Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer, Dr. Rothe, Dr. Hager und Dr. Sperl als Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei „D*“, Verein *, vertreten durch Dr. Karl Fried, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei prot. Firma L*, vertreten durch Dr. Erich Schröfl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zuhaltung eines Pachtvertrages infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 25. 9. 1967, GZ 12 R 446/67 19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt-Wien vom 8. 9. 1967, GZ 35 C 1095/67 17, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Erstgerichtes werden aufgehoben; dem Erstgericht wird Ergänzung des Verfahrens und neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Die Kostenentscheidung wird dieser Entscheidung vorbehalten.
Begründung:
Die klagende Partei begehrte Verurteilung der beklagten Partei, den Pachtvertrag über die Konzession zum Betriebe der L* zuzuhalten, den eingestellten Betrieb unverzüglich wieder aufzunehmen, der Mag. Abtlg. 7 gegenüber die Mitteilung über die Einstellung zu widerrufen und ihr die Wiedereröffnung des Betriebes anzuzeigen.
Gleichzeitig mit Einbringung der Klage beantragte die klagende Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die gerichtliche Verwaltung des Kinobetriebes anzuordnen und an die beklagte Partei das Gebot zu richten, den Kinobetrieb unverzüglich wieder zu eröffnen und fortzuführen, die Einstellungsmitteilung gegenüber der Mag. Abtlg. 7 zu widerrufen und dieser die Wiedereröffnung des Betriebes anzuzeigen, schließlich die Erlassung des Verbotes aller Handlungen und der Vornahme aller Veränderungen, welche den Betrieb, Wiederbetrieb und Fortbetrieb der L* auf Grund der gepachteten Kinokonzession und damit diese Konzession beeinträchtigen oder gefährden könnten.
Das Erstgericht hat die beantragte einstweilige Verfügung abgewiesen (ONr 16).
Das Rekursgericht hat dem Rekurs der klagenden Partei teilweise Folge gegeben und die beantragte einstweilige Verfügung mit Ausnahme der Anordnung der gerichtlichen Verwaltung des Kinobetriebes erlassen.
Das Rekursgericht hat zur Begründung ausgeführt, aus dem im wesentlichen übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien ergäbe sich folgender Sachverhalt: Die Klägerin sei Inhaberin einer Kinokonzession mit dem Standorte *, unter der Bezeichnung „L*“. Die Beklagte betreibe dort unter der prot. Firma „L*“ Kommanditgesellschaft * Cο. das Unternehmen „L*“. Die Klägerin habe ihre Konzession mit verwaltungsbehördlicher Genehmigung der Beklagten verpachtet, wofür sie 4 % der Bruttoeinnahmen zu erhalten habe. Der Pachtvertrag sei auf Konzessionsdauer unkündbar. Im Laufe der letzten neun Jahre seien die Einnahmen aus dem Kinobetrieb zurückgegangen, insbesondere 1966/1967. Die Beklagte habe den Pachtvertrag zum 31. 12. 1967 außergerichtlich gekündigt, wogegen die Klägerin gerichtliche Einwendungen erhoben hat. Ferner habe die Beklagte den Betrieb zum 30. 6. 1967 eingestellt, dies der Magistratsabteilung 7 mitgeteilt und Verhandlungen über die Vermietung des Kinogebäudes eingeleitet, die mit einem Interessenten bereits konkrete Ergebnisse gehabt hätten. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, daß die Klägerin einen Anspruch aus dem Pachtvertrag auf Fortführung des Betriebes durch die Beklagte habe. Es handle sich somit nicht um die Sicherung einer Geldforderung, sondern um die eines anderen Anspruches nach § 381 ЕO. Die Gefährdung liege darin, daß nach einer gewissen Dauer des Nichtbetriebes die Konzession zurückgenommen werden könne. Darin liege ein drohender und unwiederbringlicher Schaden § 381 Z 2 ЕO), zu dessen Abwendung die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ohne die sonst bestehende Einschränkung zulässig sei, daß sie der endgültigen Entscheidung nicht vorgreifen dürfe.
Die beklagte Partei bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs, der gerechtfertigt ist.
Dem Revisionsrekurs kann allerdings insoweit nicht beigepflichtet werden, als er meint, das Rekursgericht habe die einstweilige Verfügung zum Schutze der Konzession der Klägerin, somit nicht zu Gunsten eines Anspruches bewilligt, der zwischen den Streitteilen bestehe. Der zu sichernde Anspruch der Klägerin ist, wie aus dem Spruch des angefochtenen Beschlusses eindeutig hervorgeht, der auf dem Pachtvertrag beruhende Anspruch auf Zuhaltung dieses Vertrages durch die Beklagte, wenn auch die Ausführungen des Rekursgerichtes über die Gefährdung, richtig die Folgen der Gefährdung des Anspruches, mißverstanden werden können.
Mit Recht macht aber die Beklagte geltend, sie habe eingewendet, daß ihr die Fortführung, bzw Wiedereröffnung des Kinobetriebes wirtschaftlich nicht zugemutet werden könne, weil sie unverschuldet in den letzten Jahren beträchtliche Verluste erlitten habe. Hiefür hat die Beklagte auch Bescheinigungsmittel angeboten. Die Untergerichte sind aber darauf nicht eingegangen. Das Rekursgericht hat nur dem beiderseitigen Vorbringen entnommen, daß die Einnahmen aus dem Kinobetrieb in den letzten Jahren, insbesondere aber 1966/1967, zurückgegangen seien. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung SZ XXXIII 97, in der es ebenfalls um eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung der Betriebspflicht ging, ausgesprochen, daß das dort begehrte Verbot als sittenwidrig nicht vertretbar sei, wenn der Antragsgegner sich in einem solchen körperlichen Zustand befinde, daß er das gepachtete Unternehmen ohne Gefahr für Gesundheit und Leben nicht führen könne und ihm auch die bloße Führung des Betriebes als Aufsichtsperson nicht zugemutet werden könne. Ähnliches muß im vorliegenden Fall gelten, wenn die Weiterführung des Unternehmens für die Antragsgegnerin nur, wie sie eingewendet hat, mit unverschuldeten, dauernden erheblichen Verlusten möglich wäre. Dem Rekursgericht kann nicht zugestimmt werden, wenn es meint, daß diese Einwendung im Provisorialverfahren nicht zu berücksichtigen sei.
Das Bescheinigungsverfahren leidet somit an einem wesentlichen Mangel, der zur Aufhebung beider untergerichtlicher Beschlüsse führen mußte.
Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 52 Abs 1 ZPO, §§ 78, 402 EO.
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