Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. Therese M*****, 2. Ilse K*****, beide vertreten durch Dr. Anton Pokorny, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Eveline L*****, vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung des Erbrechtes (Streitwert S 550.000,- für Gerichtsgebühren S 2,000.000,- für Rechtsanwaltsgebühren), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. April 1984, GZ 13 R 53/83-59, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29. November 1982, GZ 40a Cg 204/81-35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 22.862,59 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.751,14 Umsatzsteuer und S 3.600,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die am 2. Jänner 1906 geborene verwitwete Pensionistin Josefa R*****, die zuletzt in Wien wohnhaft gewesen war, starb am 8. September 1980 ohne Hinterlassung einer schriftlichen letztwilligen Verfügung. Sie hatte keine Nachkommen. Ihre nächsten lebenden Verwandten waren die Erstklägerin als ihre Schwester und die Zweitklägerin als einzige Tochter einer vorverstorbenen weiteren Schwester. Die Klägerinnen gaben auf Grund des Gesetzes je zur Hälfte des gesamten Nachlasses die bedingte Erbserklärung ab. Die Beklagte berief sich auf ein mündliches Testament vom 23. Juli 1980, legte diesbezüglich eine im Abhandlungsverfahren als letztwillige Verfügung kundgemachte Niederschrift der Testamentszeugen vom 18. bzw 19. September 1980 vor und gab auf Grund dieses Testamentes die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab. Nach beeideter Vernehmung der Radmilla T*****, der Irina F***** und des Dr. Peter Riedmann als Zeugen dieses mündlichen Testamentes nahm das Verlassenschaftsgericht mit Beschluss vom 13. Februar 1981 die widersprechenden Erbserklärungen an, wies gemäß § 125 AußStrG den auf den Grund des Gesetzes erbserklärten Erbinnen die Klägerrolle zu und bestimmte eine Frist von vier Wochen nach Rechtskraft des Beschlusses für die Einbringung der Erbrechtsklage.
Mit ihrer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage begehrten die Klägerinnen gegenüber der Beklagten auszusprechen, dass das von Josefa R***** am 23. Juli 1980 errichtete mündliche Testament ungültig sei, und den Klägerinnen auf Grund des Gesetzes das Erbrecht zum Nachlass der Josefa R***** je zur Hälfte zustehe. Sie machten geltend, Josefa R***** sei am 23. Juli 1980 nicht testierfähig gewesen und habe auch keinen Testamentswillen gehabt. Die allfällige Testamentserrichtung am 23. Juli 1980 sei von der Beklagten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erwirkt worden. Überdies seien die angeblichen Testamentszeugen gar nicht am 23. Juli 1980 gemeinsam mit Josefa R***** in der Krainerhütte gewesen, so dass damals kein mündliches Testament zustande gekommen sei. Da die Verstorbene ihren ordentlichen Wohnsitz in Italien gehabt habe und italienische Staatsbürgerin gewesen sei, komme italienisches Recht zur Anwendung, welches ein mündliches Testament nicht kenne.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, Josefa Rakower habe am 23. Juli 1980 vor drei ersuchten Testamentszeugen ein mündliches Testament errichtet und die Beklagte zur Alleinerbin eingesetzt. Die Erblasserin sei damals voll testierfähig gewesen. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die Beklagte sie durch Vorspiegelung falscher Tatsachen zur Errichtung des Testamentes bestimmt hätte. Josefa Rakower sei nicht italienische sondern österreichische Staatsbürgerin gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es nahm als erwiesen an, dass Josefa R***** am 23. Juli 1980 bei klarem Verstand und im Bewusstsein, damit letztwillig zu verfügen, mündlich erklärte: "Alles vererbe ich meiner Eveline. Ihr seid meine Zeugen, dass ich testamentarisch jetzt alles was ich besitze der Eveline vererbe". Radmilla T*****, Irina F***** und Dr. Peter Riedmann seien bei dieser Erklärung der Josefa R***** gleichzeitig anwesend und sich bewusst gewesen, Zeugen einer letztwilligen Verfügung zu sein. Josefa R***** sei bis zu ihrem Ableben österreichische Staatsbürgerin gewesen. Daraus folgerte das Erstgericht, dass ein wirksames mündliches Testament im Sinne der §§ 585 und 586 ABGB vorliege, weil die letztwillige Verfügung in der erforderlichen Form ohne Willensmängel vor fähigen Zeugen erklärt worden sei. Für die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung sei nach den §§ 30 und 9 Abs 1 IPR-Gesetz österreichisches Recht maßgeblich, weil Josefa R***** jedenfalls auch österreichische Staatsbürgerin gewesen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Feststellung ab, das das mündliche Testament der Josefa R***** vom 23. Juli 1980, auf das die Beklagte ihre Erbserklärung gründet, ungültig ist. Das Mehrbegehren, festzustellen, dass den Klägerinnen auf Grund des Gesetzes das Erbrecht zum Nachlass der Josefa R***** je zur Hälfte zustehe, wies es (rechtskräftig) ebenso wie das Erstgericht ab. Es sprach ferne aus, dass der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Das Berufungsgericht führte eine Beweiswiederholung durch und traf folgende Feststellungen:
Josefa R***** erklärte weder am 23. Juli 1980 im Hotelrestaurant Krainerhütte, noch an einem anderen Tag in der Absicht, eine letztwillige Erklärung abzugeben, in gleichzeitiger Anwesenheit der Radmilla T*****, der Irina F***** und des Dr. Peter Riedmann "alles vererbe ich meiner Eveline. Ihr seid meine Zeugen, dass ich testamentarisch jetzt alles, was ich besitze, der Eveline vererbe". Sie gab auch nicht mit ähnlichen Worten eine sinngemäß entsprechende Erklärung gegenüber diesen Personen ab. Die Darstellung der angeführten drei Personen über das "mündliche Testament vom 23. Juli 1980" ist unrichtig.
Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, gemäß § 53 IPR-Gesetz, sei das Haager Testamentsabkommen BGBl 1963/295 wirksam geblieben. Nach dessen Art I sei eine letztwillige Verfügung hinsichtlich ihrer Form gültig, wen sie primär dem Recht des Ortes entspreche, an dem der Erblasser letztwillig verfügt habe. Es sei daher österreichisches Recht anzuwenden, weil das mündliche Testament, auf das sich die Erberklärung der Beklagten im Verlassenschaftsverfahren stützte, in Österreich errichtet worden sein solle. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt sei aber ein mündliches Testament der Josefa R***** im Sinne des § 585 ABGB keineswegs gegeben. In Stattgebung des diesbezüglichen Begehrens der Klägerinnen sei daher unter entsprechender Formulierung des Spruches festzustellen, dass das mündliche Testament vom 23. Juli 1980, auf welches die Beklagte ihre Erbserklärung stütze, ungültig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, hilfsweise auch der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, mit den Anträgen, das Ersturteil wiederherzustellen oder das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Klägerinnen beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Auch die Rechtsrüge ist nicht begründet.
Die Beklagte versucht in weitwendigen Ausführungen darzulegen, dass das Berufungsgericht seine Feststellungen auf Grund von Schlussfolgerungen getroffen habe, welche den Denkgesetzen und den Erfahrungssätzen widersprächen. Alle diesbezüglichen Ausführungen gehen jedoch an der Tatsache vorbei, dass die umfangreichen Darlegungen des Berufungsgerichtes sich ausschließlich mit der Frage beschäftigten, ob den Angaben der Zeugen Dr. Peter Riedmann, Irina F***** und Radmilla T***** Glauben zu schenken war oder nicht. Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die Aussagen dieser Zeugen über das Zustandekommen einer mündlichen letztwilligen Verfügung der Erblasserin nur entweder richtig oder unrichtig sein konnten. War aber letzteres der Fall, dann musste sich daraus zwangsläufig die Feststellung ergeben, dass die Erblasserin am 23. Juli 1980 keine letztwillige Verfügung getroffen hat, womit auch alle Ausführungen der Revision zur Frage der Beweislastverteilung hinfällig sind. Was aber die Begründung des Berufungsgerichtes zur Frage der Glaubwürdigkeit der genannten Zeugen anlangt, kann keineswegs gesagt werden, diese Begründung widerspräche den Denkgesetzen oder den Erfahrungssätzen. Darauf, ob das Zusammentreffen am 23. Juli 1980 auf der Krainerhütte stattgefunden hat oder nicht, kommt es nicht an, sondern allein darauf, ob die Erblasserin an diesem Tage ein mündliches Testament errichtet hat. Alle Ausführungen der Revision, es sei entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes nach der Lebenserfahrung wahrscheinlich gewesen, dass die Erblasserin mündlich testierte, ohne dies später schriftlich zu wiederholen und es sei auch wahrscheinlich, dass dies gerade aus Anlass einer Jause geschehen sei, vermögen keinen unvereinbaren Widerspruch mit den Denkgesetzen oder der Lebenserfahrung aufzuzeigen, sondern stellen in Wahrheit nur den Versuch dar, in unzulässiger Weise die umfangreiche Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes zu bekämpfen. Gleiches gilt für die Annahme, es entspräche durchaus den Denkgesetzen, dass die Erblasserin von der Testamentserrichtung niemanden Mitteilung gemacht habe, und die vollendete Form der angeblichen mündlichen Errichtung des Testamentes sei ebensowenig auffällig, wie das Zusammentreffen der Beklagten mit den Testamentszeugen kurz nach dem Tode der Erblasserin.
Was aber schließlich die angebliche Unschlüssigkeit des Klagebegehrens anlangt, haben sich die Klägerinnen auch darauf berufen, dass überhaupt kein mündliches Testament errichtet worden sei. Auch diese Behauptung wird aber durch den Urteilsantrag auf Feststellung der Ungültigkeit des von der Beklagten behaupteten mündlichen Testamentes gedeckt.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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