BESCHLUSS
Das Landesgericht Korneuburg als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag Iglseder als Vorsitzenden sowie Mag Rak und Mag Jarec LLM in der Rechtssache der klagenden Partei M***** K***** , vertreten durch Skribe Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei A***** A***** AG , vertreten durch Brenner Klemm, Rechtsanwälte in Wien, wegen zuletzt EUR 1.078,67 sA, infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Schwechat vom 05.07.2023, 24 C 456/22x 14, in nicht öffentlicher den Beschluss gefasst:
Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
BEGRÜNDUNG:
Der Klägerin begehrte mit Mahnklage vom 19.09.2022 zunächst den Zuspruch von EUR 1.683,93 samt Zinsen. Der Klagsbetrag setze sich zusammen aus den von ihr für sich und ihre drei Mitreisenden gezahlten Preis für den von der Beklagten durchzuführenden, jedoch annullierten Flug OS 9137 von Wien (VIE) nach Chania (CHQ) am 24.10.2020 von EUR 830,-- sowie den (frustrierten) Kosten, nämlich der Stornogebühr für das Hotel von EUR 300,--, der nicht erstattbaren Mietwagenkosten von EUR 144,01 und den Ticketpreis für den Rückflug von EUR 409,92. Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 20.02.2023 (ON 9) dehnte die Klägerin ihr Klagebegehren um die Kosten für die Hinzubuchung von Aufgabegepäck für Hin- (EUR 70,84) und Rückflug (EUR 44,80) auf EUR 1.799,57 samt Zinsen aus. In der Tagsatzung vom 24.02.2022 (ON 10) dehnte die Klägerin ihr Klagebegehren sodann auf EUR 2.033,81 samt Zinsen aus; worauf die Erhöhung des Klagsbetrags um EUR 234,31 zurückzuführen sei, lässt sich dem Tagsatzungsprotokoll nicht entnehmen. Mit Schriftsatz vom 15.05.2023 (ON 12) schränkte die Klägerin ihr Begehren um einen am 23.11.2022 vom Reisevermittler k*****.com erhaltenen Betrag von EUR 706,-- auf EUR 1.327,81 samt gestaffelter Zinsen ein. Schließlich schränkte die Klägerin in der Tagsatzung vom 30.05.2023 (ON 13) ihr Begehren um einen am 27.01.2022 „erhaltenen Betrag“ von EUR 249,13 auf EUR 1.078,67 samt 4 % Zinsen aus diesem Betrag ab 24.09.2021 ein. Bei keiner ihrer Klagseinschränkungen führte die Klägerin aus, welche der von ihr erhobenen Teilforderungen durch die jeweiligen Teilzahlungen getilgt worden seien. Die Rück- und Schadenersatzforderungen der Mitreisenden seien ihr von diesen abgetreten worden.
Zusammengefasst brachte die Klägerin dazu – in mehreren Schriftsätzen und in den Tagsatzungen entweder repetitiv und ohne Neuigkeitswert oder aber ihr früheres Vorbringen als unrichtig widerrufend – zusammengefasst vor: Sie [ offenbar gemeint: und ihre Mitreisenden] habe den eingangs genannten Flug über „den Vermittler“ k*****.com gebucht und über eine bestätigte Buchung für diesen Flug verfügt. Die Beklagte habe ihnen nach Annullierung dieses Fluges keine anderweitige Beförderung angeboten. Sie habe sich gemäß Art 8 Abs 1 lit a, erster Spiegelstrich EU-FluggastVO für die Rückerstattung der Flugscheinkosten entschieden; die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, diese Kosten binnen sieben Tagen rückzuerstatten. Darüber hinaus stütze sie ihre Ansprüche auch auf den mit der Beklagten abgeschlossenen, von dieser jedoch nicht erfüllten Beförderungsvertrag (sowie auf jeden erdenklichen Rechtsgrund). Da die Beklagte keine Ersatzbeförderung angeboten habe, hätten sie und ihre Mitreisenden die für die Reise gebuchten sonstigen Leistungen (Unterkunft, Mietwagen, Rückflug) nicht in Anspruch nehmen können. Die Beklagte hafte als verantwortlicher Luftfrachtführer iSd Montreal Übereinkommens (MÜ) gemäß Art 19 MÜ für den durch Verspätung bei der Luftbeförderung eingetretenen Schaden. Aus dem ausgestellten E-Ticket gehe hervor, dass die Geschäftsbedingungen der Beklagten dem Beförderungsvertrag zugrunde lägen; es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte Vertragspartnerin der Klägerin sei.
Die Beklagte begehrte die Klagsabweisung, bestritt (zunächst auch die mangelnde Aktivlegitimation der Kläger) und brachte im Wesentlichen vor, dass die Klägerin und ihre Mitreisenden über keine bestätigte Buchung für den gegenständlichen Flug verfügt hätten. Weder die Klägerin noch k*****.com hätten jemals eine Buchung bei ihr vorgenommen. Mangels Ticket oder Buchungsbestätigung würden ihre Beförderungsbedingungen keine Anwendung finden.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab und verhielt die Klägerin zum Ersatz der Prozesskosten an die Beklagte. Es traf die aus den Seiten 2 und 3 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, aus denen als für das Berufungsverfahren wesentlich hervorzuheben ist:
„Die Klägerin buchte für sich und ihre Mitreisenden Markus Kastner, Hedda Weber und Emma Kastner bei der Buchungsplattform k*****.com nachfolgende Flüge und bezahlte hierfür die angeführten Preise an k*****.com:
• OS 9137 von Wien nach Chania am 24.10.2020 zu einem Preis von insgesamt EUR 900,84;
• OA 337 von Chania nach Athen am 2.11.2020 zu einem Preis von insgesamt EUR 454,72, und
• W6 2886 von Athen nach Wien am 2.11.2020 zu einem Preis von EUR 234,24.
k*****.com nahm keine Deckungsbuchung bei der beklagten Partei vor und trat auch sonst in keinster Weise irgendwie hinsichtlich der Buchung der Klägerin und ihrer Mitreisenden mit der beklagten Partei in Kontakt. Die Klägerin und ihre Mitreisenden standen in keinem Kontakt mit der beklagten Partei. Weder die Klägerin, noch ihre Mitreisenden verfügen über eine bestätigte Buchung für den Flug OS 9137 bei der beklagten Partei.
k*****.com ist kein IATA-zertifizierter Reisevermittler und nicht autorisiert für die beklagte Partei Tickets auszustellen.
Der Flug OS 9137 wurde annulliert. [...]“
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht – soweit im Berufungeverfahren von Interesse – aus: Formale Voraussetzung für Ansprüche aus der Verordnung sei nach deren Art 3 Abs 2 lit a, dass für den betreffenden Flug eine (in der Regel vom ausführenden Luftfahrtunternehmen oder vertraglichen Luftfahrtunternehmen) auf der Basis eines bestehenden Beförderungsvertrages basierende „bestätigte Buchung“ vorliege, aus der hervorgehe, dass die Buchung von einem Luftfahrtunternehmen oder einem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert worden sei. Eine solche liege mit Übergabe einer Buchungsbestätigung bzw bei Onlinebuchung mit der zum Ausdrucken bereitgestellten verbindlichen Erklärung des ausführenden Luftfahrtunternehmens vor, die mittels OK-Vermerk und Flugbuchungsnummer einen Anspruch auf eine durch Flugnummer, Datum und Uhrzeit konkretisierte Beförderungsleistung dokumentiere. Ausreichend sei aber nach Art 2 lit g der VO auch jeder andere Beleg, aus dem sich verbindlich die vorgesehene Luftbeförderung mit einem individualisierten Flug ergebe. Das könne auch ein Beleg von einem Reiseveranstalter sein. Der EuGH habe mit Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-146/20, C-188/20, C-196/20 und C-270/20 entschieden, dass ein Fluggast auch dann über eine „bestätigte Buchung“ verfüge, wenn er von dem Reiseunternehmen, mit dem er in einer Vertragsbeziehung stehe, einen „anderen Beleg“ iSd Art 2 lit g der VO erhalten habe, durch den ihm die Beförderung auf einem bestimmten, durch Abflug- und Ankunftsort, Abflug- und Ankunftszeit und Flugnummer individualisierten Flug versprochen werde, selbst wenn das Reiseunternehmen von dem betreffenden Luftfahrtunternehmen keine Bestätigung in Bezug auf die Abflug- und Ankunftszeit dieses Fluges erhalten habe. Die Buchungsbestätigung eines Dritten müsse aber vom Luftfahrtunternehmen oder mit dessen Kenntnis und Autorisierung von einem Dritten (Reisemittler oder -veranstalter) erteilt worden und diesem somit zurechenbar sein. Das Luftfahrtunternehmen müsse dem Dritten also die Möglichkeit eingeräumt haben, solche Flugscheine auszustellen und hierbei auch Flüge zusammenzustellen, die von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt werden. Sei eine „Buchungsbestätigung“ ohne eine solche Autorisierung und Kenntnis des Luftfahrtunternehmens von einem Reiseunternehmen erstellt worden (was vom Luftfahrtunternehmen behauptet und beweisen werden müsse), ist ein solches Dokument nicht geeignet, die Voraussetzung des Art 3 Abs 2 lit a der VO zu erfüllen. Wenn also ein Reiseunternehmen die Buchung bestätige, entfalte diese Erklärung nur dann die in Art 3 bestimmte Wirkung, wenn das Luftfahrtunternehmen vom Reiseunternehmen über die Buchung in Kenntnis gesetzt wurde und dieser seinerseits vom Luftfahrtunternehmen über die (gleichlautende) „Deckungsbuchung“ eine Bestätigung der Buchung erhalten habe. Ohne diese Deckungsbuchung sei eine Buchung des Reiseunternehmens ohne entsprechende Sitzplatzreservierung beim Luftfahrtunternehmen keine „bestätigte Buchung“ bzw. kein „anderer Beleg“ iSd Art 2 lit g der VO. Da gegenständlich weder eine Deckungsbuchung bei der Beklagten noch eine sonstige Kontaktaufnahme des Reisevermittlers mit der Beklagten erfolgt sei, habe im Umkehrschluss auch keine Genehmigung der Buchung durch die Beklagte erfolgen können. Die Klägerin verfüge sohin über keine bestätigte Buchung bei der Beklagten; es sei auch nicht zum Abschluss eines Luftbeförderungsvertrages zwischen den Parteien gekommen. Vielmehr sei es bei einem nicht erfüllten Reisevermittlungsvertrag zwischen der Klägerin und k*****.com geblieben. Das Gericht schließt sich der Ansicht an, dass es für eine bestätigte Buchung jedenfalls auch einer Genehmigung oder sonstigen Autorisierung der Buchung durch das beklagte Luftfahrtunternehmen bedürfe. Dies fuße auf dem Grundgedanken, dass niemand für einen Dritten (ohne dessen Einverständnis und/oder Mitwirkung) Rechtswirkungen im rechtsgeschäftlichen Verkehr erzeugen könne. Auch die zitierte Entscheidung des EuGH in der verbundenen Rechtssache C-146/20, C-188/20, C-196/20 und C-270/20 könne nicht so verstanden werden, dass ein Reisevermittler, der in keiner vertraglichen Verbindung mit dem Luftfahrtunternehmen stehe, und auch sonst in keiner Weise mit dem Luftfahrtunternehmen Kontakt aufgenommen habe, insbesondere keine Deckungsbuchung vorgenommen habe, eine verbindliche Buchungsbestätigung zu Lasten des ausführenden Luftfahrtunternehmens ausstellen könne. Zusammengefasst hätten die Klägerin und ihre Mitreisenden über keine bestätigte Buchung für den klagsgegenständlichen Flug verfügt, weshalb der Anwendungsbereich der EU-FluggastVO nicht eröffnet sei. Mangels eines zwischen den Streitteilen zustande gekommenen Luftbeförderungsvertrages würden auch vertragliche Rück- oder Schaden-ersatzansprüche ausscheiden.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Die Berufungswerberin moniert zunächst, dass das Erstgericht in seinen Feststellungen „disloziert“ Rechtsbegriffe verwende. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Verwendung von Rechtsbegriffen mit den Feststellungen sei gemäß der höchst- gerichtlichen Rechtsprechung, dass die dem „festgestellten“ Rechtsbegriff zugrunde liegenden Sachverhalte tatsächlich unstrittig sind. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil gerade strittig sei, ob eine bestätigte Buchung oder eine Autorisierung des Vermittlers vorliege. Das Erstgericht hätte daher sämtliche für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Tatsachen feststellen müssen.
Diese Ausführungen sind im Kern berechtigt.
[1] Die Beklagte hat vorgebracht, dass der Vermittler k*****.com bei ihr keine Buchung für die Klägerin auf den hier klagsgegenständlichen Flug vorgenommen habe. Dies wurde vom Erstgericht auch – unbekämpfbar – festgestellt. Da – wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat – der Anwendungsbereich der EU-FluggastVO, auf den die Klägerin ihren und die ihr abgetretenen Rückforderungsansprüche primär stützt (Art 8 Abs 1 lit a, erster Spiegelstrich der VO), gemäß Art 3 Abs 2 lit a der VO nur dann eröffnet wird, wenn die Fluggäste über eine bestätigte Buchung verfügen, gilt es den Sachverhalt zu ermitteln, aus dem sich rechtlich ableiten lässt, dass die Fluggäste über eine solche bestätigte Buchung verfügten.
Der Begriff der „bestätigten Buchung“ wird in der EU-FluggastVO nicht ausdrücklich definiert. Allerdings lässt sich einerseits aufgrund der missglückten, weil zirkelhaften Umschreibung des Begriffs der „Buchung“ in Art 2 lit g der VO (der Begriff wird durch sich selbst definiert), andererseits aufgrund des Wortlauts dieser Bestimmung wie auch des Art 3 Abs 2 lit a der VO vermuten, dass der Verordnungsgeber in Art 2 lit g in Wahrheit den Begriff der „bestätigten Buchung“ definieren wollte ( „...dass der Fluggast über einen Flugschein oder einen anderen Beleg verfügt, aus dem hervorgeht, dass die Buchung von dem Luftfahrtunternehmen oder dem Reiseunternehmen akzeptiert wurde.“ – vgl Staudinger in Staudinger/Keiler, FluggastrechteVO Art 2 Rz 21).
Was ein „Flugschein“ ist, bestimmt Art 2 lit f der VO; nämlich „ein gültiges, einen Anspruch auf Beförderungsleistung begründendes Dokument oder eine gleichwertige papierlose, auch elektronisch ausgestellte Berechtigung, dass bzw die von dem Luftfahrtunternehmen oder dessen zugelassenen Vermittler ausgegeben oder genehmigt wurde“ . Zwar lässt sich der Verordnung auch nicht entnehmen, wann ein solches Dokument „gültig“ ist; jedenfalls muss das Dokument aber entweder vom Luftfahrtunternehmen selbst oder von „dessen zugelassenem Vermittler“ ( „its authorised agent“, „son agent agréé“
Auch Schmid (in Schmid, BeckOK Fluggastrechte-VO 28 Art 3 Rz 32) vertritt, dass die Buchungsbestätigung eines Dritten vom Luftfahrtunternehmen oder mit dessen Kenntnis und Autorisierung einem Dritten (Reisemittler oder Reiseveranstalter) erteilt worden und diesem somit zurechenbar seien. Das Luftfahrtunternehmen müsse dem Dritten also die Möglichkeit eingeräumt haben, solche Flugscheine auszustellen (und hierbei auch Flüge zusammenzustellen die von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt werden).
Aus alldem ist zu folgern, dass der Anwendungsbereich der EU-FluggastVO nur dann eröffnet ist, wenn der Flugschein (oder vergleichbare Beleg), über den der Fluggast verfügt, entweder vom Luftfahrtunternehmen selbst oder von „seinem zugelassenen Vermittler“ ausgegeben wurde (vgl BGH X ZR 138/15 Rn 33).
Es kommt daher entgegen der Ansicht der Berufungswerberin nicht bloß darauf an, dass der Fluggast über irgendeinen – von wem auch immer ausgegebenen – Flugschein verfügt. Dieses Ergebnis lässt sich auch nicht aus der von der Berufungswerberin zitierten Entscheidung des EuGH in den verbundenen Rechtssachen Corendon Airlines ea (C-146/20, C-188/20, C-196/20 und C-270/20) ableiten, zumal der EuGH in Beantwortung der ersten Vorlagefrage lediglich bejaht hat, dass der Fluggast über eine „bestätigte Buchung“ iSd Art 3 Abs 2 lit a der VO verfüge, wenn er von dem Reiseunternehmen, mit dem er in einer Vertragsbeziehung stehe, einen „anderen Beleg“ iSv Art 2 lit g der VO erhalten habe, durch den ihm die Beförderung auf einen bestimmten, durch Abflug- und Ankunftszeit und Flugnummer individualisierten Flug versprochen wird; und zwar auch dann, wenn das Reiseunternehmen von dem betreffenden Luftfahrtunternehmen keine Bestätigung in Bezug auf die Abflug- und Ankunftszeit dieses Fluges erhalten habe; mit der Frage, ob dieses Reiseunternehmen die Eigenschaft eines „zugelassenen Vermittlers“ erfüllt, hatte sich der EuGH schon aufgrund der Formulierung der Vorlagefrage, die diese Eigenschaft offenbar voraussetzte, nicht auseinanderzusetzen. Die Fragebeantwortung durch den EuGH erscheint daher insofern irreführend, als dadurch der Anschein erweckt wird, dass es überhaupt keines weiteren Tatbestandes bedürfe, um eine von einem Dritten ausgestellte Buchungsbestätigung letztlich dem Luftfahrtunternehmen zurechnen zu können (krit dazu auch Wukoschitz in Stenzel/Wukoschitz/Schmid/Keiler/Staudinger/Busse, Wir waren pünktlich, doch der Flieger war schon weg, RRa 2022, 60 (61), Rz 8 ff).
Unbeachtlich ist daher die Rüge eines sekundären Feststellungsmangel durch die Berufungswerberin, die die Feststellung vermisst, dass sie (zusammengefasst) über eine von k*****.com ausgestellte Buchungsbestätigung verfüge. Einerseits kommt es darauf allein nicht an; andererseits wurde dieser Umstand von der Beklagten ohnehin nicht bestritten.
Zusammengefasst bedeutet dies: Wurde der Flugschein nicht vom Luftfahrtunternehmen selbst ausgestellt, ist nur dann von einer „bestätigten Buchung“ auszugehen, wenn der den Flugschein ausstellende Dritte entweder vom Luftfahrtunternehmen im Vorhinein – entweder durch eine entsprechende bilaterale Vertriebsvereinbarung oder im Rahmen eines multilateralen Vertragsnetzwerkes (IATA) – ermächtigt wurde, Flugscheine über vom Luftfahrtunternehmen auszuführende Flüge auszustellen; oder aber das Luftfahrtunternehmen – ungeachtet einer solchen im Vorhinein erteilten Ermächtigung – dem „Vermittler“ seinerseits eine Bestätigung über eine kongruente „Deckungsbuchung“ ausgestellt hat (vgl Schmid , aaO).
Da im vorliegenden Fall – gemäß der Prozessbehauptung der Beklagten – feststeht, dass k*****.com bei ihr keine solche Deckungsbuchung vorgenommen hat, läge eine den Anwendungsbereich der VO begründende „bestätigte Buchung“ nur dann vor, wenn es sich bei k*****.com um einen „zugelassenen Vermittler“ der Beklagten iSd Art 2 lit f der VO handelt. Diesbezüglich liegt jedoch nur unzureichendes Vorbringen beider Prozessparteien vor; diese Unzulänglichkeiten wurden vom Erstgericht bislang auch nicht erörtert.
Die Klägerin, die offenbar rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass es ausreichend sei, über eine von k*****.com ausgestellte „Buchungsbestätigung“ zu verfügen, beschränkte sich in ihrem Prozessvorbringen auf die Behauptung, dass es sich bei k*****.com um einen „Vermittler“ handle. Tatsachenvorbringen, aus dem sich ergeben könnte, aufgrund welcher Umstände es sich bei k*****.com um einen von der Beklagten „zugelassenen Vermittler“ handelt, enthält ihr in erster Instanz erstattete Prozessvorbringen nicht. Insofern geht auch die Rüge eines sekundären Feststellungsmangel durch die Berufungswerberin ins Leere, wonach das Erstgericht die Feststellung unterlassen habe, dass sich k*****.com weiterer Vermittler bediene, die über eine IATA-Lizenz verfügen; derartige Tatsachen hat die Klägerin nicht behauptet; diese Ausführungen in der Berufung verstoßen daher gegen das Neuerungsverbot (§ 482 Abs 1 ZPO).
Andererseits hat die Beklagte im Verfahren vor dem Erstgericht bloß die – letztlich auch festgestellte – Tatsache, dass k*****.com keine Buchung bei ihr vorgenommen habe, behauptet, nicht aber, dass k*****.com von ihr nicht autorisiert sei, Flugscheine für die von ihr durchzuführenden Flüge auszustellen. Die diesbezügliche vom Erstgericht getroffene Feststellung („k*****.com ist kein IATA-zertifizierter Reisevermittler und nicht autorisiert für die beklagte Partei Tickets auszustellen“), ist daher als überschießend unbeachtlich, weil derartige Prozessbehauptungen – sei es positiv oder negativ – von keiner der Parteien in das Verfahren eingeführt wurden.
[2] Die Aufhebung des angefochtenen Urteils ist allerdings auch aus einem anderen Grund unumgänglich: Die eingangs aufgezeigten Klagsausdehnungen und Klagseinschränkungen haben das ursprünglich betraglich schlüssige Klagebegehren in mehrerer Hinsicht unschlüssig werden lassen. So lässt sich zunächst der in der Tagsatzung vom 24.02.2023 (ON 10) vorgenommenen Klagsausdehnung nicht entnehmen, welche Forderung dem Mehrbegehren von EUR 234,31 zugrunde liegt. Andererseits hat die Klägerin zweimal eine Klagseinschränkung vorgenommen, ohne dass ersichtlich wäre, welche der unterschiedlichen Teilforderungen in welchem Umfang durch die Teilzahlungen nach Ansicht der Klägerin erloschen und daher nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind. Ein ursprünglich schlüssiges Klagsvorbringen kann durch eine unsubstantiierte Klagseinschränkung, aufgrund derer die geltend gemachten mehreren Ansprüche nicht mehr im Einzelnen ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sind, unschlüssig werden (RS0037780 [T6]).
Bei Unschlüssigkeit ist das Klagebegehren nicht sofort abzuweisen, sondern muss vom Gericht eine Verbesserung angeregt werden (RS0037516 [T2]). Dies gilt insbesondere dann, wenn erstmals das Berufungsgericht eine mögliche Unschlüssigkeit aufgreift (vgl RS0117576 [T4]). Wenn das Berufungsgericht im Gegensatz zum Erstgericht das Klagebegehren für zu wenig bestimmt erachtet, muss es das Urteil des Erstgerichts aufheben und dieses anweisen, dem Kläger die Verbesserung des Begehrens im Sinne der §§ 84, 85 ZPO aufzutragen (RS0036355). Bei der Bestimmtheit des Klagebegehrens handelt es sich nämlich um eine von Amts wegen zu beachtende prozessuale Klagsvoraussetzung (aaO [T6]). Der Verbesserungsauftrag ist von Amts wegen zu erteilen, selbst wenn die Partei durch den Rechtsanwalt vertreten ist (RS0037516 [T3]).
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren
[a] die Klägerin zur Aufschlüsselung, aus welchen verbliebenen Teilforderungen sich ihr eingeschränktes Klagebegehren von (im Kapital) EUR 1.078,68 zusammensetzt, anzuleiten haben;
[b] beide Parteien zu Prozessvorbringen aufzufordern haben, das eine Sachverhaltsgrundlage für die rechtliche Beurteilung bieten kann, ob es sich bei k*****.com um eine „zugelassene Vermittlerin“ der Beklagten handelt.
Der Kostenvorbehaltgründet auf § 52 ZPO.
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