[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Mag. HUTTERER, Dr. STAUDIGL, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 29. September 2006 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Oswald H*** (Beschwerdeführer) aus A*** gegen die X*** Partei, Landesorganisation N*** (kurz: X-P N***, belangter datenschutzrechtlicher Auftraggeber zu DVR:
0123***, Beschwerdegegner), vom 29. März 2006 (Eingangsdatum) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft über eigene Daten in Folge Nichtbeantwortung des Auskunftsbegehrens vom 7. Oktober 2005, wird gemäß §§ 26 Abs.1 und 4 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr.13/2005, wie folgt entschieden:
- Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Beschwerdegegner aufgetragen, dem Beschwerdeführer binnen einer Frist von zwei Wochen Auskunft darüber zu geben, welche Daten er zur Person des Beschwerdeführers speichert, sowie die verfügbaren Informationen über die Herkunft dieser Daten bekannt zu geben.
B e g r ü n d u n g:
A) Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
Mit Beschwerde vom 29. März 2006 brachte der Beschwerdeführer unter Anschluss einer Kopie des betreffenden Schreibens vor, am 7. Oktober 2005 ein Auskunftsbegehren an den Beschwerdegegner gestellt zu haben; dieses sei nicht beantwortet worden.
Er sehe sich dadurch in seinem Recht auf Auskunft verletzt. Auf Aufforderung durch die Datenschutzkommission brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, das Auskunftsbegehren sei zwischen dem 17. und dem 21. Oktober 2005 bei der Postfiliale ***2 A*** als Einschreiben aufgegeben worden.
Der Beschwerdegegner, von der Datenschutzkommission mit Erledigung GZ: K121.143/0002-DSK/2006 vom 29. März 2006 zur Stellungnahme aufgefordert, reagierte zuerst trotz nachweislicher Zustellung (am 31. März 2006, Rückschein im Akt) gar nicht und gab keinerlei Stellungnahme ab. Erst nachdem beiden Parteien zu den vorliegenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Partiengehör gewährt worden war (Erledigung GZ: K121.143/0006-DSK/2006 vom 16. Mai 2006), teilte der Beschwerdegegner der Datenschutzkommission mit, die Daten des Beschwerdeführers stammten aus dem amtlichen Wiener Wählerverzeichnis der Magistratabeilung 62 und seien im Vorfeld der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen 2005 zum Versand von Werbematerial verwendet worden.
Auf Aufforderung der Datenschutzkommission (Erledigung GZ: K121.143/0009-DSK/2006 vom 6. Juni 2006), die Erteilung einer entsprechenden Auskunft an den Beschwerdeführer nachzuweisen, reagierte der Beschwerdegegner wiederum nicht, obwohl die per E-Mail an die Mailbox des Landesgeschäftsführers des Beschwerdegegners zugestellte Erledigung am 6. Juni 2006, 20:33 Uhr, nachweislich gelesen wurde (Bestätigung zur GZ im Akt).
B) Ermittlungsverfahren und verwendete Beweismittel
Die Datenschutzkommission hat eine Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen, Einholung einer Stellungnahme des Beschwerdegegners sowie Einsichtnahme in das Datenverarbeitungsregister zu DVR: 0123***. Den Parteien wurde zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, soweit sie nicht von ihnen selbst stammen, Parteiengehör eingeräumt.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung
Für die Datenschutzkommission steht folgender Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer verwendet personenbezogene Daten und führt automationsunterstützt Datenanwendungen durch. Er ist als Auftraggeber im bei der Datenschutzkommission eingerichteten Datenverarbeitungsregister unter DVR: 0123*** unter anderem mit der Datenanwendung „Wählerbetreuung“ (laufende Nummer 006) registriert, die eine Speicherung der Daten von Wahlberechtigten vorsieht. Für diesen Zweck wurden auch Daten des Beschwerdeführers verarbeitet und in der zweiten Jahreshälfte 2005 im Wahlkampf vor den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen für den Versand von Werbematerial für die Kandidaten und Ziele des Beschwerdegegners verwendet.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf den Stand des Datenverarbeitungsregisters (Stand per 27. April 2006) und das eigene Vorbringen des Beschwerdegegners (E-Mail des Landesgeschäftsführers der X-P N*** vom 24. Mai 2006, einliegend zu GZ: K121.143/0007-DSK/2006).
Der Beschwerdeführer richtete zwischen dem 17. und 21. Oktober ein vom 7. Oktober 2005 datierendes Auskunftsbegehren an den Beschwerdegegner. Darin verlangte er unter Hinweis auf die DVR-Nummer des Beschwerdegegners Auskunft darüber, welche Daten der Beschwerdegegner über ihn speichere und woher diese stammten.
Dieses Auskunftsbegehren blieb unbeantwortet.
Beweiswürdigung : Der Beschwerdeführer konnte zwar keinen Aufgabeschein nachweisen, durch die ausreichend genauen Angaben über Aufgabezeit und –ort sowie durch die Vorlage einer Kopie des Schreibens erscheint sein Vorbringen ausreichend glaubwürdig, um für wahr gehalten zu werden. Dazu kommt, dass der Beschwerdegegner nie bestritten hat, dieses Schreiben auch erhalten zu haben. Der Beschwerdegegner war weiters weder willens noch in der Lage, eine Beantwortung des Auskunftsbegehrens nachzuweisen oder auch nur zu bescheinigen (etwa durch Angabe des Inhalts und des Versandwegs). Daher war das Vorbringen des Beschwerdeführers, nie eine Auskunft erhalten zu haben, vollständig glaubwürdig und damit für wahr zu halten.
D) rechtliche Beurteilung
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
§ 26 Abs.1 und 4 DSG 2000 lauten unter der Überschrift „Auskunftsrecht“:
„ § 26. (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
[...]
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.“
§ 31 Abs.1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Beschwerde an die Datenschutzkommission“:
„ § 31. (1) Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 durch den Auftraggeber einer Datenanwendung, soweit sich das Auskunftsbegehren nicht auf die Verwendung von Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.“
2. Anwendung auf den Beschwerdefall :
Die Datenschutzkommission legt § 31 Abs.1 DSG 2000, ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seiner neuesten Rechtsprechung (zum Löschungsrecht und zu § 31 Abs.2 DSG 2000, vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 27. März 2006, Zl. 2004/06/0125) so aus, dass diese Bestimmung der Durchsetzung des Rechts auf Erhalt einer inhaltliche Auskunft (in eventu:
auf Erhalt einer Mitteilung und Begründung, warum eine solche nicht erfolgt) dient, und damit eine Form der Klaglosstellung möglich ist, wenn dem Betroffenen noch vor Erlassung eines Bescheids der Datenschutzkommission eine entsprechende Leistung zukommt.
Der Beschwerdegegner wurde zu Beginn des Verfahrens auf das Verbot, die Daten eines Betroffenen nach Erhalt eines Auskunftsbegehrens zu löschen, nachdrücklich hingewiesen (Aufforderung zur Stellungnahme vom 29. März 2006, GZ: K121.143/0002-DSK/2006) und noch in der Erledigung vom 6. Juni 2006, GZ: K121.143/0008-DSK/2006, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine nachträgliche Beantwortung des Auskunftsbegehrens noch möglich, die Auskunft aber gegenüber dem Beschwerdeführer zu erteilen wäre.
Der Beschwerdegegner hat lediglich der Datenschutzkommission gegenüber die Herkunft der Daten offen gelegt.
Dies kann selbst bei großzügigster Auslegung nicht als gesetzmäßige Beantwortung eines Auskunftsbegehrens gelten. Selbst wenn die Datenschutzkommission dem Beschwerdeführer gegenüber die Angaben des Beschwerdegegners zur Herkunft der Daten offen gelegt hätte, wäre das Auskunftsbegehren dennoch hinsichtlich des genauen Inhalts der über den Beschwerdeführer gespeicherten Daten noch immer unerfüllt. Der Anspruch auf Auskunft enthält das Recht, Auskunft über die verarbeiteten Daten in allgemein verständlicher Form zu erhalten. Dies bedeutet, dass der Betroffene nicht nur über die Art (Kategorien) der über ihn verarbeiteten Daten aufzuklären ist, sondern dass ihm der Inhalt dieser Daten bekannt zu geben ist. Es genügt daher nicht festzustellen, dass etwa der Name und das Geburtsdatum gespeichert seien, sondern es muss offen gelegt werden, wie die tatsächlichen Eintragungen bei diesen Datenarten Name und Geburtsdatum lauten. Weiters ist bezüglich aller in Frage kommenden Datenarten die Herkunft dieser Daten zu beauskunften und zwar in hinlänglich konkreter Form, damit der Betroffene seine Berichtigungs- und Löschungsrechte sowohl gegenüber der Quelle der Daten als auch gegenüber Übermittlungsempfängern durchsetzen kann.
Da § 40 Abs.4 DSG 2000 nur für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs gilt, war gegenüber dem Beschwerdegegner, der als politische Partei auf Grundlage des Parteiengesetzes zum privaten Bereich zu zählen ist, ein Leistungsbescheid zu erlassen, der im Fall der Nichterfüllung auch zwangsweise durchgesetzt werden kann (vgl. Bescheid der Datenschutzkommission vom 27. September 2005, GZ: K073.025/0007-DSK/2005; veröffentlicht in der RIS-Entscheidungsdokumentation der DSK, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rückverweise