Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richterin Hofrätin Dr. Kempf als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Kallina und die Richterin Dr. Mahuschek als weitere Senatsmitglieder in der Erwachsenenschutzsache der A* B* (**), **, ** C*, vertreten durch Dr. Gerhard Preisl, Rechtsanwalt, Haus am See, Reichsstraße 5a, 6900 Bregenz, als gerichtlicher Erwachsenenvertreter, über den Rekurs der vertretenen Person A* B* gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 16. September 2019, **-83, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss, der in den Spruchpunkten 1., 2. und 5. mangels Anfechtung aufrecht bleibt, dahingehend abgeändert , dass er in den Spruchpunkten 3. und 4. einschließlich der unangefochten gebliebenen und bestätigten Teile insgesamt lautet:
„3. Die Entschädigung des Erwachsenenvertreters Dr. D* E* für den Zeitraum 1.5.2018 bis 30.4.2019 wird mit EUR 5.900,00 (darin enthalten EUR 150,00 an Aufwandersatz und EUR 983,40 an USt) bestimmt.
Der Erwachsenenvertreter wird ermächtigt, den Betrag von EUR 5.900,00 dem Festgeldkonto der vertretenen Person A* B* bei der F* IBAN ** zu entnehmen.
4. Das Mehrbegehren des Erwachsenenvertreters von EUR 2.080,00 wird hingegen abgewiesen.
Ein Kostenersatzanspruch findet im Rekursverfahren nicht statt.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Mit Beschluss vom 18.5.2017 wurde Rechtsanwalt Dr. D* E* gemäß § 268 ABGB für A* B* zum Sachwalter (jetzt: gerichtlichen Erwachsenenvertreter) für die Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern, zur Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie zur Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, bestellt.
Am 30.7.2019 erstattete der Erwachsenenvertreter Dr. D* E* seinen Bericht über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die Lebensverhältnisse und den Gesundheitszustand der vertretenen Person für den Zeitraum 1.5.2018 bis 30.4.2019 (ON 81) und beantragte unter anderem die Zuerkennung eines Entlohnungsanspruchs in Höhe von EUR 7.980,00 (einschließlich 20 % USt und Aufwandersatz).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht 1. den Lebenssituationsbericht vom 30.7.2019 für den Zeitraum 1.5.2018 bis 30.4.2019 zur Kenntnis genommen, 2. die vom Erwachsenenvertreter erstattete Pflegschaftsrechnung für diesen Zeitraum gemäß § 137 Abs 1 AußStrG pflegschaftsgerichtlich bestätigt, 3. die Entschädigung des Erwachsenenvertreters für den Zeitraum 1.5.2018 bis 30.4.2019 antragsgemäß mit EUR 7.980,00 bestimmt, 4. den Erwachsenenvertreter ermächtigt, nach Rechtskraft des Beschlusses diese Entschädigung dem Festgeldkonto der vertretenen Person zu entnehmen und 5. ihm aufgetragen, die nächste Rechnungslegung für den Zeitraum 1.5.2019 bis 30.4.2020 dem Gericht bis spätestens zum 31.5.2020 ohne Aufforderung vorzulegen.
Das Erstgericht hat seiner Entscheidung die auf den Seiten 2 und 3 des Beschlusses wiedergegebenen Feststellungen zugrunde gelegt, auf welche gemäß § 60 Abs 2 AußStrG verwiesen wird. In der rechtlichen Beurteilung hat das Erstgericht ausgeführt, dass sich aus den festgestellten Einkünften der vertretenen Person eine Entschädigung von EUR 537,75 sowie aus den festgestellten Vermögenswerten – und zwar bei Heranziehung eines anteiligen Verkehrswertes des Hauses von EUR 100.000,00 – eine vermögensabhängige Entschädigung von zumindest EUR 6.220,00 errechne. Die vom Erwachsenenvertreter pauschal mit EUR 6.500,00 angesprochene Entschädigung finde innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen daher Deckung. Die Höhe der pauschal geltend gemachten Barauslagen von EUR 150,00 sei ebenfalls nachvollziehbar. Gemäß § 276 Abs 1 ABGB gebühre die jährliche Entschädigung zuzüglich der Umsatzsteuer, sodass sich insgesamt eine Entschädigung von EUR 7.980,00 ergebe. Die Entnahme dieses Betrags aus dem Vermögen der vertretenen Person sei ohne Beeinträchtigung deren Unterhalts möglich.
Gegen die Entscheidung richtet sich die (auch) als Rekurs zu wertende Eingabe der A* B* vom 26.9.2019 mit dem erkennbaren Antrag, dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter keine bzw eine geringere Entschädigung zuzuerkennen.
Der gerichtliche Erwachsenenvertreter hat in seiner Rekursbeantwortung beantragt, „den Rekurs kostenpflichtig abzuweisen“.
Vorweg ist festzuhalten, dass auf der Eingabe vom 26.9.2019 auch G* und H* B* angeführt sind, die ihrerseits ebenfalls den Zuspruch von Entschädigungsbeträgen an den gerichtlichen Erwachsenenvertreter bekämpfen. Unzweifelhaft ist im gegenständlichen, ausschließlich A* B* betreffenden Verfahren nur die Letztgenannte als Rekurswerberin anzusehen, welche sich gegen den Zuspruch des Betrags von EUR 7.980,00 als Entschädigung an den gerichtlichen Erwachsenenvertreter Dr. E* wendet.
Der Rekurs erweist sich teilweise als begründet.
Stellt wie hier ein vor dem 1.7.2018 bestellter Sachwalter, der gemäß § 1503 Abs 9 Z 10 ABGB gerichtlicher Erwachsenenvertreter wird, nach dem 30.6.2018 einen Antrag auf Gewährung von Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz, so ist dieser Anspruch nach § 276 ABGB in der Fassung des 2. ErwSchG zu beurteilen, wenn zumindest die Hälfte des Abrechnungszeitraums nach dem 30.6.2018 liegt. Bereits das Erstgericht hat daher zutreffend auf die Bestimmung des § 276 ABGB in der Fassung des 2. ErwSchG verwiesen, wonach dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter eine jährliche Entschädigung zuzüglich der allenfalls zu entrichtenden Umsatzsteuer gebührt, wobei die Entschädigung 5 % sämtlicher Einkünfte der vertretenen Person und, sofern der Wert des Vermögens der vertretenen Person EUR 15.000,00 übersteigt, 2 % des Mehrbetrags beträgt.
Legt man das vom Erstgericht festgestellte und von der Rekurswerberin nicht in Zweifel gezogene Pensionseinkommen (ohne Pflegegeld) sowie ihre Zinseinkünfte der Ermittlung der einkommensabhängigen Entschädigung zugrunde, ergibt sich rechnerisch ein Betrag von EUR 10.754,94. 5 % davon beträgt EUR 537,75 bzw gerundet EUR 538,00.
Das Erstgericht hat hinsichtlich der Liegenschaftsanteile der vertretenen Person an den Liegenschaften EZ ** und ** KG C* wohl den dreifachen Einheitswert mit EUR 450,00 festgestellt, allerdings einen anteiligen Verkehrswert des Hauses von EUR 100.000,00 als Bemessungsgrundlage herangezogen, wobei es sich auf den sich aus der Gebäudeversicherungspolizze für das gesamte Haus ergebenden Neuwert von EUR 890.000,00 bzw die Bestimmung des § 34 AußStrG gestützt hat.
Nach der Rechtsprechung des Rekursgerichts ist – auch nach der Rechtslage nach dem 2. ErwSchG – bei der Ermittlung der vermögensabhängigen Entschädigung grundsätzlich vom Verkehrswert der Liegenschaft (abzüglich Belastungen) auszugehen. Ist der maßgebliche Verkehrswert allerdings nicht aktenkundig und kommt eine richterliche Betragsfestsetzung (Schätzung des Verkehrswerts) iSd § 34 AußStrG mangels Kenntnis der notwendigen Prämissen nicht in Betracht, ist der dreifachen Einheitswert (unter Außerachtlassung der Belastungen) zugrunde zu legen (3 R 196/19z, 3 R 32/19g, 1 R 244/18f je LG Feldkirch ua).
Wird im Sinne der dargestellten Rechtslage, von der abzugehen kein Grund besteht, der dreifache Einheitswert der Liegenschaftsanteile der A* B* von lediglich EUR 450,00 sowie deren Sparvermögen zum Stand 30.4.2019 von EUR 221.721,11 und EUR 4.297,03 als Bemessungsgrundlage herangezogen, ergibt sich nach Abzug des Betrags von EUR 15.000,00 eine Bemessungsgrundlage von EUR 211.468,14. Daraus errechnet sich die Entschädigung von 2 % mit EUR 4.229,36, gerundet EUR 4.229,00.
In der Regel ist davon auszugehen, dass die Angaben des Erwachsenenvertreters über den Wert der Liegenschaft allein keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für den Verkehrswert sein kann (2 R 90/13b LG Feldkirch). Entgegen der Ansicht des Erstgerichts kommt aber auch eine richterliche Betragsfestsetzung (Schätzung des Verkehrswerts) iSd § 34 AußStrG mangels Kenntnis der dafür notwendigen Prämissen nicht in Betracht, nachdem die Kenntnis allein der (regelmäßig vertraglich vereinbarten) Versicherungssumme noch keine ausreichende Grundlage für eine Verkehrswertschätzung darzustellen vermag. Es steht dem Erwachsenenvertreter daher lediglich der sich unter Heranziehung des aktenkundigen dreifachen Einheitswertes der Liegenschaftsanteile ergebende Betrag von (gerundet) EUR 4.229,00 als vermögensabhängige Entschädigung zu.
Rechnerisch ergibt sich bei Berücksichtigung der USt von EUR 983,40 und des Aufwandersatzes von EUR 150,00 damit eine angemessene Gesamtentschädigung von EUR 5.900,53 (EUR 4.229,00 + EUR 538,00 + EUR 150,00 + EUR 983,40) bzw gerundet EUR 5.900,00.
Schon nach der bisherigen Rechtsprechung waren Korrekturen der angesprochenen Entschädigung insbesondere dann vorzunehmen, wenn die Grenze des Angemessenen oder Zumutbaren überschritten wurde. Eine Minderung konnte etwa bei besonders eingeschränktem Wirkungskreis oder sehr kurzfristigem Einsatz des Sachwalters (jetzt: gerichtlichen Erwachsenenvertreters) der Fall sein ( Barth/Ganner , Handbuch des Sachwalterrechts 118) oder war etwa dann angezeigt, wenn die Bemessung der Entschädigung zwar noch nicht zur Gefährdung der Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen, jedoch zu einer unangemessen hohen Entschädigung geführt hätte.
Unter Berücksichtigung der Höhe des Sparguthabens der vertretenen Person, aber auch des Tätigkeitsumfanges des gerichtlichen Erwachsenenvertreters besteht für eine Minderung des Entschädigungsanspruchs, der sich durchaus im Rahmen einer Regelentschädigung hält, kein Anlass.
Der Rekurs der vertretenen Person erweist sich damit teilweise als berechtigt und ist der erstinstanzliche Beschluss wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern.
Im Verfahren nach § 139 Abs 2 AußStrG findet ein Kostenersatz nicht statt ( Beck in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 139 Rz 7; 3 R 154/18x, 1 R 69/17f je LG Feldkirch ua).
Die Bemessung der Ansprüche eines Sachwalters (jetzt: gerichtlichen Erwachsenenvertreters) gehört nach der Rechtsprechung zur Entscheidung über die Kosten iSd § 62 Abs 1 Z 1 AußStrG, weshalb der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist (RIS-Justiz RS0007696).
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