[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HEILEGGER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. BLAHA, Dr. GUNDACKER und Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 06. September 2013 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des P*** D***(Beschwerdeführer), vertreten durch C*** Rechtsanwälte OG, vom 29. März 2013 gegen die I*** GmbH (Beschwerdegegnerin), wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge Nichtbeantwortung des Auskunftsersuchens vom 29. Jänner 2013 wird entschieden:
- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 3, 26 Abs. 1 und 4 und 31 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g
A. Vorbringen und Sachverhaltsfeststellungen
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
1. Die Beschwerdegegnerin forderte den Beschwerdeführer mit Inkassomahnung vom 17. Jänner 2013 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 214,38 Euro auf, da der Beschwerdeführer am 26. Juni 2012 um 16:53 Uhr unter Angaben seiner personenbezogenen Daten einen kostenpflichtigen Vertrag auf einer näher genannten Interseite abgeschlossen hatte.
2. Der vom Beschwerdeführer mandatierte Rechtsanwalt Mag. C*** richtete daraufhin ein mit 29. Jänner 2013 datiertes Schreiben an die Beschwerdeführerin, welches als Beilage zu einem E-Mail versendet wurde und – soweit verfahrensrelevant – wie folgt lautet:
„Betrifft: P*** D*** – W***.com B.V
4***
Sehr geehrte Damen und Herren,
in oben bezeichneter Angelegenheit teile ich mit, dass Herr P*** D*** unsere Kanzlei mit der Wahrung seiner rechtlichen Interessen anwaltlich mandatiert und bevollmächtigt hat.
[…]
In einem habe ich Sie aufzufordern, binnen der gesetzlichen Frist mitzuteilen, welche Daten Sie von meinem Mandanten gespeichert haben, an wen Sie diese weitergeleitet haben.
Ich verbleibe
hochachtungsvoll
Mag. C***“
3. Die Beschwerdegegnerin reagierte auf dieses Schreiben mit Schreiben vom 8. Februar 2013, in welchem auf den rechtsgültigen Abschluss eines Vertrages zwischen dem Beschwerdeführer und der W***.com B.V – der Auftraggeberin der Beschwerdegegnerin – hingewiesen, jedoch auf das Auskunftsersuchen selbst kein Bezug genommen wurde.
4. In der ho. am 12. April 2013 eingelangten Beschwerde führt der Beschwerdeführer aus, dass die Beschwerdegegnerin innerhalb der offen stehenden achtwöchigen gesetzlichen Frist nicht auf das Auskunftsersuchen vom 29. Jänner 2013 reagiert habe. Der Beschwerdeführer beantragt, der Beschwerde stattzugeben und der Beschwerdegegnerin aufzutragen, dem Beschwerdeführer Auskunft über die Verarbeitung seiner Daten im Zusammenhang mit dem Mahnvorgang vom 17. Jänner 2013 im Umfang des § 26 Abs. 1 DSG 2000 zu erteilen, dies bei sonstiger Exekution.
5. Über Aufforderung der Datenschutzkommission zur Stellungnahme führt die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 5. Juli 2013 aus, mangels Vorliegen eines Identitätsnachweises dem Auskunftsbegehren nicht entsprechen zu können. Sollte ein Identitätsnachweis erfolgen, würde dem Auskunftsbegehren unverzüglich entsprochen.
6. Der Beschwerdeführer merkt dazu im Rahmen des Parteiengehörs mit Äußerung vom 7. August 2013 an, dass die Beschwerdegegnerin in der Vergangenheit nie einen formellen Identitätsnachweis verlangt habe. Sie wäre aber nach der Rechtsprechung der Datenschutzkommission dennoch verpflichtet gewesen, innerhalb der achtwöchigen Frist dem Beschwerdeführer gegenüber schriftlich zu begründen, weshalb keine Auskunft erteilt werde. Das Unterbleiben jeglicher Reaktion auf ein Auskunftsbegehren verletze den Beschwerdeführer aber jedenfalls in seinem subjektiven Recht auf Auskunft.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf der Beschwerde vom 29. März 2013, ergänzt durch Eingaben vom 23. April und vom 7. Mai 2013, sowie auf dem Schreiben des Rechtsanwalts des Beschwerdeführers an die Beschwerdegegnerin vom 29. Jänner 2013 und auf dem Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 8. Februar 2013; weiters auf der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 5. Juli 2013 sowie auf der Äußerung des Beschwerdeführers vom 7. August 2013.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer durch Nichtbeantwortung des Auskunftsersuchens vom 29. Jänner 2013 in seinem Recht auf Auskunft verletzt hat.
C. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 lautet samt Überschrift:
„Grundrecht auf Datenschutz
§ 1. […]
(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunter-stützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen
1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;
2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.“
§ 26 Abs. 1 und 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„Auskunftsrecht
§ 26. (1) Ein Auftraggeber hat jeder Person oder Personengemeinschaft, die dies schriftlich verlangt und ihre Identität in geeigneter Form nachweist, Auskunft über die zu dieser Person oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten zu geben. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen eines Betroffenen sind auch Namen und Adressen von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Wenn zur Person des Auskunftswerbers keine Daten vorhanden sind, genügt die Bekanntgabe dieses Umstandes (Negativauskunft). Mit Zustimmung des Auskunftswerbers kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
[…]
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Auskunftswerber am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.“
§ 31 Abs. 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31. (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.“
2. Rechtliche Schlussfolgerungen:
2.1. § 26 Abs. 1 DSG 2000 knüpft die Auskunftserteilung an die Bedingung, dass der Betroffene gegenüber dem Auftraggeber seine Identität nachweist. Der Identitätsnachweis ist conditio sine qua non für das Entstehen eines Anspruchs auf inhaltliche Auskunft. Diese Bestimmung hat den klar erkennbaren Zweck, jedem möglichen Missbrauch des Auskunftsrechts zur Informationsbeschaffung durch Dritte einen Riegel vorzuschieben. Ein Auftraggeber darf ohne Vorliegen eines Identitätsnachweises keine Daten an den Auskunftswerber – von dem er in diesem Moment nur annehmen kann, dass er tatsächlich Betroffener ist – übermitteln, da er sonst das Datengeheimnis gemäß § 15 Abs. 1 DSG 2000 verletzen könnte (vgl. dazu den Bescheid der Datenschutzkommission vom 4. Mai 2004, GZ K120.905/0008-DSK/2004, sowie auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 2008, Zl. 2004/06/0221).
2.2. Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass nach der Rechtsprechung der Datenschutzkommission die Nichterbringung des Identitätsnachweises einen Auftraggeber grundsätzlich nicht dazu berechtigt, das Auskunftsverlangen zur Gänze ohne schriftliche Antwort zu lassen. Gemäß dem klaren Wortlaut des § 26 Abs. 4 erster Satz DSG 2000 ist in diesem Fall schriftlich zu begründen, warum die Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt werden kann. Aus dem Gesamtzusammenhang des § 26 DSG 2000 ist abzuleiten, dass das Fehlen eines Identitätsnachweises einer der Hinderungsgründe ist, die in einer solchen schriftlichen Antwort an den Auskunftswerber anzuführen sind (vgl. dazu etwa zuletzt den Bescheid der Datenschutzkommission vom 10. April 2013, GZ K121.924/0006- DSK/2013, noch nicht im RIS).
Jedoch übersieht der Beschwerdeführer, dass an ein von einem rechtskundigen Parteienvertreter verfasstes Auskunftsbegehren strengere Anforderungen zu stellen sind, weil davon auszugehen ist, dass dieser – im Gegensatz zu einem rechtsunkundigen Betroffenen – mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vertraut ist, sodass eine allfällige „Manuduktionspflicht“ eines Auftraggebers weitgehend entfällt.
Nach der Rechtsprechung der Datenschutzkommission löst ein an einen rechtsunkundigen Auftraggeber des privaten Bereichs gerichtetes anwaltliches, in der „Ich-Form“ verfasstes Schreiben, in welchem lediglich darauf hingewiesen wird, einen Auskunftswerber zu vertreten, ohne dass diesem Schreiben ein Identitätsnachweis des Auskunftswerbers selbst oder eine an den Anwalt vom Auskunftswerber erteilte Vollmacht beigefügt ist, keine Auskunftspflicht eines Auftraggebers aus, weil es sich diesfalls um kein gültiges Auskunftsersuchen im Sinne des § 26 Abs. 1 DSG 2000 handelt. In diesem Fall entfällt auch die Pflicht des Auftraggebers, den Auskunftswerber zur nachträglichen Vorlage eines Identitätsnachweises aufzufordern (vgl. dazu den Bescheid der Datenschutzkommission vom 10. Juli 2009, GZ K121.495/0013 DSK/2009, sowie auch Jahnel , Handbuch Datenschutzrecht [2010] S. 371 mwN).
Da dies auf das vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers verfasste Schreiben vom 29. Jänner 2013 zutrifft, war die Beschwerde sohin mangels Vorliegen eines gültigen Auskunftsersuchens, auf welches die Beschwerdegegnerin hätte reagieren müssen, spruchgemäß abzuweisen.
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