörperverwertunganstalten hätten gesetzmäßig den Zweck zu verfolgen, Tierkörper unschädlich, also hygienisch zu verwerten. In diesem Sinne könne als Verwertung gemäß § 1 Abs 1 TKVV nur eine Form der Beseitigung von Tierkörpern erkannt werden. Mache der Verfügungsberechtigte von der gesetzmäßigen Möglichkeit, Schlachtungsabfälle industriell oder als Dünger zu verwenden, keinen Gebrauch, trete seine Verpflichtung ein, die Schlachtungsabfälle an die Tierkörperverwertungsanstalt abzuliefern. Die Art der Beseitigung (vorrangig im Sinne des gesetzlichen Auftrages durch rationelle Verarbeitung, also vor allem Verwertung) bleibe naturgemäß dabei der Tierkörperverwertungsanstalt vorbehalten. Den Verfahrensergebnissen sei nicht zu entnehmen, daß das tarifmäßig festgesetzte Entgelt einen solchen Umfang hätte, daß über die Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der abzuliefernden Gegenstände auch die durch die klagende Partei im Sinne des Auftrages gemäß § 1 Abs 2 und § 2 der VA vorzunehmende rationellste Verarbeitung und vorzunehmende Verwertung finanziert würde. Der Tarif orientiere sich nicht an der tatsächlichen Ablieferungsmenge, sondern an Schlachtungsziffern und Fleischzukaufmengen; dies im Sinne der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 12.Juni 1984, V 14, 15/81-19, in verfassungskonformer Weise und durchaus zweckmäßig, um den Anreiz, die Ablieferungspflicht zu verletzen, zu verhindern. Dieser Gedankengang entspreche dem öffentlichen Interesse an der unschädlichen Beseitigung und Verwertung gefährlicher Gegenstände. Die Orientierung des Tarifes an den Schlachtungsziffern und Fleischzukaufmengen erweise sich auch dadurch logischerweise begründet, daß die klagende Partei gezwungen sei, die erforderlichen Kapazitäten zur Beseitigung von Tierkörpern bereit zu halten, ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang solche allenfalls ablieferungspflichtige Gegenstände zulässigerweise einer anderweitigen Beseitigung zugeführt würden. Da die klagende Partei nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Unternehmen betreibe, dessen Zweck die Erwirtschaftung von Gewinnen, wenn auch in anderen Unternehmensbereichen als jenen der Entsorgung von tierischen Abfällen sei, könnte die Gewinnerzielung nur dann einen Hinweis auf einen "überkostendeckenden Tarif" anläßlich der Tierkörperverwertung bedeuten, wenn der Gewinn durch die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung des Entsorgungsmaterials erzielt würde. Dafür ergebe sich jedoch kein Anhaltspunkt.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, das Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Die Beklagten vertreten zusammengefaßt den Standpunkt, daß der Klägerin ein Entgeltanspruch nach dem Tarif der TKVV nicht zustehe, wenn sie die von ihr eingesammelten und abgeführten abfuhrpflichtigen Gegenstände nicht beseitige, sondern verwerte. Damit wird eine vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht behandelte, im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage des materiellen Rechtes aufgeworfen, mag sie auch nur für den Bereich des Bundeslandes Steiermark von Bedeutung sein. Zu dieser Frage ist wie folgt Stellung zu nehmen:
Die auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes stehende (VfSlg 7.936/1976 ua), vom Staatsamt für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamt für Volksernährung am 19.April 1919 erlassene Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) StGBl. Nr.241 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 14.Dezember 1977, BGBl. Nr.660 (TKVG) bestimmt im § 1 Abs 1, daß Tierkörperverwertunganstalten im Sinne dieser Vollzugsanweisung Anstalten sind, in welchen die unschädliche Verwertung von Tierkörpern, deren Teilen und sonstigen Gegenstände animalischer Herkunft, insbesondere aber die Vernichtung aller Seuchenkeime gemäß § 14 TierseuchenG gewährleistet ist. Nach § 2 TKVG sind Tierkörperverwertungsanstalten verpflichtet, die einlaufenden Gegenstände auf Futter und Fett zu verarbeiten und diese Verarbeitung in rationellster Weise durchzuführen. Nach § 3 Abs 1 TKVG kann der Landeshauptmann anordnen, daß aus bestimmtem Umkreis folgende Gegenstände an eine solche Anstalt abzuführen sind:....... lit b):...........sowie die Schlachtungsabfälle. Als Schlachtungsabfälle gelten zum menschlichen Genuß nicht verwertbare Abfälle im Schlachtbetrieb, soweit sie nicht direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung finden. § 6 Abs 1 TKVG in seiner ursprünglichen Fassung sah vor, daß die Landesregierung (nur der Landeshauptmann) nähere Bestimmungen über die Anzeige, Verwahrung und Zufuhr der abzuliefernden Gegenstände zu treffen und die allfällige Vergütung für abgelieferte Gegenstände sowie die Gebühren für die Abholung und Verarbeitung festzusetzen hat.
Am 30.Oktober 1961 erließ der Landeshauptmann der Steiermark, gestützt auf die §§ 14 und 61 Tierseuchengesetz vom 6.August 1909, RGBl. Nr.177, in der geltenden Fassung und die hiezu ergangene Ministerialverordnung in der geltenden Fassung (§ 14 Tierseuchengesetz enthält Bestimmungen über die unschädliche Beseitigung, Verarbeitung und Bearbeitung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Abfällen, § 61 Tierseuchengesetz, unter anderem Bestimmungen über die Tragung der Kosten hiefür) sowie unter anderem auf die §§ 3 und 6 TKVG eine Verordnung über die Abfuhr und Verwertung von Tierkörpern (TKVV LGBl. Nr.128/1961). Der im § 1 dieser Verordnung normierten Abfuhrpflicht unterlagen unter anderem auch Schlachtungsabfälle. Die Abfuhr angemeldeter Schlachtungsabfälle hatte nach § 6 dieser Verordnung durch die Tierkörperverwertungsanstalt zu erfolgen. Nach § 11 dieser Verordnung hatten die Gemeinden für die Abfuhr und für die unschädliche Beseitigung der abfuhrpflichtigen Gegenstände in den Tierkörperverwertungsanstalten jährlich Gebühren (Pauschbeträge) an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung zu entrichten. Mit Erkenntnis vom 3.Dezember 1976, VfSlg 7936/1976, hat der Verfassungsgerichtshof dargetan, daß der ursprünglich im § 6 Abs 1 TKVG enthaltene zweite Halbsatz "und die allfällige Vergütung.....festzusetzen" wegen Verstoßes gegen Art 18 Abs 2 B-VG in die vom Bundesverfassungsgesetz beherrschte Rechtsordnung nicht Eingang gefunden hat. Daraufhin wurden dem § 6 TKVG durch das Bundesgesetz BGBl. Nr.660/1977 (vgl dazu den Initiativantrag Nr 67/A, II 2838 BlgNR. XIV.GP) nachstehende Absätze 3 und 4 angefügt:
"(3) Der Landeshauptmann hat das Entgelt für die Einsammlung, die Abfuhr und die Beseitigung der abzuliefernden Gegenstände in einem kostendeckend begrenzten Entgelttarif durch Verordnung festzusetzen. Bei der Berechnung des Tarifs sind die voraussichtlichen durchschnittlichen Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sowie Rücklagen für die Erhaltung und Verbesserung der hiefür bestimmten Einrichtungen und für deren Amortisierung zu berücksichtigen.
(4) Die auf Grund des Entgelttarifes nach Abs 3 zu entrichtenden Entgelte sind von den Besitzern von Gegenständen, die dem Ablieferungszwang nach § 3 unterliegen, zu leisten". Nach § 7 TKVG werden die Anordnungen der Tierseuchengesetze durch die Bestimmungen des Tierkörperverwertungsgesetzes nicht berührt.
Am 28.November 1979 erließ der Landeshauptmann der Steiermark, gestützt auf die §§ 14 und 61 Tierseuchengesetz in der geltenden Fassung sowie auf die §§ 1 bis 5 und 6 Abs 3 und 4 TKVG in der Fassung des Bundesgesetzes vom 14.Dezember 1977, BGBl. Nr.660, eine Verordnung über die Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (TKVV LGBl. Nr.90/1979 in der Folge kurz TKVV genannt), die unter gleichzeitigem Außerkrafttreten der TKVV 1961 am 1.Jänner 1980 in Kraft getreten ist. Nach § 1 Abs 1 TKVV sind die in der Steiermark anfallenden, dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände unter Einhaltung veterinär- und gesundheitspolizeilicher Vorschriften an die Steirische Tierkörperverwertungsgesellschaft mbH (die Klägerin) zur Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung abzuliefern. Nach § 1 Abs 2 TKVV hat die Klägerin auf Grund dieser Verordnung und der mit dem Land Steiermark eingegangenen vertraglichen Verpflichtung die anfallenden Gegenstände einzusammeln, abzuführen, zu beseitigen oder zu verwerten. Nach § 2 Abs 1 Z 2 TKVV unterliegen unter anderem die Schlachtabfälle dem Ablieferungszwang. Nach § 2 Abs 2 Satz 2 TKVV gelten als Schlachtabfälle die zum menschlichen Genuß nicht verwertbaren Abfälle (Tierkörperteile) in Schlachtbetrieben sowie Betrieben und Anstalten, in denen tierische Abfälle anfallen, soweit sie nicht anderweitig für industrielle Zwecke - ausgenommen jedoch zur Herstellung von tierischem Eiweißfutter und tierischen Fetten - Verwendung finden. Dieser Satz wurde vom Verfassungsgerichtshof auf Grund eines Verordnungsprüfungsverfahrens, das im Zuge eines anderen Prozesses auf Antrag des Erstgerichtes eingeleitet worden war, mit Erkenntnis vom 12.Juni 1984, V 14, 15/81 als gesetzwidrig aufgehoben (Kundmachung dieses Erkenntnisses durch den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz, BGBl. Nr.376/1984). Da der vorliegende Tatbestand vor der Aufhebung verwirklicht wurde und es sich weder um den Anlaßfall handelt noch der Verfassungsgerichtshof etwas anderes ausgesprochen hat, sind diese Teile der Verordnung auf den vorliegenden Fall weiter anzuwenden (§ 139 Abs 6 B-VG). Zur raschen Durchführung der Abfuhr sowie aus
gesundheits-, veterinärpolizeilichen, verkehrs- und betriebstechnischen Gründen sind unter anderem von den Schlachtbetrieben, Fleischhauereien, fleischverarbeitenden Betrieben usw im Einvernehmen mit der Tierkörperverwertungsanstalt Sammelbehälter in ausreichender Anzahl zur Aufnahme der ablieferungspflichtigen Gegenstände aufzustellen. Die Sammelbehälter hat die Tierkörperverwertungsanstalt zur Verfügung zu stellen (§ 7 Abs 1 TKVV).
§ 10 TKVV lautet auszugsweise:
"(1) Für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der nach § 2 abzuliefernden Gegenstände sind kostendeckende Entgelte zu entrichten. Die Höhe dieser Entgelte ist in der einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Anlage festgelegt (Tarif).
(2) Die Entgelte nach Z 1 des Tarifs sind von den Gemeinden, die Entgelte nach Z 2 des Tarifs von den jeweiligen Betriebsinhabern an die Tierkörperverwertungsanstalt zu leisten. Die Gemeinden sind berechtigt, einen Teil des auf sie entfallenden Kostenanteiles auf die Zucht- und Nutztierhalter zu überwälzen.
..........
(4) Die auf Fleischhauereien, Schlachtstätten, Schlachthöfe, sonstige Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe jährlich entfallenden Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sind von der Tierkörperverwertungsanstalt gemäß Z 2 des Tarifs an Hand der Schlachtziffern und Mengen an zugekauftem Fleisch des Vorjahres zu berechnen und den Betriebsinhabern bis spätestens Ende März eines jeden Jahres bekanntzugeben".
Nachdem im § 10 Abs 1 TKVV genannten Tarif sind für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der abfuhrpflichtigen Gegenstände an die Tierkörperverwertungsanstalt von den Fleischhauereien, Schlachtstätten, Schlachthöfen und sonstigen Schlachtbetrieben auf Grund der Schlachtziffern je geschlachtetem Tier die eingangs angeführten Entgelte zu entrichten. Aus Anlaß des oben erwähnten Verordnungsprüfungsverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof auch die Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs 1 und 3 TKVG geprüft. Er gelangte in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1983, G 85/81, G 61/83 zu dem Ergebnis, daß diese auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes stehenden Vorschriften nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. In dem das Verordnungsprüfungsverfahren abschließenden Erkenntnis vom 12.Juni 1984, V 14, 15/81, mit dem unter anderem dem Antrag des Erstgerichtes, auch § 10 Abs 4 TKVV als gesetzwidrig aufzuheben, keine Folge gegeben wurde, führte der Verfassungsgerichtshof aus, daß es das TKVG dem Verordnungsgeber überlassen, auf welche Weise er die Umlegung der Kosten auf die Benützer vornehme, ob nämlich nach den konkret abgelieferten Gegenständen oder aber nach einer anderen, sinnvollen Annäherungswerte ergebenden Methode. Abgesehen davon, daß es offenbar im Sinne einer Verrechnungsvereinfachung sowohl für die Behörde als auch für die Betriebsinhaber liege, wenn die TKVV die zweitgenannte Berechnungsmethode gewählt habe, läge es einer Sinninterpretation geradezu nahe, sowohl auf die Zahl der im Betrieb geschlachteten Tiere (die "Schlachtziffern") als auch auf das im Betrieb verarbeitete, nicht aus eigenen Schlachtungen stammende Fleisch (die "Menge an zugekauftem Fleisch") abzustellen und nicht etwa auf die tatsächlich abzuliefernden Gegenstände im Sinne des § 2 TKVV. Aus der Menge des beim Betriebsinhaber anfallenden Fleisches ergebe sich bei einer - hier gemäß § 6 Abs 3 Satz 2 TKVG gebotenen - Durchschnittsbetrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Menge der anfallenden Gegenstände im Sinne des § 2 TKVV.
Aus dieser Rechtslage ergibt sich, daß TKVG und TKVV in erster Linie auf die unschädliche Beseitigung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten abzielen, um Tierseuchen hintanzuhalten und zu bekämpfen und vor allem Gefahren abzuwehren, die der Volksgesundheit bei der Verwertung tierischer Produkte drohen, wobei die unschädliche Verwertung nur eine bestimmte Art der unschädlichen Beseitigung darstellt (VfSlg 7936/1976; siehe auch VFGH 12.12.1983, G 85/81, G 61/83 sowie FvGH 12.6.1984, V 14, 15/81). Daraus, daß TKVG und TKVV in verschiedenen Bestimmungen einmal von (unschädlicher) Verwertung (Verarbeitung) und einmal von (unschädlicher) Beseitigung sprechen sowie insbesondere daraus, daß in den das Entgelt betreffenden Bestimmungen dieser Vorschriften (§ 6 Abs 3 TKVG, § 10 TKVV samt Tarif) nur auf die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der ablieferungspflichtigen (abfuhrpflichtigen) Gegenstände abgestellt wird, kann daher noch nicht abgeleitet werden, im Falle der Verwertung dieser eingesammelten und abgeführten Gegenstände durch die Klägerin würde kein Entgelt nach der TKVV geschuldet. Schon der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12.Juni 1984, V 14, 15/81 darauf verwiesen, daß bei der industriellen Verwertung von Schlachtungsabfällen, etwa durch Fettschmelzereien, diese - anders als die Tierkörperverwertungsanstalten - die übernommenen Produkte zu sortieren pflegen und damit eine höhere Wertschöpfung (wenngleich mit größeren Kosten) als die Tierkörperverwertungsanstalten erzielen. Die TKVV läßt dagegen bei der Regelung betreffend die Zurverfügungstellung und Abholung der Sammelbehälter sowie bei der Festlegung der Entgeltberechnungsmethode und des Tarifs jeden Anhaltspunkt dafür vermissen, ob und wie zwischen einer (unschädlichen) Beseitigung durch (thermische oder chemische) Vernichtung und einer (unschädlichen) Beseitigung durch Verwertung unterschieden werden sollte. Es kann demnach auf sich beruhen, ob der von den Beklagten erhobene und von der Klägerin bestrittene Einwand, daß die Klägerin im Verhältnis zu ihrer Futtermittelproduktion nur "minimalst" Schlachtungsabfälle beseitige, im wesentlichen vielmehr verwerte und dazu noch beachtliche Mengen zugekaufter Schlachtungsabfälle verwerte (AS 39), zutrifft. Die in der Revision enthaltene Behauptung der Beklagten, es stehe fest, daß die Klägerin die abgelieferten Gegenstände ausschließlich zu Handelsware verarbeite, ist aktenwidrig.
Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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