zu Recht erkannt:
1.) Der Berufung der Privatbeteiligten wird Folge gegeben und der Privatbeteiligtenzuspruch insofern abgeändert, als A* schuldig ist, der Privatbeteiligten B* einen Betrag von EUR 1.880,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen.
2.) Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* ua des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB für schuldig befunden und hiefür zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen à EUR 28,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Tagen, sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Ferner wurde der Angeklagte hiemit gemäß § 366 Abs 2, § 369 Abs 1 und 2 StPO schuldig erkannt, der Privatbeteiligten B* einen Betrag von EUR 1.000,-- binnen 14 Tagen zu bezahlen. Mit ihren darüber hinausgehenden Ansprüchen wurde die Privatbeteiligte demgegenüber (zu ergänzen: gemäß § 366 Abs 2 StPO) auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Nach dem Inhalt des diesem Urteil zugrunde liegenden Schuldspruchs hat A* am 1. November 2024 in ** C* ** B*
A. am Körper verletzt, indem er ihr mit Anlauf und vollem Körpereinsatz gegen den Rücken sprang, wodurch die Genannte zu Sturz kam und eine Zerrung der Lendenwirbelsäule, eine Prellung der linken Hüfte sowie eine Prellung des linken Kniegelenks mit einem Hämatom und einer Abschürfung erlitt;
B. durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt, indem er mit seiner Hand ihre bekleidete linke Gesäßbacke intensiv berührte und zusammenkniff.
Dazu traf das Erstgericht wörtlich die folgenden entscheidungswesentlichen Feststellungen :
„Der zum Tatzeitpunkt 25-jährige, unbescholtene Angeklagte A* ist verheiratet und sorgepflichtig für eine minderjährige Tochter im Alter von zehn Monaten. Nach dem Besuch von Volks- und Hauptschule ging er drei Jahre lang in die Handelsschule. Als Geschäftsführer einer Bäckerei, die er zusammen mit seiner Familie betreibt, bringt er ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 2.500,-- ins Verdienen. Er verfügt über kein Vermögen und ist mit Ausnahme eines Autokredits (Leasing) in Höhe von ca. EUR 70.000,-- mit keinen Verbindlichkeiten belastet. In der Nacht von 31.10.2024 auf 1.11.2024 waren sowohl der Angeklagte, als auch B* Besucher des Halloweenclubbings am D* in C*. Der Abend wurde in den jeweiligen Freundesgruppen verbracht. Als der zu diesem Zeitpunkt mäßig alkoholisierte Angeklagte am 1.11.2025 gegen 2:15 Uhr an B* vorbeiging, ergriff er ihre bekleidete linke Pobacke intensiv und kniff diese für mehrere Sekunden zusammen, was gegen den Willen von B* geschah und ihr überaus unangenehm war. Dies gab sie ihm deutlich zu verstehen, indem sie ihn von sich wegstieß. Dies veranlasste den Angeklagten, B* zu bespucken, wobei sie von ihm nicht getroffen wurde. Schockiert vom eben Geschehenen lief B* vom Angeklagten davon, der ihr jedoch folgte und, als sie infolge einer Menschenansammlung anhalten musste, mit Anlauf und vollem Körpereinsatz gegen den Rücken sprang, indem er ihr mit seinem Fuß in den Rücken trat, wodurch sie zu Sturz kam. Durch diesen Angriff erlitt sie eine Zerrung der Lendenwirbelsäule, eine Prellung an der linken Hüfte sowie eine Prellung des linken Kniegelenks mit einem Hämatom und einer Abschürfung. Die Schmerzen beziehungsweise die auf den 24-Stunden-Tag gerafften Schmerzperioden, die B* infolge dieser Verletzungen erlitten hat, betragen einen Tag mittelstarke Schmerzen und sechs Tage leichte Schmerzen (ON 6.2). Der Angeklagte und B* besuchten unabhängig voneinander als Privatpersonen das in C* stattfindende, von anderen veranstaltete, öffentliche Halloweenclubbing. Zwischen ihnen bestand keinerlei Vertragsverhältnis. A* erkannte und billigte, dass er B* durch das intensive Berühren und Zusammenkneifen ihrer Pobacke als einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt. Ebenso erkannte und billigte er, dass er mit seinem mit Anlauf getätigten, im Sprung ausgeführten Fußtritt in den Rücken der B* diese zu Sturz bringt und ihr die aus dem Spruch ersichtlichen Verletzungen zufügen werde.“
Beweiswürdigend führte das Erstgericht dazu wörtlich aus:
„Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten gründen auf seinen eigenen, glaubwürdigen Angaben sowie auf der eingeholten Strafregisterauskunft. Der Angeklagte ließ sich in der Hauptverhandlung reumütig und umfassend geständig in die inkriminierten Tatvorwürfe ein, wobei er jedoch auch angab, sich infolge starker Alkoholisierung an nichts erinnern zu können. In Anbetracht der Zeugenaussagen sowie der Verfahrensergebnisse stehe er jedoch zu seinen Taten. Dass er sich wiederholt auf seine Alkoholisierung beruft, ist als eine Schutzbehauptung zu werten. Es ist auch davon auszugehen, dass ihm als Familienvater und Betreiber einer Bäckerei der Vorfall peinlich ist und er sich daher auf einen übermäßigen Alkoholkonsum beruft. Er selbst war in der Lage, Vorwürfe zunächst zu bestreiten und als „ich hab sowas nicht nötig, ganz ehrlich“ abzutun (ON 2.7). Als in solchen Causen geschulte und hierauf sensibilisierte Polizeibeamte würden – gerichtsbekannt – eine augenscheinliche massive Alkoholisierung festhalten, was in concreto aber nicht erfolgt ist. Auch der Freund des Angeklagten, E*, meinte, dass er nur ein bisschen was getrunken habe, es aber nicht schlimm gewesen sei (S 12 im HV-Protokoll). Somit ist von einem nur mäßigen Alkoholkonsum des Angeklagten auszugehen, der natürlich Erinnerungen zulässt. Die Zeuginnen F* sowie B* schilderten das Geschehen, wie bereits in ihrer Aussage vor der Polizei, glaubwürdig und nachvollziehbar. Der körperliche Angriff gegen das Opfer wurde von den Zeuginnen F* und G* in der Hauptverhandlung übereinstimmend konkretisiert (S 8ff und 12ff im HV- Protokoll). Der Zeuge E* war offenkundig krampfhaft und unglaubwürdig bemüht in einer für den Angeklagten möglichst günstigsten Variante auszusagen („wahrscheinlich“ habe er dem Mädchen auf den Hintern gegriffen, „wahrscheinlich“ habe er gespuckt – wobei er in der Hauptverhandlung dies zusätzlich abgeschwächt darzustellen versuchte; ON 2.8 und S 10ff im HV-Protokoll), dies offensichtlich, um seinen Freund in Schutz zu nehmen, wenngleich auch er ihn nicht von der Verantwortung freisprechen konnte. Hinsichtlich der erlittenen Verletzungen und den daraus resultierenden Schmerzen beziehungsweise Schmerzperioden war dem eingeholten Sachverständigengutachten (ON 6.2) zu folgen. Dass der Angeklagte und B* unabhängig voneinander als Privatpersonen und ohne beziehungsweise außerhalb eines sie betreffenden Vertrages oder Rechtsverhältnisses am Halloweenclubbing waren, ist zwanglos aus den Verfahrensergebnissen abzuleiten. Dass der Angeklagte dieses wohl als Gruppe mit Mitgliedern/Freunden seines Sportvereins besucht hat, ändert daran nichts. Es handelte sich um eine öffentliche und für jedermann zugängliche, in C* alljährlich stattfindende Veranstaltung (gerichtsbekannt), deren Veranstalter nicht bekannt sind. Die Feststellungen zur inneren Tatseite in Bezug auf die von dem Angeklagten gesetzten Tathandlungen können nicht nicht zweifelhaft sein. Es ist lebensnahe und denklogisch anzunehmen, dass es der – im Vergleich zur zärtlich gebauten B* – körperlich überlegene Angeklagte erkannte und billigte, sie durch seinen im Sprung ausgeführten Fußtritt in den Rücken zu Fall zu bringen, sodass sie Verletzungen, wie oben festgestellt, erleidet. Weiters besteht kein Zweifel daran, dass er erkannte und billigte, B* durch sein eigenmächtiges, intensives Berühren und Zusammenkneifen der Pobacke der jungen Frau in einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde zu verletzen.“
Rechtlicherachtete die Erstrichterin das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und jenes der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1a StGB in objektiver wie subjektiver Hinsicht verwirklicht, sodass unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB von einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe beziehungsweise 720 Tagessätzen Geldstrafe auszugehen gewesen sei. Bei der Strafzumessung wertete sie als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen, demgegenüber die bisherige gerichtliche Unbescholtenheit und die zuletzt reumütige und umfassende geständige Einlassung des Angeklagten als mildernd. Sie erachtete hiebei die Verhängung einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen als tat- und schuldangemessen und legte die Höhe des einzelnen Tagessatzes mit EUR 28,-- fest.
Ferner gründete die Erstrichterin den Privatbeteiligtenteilzuspruch sowie die darüber hinausgehende Verweisung auf den Zivilrechtsweg an beziehungsweise der B* auf §§ 366 Abs 2, 369 Abs 1 und 2 StPO (iVm § 273 ZPO) und führte diesbezüglich aus, dass der begehrte Schmerzensgeldbetrag von EUR 880,-- in den vom Sachverständigen dargestellten Schmerzen und Schmerzperioden Deckung finde. Ferner hielt das Erstgericht eine Entschädigung der Privatbeteiligten für die erlittene sexuelle Belästigung und die damit verbundenen seelischen Schmerzen in Höhe von EUR 120,-- als angemessen und hielt fest, dass eine weitere allfällige seelische Unbill der B*, welche sie durch die Tathandlung des Angeklagten erfahren habe, nur durch aufwändige zusätzliche Erhebungen in Form der Einholung eines Sachverständigengutachten feststellbar gewesen wäre. In diesem Zusammenhang führte die Erstrichterin aus, dass der von der Privatbeteiligten wiederholt auf § 35 GlBG, der lediglich den Begriff der Belästigung und der sexuellen Belästigung definiere, und den III. Teil des GlBG (§§ 30ff GlBG) gestützte Anspruch eines Mindestschadenersatzes als nicht nachvollziehbar erscheine. Der Anwendungsbereich des GlBG liege schon deshalb nicht vor, da der Angeklagte und das Opfer bloße private Besucher einer von dritter Seite organisierten öffentlichen Veranstaltung gewesen wären und zwischen ihnen keinerlei Vertragsverhältnis bestanden hätte. Der Angeklagte habe auch keine Güter oder Dienstleistungen im Sinne des § 30 Abs 1 GlBG zur Verfügung gestellt. Die Bestimmungen des ersten Abschnittes des III. Teil des GlBG würden darüber hinaus expressis verbis nicht für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung oder für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen im Sinne des Abs. 1 leg.cit., die in den Bereich des Privat- und Familienlebens fallen würden (§ 30 Abs 3 Z 1 GlBG), gelten. Ein begehrtes Mindestschmerzengeld nach § 38 Abs 2 GlBG sei somit nicht zuzusprechen und die Privatbeteiligte diesbezüglich auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 3) und auch ausgeführte (ON 4) Berufung der Privatbeteiligten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche, mit welcher diese die Abänderung des Urteils und den Zuspruch des gesamten geltend gemachten Betrages von Euro 1.880,--, in eventu die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Erstgericht begehrt.
Der Berufung kommt Berechtigung zu:
Zunächst in diesem Zusammenhang zu konstatieren, dass ein Privatbeteiligter gemäß § 464 Z 3 StPO iVm § 465 Abs 3 StPO gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes (ua) dann Berufung wegen des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche erheben kann, wenn er mit seinen Ansprüchen zumindest teilweise auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde (vgl. etwa 13 Os 99/19m). Fallbezogen kommt der Privatbeteiligten das Berufungsrecht wegen des gegenständlichen Ausspruches über die von ihr geltend gemachten Ansprüche somit zu. Diese Ansprüche gliederte die Privatbeteiligte in der Hauptverhandlung des Bezirksgerichtes Tulln einerseits in einen geltend gemachten Betrag von EUR 880,-- für die vom Angeklagten zu ihrem Nachteil verwirklichte Körperverletzung, andererseits in einen solchen von EUR 1.000,-- für die von A* zu verantwortende sexuelle Belästigung nach § 218 Abs 1a StGB.
Der Berufungswerberin ist in ihrem Vorbringen beizupflichten, dass in Fällen strafrechtlich relevanter sexueller Übergriffe nach ständiger Rechtsprechung der Mindestschadenersatz des Gleichbehandlungsgesetzes als Grundlage für die Bemessung des Privatbeteiligtenzuspruchs – unabhängig von der tatsächlichen Anwendbarkeit des GlBG - herangezogen wird. Wenngleich der Erstrichterin beizupflichten ist, dass das GlBG auf den gegenständlichen Sachverhalt keine unmittelbare Anwendung zu finden scheint, ist festzuhalten, dass nach § 1328 ABGB den erlittenen Schaden und den entgangenen Gewinn zu ersetzen sowie eine angemessene Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung zu leisten hat, wer jemanden durch eine strafbare Handlung (…) zur Beiwohnung oder sonst zu geschlechtlichen Handlungen missbraucht. Darunter werden nicht bloß Beeinträchtigungen der physischen Gesundheit verstanden, sondern auch bloßes Ungemach oder Unlustgefühle ( Reischauer in Rummel,ABGB³ § 1328 Rz 14). Im Sinne obiger Ausführungen nimmt die Judikatur auch bei der Bemessung von Privatbeteiligtenansprüchen bei sexueller Belästigung im Privatleben durchaus auf den Mindestschadenersatz nach § 38 Abs 2 GlBG Bezug und betrachtet diesen Betrag als Richtwert für die richterliche Schätzung des Schadenersatzes nach § 273 ZPO (vgl. ua OLG Wien 19 Bs 4/25i, 18 Bs 84/25x). Da demnach schon bei Fällen (bloßer) sexueller Belästigung gemäß §§ 12 Abs 11, 38 Abs 2 GlBG ein Mindestschadenersatz von 1.000 Euro zusteht, erscheint der Zuspruch dieses Betrages im Hinblick auf die zu Punkt B. getroffenen erstrichterlichen Urteilskonstatierungen durchaus adäquat, ohne dass es konkreterer Feststellungen (oder der Einholung eines Sachverständigengutachtens) zum verursachten Schaden bedurft hätte. Ausgehend davon war - in Stattgebung der Berufung - der Privatbeteiligtenzuspruch auf EUR 1.880,-- abzuändern.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.
Landesgericht St. Pölten, Abt 15
St. Pölten, am 11.08.2025
Mag. Helmut Weichhart, Richter
Elektronische Ausfertigunggemäß § 79 GOG
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