SZ 27/127
Das Schreiben einer Bank, in welchem sie dem Kläger gegenüber auf Grund des ihm eingeräumten Haftungskredites unwiderruflich erklärt, sie werde bis zum Höchstbetrag des Kredites Zahlung für Aufwendungen an die beklagte Partei leisten, die diese auf den Streitgegenstand gemacht hat und bezüglich deren sich die Ersatzpflicht auf Grund eines gerichtlichen Urteiles oder eines abgeschlossenen Vertrages ergibt, ist nicht geeignet, als Sicherstellung im Sinne des § 471 ABGB. zu dienen. Sie ist weder als Anweisung noch als Schuldübernahme oder Bürgschaft anzusehen.
Entscheidung vom 8. Mai 1954, 2 Ob 297/54.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Ausfolgung des im Urteilsspruch der ersten Instanz näher bezeichneten Traktors an den Kläger; es vertrat die Ansicht, daß das von der beklagten Partei geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht (§ 471 ABGB.) durch die in der Erklärung der M. Bank Reg. Gen. m. b. H. vom 15. Oktober 1953 (Beilage D) gelegene Sicherstellung erloschen sei.
Den von der beklagten Partei und von der nur im Berufungsverfahren eingetretenen Nebenintervenientin Republik Österreich erhobenen Berufungen gab das Berufungsgericht nicht Folge; auch das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß das Zurückbehaltungsrecht der beklagten Partei unwirksam geworden sei, vornehmlich aus dem Gründe, weil die M. Bank Reg. Gen. m. b. H. die vom Kläger übermittelte Zahlungsanweisung im Sinne des § 1400 ABGB. akzeptiert habe und der beklagten Partei spätestens in der mündlichen Streitverhandlung am 19. November 1953 diese Anweisung auch zur Kenntnis gekommen sei; der ihr aus dem erwähnten Schreiben erwachsene unmittelbare Anspruch gegen die Bank sei einem Akkreditiv sehr ähnlich und stelle als solche eine genügende Sicherheitsleistung im Sinne des § 471 ABGB. dar; aber selbst in dem Falle als man in dem Schreiben nichts anderes als eine Bürgschaft sehen wollte, wäre damit für die Berufung nichts gewonnen: wohl schließe die Bestimmung des § 471 ABGB. eine Sicherheitsleistung durch Bürgen aus, doch sei diese Bestimmung dispositiver Natur, zumal auf die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes überhaupt verzichtet werden könnte; da die beklagte Partei nach Vorlage des Schreibens in der erwähnten mündlichen Streitverhandlung keine Erklärung abgegeben habe, könne ihr Schweigen nur als Zustimmung zu der beigebrachten Sicherstellung angesehen werden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und verwies die Rechtssache unter Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles an das Berufungsgericht zurück.
Aus der Begründung:
Das Revisionsgericht kann der rechtlichen Beurteilung der beiden Unterinstanzen nicht darin beitreten, daß durch das als Haftbrief bezeichnete Schreiben der M. Bank vom 13. Oktober 1953 das Zurückbehaltungsrecht der beklagten Partei an dem gegenständlichen Traktor abgewendet worden ist. In diesem Schreiben erklärt die Bank dem Kläger gegenüber auf Grund des ihm eingeräumten Haftungskredites unwiderruflich, daß sie bis zum Höchstbetrag von 21.600 S Zahlung an die beklagte Partei leisten werde für Aufwendungen, die diese oder ihre Besitzvorgänger auf den Traktor gemacht haben und bezüglich deren sich die Ersatzpflicht auf Grund eines gerichtlichen Urteils oder eines abgeschlossenen Vergleiches ergebe. Die Untergerichte waren berechtigt und verpflichtet zu prüfen, ob diese Erklärung geeignet sei, als Sicherstellung im Sinne des § 471 ABGB. zu dienen. Eine Anweisung im Sinne der §§ 1400 ff. ABGB., wie sie das Berufungsgericht offenbar in erster Linie im Auge hat, ist die Erklärung der Bank zweifellos nicht und zwar schon deshalb, weil sie nicht in der Form durchgeführt wurde, wie sie das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die Anweisung vorschreibt. Im Sinne dieser Bestimmungen läge eine Anweisung vor, wenn der Anweisende den Angewiesenen ermächtigt, etwas auf seine Rechnung zu leisten und zugleich den Empfänger ermächtigt, die Leistung für seine Rechnung einzuheben. Dies ist nicht geschehen, weil eine Ermächtigung des Empfängers im gegenwärtigen Fall mangelt; dadurch allein, daß die Erklärung in der mündlichen Streitverhandlung vorgelegt wurde, ist eine solche Ermächtigung nicht erteilt worden. Die Erklärung der Bank ist lediglich dem Kläger gegenüber abgegeben und dem Gericht vorgelegt worden. Darin, daß sich die beklagte Partei zu der Vorlage nicht geäußert hat, kann ein stillschweigendes Einverständnis mit dieser Art der Sicherstellung nicht erblickt werden. Sie kann auch nicht als Schuldübernahme angesehen werden, weil diese einen Vertrag zwischen dem Übernehmer und dem Gläubiger oder einen Vertrag zwischen dem Urschuldner und dem Übernehmer in Verbindung mit der Einwilligung des Gläubigers voraussetzt. Die Bürgschaft wird durch ein zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen getroffenes Übereinkommen begrundet. In einer Vereinbarung gleichen Inhaltes zwischen dem Hauptschuldner und demjenigen, der als Bürge eintreten will, kann eine Erfüllungsübernahme gelegen sein. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 2. März 1926, SZ. VIII/24, soll allerdings die Verpflichtungserklärung des Bürgen gegenüber dem Hauptschuldner mit der Bestimmung der Weitergabe an den Gläubiger genügen. Das Revisionsgericht ist jedoch der Auffassung, daß die vorgelegte Erklärung der Bank, wie immer sie auch rechtlich beurteilt wird, nicht hinreicht, um das Zurückbehaltungsrecht der beklagten Partei an dem Traktor abzuwenden.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden