Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Sabaditsch, Dr. Köhler, Dr. Pichler und Dr. Höltzel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann E***** und Anna E*****, Hausbesitzer in *****, beide vertreten durch Dr. Walter Krames, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Ing. Karl K*****, Stadtbaumeister in *****, vertreten durch Dr. Anton Stadler, Rechtsanwalt in Graz, wegen Gestattung der Mitbenützung einer Kanalanlage (Streitwert 20.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 13. April 1960, GZ 2 R 56/60-10, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Februar 1960, GZ 11 Cg 365/59-6, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Rekurswerber hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Nach dem Klagevorbringen sind die Kläger Eigentümer der Liegenschaft EZ 203 KG B*****, und zwar der Erstkläger mit ¾, die Zweitklägerin mit ¼. Sie begehren, den Beklagten zu verurteilen, er sei schuldig einzuwilligen, dass bei seiner Liegenschaft EZ 1177 KG B***** als dienendem Grundstück die Dienstbarkeit der Mitbenützung der über das Grundstück Nr 207/1 laufenden Hauskanalanlage zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft EZ 203 KG B***** als herrschendem Gute einverleibt werde. Sie stützen ihr Begehren auf das als Beilage ./D im Akte liegende Übereinkommen vom 25. 4. 1951, wonach sämtliche Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1177, und zwar Aloisia K***** mit 6/8-Anteilen, Alois K***** und der Beklagte mit je 1/8-Anteil durch den Beklagten als ihren gemeinsamen Verwalter den Klägern die Einschlauchung aller Abwässer und später auch aller Fäkalien in die auf ihrer Liegenschaft liegende Kanalisationsanlage gestattet hätten. Sie bringen weiter vor, der Beklagte habe zufolge Erbganges nach seiner im November 1956 verstorbenen Mutter Aloisia K***** in Verbindung mit einem mit seinem Bruder Alois K***** geschlossenen Erbübereinkommen und einem mit ihm abgeschlossenen Tauschvertrag die weiteren Anteile der Liegenschaft EZ 1177 erworben und sei nunmehr Alleineigentümer dieser Liegenschaft. In der Streitverhandlung haben die Kläger das Eventualbegehren gestellt, den Beklagten zu verurteilen, er sei schuldig, für sich und seine Rechtsnachfolger die unwiderrufliche Bewilligung zu erteilen, dass die Kläger und deren Rechtsnachfolger die Abwässer und Fäkalien über die Hauskanalanlage der Familie K***** ableiten dürfen. Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen. Es begründet seine Entscheidung mit dem Satze, dass Grunddienstbarkeiten weder einen Bruchteil eines Grundstückes belasten noch für einen solchen Bruchteil erworben werden können, und meint, der Beklagte habe aus diesem Grunde eine Dienstbarkeit an den ihm und den Miteigentümern gehörigen Liegenschaften nicht begründen können. Das Eventualbegehren sei aber durch die Prozessbehauptungen nicht gedeckt und daher nicht schlüssig.
Infolge Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und neuerliche Entscheidung aufgetragen. Auf die Bestimmung des § 12 GBG könne das Begehren nicht gegründet werden, weil der Beklagte zufolge des Erbganges wohl weitere 6/8-Anteile der Liegenschaft erworben habe, mangels Verbücherung aber noch nicht Eigentümer des letzten Achtels, das ihm auf Grund des Tauschvertrages zustehe, geworden sei. Doch könne dem Kläger nicht verwehrt sein, auf Grund der Vereinbarung vom 25. 4. 1951 die Verurteilung des Beklagten zur Abgabe der Aufsandungserklärung zu begehren. Auch die Abweisung des Eventualbegehrens sei nicht gerechtfertigt, weil es durch die Klagebehauptungen gedeckt und daher im Wesentlichen schlüssig begründet sei.
Gegen den mit Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten.
Der Rekurswerber macht zunächst geltend, die gegenständliche Vereinbarung sei rechtsunwirksam, weil sie nur vom Erstkläger unterfertigt sei und diesem nur ¾ der Liegenschaft, zu deren Gunsten die Dienstbarkeit begründet werden sollte, gehören. Dieser Einwand wurde im bisherigen Verfahren nicht erhoben. Als unzulässige Neuerung kann auf ihn nicht mehr eingegangen werden.
Der Rekurswerber ist weiter der Ansicht, der Beklagte hätte nicht im Namen der übrigen Miteigentümer die Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit belasten dürfen. Dieser Einwand geht fehl. Richtig ist, dass eine Belastung eines Achtelanteiles nicht möglich wäre, weil die Belastung ideeller Anteile mit einer Grunddienstbarkeit begrifflich ausgeschlossen ist. Richtig ist auch die Rechtsmeinung, dass die Erwerbung einer Dienstbarkeit durch Einverleibung im Grundbuche nur unter Mitwirkung aller Miteigentümer möglich wäre. Der Rekurswerber übersieht aber, dass die Kläger ihr Begehren nicht auf die Bestimmung des § 12 GBG gründen, wofür die Voraussetzungen nicht vorlägen, sondern aus dem Titel auf Einwilligung zur Einverleibung der Dienstbarkeit klagen. Sie gründen ihr Begehren dabei nicht allein auf die angeführte Urkunde, sondern insbesondere auch auf die Tatsache, dass der Beklagte die Liegenschaften zufolge Erbganges und auf Grund des Tauschvertrages zur Gänze erworben habe. Beizustimmen ist dem Rekurswerber, dass die aus der Vereinbarung abzuleitende Verpflichtung, wenn der Beklagte sie nur als Eigentümer eines Achtelanteiles für sich getroffen hätte, nicht ohne weiteres auf die übrigen Liegenschaftsanteile auszudehnen wäre. Doch ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob der Beklagte nicht in seiner Eigenschaft als Einzelrechtsnachfolger zu dieser von den Klägern behaupteten Verpflichtung stehen muss. Es ist nämlich nicht von vornherein auszuschließen, dass er stillschweigend von den anderen Miteigentümern zum Abschluss der Vereinbarung ermächtigt war, dass diese die Vereinbarung nachträglich genehmigt haben, oder dass den Klägern der Schutz auf den äußeren Tatbestand (§ 1017 ABGB) zugute kommt. In allen diesen Fällen wäre der Rekurswerber verpflichtet, als Rechtsnachfolger die Belastung der Liegenschaft zu übernehmen und sie anzuerkennen. Die mangelnde Einverleibung seines Eigentumsrechtes auf der dienenden Liegenschaft ist jedenfalls kein Hindernis, der Klage stattzugeben. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass durch die Bestimmungen des § 350 EO dem Berechtigten die Möglichkeit gegeben sei, ein dingliches Recht einzuverleiben, auch wenn der Verpflichtete als Eigentümer der Liegenschaft noch nicht eingetragen ist.
Eine andere Frage ist, ob die Vertragspartner die Begründung einer Dienstbarkeit bezweckt haben. Wäre dies der Fall, dann müsste die Verknüpfung des den Klägern eingeräumten Rechtes mit dem herrschenden und dienenden Grundstück klar zum Ausdruck gebracht worden sein; aus der vorliegenden Urkunde ist diese Verknüpfung der angeblichen Dienstbarkeit mit dem herrschenden Gute keineswegs zum Ausdruck gebracht, doch könnte sich aus den Umständen, unter denen es zum Abschluss der Vereinbarung gekommen ist, auch eine solche Absicht der Parteien ergeben. Darauf wird im erneuerten Verfahren Bedacht zu nehmen sein.
Das Eventualbegehren bekämpfen die Rekurswerber mit dem Einwand, dass den Klägern hiezu das Rechtsschutzbedürfnis mangle, zumal sie selbst nicht behaupten, dass die Duldung der Mitbenützung der Kanalanlage widderrufen worden sei oder dass sie an der Mitbenützung gehindert worden seien. Das rechtliche Interesse ist aber zu bejahen, weil der Beklagte vor Einleitung des Prozesses jede Verpflichtung zur Einräumung einer Dienstbarkeit in Abrede gestellt und auch im vorliegenden Prozess das Begehren der Kläger bestritten hat. Da das Eventualbegehren aus dem gleichen Tatbestand wie das Hauptbegehren abgeleitet wird, kann in der nachträglichen Stellung des Eventualbegehrens keinesfalls eine unzulässige Klagsänderung erblickt werden.
Dem Rekurs war demnach ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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