Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachout, Dr. Bauer, Dr. Rothe und Dr. Steinböck als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marianne P*****, vertreten durch Dr. Norbert Rauscher sen., Rechtsanwalt in Groß-Enzersdorf bei Wien, wider die beklagte Partei Stefan P*****, vertreten durch Dr. Michael Stern, Dr. F. G. Aufricht, Dr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 23.000,-- sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. Juni 1963, GZ 6 R 147/63-51, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. März 1963, GZ 17 Cg 169/61-45, in der Hauptsache, bestätigt wurde, den Beschluß
gefaßt:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil und das Urteil des Erstgerichtes werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen haben wird.
Begründung:
Der Beklagte war mit der Klägerin in zweiter Ehe verheiratet. Während des aufrechten Bestandes dieser Ehe der Streitteile hat der Beklagte als Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 26 des Grundbuches über die Katastralgemeinde ***** diese Liegenschaft mit Notariatsakt des öffentlichen Notars Dr. Kurt Zerdik vom 5. 6. 1957 seinem Sohn aus erster Ehe Johann P***** übergeben. Als Entgelt hat sich der Beklagte unter anderem "für sich und seine Frau Marianne P*****, geboren 1894, für beider Lebenszeit zur ungeteilten Hand das unentgeltliche und uneingeschränkte Fruchtgenußrecht am Übergabsobjekt" ausbedungen. Der Beklagte hat der Klägerin von dem Vertragsabschluß durch Vorzeigen der Vertragsurkunde die Mitteilung gemacht. Die Übergabe wurde im Grundbuch durchgeführt und das Fruchtgenußrecht verbüchert. Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. 10. 1959 (16 Cg 320/58-28) aus dem beiderseitigen Verschulden der Ehegatten rechtskräftig geschieden. Die Klägerin begehrt vom Beklagten nach wiederholten Klagsausdehnungen und unter Berücksichtigung der rechtskräftigen Abweisung eines Teiles ihres Begehrens Zahlung von S 23.000,-- mit der Begründung, daß der Beklagte die Erträgnisse aus der seinem Sohn übergebenen Liegenschaft allein ziehe, ohne ihr die ihr zustehende Hälfte abzuliefern.
Mit Urteil vom 19. 12. 1960 hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen, weil die Klägerin, ehe sie ihren Anteil begehren könne, gemäß §§ 830, 837 ABGB Rechnungslegung verlangen müsse. Infolge Berufung der klagenden Partei wurde dieses Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, weil es den Miteigentümern freistehe, ohne vorangehende Rechnungslegung die Teilung des Ertrages zu begehren. Es sei daher auf die Einwendungen des Beklagten einzugehen. Im zweiten Rechtsgang hat das Erstgericht das Klagebegehren erneut abgewiesen. Auch dieses Urteil wurde über Berufung der Klägerin aufgehoben und die Rechtssache neuerlich an das Erstgericht zurückverwiesen. Es liege ein Vertrag zugunsten Dritter vor; es sei die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung über das ihnen gemeinsam eingeräumte Fruchtgenußrecht zu klären.
Nach einer Ergänzung der Beweise hat der Erstrichter das Klagebegehren im dritten Rechtsgang abermals abgewiesen. Er hat ausgeführt, daß die Solidarberechtigung hinsichtlich des Fruchtgenußrechtes nur den Zweck hatte, daß die Klägerin nach dem Tode des Beklagten in den Genuß des Fruchtgenußrechtes kommen ohne irgendwie tätig werden zu müssen. Der Klägerin sollte in Wahrheit eine Witwenversorgung zugestanden werden, sodaß sie bei Lebzeiten des Beklagten keinen Anspruch auf den Fruchtgenuß oder einen Teil desselben habe. Überdies habe die Klägerin, wohl nicht ausdrücklich, aber durch schlüssige Handlungen dadurch auf das Fruchtgenußrecht verzichtet, daß sie im Mai 1958 vom Beklagten weggezogen sei. Schließlich sei die der Klägerin eingeräumte Witwenversorgung einem im ABGB nicht aufgezählten Ehepakt rechtsähnlich, sodaß, wie bei der Regelung der Ehepakte, als Folge der Scheidung der Ehe der Streitteile aus dem beiderseitigen Verschulden ein Zerfallen der zugunsten der Klägerin getroffenen Vereinbarung anzunehmen sei. Der gegen dieses Urteil von der Klägerin erhobenen Berufung hat das Berufungsgericht in der Hauptsache nicht Folge gegeben. Es hat, dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens Rechnung tragend, den Beweis durch Parteienvernehmung, nämlich durch die ergänzende Vernehmung des Beklagten und durch die Verlesung der Aussage der im erstinstanzlichen Verfahren vor dem ersuchten Richter vernommenen Klägerin wiederholt. Es hat ergänzend festgestellt, daß eine Vereinbarung der Streitteile über die Einräumung des Fruchgenußrechtes an die Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend zustandegekommen ist. Die Klägerin habe angegeben, daß der Beklagte den Vertrag ohne ihr Wissen geschlossen habe; der Beklagte habe bekundet, es sei keineswegs seine Absicht gewesen, der Klägerin, solange er noch am Leben sei, ein Recht auf den halben Fruchtgenuß einzuräumen, er habe ihr nur den Fruchtgenuß für die Zeit nach seinem Ableben sichern wollen. Maßgebend sei, welche Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und der Klägerin bestanden hätten. Aus dem Vertrage selbst ließen sich keine diesbezügliche Schlüsse ziehen, die Klägerin habe den Beweis dafür nicht erbracht, daß sie bereits zu Lebzeiten des Beklagten einen Anspruch auf einen Teil der Erträgnisse der ehemals dem Beklagten gehörigen Liegenschaft habe. Es fehle daher ihren Begehren die Grundlage.
Dieses Urteil wird von der Klägerin mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder allenfalls die Urteile beider Unterinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig und gerechtfertigt.
Für die Feststellung der Parteienabsicht und für ihre Auslegung gilt gemäß § 914 ABGB die Vertrauenstheorie. Es kommt sohin nicht darauf an, was die Parteien bei ihren Erklärungen gewollt haben, sondern darauf welche Bedeutung der Vertragspartner der Erklärung des Vertragsgegners nach deren Wortlaut und unter Berücksichtigung des Geschäftszweckes beilegen mußte (vgl Gschnitzer in Klang`s Kommentar2, 4. Band, S 404). Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben hat, kann gemäß § 916 Abs 2 ABGB die Einrede des Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden. Es ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung, welche Absicht der Beklagte bei Abschluß des Übergabsvertrages mit seinem Sohn Johann P***** hatte, rechtlich entscheidend ist vielmehr, welche Erklärung er bei Vertragsabschluß abgab. Die Klägerin hat mangels anderer Vereinbarung das zu ihren Gunsten vereinbarte Fruchtgenußrecht gemäß §§ 481 Abs 1, 881 Abs 2 und 3 ABGB mit der Gutsübergabe und durch die bücherliche Eintragung ihres Fruchtgenußrechtes erworben. Es ist daher dem Berufungsgericht darin nicht zu folgen, daß es aus der auf Grund der Parteienaussage des Beklagten festgestellten "Absicht", der Klägerin während der Lebensdauer des Beklagten keinen Anspruch auf einen Teil des Fruchtgenusses einräumen zu wollen, irgendwelche rechtlichen Schlüsse gezogen hat. Die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dessen Sohn Johann P*****, aus welcher die Klägerin ihre Ansprüche ableitet, ist schriftlich, nämlich durch den vor dem Notar Dr. Kurt Zerdik am 5. 6. 1957 geschlossenen Notariatsakt (./2) zustandegekommen. Eine Prozeßbehauptung in der Richtung, daß die vom Beklagten anläßlich des Vertragsabschlusses abgegebenen Erklärungen vom Vertragsverfasser mißverständlich wiedergegeben worden seien, erfolgte nicht, die Feststellungen der Untergerichte lassen für eine derartige Annahme auch keinen Raum. Aus der erwähnten Vertragsurkunde ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Klägerin stehe das Fruchtgenußrecht erst mit dem Ableben des Beklagten zu. Vielmehr wird beiden Streitteilen zur ungeteilten Hand auf Lebensdauer das unentgeltliche und uneingeschränkte Fruchtgenußrecht am Übergabsobjekt eingeräumt, ohne daß ein Unterschied zwischen dem Anspruch des Beklagten und dem Anspruch der Klägerin gemacht wurde. Der Wortlaut dieser vertraglichen Vereinbarung rechtfertigt auch nicht die Annahme des Erstgerichtes, die Solidarberechtigung sei nur deshalb gewählt worden, damit die Klägerin nach dem Tode des Beklagten ohne weiters einen Anspruch auf das Fruchtgenußrecht habe. Nach dem Vertragswortlaut sind auch die Konstruktion, daß der einzige Zweck der Vereinbarung zugunsten der Klägerin deren Versorgung als Witwe war und die daraus gezogenen rechtlichen Schlüsse abzulehnen. Der Übergabsvertrag vom 5. 6. 1957 ist vielmehr als Vertrag zugunsten der Klägerin zu werten, durch den die Klägerin zur ungeteilten Hand mit dem Beklagten einen Anspruch auf die Erträgnisse der Johann P***** übergebenen Liegenschaft erworben hat. Eine Begrenzung des der Klägerin zugestandenen Anspruches auf die Dauer des aufrechten Bestandes der Ehe oder des Bestehens der häuslichen Gemeinschaft fehlt, die einzige zeitliche Begrenzung ist vielmehr die Lebensdauer. Das Vorliegen eines ausdrücklichen Verzichtes der Klägerin durch verschiedene, nach den Feststellungen des Erstrichters teils im Zorne, teils unter Alkoholeinfluß gemachte Äußerungen hat der Erstrichter mit Recht verneint. Es kann aber auch daraus nicht auf einen Verzicht geschlossen werden, daß die Klägerin vom Beklagten wegzog. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes gingen der Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft schwere Auseinandersetzungen der Streitteile mit Schimpfworten und Tätlichkeiten voraus, in deren Verlauf der Beklagte einmal erklärte, die Klägerin solle zum Teufel gehen. Schon dieser Beweggrund der Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft läßt erkennen, daß kein Zusammenhang zwischen dem Wegziehen und dem der Klägerin eingeräumten Fruchtgenußrecht besteht. Bei Beurteilung des Anspruches der Klägerin ist demnach davon auszugehen, daß die Klägerin zur ungeteilten Hand mit dem Beklagten das Fruchtgenußrecht an der im Übergabsvertrag angeführten Liegenschaft zusteht, und daß der Beklagte die Erträgnisse bisher eingezogen hat, ohne einen Teil an die Klägerin abzuführen. Das Regreßrecht der Klägerin gegen den Beklagten bestimmt sich gemäß § 895 ABGB nach dem zwischen den Streitteilen bestehenden rechtlichen Verhältnis. Dieses rechtliche Verhältnis ist als eine Gemeinschaft an einem dinglichen Recht im Sinne des § 825 ABGB zu werten. Da nach den Feststellungen des Erstrichters die Erträgnisse vom Beklagten, unwidersprochen durch die Klägerin, zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhaltes beider Streitteile während des Bestandes der häuslichen Gemeinschaft verwendet wurden, sind die Erträgnisse damals auch den Streitteilen gemeinsam zugekommen. Die Frage, ob der Klägerin ein Teil der Erträgnisse gebührt und ob sie deren Ausfolgung vom Beklagten begehren kann, ist demnach nach den Bestimmungen des 16. Hauptstückes des Zweiten Teiles des ABGB über die Gemeinschaft des Eigentums und anderer dinglichen Rechte zu entscheiden. Nach diesen Bestimmungen steht der Klägerin ein Anspruch auf ihren Ertragsteil zu (§§ 830, 839 ABGB). Gemäß § 839 ABGB sind die Anteile der Streitteile als gleich groß anzusehen.
Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Ausfolgung der Hälfte der diesem zugegangenen Erträgnisse der gegenständlichen Liegenschaft ist daher dem Grunde nach gerechtfertigt. Die erforderlichen Feststellungen für die Festsetzung der Höhe dieses Anspruches fehlen jedoch. Das Erstgericht hat wohl festgestellt, welcher Pachtzins Johann P***** für die ihm übergebenen Grundstücke einnimmt. Dieser Pachtschilling ist aber schon deshalb nicht den Erträgnissen aus dem Fruchgenußrecht gleichzusetzen, weil nach dem Vorbringen des Beklagten (S 110) dieser nicht den gesamten Pachteingang erhält, sondern Johann P***** sich die von diesen Eingängen zu bezahlende Steuer einbehält. Hierüber fehlen Feststellungen, sodaß die Entscheidungen beider Unterinstanzen aufzuheben waren und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen war. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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