Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Mai 1961 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Mironovici, in Gegenwart der Räte des Obersten Gerichtshofs Dr. Heidrich, Dr. Mayer, Dr. Bröll und Dr. Möller als Richter, dann des Richteramtsanwärters Johann Kirner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ferdinand M*****, wegen des Verbrechens nach dem § 1 (1) lit b des Gesetzes vom 31. Mai 1950, BGBl Nr 97, über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Jänner 1961, GZ 12 Vr 776/60-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Rat des Obersten Gerichtshofs Dr. Möller, der Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Rat des Oberlandesgerichts Dr. Hartmann, zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Anschließend hat der Oberste Gerichtshof nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten den
Beschluss
gefasst:
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Ausspruch über die Anwendung des § 265c StPO und des Gesetzes über die bedingte Verurteilung aus dem Urteil ausgeschaltet.
Hingegen wird der Berufung des Angeklagten nicht Folge gegeben. Der Strafausspruch hat demnach wie folgt zu lauten:
Der Angeklagte wird nach dem § 1 (2) des Gesetzes vom 31. März 1950, BGBl Nr 97, unter Anwendung des § 54 StG zur Strafe des Kerkers in der Dauer von 3 (drei) Monaten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 2.000 S, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe in der Dauer von 14 (vierzehn) Tagen zu treten hat, verurteilt.
Gemäß § 1 (3) des Bundesgesetzes vom 31. März 1950, BGBl Nr 97 und § 41 Pressegesetz wird der Verfall der am 5. März und 19. März 1960 beim Zollamt F***** beschlagnahmten 904 Hefte ausgesprochen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens nach dem § 1 Abs 1 lit b des Bundesgesetzes vom 31. März 1950, BGBl Nr 97, schuldig erkannt, weil er im Feber und März 1960 in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften und Abbildungen eingeführt, befördert und ausgeführt hat, indem er sich ca 1.000 Stück verschiedene Bildhefte holländischer und skandinavischer Herkunft, durchwegs enthaltend unzüchtige Abbildungen, von Dänemark nach Rankweil schicken ließ, um sie von dort illegal in die Schweiz zu bringen, und auch 90 solcher Hefte tatsächlich illegal in die Schweiz brachte. Gemäß § 1 Abs 3 leg cit und § 41 PresseG wurden 904 vorgefundene Hefte für verfallen erklärt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Z 5 und 9a StPO genützte Beschwerde des Angeklagten.
Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt die Beschwerde vorerst darin, dass die vom Erstgericht aus den Beweisergebnissen gezogenen Schlüsse in der Richtung, dass der Angeklagte den unzüchtigen Inhalt der von ihm übernommenen und in die Schweiz weitergeleiteten Zeitschriften kennen musste - das Urteil meint übrigens, wie sich aus seinem Inhalt ergibt, dass der Angeklagte den unzüchtigen Inhalt gekannt hat - nicht zwingend seien. Der Angeklagte habe nämlich die Hälfte der ersten Sendung (bestehend aus 90 Stück) nach den Urteilsfeststellungen nur teilweise angesehen. Da diese Hefte aber nicht ausschließlich unzüchtige Abbildungen enthalten haben, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass der Angeklagte gerade die unzüchtigen Abbildungen gesehen habe.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Behauptung, dass aus den vorliegenden Beweisergebnissen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten und die des Urteiles nicht zwingend sind, den Nichtigkeitsgrund des § 281 Z 5 StPO nicht herzustellen vermag. Zudem konnte das Erstgericht seine Überzeugung, dass es sich um Hefte mit unzüchtigem Inhalt handelte, denkrichtig auch darauf gründen, dass es sich um Erzeugnisse der gleichen Serie wie der später beschlagnahmten handelte.
Weiter bringt die Beschwerde vor, auch der vom Erstgericht gezogene Schluss, dass die Hefte der ersten Sendung die gleiche Zusammenstellung von bloßen Abbildern und unzüchtigen Bildern wie die folgenden Hefte dieser Serien aufgewiesen, somit überhaupt unzüchtige Abbildungen enthalten haben, sei nicht zwingend. Hiezu ist jedoch das gleiche auszuführen, wie zu dem erstgenannten Einwand der Beschwerde. Wenn diese aber dem Sinne nach darauf hinweist, die genannte Feststellung des Erstgerichts, die Hefte dieser ersten Sendung haben unzüchtige Abbildungen enthalten, erscheine insofern unvollständig begründet, als das Erstgericht sich damit nicht auseinandergesetzt habe, dass es sich bei diesen Heften um eine Probesendung gehandelt habe, weshalb es sehr wahrscheinlich sei, dass gerade die Hefte dieser Sendung nicht mit unzüchtigen Abbildungen ausgestattet worden seien und dass auch die Zeugin Marianne F***** angegeben habe, nichts Anstößiges in diesen Heften gefunden zu haben, ist sie ebenfalls nicht im Recht. Diese dem Angeklagten vorerst zugekommenen und von ihm in die Schweiz weiterbeförderten Hefte gehören nämlich - wie bereits erwähnt - den gleichen Serien an, wie die weiteren dem Angeklagten aus dem Ausland übersendeten und sodann beschlagnahmten Hefte, die zum Teil dem Gericht als Beweismaterial vorliegen. Jede dieser Serien ist aber, wie sich aus dem vorliegenden Beweismaterial ergibt, durch ihren Inhalt, ihre Aufmachung und die Art der Darstellung als einheitliches Ganzes gekennzeichnet. Der Inhalt eines der Hefte wurde schon früher als unzüchtig festgestellt. Das Erstgericht konnte daher ohne Verstoß gegen die Denkgesetze schließen, dass auch die ersten Hefte dieser Serie mit unzüchtigen Abbildungen ausgestattet waren. Dass es sich bei diesen ersten Heften um eine Probesendung gehandelt hat, steht dem nicht im Wege. Denn solche Probesendungen werden erfahrungsgemäß nicht etwa derart zusammengestellt, dass die einzelnen Hefte mit einem besonders hiefür zusammengestellten Inhalt ausgestattet werden - dies wäre im Übrigen auch technisch gar nicht durchführbar -, sondern es werden üblicherweise einzelne Hefte einer Serie gleichsam als deren Repräsentanten herausgegriffen, um den Interessenten über die wesentlichen Merkmale der ganzen Serie, zu informieren. Der persönliche Eindruck aber, den die Zeugin Marianne F***** über die Strafbarkeit des Inhalts der Hefte dieser Probesendung gewonnen hat, vermag die Argumentation des Erstgerichts nicht zu entkräften, es bestand daher kein Anlass, sich mit dem Inhalt der Zeugenaussage der Genannten, wie auch mit dem Umstand, dass die ersten Hefte nur als Probesendung gedacht waren, näher auseinanderzusetzen.
Zu dem gleichen Nichtigkeitsgrund führt die Beschwerde schließlich aus, die Tatsache, dass der Angeklagte die ihm in der Hauptverhandlung vorgezeigten Abbildungen als Pornographien erkannt habe, sei zu Unrecht als Indiz dafür gewertet worden, dass er bei Besichtigung der ersten Hefte deren unzüchtigen Inhalt erkannt habe. Im Gegenteil sei daraus zu schließen, dass diese Hefte überhaupt keinen unzüchtigen Inhalt hatten oder der Angeklagte doch wenigstens die darin enthaltenen Abbildungen nicht gesehen habe, denn er hätte andernfalls doch nicht riskiert, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen.
Dieses Argument steht jedoch der Feststellung des Erstgerichts, dass diese ersten Hefte ebenso wie alle anderen dieser Serien einen unzüchtigen Inhalt hatten und der Angeklagte zufolge der teilweisen Einsichtnahme in diese Hefte sich dessen auch bewusst war, nicht im Wege, weil es durchaus nichts Außergewöhnliches darstellt, dass jemand aus gewinnsüchtigen Motiven riskiert, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.
Zu dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Z 9a StPO wiederholt die Beschwerde teilweise ihr Vorbringen zu dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 der genannten Gesetzesstelle. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Im Folgenden führt die Beschwerde aus, dass der Tatbestand des Verbrechens nach dem § 1 Abs 1 lit b des Gesetzes vom 31. März 1950, BGBl Nr 97, deswegen nicht erfüllt sei, weil das Erstgericht davon spreche, dass der Angeklagte den unzüchtigen Inhalt der in Frage stehenden Hefte erkannt haben müsse, dies aber nur eine Fahrlässigkeit bedeute, die zur Annahme des Tatbestands nicht genüge. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Erstgericht, wie sich aus dem Inhalt des Urteils durch die Wendung „... und war sich daher bewusst, dass die Hefte unter den ... Begriff Pornographie fallen“ (S 85) eindeutig ergibt, ohnedies die Schuldform des Vorsatzes) angenommen hat.
Eine Nichtigkeit erblickt die Beschwerde schließlich auch darin, dass dem Angeklagten neben der Beförderung und Ausfuhr auch die Einfuhr der in Frage stehenden Hefte unzüchtigen Inhalts angelastet wurde. Auch in diesem Punkt ist die Beschwerde nicht im Recht. Dem Erstgericht ist kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn es den Angeklagten auch der Einfuhr dieser Hefte schuldig erkannt hat. Denn nach den Urteilsfeststellungen, die in diesem Punkt vom Angeklagten gar nicht bekämpft wurden, war der Angeklagte damit einverstanden, dass sich S***** die fraglichen Hefte an die Rankweiler Anschrift des Angeklagten senden ließ. Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, dass damit der Angeklagte die Einfuhr nach Österreich erst ermöglicht hat und damit an deren Einfuhr zumindest beteiligt war. Bei einem solchen Verhalten des Angeklagten muss daher bereits von einer „Einfuhr“ im Sinne des § 1 (1) lit b des Gesetzes vom 31. 3. 1950, BGBl Nr 97, gesprochen werden. Dabei ist es ohne rechtliche Bedeutung, ob nun diese Hefte auch tatsächlich in den Besitz des Angeklagten gekommen oder ob sie bereits bei der Zollkontrolle beschlagnahmt wurden.
Die in allen Punkten unbegründete Beschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 1 Abs 2 des Gesetzes vom 31. März 1950, BGBl Nr 97, unter Anwendung des § 54 StG und des § 265c StPO zur Strafe des strengen Arrestes in der Dauer von drei Monaten und zu einer Geldstrafe im Betrag von 2.000 S, für den Fall deren Nichteinbringlichkeit zu 14 Tagen Arrest. Nach dem Gesetz über die bedingte Verurteilung wurde die Vollziehung der Freiheitsstrafe für eine Probezeit von 3 Jahren vorläufig aufgeschoben. Bei der Strafbemessung hat das Erstgericht die Wiederholung der strafbaren Handlung als erschwerend gewertet, hingegen den guten Leumund, die Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis als mildernd berücksichtigt.
Die Staatsanwaltschaft bekämpft mit ihrer Berufung die Anwendung des § 265c StPO und strebt die Ausscheidung des Ausspruchs über die bedingte Verurteilung an. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die zusätzlich verhängte Geldstrafe.
Die Berufung der Staatsanwaltschaft ist begründet, die des Angeklagten ist nicht begründet.
Das Erstgericht hat zwar die Milderungs- und Erschwerungsumstände zutreffend festgestellt, hat aber zu Unrecht die Voraussetzungen zur Umwandlung der angedrohten Kerkerstrafe in eine strenge Arreststrafe und für einen bedingten Strafausspruch für gegeben erachtet. Wohl ist beim bisherigen untadeligen Wandel des Angeklagten davon auszugehen, dass die Straftat mit seinem bisherigen Verhalten in offenbarem Widerspruch steht, der Oberste Gerichtshof folgt aber den Ausführungen der Berufung der Staatsanwaltschaft darin, dass es an einer weiteren nötigen Voraussetzung zur Anwendung des § 265c StPO mangelt; insbesondere ist die Tat nicht auf eine besonders verlockende Gelegenheit, sondern allein auf das zielbewusste, die entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen zweier Staaten missachtende Streben des Angeklagten nach Gewinn zurückzuführen. - Allein die Beschaffenheit dieser von der Gewinnsucht des gutverdienenden Angeklagten gelenkten Tat, die die Verbreitung unzüchtiger Druckwerke in sehr erheblichem Ausmaß zum Gegenstand hatte, verbietet nach dem Gedanken der Generalprävention die Anwendung des Gesetzes über die bedingte Verurteilung. Wohlbegründet hat das Erstgericht eine zusätzliche, dem vom Angeklagten aus seiner strafbaren Handlung erwarteten Verdienst entsprechenden Geldstrafe verhängt. Über die Berufungen war sohin wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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