Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Jänner 1982
unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schlögl als Schriftführer in der Strafsache gegen Margarethe A und Wolfgang Peter A wegen des Vergehens der Versetzung von Grenzzeichen nach § 230 Abs. 1 StGB über die von den Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 24.August 1981, GZ. 11 Vr 1607/81-14, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Roland und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:
Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Margarethe A und Wolfgang Peter A wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen der beiden Angeklagten und demgemäß auch in den sie betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Margarethe A und Wolfgang Peter A werden von der Anklage, sie haben am 16.Mai 1981 in Gotschuchen im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter mehrere zur Bezeichnung der Grenze bestimmte Zeichen mit dem Vorsatz, ein Beweismittel für eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung, nämlich für den Verlauf der Grenze zwischen ihrem Grundstück und dem des Maximilian B zu unterdrücken, teils durch Herausreißen und Wegwerfen beseitigt, teils durch Versetzen an eine andere Stelle verrückt und hiedurch das Vergehen der Versetzung von Grenzzeichen nach § 230 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 21.April 1930 geborene Bedienerin Margarethe A und der am 29.Juni 1964 geborene Tischlerlehrling Wolfgang Peter A des Vergehens der Versetzung von Grenzzeichen nach § 230 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 16. Mai 1981 in Gotschuchen, Gemeinde St. Margarethen im Rosental, als Beteiligte mehrere zur Bezeichnung der Grenze bestimmte Zeichen (Eisenrohre und Holzpflöcke) mit dem Vorsatz, ein Beweismittel für eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung, nämlich für den Verlauf der Grenze zwischen ihrem (Wald )Grundstück und dem des Maximilian B zu unterdrücken, teils durch Herausreißen und Wegwerfen beseitigten, teils durch Versetzen an eine andere Stelle verrückten. Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 (gemeint: lit. a) und 10 StPO Der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO wenden diese ein, es mangle an dem für den Tatbestand des § 230 Abs. 1 StGB wesentlichen Erfordernis eines Grenzzeichens, das als Beweismittel für den Grenzverlauf hätte herangezogen werden können.
Dieser Ansicht des Beschwerdeführers ist beizupflichten. Nach § 230 Abs. 1 StGB ist strafbar, wer ein zur Bezeichnung der Grenze (oder des Wasserstandes) bestimmtes Zeichen mit dem Vorsatz, ein Beweismittel für eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu schaffen oder zu unterdrücken, unrichtig setzt, verrückt, beseitigt oder unkenntlich macht. Gegenüber dem (speziellen Betrugs ) Tatbestand des § 199 lit. e StG. wurde damit der Strafbarkeitsbereich derartige Beweiszeichen betreffender Handlungen (u.a.) dahin erweitert, daß einerseits neben dem Beseitigen und Verrücken eines Grenzzeichens auch das - vom Wortlaut des § 199 lit. e StG. nicht erfaßt gewesene - unrichtige Setzen oder Unkenntlichmachen unter Strafsanktion gestellt ist (RV. zum StGB, 374) und andererseits auf der inneren Tatseite der Vorsatz, einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, nicht mehr erfordert wird. Aus dem Verhalten des Täters muß vielmehr nur dessen Vorsatz erkennbar sein, ein Beweismittel für eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung (durch unrichtiges Setzen eines Grenzzeichens) zu schaffen oder (in allen übrigen Deliktsfällen) zu unterdrücken. Eine nach § 230 Abs. 1 StGB strafbare Handlung kann demnach immer nur Zeichen zum Gegenstand haben, die dazu geeignet und nach dem Willen des Täters dazu bestimmt sind, als Beweismittel für den Verlauf einer Grenze (bzw. des Wasserstandes) zu dienen. Dies trifft bei den Tathandlungen des Beseitigens und des Verrückens von Grenzzeichen aber nur dann zu, wenn, wie vom Obersten Gerichtshof schon in Auslegung des § 199 lit. e StG. ausgesprochen wurde (vgl. SSt. 19/54 und EvBl. 1948/228), das Grenzzeichen seine Bestimmung, die Grenze zweier Grundstücke zu bezeichnen, durch einen die Beteiligten verpflichtenden - in der Regel behördlichen - Akt erhalten hat oder als solches von beiden Nachbarn ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt wurde.
Diese Voraussetzungen lagen jedoch hier nicht vor:
Nach den Urteilsfeststellungen ließ Margarethe A im Jahre 1979 die strittige Grenze zwischen ihrem im Erbweg erworbenen Waldparzellen und jenen des Maximilian B vom Zivilgeometer Dipl.Ing. Hans C vermessen.
Nach Durchführung der Vermessung zeigte sie sich - zum Unterschied von Maximilian B - mit deren Ergebnis unzufrieden und erklärte, einen Teil dieser Grenze als mit der Nutzungsgrenze nicht übereinstimmend nicht anerkennen zu wollen. Die Angeklagte Margarethe A hat demnach die Grenzziehung durch den von ihr beauftragten - mithin nicht in behördlicher Stellung tätigen - Zivilgeometer Dipl.Ing. C und folglich auch die Eigenschaft der von diesem gesetzten und von Maximilian B mit rotem Lack markierten Eisenrohre (Polygonpunkte) und Holzpflöcke als Grenzmarkung von vornherein bestritten und auch in der Folge weder ausdrücklich noch konkludent anerkannt. Daran ändert auch nichts, daß die Angeklagte Margarethe A, wie das Erstgericht auf Grund der Zeugenaussage des Dipl.Ing. C als erwiesen annahm, die von diesem vorgenommene Grenzziehung nicht in ihrem gesamten Verlauf, sondern nur zum Teil (in ihrem nördlichen Teil, laut der Zeugenaussage des Maximilian B in ihrem südlichen Teil) bestritten hat (vgl. S. 86, 92 d. A.), weil aus ihrem Verhalten eine (zumindest schlüssige) Bestimmung der zur Ersichtlichmachung des Vermessungsergebnisses verwendeten Zeichen als Grenzzeichen insgesamt nicht abgeleitet werden kann und die beiden Angeklagten deshalb (vgl. S. 91 d.A.) diese entfernten, eines davon in einer Entfernung von einigen Metern umsetzten und 30 von Maximilian B gesetzte, im Grenzbereich befindliche Schwarzerlen aus dem Erdreich zogen (welch letztere Tathandlung nach dem insoweit ergangenen Teilfreispruch vom Gericht nicht als das Vergehen vonr
Sachbeschädigung gewertet wurde).
Da sich sohin die Tathandlungen der Angeklagten nicht auf zur Bezeichnung einer Grenze bestimmte Zeichen im Sinne des § 230 Abs. 1 StGB sondern bloß auf Hilfszeichen bezogen, die den Charakter eines Grenzzeichens erst durch einen verpflichtenden behördlichen Akt oder durch eine privatrechtliche Vereinbarung erlangen sollten, wurde durch sie nicht der Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung verwirklicht. Die Unterstellung des festgestellten Tatverhaltens der Angeklagten unter den Tatbestand des § 230 Abs. 1 StGB erfolgte daher rechtsirrig.
Es war sonach, ohne daß auf die sonst noch geltend gemachten Nichtigkeitsgründe eingegangen werden müßte, den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Margarethe A und Wolfgang Peter A Folge zu geben, das Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt zu bleiben hat, in den Schuldsprüchen der beiden Angeklagten und demgemäß auch in den sie betreffenden Strafaussprüchen aufzuheben und wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
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