SZ 29/1
Die Haftung nach § 1329 ABGB. besteht nur bei Vorsatz.
Entscheidung vom 4. Jänner 1956, 1 Ob 604/55.
I. Instanz: Kreisgericht Krems; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Der Kläger war wegen Verdachtes des versuchten Mordes am Beklagten und des vollbrachten Mordes an dessen Tochter vom 13. August 1947 bis 30. September 1947 in Haft gewesen. Am 2. Jänner 1948 wurde der Kläger auf Grund der Behauptungen des Beklagten, daß er - entgegen seinen bisherigen Aussagen - den Kläger als Täter erkannt habe, abermals verhaftet und am 20. Februar 1948 aus der Untersuchungshaft wieder entlassen. Das Verfahren wurde eingestellt. Ihm sowie dem vom 15. August 1947 bis 21. Oktober 1947 wegen der gleichen Tat verhafteten Johann T. wurde keine Haftentschädigung zuerkannt. Der Beklagte wurde in der Folge wegen des Verbrechens der falschen Zeugenaussage angeklagt, aber rechtskräftig freigesprochen.
Der Kläger begehrt vom Beklagten den Ersatz des ihm durch die ungerechtfertigte Haft entstandenen Schadens in der Höhe von 40.005 S, weil die Verdächtigung durch den Beklagten wider besseres Wissen erfolgt sei.
Beide Untergerichte haben das Klagebegehren mit der Begründung abgewiesen, daß dem Beklagten eine bewußt wahrheitswidrige Beschuldigung des Klägers nicht nachgewiesen werden konnte, weshalb die Voraussetzungen für den Grund des Schadenersatzanspruches nicht gegeben waren.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Aus den Entscheidungsgründen:
In der Revisionsschrift führt der Kläger zunächst aus, daß es ihm leider verwehrt sei, die Beweiswürdigung der Untergerichte zu bekämpfen. Er meint aber, daß selbst dann, wenn man von den Tatsachenfeststellungen der Untergerichte ausgehe, der Revision Erfolg beschieden sein müsse. Denn das Berufungsgericht habe gleich dem Erstgerichte der getroffenen Feststellung keine rechtliche Bedeutung zugebilligt, daß der Beklagte in seiner Anzeige und bei seinen Vernehmungen als Zeuge bewußt auch Unwahrheiten aussagte, um seine anderen Angaben damit zu untermauern. Gerade aber die Unwahrheiten hätten zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens geführt und auch die (zweite) Haft des Klägers verlängert. Schon auf Grund dieser Unwahrheiten sei aber der Beklagte dem Gründe nach schadenersatzpflichtig geworden.
Diesen Ausführungen des Revisionswerbers ist entgegenzuhalten, daß die Untergerichte wohl Teile der zahlreichen Aussagen des Beklagten als Zeuge und Partei als unrichtig bezeichnet haben, daß sie jedoch feststellten, daß es sich nur um objektiv unrichtige oder um einzelne, für die Haftung nicht ins Gewicht fallende, subjektiv unrichtige Angaben gehandelt habe. Der Kläger hat aber nur dann Anspruch auf Ersatz des Schadens, wenn ihm der Nachweis der vorsätzlichen Verursachung widerrechtlichen Arrestes gelungen ist. Diesen Nachweis haben die Untergerichte als mißlungen bezeichnet. Lehre und Rechtsprechung stehen auf dem Standpunkt, daß die Haftung nach § 1329 ABGB. "nur bei Vorsatz, also nicht ohne Verschulden, aber auch nicht bei bloßer Fahrlässigkeit, mag sie auch grob sein, besteht" (Klang 2. Aufl. VI 159 zu § 1329 ABGB.).
Soweit aber die Ausführungen der Revisionsschrift dahin abzielen, daß dem Beklagten in diesem oder jenem Punkte objektiver Unrichtigkeit auch subjektiv eine falsche Aussage nachzuweisen wäre, begibt sich der Revisionswerber auf das ihm vor dem Obersten Gerichtshof verschlossene Gebiet der Beweiswürdigung.
Da somit dem Kläger, wie die Untergerichte mit ausführlicher Begründung festgestellt haben, der Beweis nicht gelungen ist, daß der Beklagte durch vorsätzlich wahrheitswidrige Aussagen die Haft bewirkt habe, erweist sich die Revision als unbegrundet.
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