Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Köhler, Dr. Pichler, Dr. Höltzel und Dr. Bauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Erich G*****, vertreten durch das Bezirksjugendamt Wolfsberg, dieses vertreten durch Dr. Friedrich Brandstätter, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wider die beklagten Parteien 1.) Josef F*****, 2.) Johann M*****, beide vertreten durch Dr. Erich Fiedler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert 30.000 S) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 6. Oktober 1964, GZ 5 R 112/64 34, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 26. November 1963, GZ 13 Cg 521/62 29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit 781,48 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Am 1. 12. 1960 gegen 6:15 Uhr früh ereignete sich auf der St. Stefaner Landesstraße in Wolkersdorf ein Verkehrsunfall. Ein vom Erstbeklagten gelenkter Lastkraftwagen, dessen Halter der Zweitbeklagte war, stieß während eines Überholvorgangs den in der Gegenrichtung auf seinem Fahrrad fahrenden Anselm M***** nieder, der seinen dabei erlittenen Verletzungen kurz nach dem Unfall erlag. Der Beklagte wurde aus diesem Anlass wegen Vergehens nach § 335 StG, begangen durch Außerachtlassung der notwendigen Vorsicht im Straßenverkehr, insbesondere durch vorschriftswidriges Überholen rechtskräftig verurteilt.
Anselm M***** war für den am 9. 11. 1953 geborenen Kläger, seinen außerehelichen Sohn, unterhaltspflichtig. Dieser begehrt die Feststellung, dass ihm die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand, der Zweitbeklagte begrenzt gemäß den Bestimmungen des EKHG, für die ihm infolge des Todes Anselm M*****s entstandenen Schäden haften.
Das Erstgericht gab der Feststellungsklage teilweise unter Annahme eines Mitverschuldens des Radfahrers zu 2/3, also hinsichtlich der Haftung der Beklagten zu 1/3, statt und wies das Mehrbegehren ab. Es erblickte das Mitverschulden des Radfahrers dahin, dass er mit unbeleuchtetem Fahrrad und außerhalb der Fahrbahn fuhr, infolge Unaufmerksamkeit die vom Erstbeklagten gegebenen Blinksignale unbeachtet ließ und nichts unternahm, um sich aus dem Gefahrenbereich zu retten.
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht teilweise Folge und stellte die Ersatzpflicht der Beklagten mit der erwähnten Begrenzung hinsichtlich des Zweitbeklagten zu 2/3 fest.
Die Beklagten bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichts seinem gesamten Umfang nach mit Revision wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, ihre Haftung zu lediglich einem Viertel festzustellen. Hilfsweise beantragen sie, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Die Revision ist nicht begründet.
Sie rügt als aktenwidrig, dass dem Urteil des Berufungsgerichts hinsichtlich der Fahrlinie des Radfahrers eine Feststellung zugrunde liege, die das Erstgericht nicht getroffen habe. Während nämlich dieses angenommen habe, der Radfahrer habe sich außerhalb der Fahrbahn fortbewegt, sei das Berufungsgericht in Erwiderung auf die Mängelrüge der Beklagten, die geltend machten, der Radfahrer müsse auf dem an das Bankett anschließenden Wiesenstreifen gefahren sein und es sei nicht festgestellt, wann und wo er von dort auf die Fahrbahn gekommen sei davon ausgegangen, dass der Radfahrer nicht auf der Asphaltdecke, sondern neben deren Rand auf dem etwa 20 cm breiten erdigen Bankettstreifen gefahren sei. Darin liegt jedoch keine Aktenwidrigkeit im Sinne einer unrichtigen Wiedergabe des Akteninhalts durch das Berufungsgericht. Denn auch das Erstgericht hat keineswegs die von der Revision gewünschte Feststellung getroffen, der Radfahrer habe den Rasenstreifen benützt. Der Versuch, eine derartige Feststellung mit der Aktenwidrigkeitsrüge zu erreichen, geht fehl.
Die Mängelrüge führt die Revision in Wiederholung des Berufungsvorbringens dahin aus, dass nicht festgestellt worden sei, wann und wo der Radfahrer vom Bereich außerhalb der Straße auf die Fahrbahn gekommen sei. Hiezu ist zunächst zu sagen, dass behauptete Feststellungsmängel mit der Rechts und nicht mit der Mängelrüge geltend zu machen sind. Nun geht die Revision von der aktenwidrigen Annahme aus, der Radfahrer sei vorerst außerhalb der Straße , zu der auch der erdige Bankettstreifen zu rechnen ist (vgl die Begriffsbestimmungen in § 1 Z 1 und 3 StPO 10 diese Verordnung ist mit Rücksicht auf den Unfallszeitpunkt noch anzuwenden), und dann auf der Asphaltdecke gefahren. Da jedoch aufgrund der erstgerichtlichen Feststellungen die Ansicht des Berufungsgerichts, der Radfahrer habe den erdigen Streifen zwischen der asphaltierten Fahrbahn und dem Rasenstreifen (der letztere ist nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht befahrbar) benützt, gerechtfertigt und denkfolgerichtig ist, ist die Revision auch in diesem Belange nicht begründet.
Bei Prüfung der Rechtsrüge, nach der das Verschulden im Verhältnis von 3 : 1, zumindest aber von 2 : 1, jeweils zu Lasten des Radfahrers zu teilen gewesen wäre, ist von folgenden, im vorigen noch nicht wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen auszugehen:
Zur Unfallszeit herrschte Nebel. Die 5 m breite Fahrbahn war sehr rutschig und eisig. Der Erstbeklagte fuhr mit Abblendlicht. Er kündigte seine Absicht, einem am rechten Fahrbahnrand fahrenden Traktor zu überholen, durch Auf
Fehlerhaftes Überholen ist nach der Verkehrsunfallstatistik eine der häufigsten Unfallursachen. Überholen bei Dunkelheit und Nebel erfordert erhöhte Aufmerksamkeit und besondere Vorsicht. Der Erstbeklagte musste damit rechnen, dass Fußgänger den erdigen Bankettstreifen, ja sogar den Fahrbahnrand benützen. Er hätte sich daher dem linken Rand der Asphaltfahrbahn nicht so weit nähern dürfen (vgl § 20 Abs 2 StPO 10 ), wobei zu beachten ist, dass der Aufbau des Lastkraftwagens noch weiter links war als die Räderspur. Dem Radfahrer ist zwar das Fahren ohne Beleuchtung besonders anzulasten, zumal er deswegen bereits verwarnt worden war. Andererseits hat er, wenn er den erdigen Streifen neben der Asphaltfahrbahn benutzte, mehr getan als wozu er nach dem Gesetz verpflichtet war. Denn nach § 70 Z 2 StPO 10 wäre ihm das Fahren rechts am Rand der (asphaltierten) Fahrbahn gestattet gewesen. Seinem fehlerhaften Verhalten ist durch die Beschränkung des geltend gemachten Haftungsanspruchs auf 2/3 in ausreichendem Maß Rechnung getragen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden