SZ 26/125
Aus der Verleihung einer Patentlizenz folgt noch nicht ohne weiteres eine Ausübungspflicht.
Entscheidung vom 13. Mai 1953, 3 Ob 207, 208/53.
I. Instanz: Landes- als Handelsgericht Linz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Linz.
Am 1. Dezember 1948 hat die Klägerin mit der Beklagten einen Lizenzvertrag abgeschlossen, durch den die Beklagte die Nachbaurechte für die Neuentwicklung "Blockfräse" der Klägerin für das Gebiet Österreich, Italien und die unter russischem Einfluß stehenden Oststaaten erhalten hat.
Die Beklagte verpflichtete sich an Lizenzgebühren zu entrichten: In den ersten fünf Jahren eine Stücklizenz von 15% von dem jeweils erzielten Brutto-Verkaufspreis; in den weiteren zehn Jahren eine Stücklizenz von 10% von dem jeweils erzielten Brutto-Verkaufspreis; nach diesem Zeitpunkt sollte der Vertrieb der Maschinen frei sein. Zur Sicherung der Minimalforderung wird ein Drittel der in den ersten fünf Jahren voraussichtlich anfallenden Lizenzgebühr im vorhinein als Pauschalbetrag des Vertragsabschlusses fällig. 5% des voraussichtlichen Umsatzes von 50 Maschinen in den ersten fünf Jahren, in der angenommenen Höhe von 10 Millionen Schilling, also 500.000 S sollten sofort gezahlt werden; daß dieser Betrag im Verrechnungswege bezahlt wurde, ist unbestritten. Sollte der Umsatz in den ersten fünf Jahren hinter dem geschätzten Gesamtumsatz von 10 Millionen Schilling zurückbleiben, so sei nach diesem Vertragspunkt (Punkt 3) die verbleibende Lizenzgebühr von 10% von 10 Millionen Schilling zu zahlen, während für den Umsatz über 10 Millionen Schilling die volle Lizenzgebühr von 15% zu begleichen ist.
Nach Punkt 4 sollten die Lizenzgebühren bis Lieferung, spätestens 30 Tage nach Lieferung der Maschinen, fällig werden. In Punkt 10 wird endlich bestimmt: "Sollte die Beklagte durch zu großen Auftragsbestand an Blockfräsen oder durch Hereinnahme anderer Aufträge in einem solchen Maße ausgelastet sein, daß sie nicht in der Lage ist, Bestellungen an Blockfräsen innerhalb von Lieferzeiten bis zu zwei Jahren auszuführen, dann erhält die Klägerin das Recht, andere Lieferanten in Form von Lizenznehmern einzuschalten."
Die Klägerin behauptet nun in der Klage, die beklagte Partei sei ohne stichhältigen Grund vom Vertrag zurückgetreten; diese Erklärung habe dieklagende Partei nicht zur Kenntnis genommen und der beklagten Partei eine Nachfrist zur Vertragserfüllung bis 30. Juni 1949 erteilt, nach deren fruchtlosem Ablauf die beklagte Partei mitteilte, sie verbleibe beim Rücktritt, worauf mit Schreiben vom 2. September 1949 die klagende Partei diesen Rücktritt bedingt zur Kenntnis genommen und sich die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen vorbehalten habe. Die Klägerin sei infolge des Verhaltens der beklagten Partei, das zu Mißtrauen gegen die Blockfräse bei den Interessenten Anlaß gab, gezwungen gewesen, die Werkzeugmaschinenfabrik H. A. W. mit der neuerlichen Überprüfung der Blockfräse zu betrauen, die nach einer Prüfungsdauer von neun Monaten festgestellt habe, daß die Blockfräse vollkommen in Ordnung gehe. Die klagende Partei sei daher erst im Oktober 1950 in die Lage versetzt worden, einen neuen Lizenznehmer zu finden, sodaß vom Tage des Vertragsabschlusses mit der beklagten Partei an ein Zeitraum von 50 Monaten verstrichen sei, während welchem die Blockfräse nicht erzeugt wurde, obwohl innerhalb dieses Zeitraumes mindestens 25 Maschinen hätten erzeugt und verkauft werden können. Da der Erzeugungs- und Verkaufspreis pro Stück 500.000 S betrage, hätte die Lizenzgebühr während dieser Zeit für 25 Maschinen 1.875.000 S ergeben. Nach Abzug des Vorschusses von 500.000 S ergebe sich der Klagsbetrag von 1.375.000 S, den die Klägerin von der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes (entgangener Gewinn) begehre. Im Schriftsatz ONr. 6 erweiterte die klagende Partei das Klagebegehren auf Bezahlung eines Betrages von 4.187.500 S. Sie führte hiezu aus, der Verkaufspreis für die Maschine habe sich auf 750.000 S erhöht, sie habe durch den Rücktritt der beklagten Partei einen Zeitverlust von 22 Monaten erlitten, dieser Zeitverlust liege darin, daß die klagende Partei die letzten 22 Monate der Patentlaufzeit verliere, da ihr nur mehr eine um diese 22 Monate verkürzte Patentlaufzeit offenstehe. In denletzten 22 Monaten der Patentlaufzeit hätten 25 Maschinen um einen Betrag von 18.750.000 S erzeugt werden können, wodurch der Klägerin an Lizenzgebühren 2.812.500 S entgangen seien. Überdies habe die neue Lizenznehmerin, die Firma H. A. W., sich nur zu einer Lizenzgebühr von 5% des Kaufpreises verstanden, sodaß die Klägerin auch 10% des Verkaufspreises an Lizenzgebühren während der Vertragszeit verliere. Da die Firma H. A. W. mindestens 50 Maschinen während der nächsten zehn Jahre erzeugen werde, betrage der entgangene Gewinn an Lizenzgebühren für die nächsten zehn Jahre 1.875.000 S, sodaß der Schaden 4.687.500 S betrage. Hievon komme der Vorschuß von 500.000 S in Abzug, sodaß sich der restliche Verdienstentgang auf 4.187.500 S belaufe. Bei der Streitverhandlung vom 18. Juni 1952 brachte die klagende Partei vor, derSchade, dessen Ersatz sie begehre, sei durch Verlust an der Patentlaufzeit entstanden, in den letzten 22 Monaten der Patentlaufzeit könne mit einem Umsatz von mindestens 25 Maschinen gerechnet werden.
Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab. Es war der Ansicht, daß mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung im Vertrag eine Verpflichtung der beklagten Partei zur Ausübung des Patents nicht bestunde. Überdies sei der Lizenzvertrag von beiden Streitteilen aufgelöst worden, die klagende Partei habe durch konkludente Handlungen in unmißverständlicher Weise dargetan, daß sie sich an den Lizenzvertrag nicht mehr gebunden fühle, indem sie im Oktober 1950 mit der Fa. H. A. W. einen neuen Lizenzvertrag, zum Teil für dasselbe Absatzgebiet, das sie der beklagten Partei eingeräumt habe,abschloß. Schließlich sei auch die Fälligkeit des eingeklagten Anspruches noch nicht eingetreten. Die beklagte Partei begehre den Gewinnentgang für die Zeit vom 1. Dezember 1953 bis 30. November 1963, dieser Gewinnentgang sei aber bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nicht fällig geworden. Auch habe die klagende Partei selbst angegeben, daß in den ersten Jahren nur fünf Maschinen pro Jahr hätten erzeugt werden können. Der in diesem Zeitraum fällige Provisionsanspruch betrage daher nur 375.000 S. Da die klagende Partei aber bereits einen Vorschuß von 500.000 S erhalten habe, stehe ihr für die in Frage kommende Zeit von 1950 bis zum ersten Halbjahr 1952 kein weiterer Anspruch zu.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in seinem Ausspruch über die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich eines Betrages von 1.875.000 S, hob das Urteil im übrigen auf und ordnete an, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft seiner Entscheidung fortzusetzen sei. Nach Meinung des Berufungsgerichtes spreche der Inhalt des Lizenzvertrages für eine Ausübungspflicht der beklagten Partei, weil es sich um eine ausschließliche Lizenz handle und die Lizenzgebühr nach erzeugten und verkauften Stücken zu berechnen sei; bei ausschließlichen Stücklizenzen sei aber die Annahme der Ausübungspflicht des Lizenznehmers wahrscheinlich. Der klagenden Partei stehe für den Fall einer Annahme der Ausübungspflicht, falls der Vertrag aus Verschulden der beklagten Partei aufgelöst worden sein sollte, ein Schadenersatzanspruch zu. Es treffe auch die Ansicht des Prozeßgerichtes nicht zu, daß die klagende Partei den Ersatz des entgangenen Gewinnes für die letzten 22 Monate der Patentlaufzeit begehre. Einen Provisionsanspruch habe die klagende Partei überhaupt nicht geltend gemacht, sondern einen Schadenersatzanspruch wegen Entganges der Lizenzgebühren. Die klagende Partei habe sich nicht ganz eindeutig ausgedrückt, aus ihrem Vorbringen ergebe sich aber, daß sie auf dem Standpunkt verbleibe, die beklagte Partei habe ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Nichtausübung des Patentes und dadurch durch den Entgang der Lizenzgebühr für die Zeit vom 1. Dezember 1948 bis1. Oktober 1950 entstanden sei; eine Unrichtigkeit der Berechnung des Schadens könne aber die Abweisung mangels Fälligkeit nicht begrunden. Die vom Erstgericht angestellte Berechnung der zur Gänze entgangenen Lizenzgebühr sei nicht richtig, weil die klagende Partei im Zuge des Prozesses behauptet habe, daß sich die Kosten der Erzeugung einer Blockfräse auf 750.000 S erhöht haben. Es sei daher die Frage, ob die beklagte Partei eine Ausübungspflicht übernommen habe, durch die Aufnahme der angebotenen Beweise zu erörtern und im Falle der Bejahung der Ausübungspflicht auch das Verschulden der beklagten Partei an dem Rücktritt vom Vertrag. Sollte auch dies zutreffen, dann sei auf die Höhe der Schadenersatzforderung einzugehen. Hinsichtlich des Betrages von 1.875.000 S habe aber das Prozeßgericht das Klagebegehren mit Recht abgewiesen, weil die Verminderung der mit der beklagten Partei vereinbarten Lizenzgebühr erst nach Schluß der Verhandlung erster Instanz eingetreten und in diesem Zeitpunkt eine Schadenersatzforderung daher noch nicht fällig gewesen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei keine, hingegen dem Rekurs der beklagten Partei Folge und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei im Umfange der Aufhebung auf.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung, GlUNF. 7000 ausgeführt, daß ein Lizenzrecht an einem Patent nicht begrifflich notwendigerweise auch die Verpflichtung zur Patentausübung enthalte. Im Schrifttum ist die gleiche Auffassung von Munk, Die patentrechtliche Lizenz, S. 126, vertreten worden, der aber eine Ausübungspflicht dann annimmt, wenn eine Exklusivlizenz erteilt wurde, die auch den Patentinhaber von der Erzeugung ausschließt. In seinem Kommentar zum österreichischen Patentgesetz S. 314 nimmt er dagegen für den Regelfall eine Ausübungspflicht an, es sei denn, daß die Lizenz gegen Zahlung eines festen Pauschalbetrages eingeräumt worden ist. Friebel - Pulitzer,Kommentar zum österreichischen Patentgesetz I, S. 314, gehen zwar grundsätzlich von der oberstgerichtlichen Entscheidung von 1914 aus, wollen aber eine Ausübungspflicht insofern annehmen, als sie den Lizenznehmer zu einer Ausübung in dem Ausmaß für verpflichtet halten, daß eine Zurücknahme nach § 27 PatG. nicht stattfinden könne. Auch sind sie der Auffassung, daß der die Grundlage des Lizenzvertrages bildende Geldanspruch des Lizenzgebers durch Fabrikation in angemessenem Umfang erfüllt werden müsse. Eine Ausübungspflicht sei dann zu vermuten, wenn die Lizenzgebühr nach der Zahl der voraussichtlich zu erzeugenden Artikel zu bemessen sei, doch könne keineswegs der Lizenznehmer im Zweifel verhalten werden, die Erfindung in einem über das für ihn wirtschaftliche Maß hinausgehenden Umfang auszuüben.
Das tschechosl. Schrifttum zum Patentgesetz beschränkt sich auf die Zitierung der Entscheidung von 1914, z. B. Vitacek, Patentni zakon Anm. 8 zu § 20 PatG. Die Behauptung bei Friebel - Pulitzer S. 314, daß die Beschwerdeabteilung des tschechosl. Patentamtes im Beschluß vom 1. Juli 1926, Patentni vestnik 1928, 291 einen dem Obersten Gerichtshof entgegengesetzten Standpunkt eingenommen habe, ist unrichtig. Die Entscheidung besagt nur, daß der Zurücknahme des Patentes wegen Nichtausübung grundsätzlich der Umstand nicht entgegenstehe, daß der Patentinhaber eine Lizenz verliehen habe, die aber nicht ausgenützt worden ist.
Auf dem Standpunkt der österreichischen Entscheidung von 1914 steht auch die schweizerische Literatur. Troller, Der schweizerische gewerbliche Rechtsschutz, 151, lehrt, daß man im Patentrecht eine allgemeine Nutzungsverpflichtung aus dem Wesen des Vertrages nicht ableiten könne; für den einfachen Lizenzvertrag läßt er überhaupt keine Ausnahme zu, auch dann nicht, wenn sich die Gebühr nach dem Umsatz richtet. Nur bei der ausschließlichen Lizenz nimmt er ähnlich wie Munk in "Lizenzvertrag" eine Gebrauchspflicht an, wenn die Höhe der Lizenzgebühr vom Nutzungsergebnis abhängt oder wenn die Nichtbenützung den Bestand des Patentrechtes bedroht. Das ist auch die Auffassung des führenden schweizerischen Kommentars zum Patentgesetz von Weidlich und Blum.
Die ältere deutsche Rechtslehre nahm im wesentlichen einen der österreichischen Entscheidung von 1914 entsprechenden Standpunkt ein. Als Beispiel mag die Anführung der Ausführungen von Pietzcker Anm. 29 zu § 6 PatG. 1923 genügen, der bemerkt, daß bei einfachen Lizenzen vielfach die Bestimmung üblich sei, wonach der Lizenznehmer verpflichtet werde, nach Kräften seines Betriebes oder seiner Person die Lizenz auszunützen, also möglichst viel Erzeugnisse herzustellen oder zu verkaufen; derartige Klauseln seien besonders dann häufig, wenn die Lizenzgebühr nach Stückzahl zu entrichten ist oder in einer Quote des Umsatzes oder des Reingewinnes besteht. Eine solche Bestimmung habe auch neben einer Mindestlizenz noch einen guten Sinn, denn der Lizenzgeber wünsche, daß die Mindestlizenz überschritten werde. Bei der Stücklizenz oder der erwähnten partiarischen Art der Lizenzvergütung entstehe nun die Frage, ob sich die Verpflichtung zur möglichst großen Ausnützung von selbst verstehe. Die Antwort sei zweifelhaft. Man werde nicht ohneweiters sagen können, daß der Lizenznehmer die Wahrung der Interessen des Lizenzgebers stets seinen Interessen voranstellen müsse. Nicht weniger zurückhaltend sind die Ausführungen Pietzckers hinsichtlich der ausschließlichen Lizenz (Anm. 3 zu § 6 PatG.). Hier sei die Verpflichtung zur Ausführung der Erfindung in höherem Maße als bei der einfachen Lizenz anzunehmen, dies gelte selbst dann, wenn die Gebühr in festen Bezügen bestehe, denn der Patentinhaber könnte ein Interesse an der Ausführung seiner Erfindung haben. Verweigere der Lizenzinhaber die Ausführung, so müsse dem Lizenzgeber das Recht zugestanden werden, den Lizenzvertrag zu lösen.
Auf dem gleichen Standpunkt steht auch noch das deutsche Reichsgericht in der Entscheidung vom 15. Oktober 1930, MuW 31, S. 32: Aus der Festsetzung, daß für jedes hergestellte Stück eine bestimmte Lizenzgebühr zu zahlen sei, in Verbindung mit der Festlegung einer Mindestherstellungsmenge folge nicht selbstverständlich und zwingend, daß auch für die in Verletzung der Herstellungspflicht nicht hergestellten und nicht nur für die tatsächlich hergestellten Stücke die Lizenzgebühr zu zahlen sei. In manchen Fällen möge ein entsprechender Wille der Parteien angenommen werden können, aber auch ein abweichender Vertragssinn könne wohl begrundet sein. Es erscheine durchaus nicht den allgemeinen Erfahrungsregeln widersprechend, daß durch die Auferlegung einer solchen Verpflichtung in Verbindung mit einer bei Nichterfüllung dem Lizenznehmer drohenden Rechtsschmälerung lediglich ... das Interesse des Lizenznehmers an der tatsächlichen Ausbeutung der Erfindung wachgehalten werden solle. Entscheidend werde aber für die Beurteilung des Vertragssinnes in dieser Hinsicht immer die Lage des Einzelfalles und der sonstige Vertragsinhalt sein müssen.
Eine Wendung brachte im Deutschen Reich erst der im gleichen Jahr erschienene Aufsatz von Wertheimer GRUR. 1930, S. 580, der in allen Fällen, in denen mit dem steigenden Umfang der Benützung der Schutzrechte eine erhöhte Lizenzgebühr verbunden sei, auf den Willen der Parteien schließen will, daß der Lizenzvertrag dahin auszulegen sei, daß der Lizenznehmer zur Ausnützung der Schutzrechte in einem dem Umfang seines Betriebes und der ihm zur Verfügung stehenden Mittel, der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und den Aussichten der betreffenden Branche entsprechenden Maße verpflichtet sei.
Dieser Auffassung hat sich das KG. Berlin in der Entscheidung vom 8. Mai 1935, GRUR. 1935, S. 893, angeschlossen. Beim Fehlen entsprechender Vertragserklärungen sei eine Ausübungspflicht des Lizenznehmers nach dem Sinn und Zweck eines Lizenzvertrages grundsätzlich als stillschweigend vereinbart anzunehmen, wenn das Lizenzentgelt in einer Abgabe von jedem hergestellten Stück besteht,
u. zw. gleichgültig, ob es sich um eine Alleinlizenz oder um eine einfache Lizenz handle ... Eine Minderung oder ein Fortfall der Ausübungspflicht würde jedoch dann eintreten, wenn Treu und Glauben oder der Vertragszweck dies fordern. Dazu gehören alle Fälle des geschäftlichen Rückganges in Ansehung des betreffenden Gegenstandes, auch der Fortschritt der Technik, der der Verwendung einer veralteten Erfindung entgegenstehe. Denn ebenso wie der Lizenzgeber, falls er selber die Erfindung benützt, diese Ursachen geminderten oder fortfallenden Ertrages hinnehmen mußte, habe er die gleichen Ursachen seinem Lizenznehmer zugute zu halten, zumal der Zweck der Lizenz auf Gewinnerzielung hinauslaufe und keineswegs den Charakter etwa eines Leibrentenvertrages habe.
Seit der angeführten Entscheidung des Kammergerichtes kann die Auffassung, daß bei Vereinbarung einer Stückgebühr eine Ausübungspflicht im Zweifel anzunehmen sei, als herrschende deutsche Auffassung angesehen werden, wobei freilich die Einschränkungen des Kammergerichtes nicht immer beachtet werden (vgl. Reimer Patentgesetz I S. 438; Ludecke GRUR. 1952, S. 211 f., und dort Zitierte).
Der Oberste Gerichtshof kann sich der neueren deutschen Auffassung nichtanschließen, er hält vielmehr grundsätzlich an dem in der Entscheidung von 1914 ausgesprochenen Grundsatz, daß aus der Verleihung einer Lizenz noch nicht ohneweiters eine Ausübungspflicht folge, fest und ist nach wie vor der Auffassung, daß es im Einzelfalle immer auf eine genaue Analyse des Vertrages ankommt.
Da im vorliegenden Falle die Parteien ausdrücklich in der ersten Instanz außer Streit gestellt haben, daß nichts weiter vereinbart wurde, als das, was im Vertrag niedergelegt worden ist, so kommen weitere Erhebungen über die Intentionen, von denen sich die Parteien leiten ließen, nicht in Frage. Es ist demnach nur von dem vorliegenden Wortlaut des Vertrages auszugehen. Dabei hat der Oberste Gerichtshof erwogen, daß bei der Lösung der Frage, ob der Vertrag eine Lücke über einen so wichtigen Punkt, wie den der Ausübungspflicht enthält, auch berücksichtigt werden muß, wer den Vertrag abgeschlossen hat. Es macht einen großen Unterschied, ob ein kleiner Erfinder einem kleinen Gewerbetreibenden eine Lizenz an einer Erfindung überläßt und diese ohneHeranziehung von Fachleuten auf dem Gebiete des Patentwesens einen Vertrag abschließen oder ob zwei geschäftsgewandte Firmen, darunter das größte Montanunternehmen Österreichs, einen alle Einzelheiten regelnden Lizenzvertrag abschließen. In einem Fall, wie dem letzteren müssen gewichtige Umstände vorliegen, um einen Schluß auf die Lückenhaftigkeit des Vertrages zu rechtfertigen.
Solche Umstände liegen nicht vor, weil der Vertrag dem in Kontinentaleuropa üblichen Vertragsformular entspricht. So hat G. de Keravenant in einem am 9. Dezember 1951 in der belgischen Vereinigung für Erfinderrecht gehaltenen Vortrag ausgeführt, daß es üblich sei, ein zu fabrizierendes (zu verkaufendes) Minimum im Vertrag zu fixieren, um den Lizenznehmer, insbesondere den Exklusivlizenznehmer zu einer erhöhten Fabrikations- oder Verkaufstätigkeit anzuspornen. Ist dieses Minimum nicht erreicht, so behält sich der Patentinhaber die Vertragsauflösung vor. Der Lizenzinhaber kann die Auflösung des Vertrages dadurch verhindern, daß er über die tatsächlich verkauften (fabrizierten) Stücke hinaus, die vorgesehene Lizenzgebühr leistet (L'ingenieur - conseil 1952, S. 25). Eine klagbare Ausübungspflicht ist also nach den Ausführungen Keravenants gar nicht üblich. Das ist auch durchaus begreiflich, weil der Lizenzinhaber die weitere Entwicklung der Technik nicht voraussehen kann und daher eine klagbare Erzeugungspflicht nicht so leicht übernehmen wird. Er begrenzt sein Risiko durch Übernahme einer Minimalerzeugung und auch dieses Minimum muß er nicht wirklich erzeugen, er muß nur die für die garantierte Stückzahl verrechnete Minimallizenz leisten.
Diesem Vertragstypus entspricht auch der vorliegende Vertrag. Die Beklagte muß 500.000 S sofort sicherstellungsweise bezahlen und, wenn sie nach fünf Jahren nicht mindestens Maschinen um 10.000.000 S abgesetzt hat, weitere 10%, also eine weitere Million zahlen, wenn sie gar nichts fabriziert hat; wenn sie nur einen Teil fabriziert hat, entsprechend weniger; nach Punkt 3 des Vertrages ist ihr Gesamtrisiko also auf 1 1/2 Millionen Schilling begrenzt. Eine klagbare Ausübungsverpflichtung ist bei dieser Sachlage ausgeschlossen. Diese Auffassung wird aber noch durch Punkt 10 unterstützt, der der Klägerin das Recht einräumt, wenn die Beklagte Bestellungen auf Blockfräsen nicht innerhalb von zwei Jahren ausführen kann, trotz der im Vertrag der Beklagten für die Gebiete von Österreich, Italien und die Oststaaten eingeräumten Exklusivlizenz weitere Lizenzen zu vergeben.
Berücksichtigt man, daß der vorliegende Vertrag dem oben beschriebenen Typus von Lizenzverträgen vollkommen entspricht, und berücksichtigt man weiter den Umstand, daß bei Verträgen der beklagten Partei nicht damit zu rechnen ist, daß die Parteien einen so wichtigen Punkt, wie die Statuierung einer klagbaren Ausführungspflicht, übersehen haben, sondern daß eher anzunehmen ist, daß sie eine solche Klausel absichtlich nicht aufgenommen haben, so ist die Folgerung unabweislich, daß die Klägerin von der Beklagten nie mehr als 1 1/2 Millionen Schillinge verlangen kann, u. zw. 500.000 S sofort, die sie auch erhalten hat, die restliche Million nur im Rahmen der Auslieferung nach Punkt 4 und, soweit keine Auslieferungen erfolgt sind, nach fünf Jahren, also frühestens Ende 1953. Da die Beklagte keine echte Ausübungspflicht trifft, sondern nur die Verpflichtung zur Zahlung einer Minimalgebühr (man mag sie als Pönale bezeichnen), so kommt eine Schadenersatzpflicht nicht in Frage.
Man könnte gegen diese Auffassung einwenden, daß der Patentinhaber bei dieser Vertragsauslegung kein Interesse an der Festsetzung einer Stücklizenz habe und daß es mehr seinen Interessen entspräche, sich einen einmaligen fixen Pauschalbetrag auszubedingen. Diese Einwendung übersieht aber, daß in Fällen wie dem vorliegenden nicht der Patentinhaber der wirtschaftlich Stärkere ist, der den Vertragsinhalt diktiert, sondern daß die beklagte Partei den Vertragsinhalt vorschreiben konnte. Vom Standpunkte der beklagten Partei aus entspricht die geschlossene Vereinbarung aber durchaus der Sachlage. Sie hat ein Interesse daran, ihr Risiko zu begrenzen; sie verpflichtet sich daher zu einer Minimalleistung und macht weitere Zahlungen vom Umsatze abhängig. Die Sachlage ist hier die gleiche wie bei einem Agentenverhältnisse; auch dort wird die Entlohnung des Agenten vom Umsatze abhängig gemacht (Umsatzprovision), ohne daß dem Agenten eine Verpflichtung, in dem betreffenden Artikel zu arbeiten, notwendigerweise auferlegt werden muß.
Der Oberste Gerichtshof negiert demnach im vorliegenden Falle eine Schadenersatzpflicht wegen Nichtausübung der Lizenz.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden