Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juli 1978 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach den § 171, 173, 174 I lit. d, II lit. a (179) StG.
über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichts Leoben vom 29.Mai 1974, GZ. 11 Vr 588/73-37, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Friedrich, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:
Der Beschluß des Kreisgerichts Leoben vom 29.Mai 1974, GZ. 11 Vr 588/73-37, verletzt insoweit, als damit die dem Franz A mit dem Urteil dieses Gerichts vom 3.Dezember 1973, GZ. 11 Vr 588/73-31, bestimmte Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 4 BedVG.
Der bezeichnete Beschluß, der im übrigen unberührt bleibt, wird in diesem Umfang aufgehoben.
Gründe:
Mit Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 3.Dezember 1973, GZ. 11 Vr 588/73-31, wurde über Franz A wegen des Verbrechens des Diebstahls eine Freiheitsstrafe verhängt, deren Vollziehung gemäß den § 1 und 2 BedVG. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben wurde; da die Entscheidung am 6.Dezember 1973 in Rechtskraft erwuchs, fiel das Ende der Probezeit auf den 6.Dezember 1976.
Wegen einer noch vor jenem Erkenntnis begangenen Tat wurde Franz A sodann mit Urteil des Kreisgerichts Wiener Neustadt vom 17.April 1974, GZ. 9 b Vr 668/73-24, rechtskräftig des Verbrechens des Betrugs schuldig erkannt, doch wurde gemäß dem § 265 StPO. (a.F.) von der Verhängung einer (Zusatz ) Strafe Abstand genommen. Aus Anlaß dieser neuerlichen Verurteilung gab die Staatsanwaltschaft Leoben im zuerst angeführten Verfahren die Erklärung ab, 'daß ein Widerrufsantrag nicht gestellt wird (Verlängerung der Probezeit)'. Das Kreisgericht Leoben sah hierauf mit Beschluß vom 29.Mai 1974, GZ. 11 Vr 588/73-37, von einem Widerruf des bedingten Strafnachlasses ab; zugleich verlängerte es gemäß dem § 3 Abs. 1 Z. 4 BedVG. die Probezeit auf fünf Jahre, also bis zum 6.Dezember 1978. Auch dieser Beschluß ist (unangefochten) in Rechtskraft erwachsen; er steht jedoch in Ansehung der Probezeitverlängerung mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 4 des - mittlerweile (Art. XI Abs. 2 Z. 28 StRAnpG.) außer Kraft getretenen - BedVG., die eine Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre vorsah, galt nämlich nur für jene Fälle, in denen der Verurteilte innerhalb der Probezeit aufs neue eine strafbare Handlung beging. Falls dagegen die Taten, die den zwei oder mehreren Strafurteilen zugrundelagen, nach der Zeit ihrer Begehung in einem einheitlichen Verfahren (§ 56 StPO.) hätten abgeurteilt werden können, kam ausschließlich die Anwendung des § 3 Abs. 2
BedVG. in Betracht, der nach seinem klaren Wortlaut - anders als die nunmehrige Regelung des § 55 StGB. -
bloß dann, wenn in diesen Straferkenntnissen 'Strafen verhängt' wurden, einen Widerruf der bedingten Strafnachsicht vorsah und für den Fall des Nichtwiderrufs anordnete, daß für alle unvollstreckten Urteile jene von mehreren Probezeiten gelte, die zuletzt ende; beim Absehen von einer (Zusatz ) Strafe (§ 265 StPO. a.F.; jetzt § 40 StGB.) konnte folglich nach dieser Bestimmung eine (hier: ex lege -) Verlängerung der Probezeit nicht stattfinden. Demnach war im gegebenen Fall eine Verlängerung der Probezeit überhaupt ausgeschlossen.
In Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war sohin die Gesetzwidrigkeit der den Verurteilten benachteiligenden Probezeitverlängerung festzustellen und diese Anordnung gemäß § 292 letzter Satz StPO. im Beschluß vom 29.Mai 1974 aufzuheben. Im Hinblick darauf, daß die Probezeit mittlerweile bereits am 6. Dezember 1976 abgelaufen ist, wird das Kreisgericht Leoben gemäß dem § 497
StPO. vorzugehen haben.
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