[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 21. Januar 2009 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Dr. Richard A*** in Wien (Beschwerdeführer) vom 6. August 2008 gegen die K*** GmbH in M*** (Beschwerdegegnerin), vertreten durch Dr. Johannes B***, Rechtsanwalt in ***, wegen Verletzung im Recht auf Auskunft wird entschieden:
- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen : § 1 Abs. 3 Z 1, §§ 26 und 31 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g :
A. Vorbringen der Parteien
1. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Auskunft nach § 1 Abs. 3 Z 1 iVm § 26 Abs. 1 DSG 2000 dadurch, dass die Beschwerdegegnerin auf sein Begehren vom 25. Juli 2008, auf Auskunft gemäß § 26 DSG 2000 und gleichzeitig „als Beitrag zur Mitarbeit und um unnötigen Aufwand zu vermeiden“ auf Bekanntgabe einer Liste jener (Filial )Standorte, welche über eine Videoüberwachung verfügen, die Bekanntgabe der Standorte verweigert und keine Auskunft erteilt habe. Es werde daher beantragt, die Datenschutzkommission möge das Auskunftsrecht durchsetzen bzw. dem Antragsgegner auftragen, bekannt zu geben, in welchen Filialen/sonstigen Standorten Videoüberwachung stattfinde und „daher Daten vom Antragsteller verarbeitet werden.“
2. Die damit konfrontierte Beschwerdegegnerin hat ihre ursprüngliche Reaktion auf das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers (Schreiben vom 31. Juli 2008) mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 ergänzt.
3. Im dazu gewährten Parteiengehör äußerte sich der Beschwerdeführer nicht.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand
1. die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin im Rahmen des Auskunftsrechts zur Bekanntgabe ihrer Filialstandorte, welche über Videoüberwachung verfügen, verpflichtet war und
2. die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin auf das restliche Begehren des Beschwerdeführers vom 25. Juli 2008 rechtmäßig reagiert hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende
Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer stellte am 25. Juli 2008 folgendes
Begehren an die Beschwerdegegnerin:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie führen personenbezogene Datenverarbeitung(en) und Datenanwendungen. Wie ich festgestellt habe befindet sich darunter lt. DVR-Registerauszug (DVR: 00***) unter Datenanwendung *** auch eine Videoüberwachung.
Sie werden um Auskunft der diesbezüglichen Daten lt. § 26 ersucht.
Im Sinne der Mitarbeit (§ 26 Abs. 3 DSG 2000) ersuche ich Sie, mir all jene Filialen und sonstigen Standorte bekannt zu geben in/an denen eine Videoüberwachung statt findet.
…
Anlage: Ausweiskopie“
Die Beschwerdegegnerin beantwortete rechtsanwaltlich vertreten das Auskunftsbegehren mit Schreiben vom 31. Juli 2008 wie folgt:
„Sehr geehrter Herr Dr. A***!
Wir wenden uns an Sie in rechtsfreundlicher Vertretung der [Beschwerdegegnerin] die uns Ihre Anfrage vom 25.7.2008 zur Beantwortung übergeben hat.
Gem. § 26 Abs. 1 DSG 2000 sind einem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben. Allgemeine Auskünfte, wie Sie sie ansprechen, sind nicht vorgesehen und scheint Ihr Auskunftsbegehren daher gemäß der einschlägigen Bestimmungen des DSG nicht gedeckt. Sollten Sie diese Meinung nicht teilen, ersuchen wir Sie um entsprechende Begründung.“
Beweiswürdigung: Der Inhalt dieser Schreiben, die Beilage zur Beschwerde waren, ergibt sich aus diesen selbst.
Im Verfahren vor der Datenschutzkommission richtete die Beschwerdegegnerin folgendes weiteres Schreiben vom 12. Dezember 2008 an den Beschwerdeführer:
„Sehr geehrter Herr Dr. A***!
Wie wir von der Datenschutzkommission erfahren haben, haben Sie dort eine Beschwerde wegen Verletzung des Auskunftsrechts gegen unsere Mandantschaft, die [Beschwerdegegnerin], eingebracht und sich dabei auf Ihr Auskunftsbegehren vom 25.07.2008 gestützt.
Wir haben Ihr seinerzeitiges Auskunftsbegehren unverzüglich mit Schreiben vom 31.07. 2008 beantwortet und darauf bis heute von Ihnen keine Reaktion erhalten.
Wir gingen daher davon aus, dass Sie unsere Argumentation akzeptiert haben.
Ihr Auskunftsbegehren war so allgemein gefasst, dass eine Auskunftserteilung weder gemäß § 26 DSG gedeckt, noch möglich gewesen wäre. Sie haben durch Nichtbeantwortung unseres Schreibens vom 31.07.2008 auch Ihre Mitwirkungspflicht gemäß § 26 Abs. 3 DSG 2000 verletzt….“
Der Beschwerdeführer hat weder auf das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 31. Juli 2008 noch auf jenes vom 12. Dezember 2008 reagiert.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Schreiben selbst, das am 15. Dezember 2008 auch der Datenschutzkommission übermittelt wurde. Dass der Beschwerdeführer auch gegenüber der Beschwerdegegnerin auf dieses Schreiben nicht reagiert hat, wurde von deren Rechtsvertretung in einem Telefonat dem zuständigen Sachbearbeiter der Datenschutzkommission vom 8. Jänner 2009 bestätigt.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 lautet:
„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen
1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;
2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.
(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.
(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, daß Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.“
§ 26 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Er lautet hier wesentlich wie folgt:
„Auskunftsrecht
§ 26. (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen.
Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit
1. des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder
2. der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder
3. der Sicherung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder
4. des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder
5. der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten
ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z 1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 Abs. 4.
(3) Der Betroffene hat am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.
…“
§ 4 Z 3 DSG 2000 lautet:
„§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
…
3. "Betroffener": jede vom Auftraggeber (Z 4) verschiedene natürliche oder juristische Person oder Personengemeinschaft, deren Daten verwendet (Z 8) werden;“
2. Rechtliche Schlussfolgerungen:
1. Bekanntgabe der mit Videoüberwachung ausgestatteten Filialstandorte der Beschwerdegegnerin
Gemäß § 26 Abs. 1 DSG 2000 hat die Auskunft die zu einer Person verarbeiteten Daten (§ 4 Z 1: „Angaben über Betroffene“), die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen.
Soweit der Beschwerdeführer daher die Standorte bzw. Filialen der Beschwerdegegnerin, in welchen die zu DVR 00*** gemeldete Datenanwendung „Videoüberwachung zum Besitz- und Eigentumsschutz in den österreichischen Filialen der Antragstellerin“ mittels eines Begehrens gestützt auf § 1 und § 26 DSG 2000 in Erfahrung zu bringen versucht, ist ihm entgegen zu halten, dass ein solcher Anspruch von § 26 DSG 2000 nicht umfasst ist. Selbst einem Betroffenen (§ 4 Z 3 DSG 2000) steht deshalb keine solche Auskunft zu, wie sie der Beschwerdeführer verlangt hat. Umso weniger gilt dies für jemanden, der – wie der Beschwerdeführer – seine Betroffenenstellung nicht einmal behauptet hat.
Auch ein Verweis auf § 26 Abs. 3 DSG 2000 („im Sinne der Mitarbeit“) ist in diesem Zusammenhang untauglich, normiert dieser doch die Mitwirkungsobliegenheit des Betroffenen zu einem bestimmten Zweck, nämlich um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden. Eine Pflicht des Auftraggebers einer Datenanwendung zur Erteilung von Auskünften kann daraus nicht abgeleitet werden.
Die Beschwerde war daher in diesem Punkt abzuweisen.
2. Reaktion auf das restliche Begehren
Der Beschwerdeführer begehrte von der Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 25. Juli 2008 überdies Auskunft der Daten aus der zu DVR 00***, DAN *** registrierten Datenanwendung Videoüberwachung („diesbezüglichen Daten“). Es erscheint der Datenschutzkommission schon sehr zweifelhaft, ob dieses – mangels irgendeines Bezuges auf den Auskunftswerber – Schreiben überhaupt als Auskunftsbegehren iSd § 26 DSG 2000 zu werten ist.
Selbst wenn man ein Auskunftsbegehren annimmt, sind die Angaben des Auskunftswerbers allerdings zu allgemein gehalten. Er gibt weder an, inwiefern er überhaupt Betroffener (§ 4 Z 3 DSG 2000) dieser Datenanwendung ist noch gibt er der Beschwerdegegnerin Anhaltspunkte, welche ihr die Auffindbarkeit von etwaigen Daten des Beschwerdeführers in dieser Datenanwendung erleichtern bzw. überhaupt erst ermöglichen würden. Zwar war dem Auskunftsbegehren eine Ausweiskopie angeschlossen, doch beinhaltet es keine Anhaltspunkte hinsichtlich Örtlichkeit (zb Filiale) oder Zeit seines Aufenthaltes im überwachten Bereich bzw. seiner Person zum vermeintlichen Aufenthaltszeitpunkt (zB Kleidung).
Auch die Beschwerdegegnerin hat aufgrund ihrer Reaktion vom 31. Juli 2008 das Begehren nicht als Auskunftsbegehren nach § 26 DSG 2000 gedeutet und dies dem Beschwerdeführer auch mitgeteilt. Sie hat dadurch gesetzmäßig auf das Auskunftsschreiben reagiert, indem Sie („Sollten Sie diese Meinung nicht teilen, ersuchen wir Sie um entsprechende Begründung“) den Beschwerdeführer zur Mitwirkung (§ 26 Abs. 3 DSG 2000) aufgefordert hat. Auf dieses Schreiben hat der Beschwerdeführer allerdings nicht reagiert (wie auch auf ein weiteres Schreiben der Beschwerdegegnerin während des gegenständlichen Verfahrens).
Die Beschwerde war daher auch in diesem Punkt abzuweisen.
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