Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Fedra als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Kinzel, Dr. Reithofer, Dr. Stix und Dr. Schubert als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* S*, vertreten durch Dr. Karl Hebenstreit, Rechtsanwalt in Feldkirchen, wider die beklagte Partei W* H*, vertreten durch Dr. Werner Mosing, Rechtsanwalt in Feldkirchen, wegen S 9.800,-- sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 27. April 1977, GZ 2 R 148/77 25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirchen vom 1. Februar 1977, GZ C 774/75 21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.239,40 (darin S 120 Barauslagen und S 82,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ * KG *. Eine Hälfte dieser Liegenschaft erbte er nach seinem am * 1974 verstorbenen Vater H* S*, die andere übergab ihm seine Mutter M* S* mit Übergabsvertrag vom 21. Jänner 1975. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehört unter anderen das Grundstück Nr */2 Garten. Dieses grenzt an das Grundstück Nr */1 Garten, welches zum Gutsbestand der im Eigentum des Beklagten stehenden Liegenschaft EZ * KG * gehört. Die Rechtsvorgänger des Klägers errichteten vor einigen Jahren auf dem Grundstück Nr */2 eine Mauer, wobei das Grundstück Nr */1 zu einem geringen Teil überbaut wurde. Im Zusammenhang damit zahlten die Rechtsvorgänger des Klägers dem Beklagten eine „Grundablöse“ von S 10.000.
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Rückzahlung des Teilbetrages von S 9.800,-- sA im wesentlichen mit folgenden Behauptungen:
Der Beklagte habe der Errichtung der Mauer unter einer geringfügigen Inanspruchnahme seines Grundes ausdrücklich zugestimmt. In der Folge habe er sich darauf berufen, daß die Mauer auf seinem Grund stehe, und er habe dafür eine Ablöse verlangt. Er habe S 10.000,-- erhalten. Hiebei habe der Beklagte die Verstandesschwäche, Unerfahrenheit und Gemütsaufregung des H* S* ausgenützt, um sich einen Vorteil zu verschaffen, der den Wert der Gegenleistung wesentlich überstiegen habe. Der Wert der verbauten Fläche, die etwa 1 m 2ausmache, sei höchstens S 200. Demzufolge werde die Differenz von S 9.800,-- zurückverlangt. Die Zahlung einer Ablöse von S 10.000,-- sei auf einen Irrtum des H* S* zurückzuführen, der vom Beklagten durch die Behauptung, daß die gesamte Mauer auf seinem Grund stehe, veranlaßt worden sei. Die strittige Fläche sei nach § 418 Satz 3 ABGB Eigentum der Rechtsvorgänger des Klägers geworden, die dies allerdings nicht gewußt hätten. Der Anspruch auf Rückzahlung von S 9.800,-- werde daher auch auf den Rechtsgrund der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 1431 ABGB gestützt. Schließlich berief sich der Kläger auch noch auf die Bestimmung des § 934 ABGB über die Verkürzung über die Hälfte.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Er sei bei der Errichtung der Mauer nicht anwesend gewesen und habe keine Zustimmung zum Überbauen seines Grundes gegeben. Er habe den Überbau erst nach der Errichtung der Mauer bemerkt und deswegen gegen H* S* bei der Baubehörde Anzeige erstattet. Am 3. Oktober 1974 habe ihm die Gattin des Klägers S 10.000,-- dafür gezahlt, daß er das Abreißen und Zurückversetzen der Mauer nicht verlange und die Ableitung von Abwässern über das Grundstück Nr */1 gestatte. Auf Grund dieser Zahlung sei er mit den Rechtsvorgängern des Klägers übereingekommen, daß die Mauer die Eigentums- und Besitzgrenze darstellen solle. Die vom Kläger behaupteten Umstände, denen zufolge diese Vereinbarung ungültig sein soll, lägen nicht vor.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Im Jahr 1972 kauften die Rechtsvorgänger des Klägers vom Beklagten das Grundstück Nr */2. Dieses hat die Form eines Sechsecks. Im Süden wird es an drei Seiten von dem Grundstück Nr */1 umgeben. Anläßlich dieses Kaufes wurde an den südlichen Eckpunkten je ein Grenzstein gesetzt. Schon beim Ankauf unterrichtete H* S* den Beklagten von seiner Absicht, auf dem Grundstück Nr */2 im Süden eine durchgehende Mauer zu errichten. Im Herbst 1972 teilten H* S* und der Kläger dies dem Beklagten neuerlich mit. Sie sagten ihm auch, daß in die Mauer ein Keller eingebunden werden soll. Der Beklagte stimmte der Bauführung zu und bewilligte, daß das Baumaterial auf seinem Grund gelagert und die Mauer von seinem Grundstück aus errichtet werden darf. Noch im Herbst 1972 kaufte H* S* das Baumaterial. Er lagerte dieses und das Aushubmaterial auf dem Grundstück des Beklagten. Im Jahr 1973 errichtete H* S* auf dem Grundstück Nr */2 an der Grenze zum Grundstück. Nr */1 eine Mauer, ohne eine Baubewilligung hiefür eingeholt zu haben. Im westlichen Teil wurde die Stützmauer auf einem Fundament auf Stampfbeton errichtet. Dabei wurde auf dem Fundament eine 0,25 m hohe Schalbetonauflage aufgegossen. Darüber befinden sich drei Lagen Schalbetonsteine mit jeweils 0,25 m Höhe. Als Abschluß dient eine 0,15 m starke Betonschicht, in die hölzerne Zaunpflöcke eingesetzt sind. Der westliche Teil der Mauer wurde im Frühjahr 1973 an einem Tag errichtet. Im Sommer 1973 wurde der östliche Teil gebaut. Im Herbst 1973 schließlich wurde der mittlere Teil mit dem Kellereinbau aufgeführt. Die gesamte Mauer ist im Süden in einer der üblichen Baugelegenheit entsprechenden geraden Linie errichtet, doch reicht die Außenkante der Mauer nicht von der Mitte des einen Grenzsteines zur Mitte des anderen, sondern sie ist geringfügig seitlich versetzt. An der Westseite wurde nämlich die Außenkante der Mauer an die Außenseite des Grenzsteines angebunden. Dadurch steht die Stützmauer auf einer Länge von 23,90 m in diesem Bereich und in einer Länge von 1,40 m in dem nach Nordwesten führenden Teil auf dem Grundstück des Beklagten. Die überbaute Fläche beträgt insgesamt 1 m 2 Dieser Überbau entstand durch die erwähnte Anbindung der Mauer an die Außenseite des Grenzsteines, aber auch dadurch, daß die Lage des Grenzsteines von dem seinerzeitigen Mappenpunkt geringfügig abwich, was den Parteien erst nachträglich bekannt wurde. Nach Osten hin blieb die Stützmauer hingegen hinter der Mappengrenze zurück, sodaß hier sogar eine Fläche von 0,8 m 2 des Grundstückes Nr */2 von der Mauer nicht in Anspruch genommen wurde.
Bei der Errichtung des westlichen Teiles der Stützmauer im Frühjahr 1973 begann H* S* an einem Tag nach Ostern um 6 Uhr früh mit der Arbeit, die er schon am Nachmittag desselben Tages beendete. Der Beklagte stellte seine Betonmischmaschine und anderes Hilfsmaterial zur Verfügung und half auch beim Transport der Mischmaschine zur Baustelle mit. Zunächst wurde in das Fundament und in das Schalgerüst Stampfbeton eingegossen. Dabei wurde der westliche Grenzstein an zwei Seiten in den Stampfbeton einbezogen. Er ragte 0,45 m über das Bodenniveau. Dann wurde auf den Stampfbeton eine Lage Schalsteine aufgesetzt und vergossen. Sie schloß genau mit der Höhe des westseitigen Grenzsteines ab. Dann wurde eine zweite Schicht Schalbetonsteine angebracht. Stampfbeton und Schalsteine wurden so aufgesetzt und eingegossen, daß sie im Nordwesten und Süden mit der Außenkante des Steines jeweils bündig waren. An der Nordwestseite des Steines wurde zwischen Stein und Schalbeton ein weiterer Granitstein eingelegt, um das Auslaufen des Betons zu verhindern. Als diese Arbeiten gegen 9 Uhr vormittags beendet waren, holte H* S* den Beklagten und bat ihn, er möge sich die Situation ansehen. Der Beklagte begab sich zur Mauer und stellte sich in der Nähe des Grenzsteines auf. Die südliche und die nordwestliche Außenkante des Grenzsteines und der wegführenden Mauer waren frei sichtbar. Die über dem Erdniveau errichtete Stampfbetonschicht war mit Schalbrettern eingefasst, doch war die Mauerflucht gegeben und auch der im Osten befindliche Grenzstein war zu sehen. Der Beklagte stieg dann auf das Mauerwerk und sah sich die ganze Situation an. Auf die Frage des H* S*, ob es so recht sei, antwortete er, daß es ihm passe und S* nur so weitermachen solle.
Im Frühjahr 1974 wurde auf die Stützmauer eine 0,15 m starke Betonschicht als Abschluß aufgebracht. Auch Zaunpflöcke wurden eingegossen. Zum Anbringen dieser Zaunpflöcke hatte der Beklagte schon im Sommer 1973 die Einwilligung gegeben. Ab dem Frühjahr 1974 führte der Beklagte im Bereich der Stützmauer mit Hilfe eines gewissen W* M* mehrmals Vermessungen durch. In der Folge sagten beide wiederholt in der Nachbarschaft, daß die Stützmauer auf dem Grund des Beklagten stehe und entfernt werden müsse. H* S* erlangte davon Kenntnis. Am 14. August 1974 erstattete der Beklagte beim Gemeindeamt * eine Anzeige, daß H* und M* S* ohne Baubewilligung und ohne ihn als Nachbarn befragt zu haben, eine Stützmauer errichtet haben, in die auch Grenzsteine eingemauert worden seien. Er ersuchte, die Bauführung sofort einzustellen und die Grenz- und Besitzverhältnisse zu klären. Auch über die Ableitung von Abwässern auf seinen Grund beschwerte er sich. Noch am selben Tag fand eine örtliche Besichtigung durch den Bürgermeister und den Gemeindesekretär statt. H* S* ließ sich dabei vom Kläger vertreten, weil er schon damals krank und nicht in der Lage war, einer Verhandlung beizuwohnen. Der Beklagte verlangte, daß die Mauer und der an diese angebaute Keller abgerissen werden, weil das Bauwerk auf seinem Grund stehe. Er kündigte an, daß es deshalb Schwierigkeiten geben werde. H* S* regte sich über das Verhalten des Beklagten auf, weil dieser der Bauführung zugestimmt hatte. Auch bei der Verhandlung vom 1. Oktober 1974, die mangels Vorlage der Baupläne nicht durchgeführt werden konnte, erklärte der Beklagte, daß es wegen der Mauer Schwierigkeiten geben werde, weil sie auf seinem Grund stehe. Das Verhalten des Beklagten versetzte H* S* in Aufregung. Dieser litt zu jener Zeit unter starken Kopfschmerzen und er war nervös und aufgeregt. Wie sich später herausstellte, war er infolge eines Gehirntumors in seinen geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt. Das Verlangen des Beklagten, daß die Stützmauer abgerissen werden müsse, versetzte H* S* in Angst und Aufregung. Er fasste schließlich den Entschluss, dem Beklagten für das Überbauen der Mauer eine Ablöse zu bezahlen. Am 2. Oktober 1974 übergab H* S* seiner Gattin M* S 5.000,-- und schickte sie damit zum Beklagten, um diesen zu fragen, was er für den Überbau verlange. Als der Beklagte nicht mit sich reden ließ, entfernte sich M* S* mit der Bemerkung, daß sie nun die Mauer wieder abreißen müßten. Am 3. Oktober 1974 schickte H* S* seine Gattin wieder zum Beklagten, wobei er ihr S 10.000,-- die allein aus seinem Vermögen stammten, mitgab. M* S* sagte dem Beklagten, ihr Mann sei krank und gebe ihr keine Ruhe; sie habe von ihm den Auftrag erhalten, die Sache mit dem Überbau zu regeln. Der Beklagte erwiderte, es gebe rechtliche Fragen, er wolle sich noch erkundigen; unter Umständen müsse die Mauer abgerissen werden. M* S* begann zu weinen und übergab dem Beklagten schließlich die S 10.000,-- als Entgelt für die Übermauerung des Grundes. Der Beklagte nahm diesen Betrag als Entgelt für die überbaute Fläche an und erklärte, künftig ein Verlangen auf ein Abbrechen der Mauer nicht mehr stellen zu wollen. Von einer Schenkung war keine Rede. Der Beklagte gab M* S* sodann eine Bestätigung, daß er von H* und M* S* S 10.000,-- als „Abstand einer Gartenmauer“ erhalten habe. Von der Gestattung der Ableitung von Abwässern auf den Grund des Beklagten war hiebei nicht die Rede.
In rechtlicher Beziehung beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt folgendermaßen:
Der Beklagte habe von der Bauführung Kenntnis gehabt und er habe ihr auch zugestimmt. Die Rechtsvorgänger des Klägers hätten daher nach § 418 Satz 3 ABGB als redliche Bauführer das Eigentumsrecht an der überbauten Grundfläche erworben. Der Beklagte habe demzufolge nur Anspruch auf Ersatz des gemeinen Wertes des überbauten Grundes gehabt. Durch das geschilderte Verhalten des Beklagten sei der damals schon kranke H* S* so beeinflußt worden, daß er tatsächlich geglaubt habe, er müsse den Überbau wieder abreißen. Dieser Irrtum des H* S* sei dem Beklagten nicht verborgen geblieben. Die Drohung des Beklagten mit dem Abreißen der Mauer sei unerlaubt und widerrechtlich gewesen. Durch das Verhalten des Beklagten und offenbar bedingt durch seine Krankheit habe sich H* S* daher in einer Zwangslage befunden, die ihn veranlaßt habe, etwas zu zahlen, das er gar nicht schuldig gewesen sei. Der Kläger habe für eine Grundfläche von 1 m 2einen Preis von S 200,-- veranschlagt. Damit könne es sein Bewenden haben, weil der Grund im Jahr 1972 nur rund S 40 wert gewesen sei. Das Verlangen des Klägers nach Rückzahlung von S 9.800,-- sei somit nach §§ 1431 und 1041 ABGB berechtigt.
Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens auf Grund folgender Erwägungen ab:
Da der Kläger seinen Anspruch vor allem darauf gestützt habe, daß sein Rechtsvorgänger irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt habe, hätte er beweisen müssen, daß die Leistung zum Zweck der Erfüllung einer Schuld erbracht worden sei, die gar nicht bestanden habe und daß der Leistende bei der Leistung in einem Irrtum befangen gewesen sei. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Zur Zeit der Leistung hätten weder der Beklagte noch H* S* angenommen, daß der letztere durch den Bau der Mauer nach § 418 Satz 3 ABGB am überbauten Grund Eigentum erworben habe und der Beklagte daher nur den gemeinen Wert der verbauten Grundfläche fordern könne. Der Beklagte und H* S* seien vielmehr von der Annahme ausgegangen, daß durch den Überbau ein Eigentumserwerb des Bauführers nicht eingetreten sei und der Beklagte Anspruch auf Entfernung des Bauwerkes habe. Wenn H* S* dem Beklagten in dieser Situation S 10.000,-- bezahlt habe, damit dieser den erhobenen Anspruch auf Entfernung der Mauer aufgebe, dann sei diese Leistung nicht zum Zwecke der Erfüllung einer Schuld erbracht worden. Das hätte nur dann gesagt werden können, wenn der Beklagte gegen den Rechtsvorgänger des Klägers eine solche Forderung (gemeint: auf Zahlung des gemeinen Wertes des überbauten Grundes) erhoben hätte. Die zwischen H* S* und dem Beklagten geschlossene Vereinbarung sei somit als Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB und damit als Neuerungsvertrag anzusehen. Gegenstand der durch den Vergleich bereinigten Streitigkeit sei der vom Beklagten behauptete Entfernungsanspruch gewesen. Infolge der Bereinigungswirkung des Vergleiches könne nicht mehr darauf zurückgegriffen werden, daß ein solches Recht nicht bestanden habe. Eine Anfechtung dieses Vergleiches wegen Irrtumes nach § 1385 ABGB komme nicht in Betracht, denn der Irrtum betreffe nicht das, was die Parteien zur Zeit des Vergleichsabschlusses als sicher, also als unzweifelhaft und unstreitig angenommen haben. Durch einen Irrtum über Umstände, die verglichen worden seien, werde die Gültigkeit des Vergleiches nicht berührt. Hier aber habe sich der Irrtum nur auf den Bestand des vom Beklagten behaupteten strittigen Entfernungsanspruches bezogen.
Die erhobene Wuchereinrede sei nicht berechtigt, denn nach den Feststellungen habe sich H* S* keineswegs in einer Zwangslage befunden. Er hätte es auf eine Entscheidung der Behörde über den vom Beklagten behaupteten Anspruch ankommen lassen können. Daß H* S* die Bedeutung des Vergleiches infolge seines Gehirntumors nicht hätte erfassen können, sei nicht hervorgekommen.
Weiters versage auch der Anfechtungsgrund der Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes. Es lägen nämlich keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, daß der Wert der Gegenleistung (Aufgabe des Entfernungsanspruches) weniger als S 5.000,-- betragen habe.
Der Rückforderungsanspruch des Klägers bestehe somit nicht zu Recht. Dies ergebe sich bereits aus jenen Feststellungen, die das Erstgericht unbekämpft getroffen habe. Damit erübrige sich ein Eingehen auf die Berufung, soweit damit die Feststellung bekämpft wird, daß der Beklagte den Überbau schon zur Zeit der Bauführung wahrgenommen und genehmigt habe, und soweit das Fehlen einer Feststellung gerügt wird, daß dem Beklagten der Gesundheitszustand des H* S* nicht bekannt gewesen sei.
Dagegen richtet sich die aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Tatsachen, aus denen auf einen Mangel der Geschäftsfähigkeit des H* S* zur Zeit des Vertragsabschlusses – mit den Rechtsfolgen der absoluten Richtigkeit des Rechtsgeschäftes ( Gschnitzer in Klang 2IV/1, S 88) – oder auf eine Beschränkung der Geschäftsfähigkeit zu schließen wäre, wurden weder konkret behauptet noch festgestellt. Die tatsächlich getroffene Feststellung, daß H* S* infolge eines Gehirntumors in seinen geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt gewesen sei, läßt, weil ihr weder die Art noch der Grad der Beeinträchtigung entnommen werden kann, nicht die von der Revision gezogene Schlußfolgerung zu, daß sich H* S* der rechtlichen Folgen seiner Handlungen nicht bewußt gewesen sei. Bloß geistesschwache Personen, von denen man aber nicht sagen kann, daß sie den Gebrauch der Vernunft nicht haben (§ 865 Satz 1 ABGB), sind an und für sich in ihrer Handlungsfähigkeit nicht beschränkt ( Wolff in Klang 2I/1, S 153). Ein Feststellungsmangel in dieser Richtung liegt indes nicht vor, weil der Kläger – wie bereits erwähnt – im Verfahren erster Instanz die tatsächlichen Voraussetzungen der Geschäftsunfähigkeit nicht behauptet hat. Der Kläger machte vielmehr geltend, daß der Beklagte die auf Grund des hohen Alters des H* S* bestehende Verstandesschwäche, Unerfahrenheit und Gemütsaufregung ausgenützt habe, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Unter Verstandesschwäche im Sinne des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ist ein geringerer Grad von Geistesschwäche zu verstehen als jener, der die völlige Geschäftsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. Gschnitzer a. a. O. S 204).
Die zum Tatbestand des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB erforderlichen Merkmale, nämlich unwirtschaftliche Eigenschaften des Bewucherten, Unverhältnismäßigkeit von Leistung und Gegenleistung sowie Ausbeutung durch den Wucherer, müssen gleichzeitig vorliegen ( Gschnitzer a.a.O. S 203, MietSlg 24.083 u.a.). Das Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung setzt voraus, daß der Wucherer zu seiner Bereicherung eine Lage benützt, die er nicht geschaffen haben muß, die ihm aber ebenso wie das Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung bewußt ist oder hätte bewußt sein müssen ( Gschnitzer a. a. O. S. 205). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde dem Beklagten aber lediglich mitgeteilt, daß H* S* krank sei. Auf Grund dieser ganz allgemeinen Mitteilung, der weder die Art noch die Schwere der Erkrankung zu entnehmen war, mußte dem Beklagten nicht bewußt sein, daß sich H* S* nur infolge Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung zum Vertrag entschloss. Eine Zwangslage, die den Bewucherten nur die Wahl lässt, auf den drückenden Vertrag einzugehen oder noch größere wirtschaftliche Nachteile zu erleiden (vgl.
Der Ausführungen der Revision, daß der Vater des Klägers eine Nichtschuld bezahlt habe, weil der Beklagte sein Eigentum am überbauten Grund bereits verloren gehabt habe, ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Bestimmung des § 418 ABGB, wie der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen hat (EvBl 1969/117, 5 Ob 32/74, 8 Ob 185/75), nur Bauwerke schützt, die eine selbständige Bedeutung haben, während sie auf Grenzzäune, Grenzmauern und dergleichen, und zwar ohne Rücksicht auf ihre Stabilität, mangels einer selbständigen Bedeutung keine Anwendung findet. Als Bauwerk wäre daher nur der in die Stützmauer eingebundene Keller anzusehen. Ein Eigentumserwerb der Rechtsvorgänger des Klägers nach § 418 ABGB an jenem Teil der Stützmauer, die nicht Bestandteil des eingebundenen Kellers ist, war deshalb ausgeschlossen. Aus der erwähnten Bestimmung ist somit nicht abzuleiten, daß der Beklagte nicht zumindest die Entfernung des an den Keller anschließenden Grenzüberbaues fordern konnte.
Der Revision ist zuzugeben, daß es einen Vergleich nur bezüglich eines streitigen oder zweifelhaften Rechtes geben kann. Gegenstand eines Vergleiches kann ein Recht aber auch dann sein, wenn nur die Höhe des Anspruches streitig oder zweifelhaft ist ( Wolff in Klang 2 VI S 275). Durch den Vergleich wird die Strittigkeit bzw Zweifelhaftigkeit des Rechtes endgültig beseitigt. Stellt sich nachträglich heraus, daß das Recht überhaupt nicht bestanden hat, so ändert dies, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, nichts daran, denn es liegt im Wesen des Vergleiches, daß die Rechtslage zwischen den Parteien durch ihn, so weit er reicht, bereinigt wird. Das, worüber Zweifel oder Streit herrscht, soll durch den Vergleich endgültig erledigt werden. Das ist der Grund, weshalb ein Irrtum über solche Umstände, die verglichen wurden, die Gültigkeit des Vergleiches nicht berührt ( Wolffa.a.O. S 280). Betrifft der Vergleich nur die Höhe des Anspruches, so macht ein Irrtum über seinen Bestand den Vergleich ungültig, falls die Voraussetzungen der §§ 870 ff. ABGB vorliegen. Nehmen also die Parteien den Bestand des Anspruches als sicher an, so ist der Vergleich anfechtbar, wenn sich nachträglich herausstellt, daß der Anspruch tatsächlich nicht besteht ( Wolff a.a.O. S 281 ff). Wären die Vertragspartner, wie das Berufungsgericht annimmt, tatsächlich davon ausgegangen, daß dem Beklagten ein Anspruch auf Entfernung des Grenzüberbaues zustehe, dann wäre lediglich die Höhe des Anspruches strittig gewesen und die Anfechtung des Vergleiches wegen eines Irrtumes über den Bestand des Anspruches wäre grundsätzlich möglich. Der Irrtum beträfe dann kein strittiges Recht und er könne sehr wohl die Gültigkeit des abgeschlossenen Vergleiches berühren. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann aber bei den festgestellten Umständen nicht davon gesprochen werden, daß die Vertragspartner den Bestand des vom Beklagten behaupteten Anspruches auf Entfernung der Stützmauer als sicher angenommen haben. Der Beklagte erklärte zunächst nur in der Nachbarschaft, daß die Stützmauer auf seinem Grund stehe und entfernt werden müsse, ohne den Beklagten zur Entfernung des Überbaues aufzufordern. Er erstattete dann eine Anzeige bei der Baubehörde und verlangte die Klärung der Grenz- und Besitzverhältnisse. Bei den Verhandlungen vor der Baubehörde erklärte der Beklagte, daß es wegen der Mauer Schwierigkeiten geben werde. Als M* S* im Auftrag ihres Mannes zum zweiten Mal die Regelung der Angelegenheit versuchte, erwiderte ihr der Beklagte, daß es rechtliche Fragen gebe; er wolle sich noch erkundigen, unter Umständen müsse die Mauer abgerissen werden. Wird ferner berücksichtigt, daß der Beklagte seinerzeit die Stützmauer während der Errichtung derselben auf Verlangen des H* S* besichtigt und gebilligt hatte,dann kann nicht davon ausgegangen werden, daß die damaligen Partner den Bestand des vom Beklagten behaupteten Entfernungsanspruches beim Vertragsabschluß als sicher angenommen haben. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß der Bestand des behaupteten Anspruches für die Vertragschließenden zweifelhaft war. Es ist daher dem Beurufungsgericht im Ergebnis beizupflichten, daß das zwischen den Rechtsvorgängern des Klägers und dem Beklagten zustande gekommene Rechtsgeschäft als Vergleich zu beurteilen ist, der wegen eines Irrtumes über den Bestand des Anspruches nicht angefochten worden kann.
Die auf Grund eines gültigen und wirksamen Vergleiches geleistete Zahlung kann nicht nach § 1431 ABGB zurückgefordert werden. Die Anfechtung aus dem Grunde einer Verletzung über die Hälfte findet gemäß § 1386 ABGB bei Vergleichen nicht statt. Einen Verwendungsanspruch kann der Kläger nicht geltend machen, da die Anwendung des § 1041 ABGB nur ergänzend in Betracht kommt, wenn weder ein Geschäftsführungs- noch ein die Vermögensverschiebung rechtfertigendes Vertragsverhältnis zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten besteht. Die Hingabe des Betrages von 10.000,-- S erfolgte auf Grund einer vertraglichen Einigung der Rechtsvorgänger des Klägers und des Beklagten.
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes erweist sich daher im Ergebnis als richtig, sodaß eine Erörterung der Frage der Aktivlegitimation unterbleiben kann.
Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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