[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. HEISSENBERGER, Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG; und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 28. Juni 2006 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Korbinian W in Wien (Beschwerdeführer) vom 6. September 2005 gegen das Bundesministerium für Inneres in Wien (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft wird gemäß § 1 Abs. 5 sowie § 31 Abs. 1 und 4 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, entschieden:
Der Beschwerde wird gemäß § 26 Abs. 1 und 2 Z 5 DSG 2000 teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer im Recht auf Auskunft dadurch verletzt hat, dass er mit Schreiben vom 29. August 2005 die Erteilung der vom Beschwerdeführer zuvor mit Schreiben vom 5. Juli 2005 begehrten Auskünfte betr. verfügbare Informationen über die Herkunft bestimmter Daten (soweit diese Daten nicht für strafrechtliche Zwecke ermittelt wurden), betr. allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen dieser Daten (soweit die Daten für andere als strafrechtliche Zwecke übermittelt wurden) sowie betr. die Rechtsgrundlagen für die Ermittlung bzw. Übermittlung dieser Daten unter Berufung auf § 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000 abgelehnt hat.
Das Mehrbegehren wird gemäß § 26 Abs. 1 DSG 2000 abgewiesen.
B e g r ü n d u n g:
Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass der Beschwerdegegner sein Auskunftsbegehren vom 5. Juli 2005 mit einem ihm am 31. August 2005 zugestellten Schreiben zur Gänze unter Berufung auf § 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000 abgelehnt habe.
Der Beschwerdegegner bestreitet die Ablehnung des Auskunftsbegehrens nicht. Er beruft sich jedoch auch gegenüber der Datenschutzkommission auf § 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000 und bringt weiters vor, dass die für das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer zuständige Untersuchungsrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne der vorzitierten Bestimmung bestätigt habe. Außerdem legte der Beschwerdegegner ein Rechtsgutachten des o. Univ. Prof. B(im Folgenden nur „Gutachten“) vor, in dem dieser eine Unzuständigkeit der Datenschutzkommission für die vorliegende Beschwerdesache begründet. Schließlich erhob der Beschwerdegegner auch noch Teile eines weiteren, hauptsächlich auf den Bescheid der Datenschutzkommission vom 17. Jänner 2006, GZ K121.052 und 053/0002-DSK/2006, bezogenen Gutachtens von Prof. B (in der Folge: Ergänzungsgutachten) zu seinem Vorbringen, wo ebenfalls eine Unzuständigkeit der Datenschutzkommission zu zeigen versucht wird.
Der folgende Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer richtete am 5. Juli 2005 an den Beschwerdegegner ein Begehren mit dem folgenden Inhalt (die römischen Zahlen in eckiger Klammer vor den einzelnen Abschnitten wurden von der Datenschutzkommission zur Vereinfachung eingefügt):
„[I.] RvI Karl Q (Beamter des BMI) übergab am 8. September 2003 an den BIA-Beamten BIA ** im Rahmen einer Anzeigenerstattung eine CD-ROM mit diversen Daten. Laut Niederschrift vom 8. September 2003 stammen diese Daten vom dienstlichen Notebook von Korbinian W.
Es ergeht der
ANTRAG
Auskunft darüber zu erteilen
1. Woher die von Q mit der CD-ROM an BIA ** übergebenen Daten stammen
2. auf welcher Rechtsgrundlage Karl Q personenbezogene Daten des Beschwerdeführers auf einer CD-ROM abspeicherte
3. auf welcher Rechtsgrundlage Karl Q die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers an BIA ** weitergab
4. welche Daten des Beschwerdeführers mit der CD-ROM von Q an BIA ** übergeben wurden
5. wer die übergebenen Daten von Korbinian W derzeit speichert, verwendet und weiterleitet
6. an wen diese mit der CD-ROM übergebenen Daten des Beschwerdeführers weitergeleitet wurden
7. wie lange diese Daten gespeichert bleiben.
[II.] Nach der Übergabe der oben angeführten CD-ROM wurde diese von Beamten des Bundesministeriums für Inneres, vermutlich des BIA geöffnet und das von Korbinian W stammende Datenmaterial gesichtet und in der Folge automationsunterstützt verarbeitet und weitergeleitet.
Es ergeht der
ANTRAG
Auskunft darüber zu erteilen
1. auf welcher Rechtsgrundlage die CD-ROM geöffnet und die Sichtung der Daten des Beschwerdeführers erfolgte
2. welche persönlichen Daten des Beschwerdeführers konkret durch das Bundesministerium für Inneres gesichtet, verarbeitet und weitergeleitet wurden
3. welche Personen das persönliche Datenmaterial von Korbinian
W durch das Bundesministerium für Inneres zugänglich gemacht wurde, durch Vorlage in Schriftstücken als auch durch Vorzeigen von e-Mails von Korbinian W, auf Notebooks des Bundesministerium für Inneres
4. an wen das persönliche Datenmaterial von Korbinian W durch das Bundesministerium für Inneres weitergeleitet wurde
5. auf welcher Rechtsgrundlage BIA-Beamte E-mails des Beschwerdeführers entweder in Schriftstücken oder auf Laptops anderen Personen vorlegten.
In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass mit dem Verfahren gegen Korbinian W vollkommen unbeteiligte Personen den konkreten Inhalt von E-Mails, die länger als 3 Jahre zurückliegen, fast wortwörtlich wiedergeben können.
Als eines von zahlreichen Beispielen darf eine E-Mail erwähnt werden, wo sich Korbinian W um die Anmietung eines Schulungshubschraubers des Typs R 22 bemüht und der Anbieter grundsätzlich mit einer Vermietung einverstanden erklärt, jedoch die Bedingung stellt, dass bestimmte Piloten damit nicht fliegen dürfen.
[III.] Das Büro für interne Angelegenheiten als auch andere Dienststellen des Bundesministeriums für Inneres schreiben in diversen Schriftstücken, dass Korbinian W mit Liselotte R in einem intimen Verhältnis stand. Unter einem „intimen Verhältnis“ versteht man unzweifelhaft das Sexualleben einer Person.
Es ergeht der
ANTRAG
Auskunft darüber zu erteilen
1. woher die Daten über das Sexualleben von Korbinian W stammen
[IV.] Das Büro für interne Angelegenheiten schreibt in einem Schriftstück vom 11. Februar 2004 ‚Am 11. Februar 2004 erlangte die ho. Dienststelle Kenntnis davon, dass RA Dr. A namens seines Mandanten W der ACG im Zuge des da. anhängigen Verlässlichkeitsüberprüfungsverfahren eine Kopie des Bordbuches des oben erwähnten Fluges vom 21.06.2002 mit dem Hubschrauber D-ABCD... vorgelegt haben.’
Es ergeht der
ANTRAG
Auskunft darüber zu erteilen
1. woher stammen die personenbezogenen Daten, dass Korbinian W Unterlagen an die ACG (Austro Control GmbH) vorgelegt hat
2. woher stammen die Daten, dass die Austro Control GmbH ein Verlässlichkeitsprüfungsverfahren gegen Korbinian W durchführt
3. an wen wurden diese Daten weitergeleitet?
[V.] Das BIA schreibt in einem Schriftstück vom 27. November 2003, „dass es vertrauliche Informationen darüber hat, dass Korbinian W das Handy mit der Rufnummer 0664/fff verwendet, dieses Handy ist auf die Ü GmbH registriert, ein verflochtenes Unternehmen zur ÜAir, für welche W als Pilot tätig ist“.
Es ergeht der
ANTRAG
Auskunft darüber zu erteilen
1. woher die Information stammt, dass Korbinian W das Handy mit der Rufnummer 0664/fff verwendet
2. woher die Information stammt, dass Korbinian W ein Handy der Ü GmbH verwendet
3. auf welcher Rechtsgrundlage die Ermittlung der Rufnummer sowie des Eigentümers (Ü GmbH) erfolgte.
[VI.] Das Bundesministerium für Inneres führte „Observationen“ der Person Korbinian W durch.
Es ergeht der
ANTRAG
Auskunft darüber zu erteilen
1. auf welcher Rechtsgrundlage die Observationen (dienen der Ermittlung von personenbezogenen Daten) erfolgten
2. welche Daten über Korbinian W im Zuge der Observationen gespeichert und verarbeitet wurden
3. an welchen Tagen und in welchem Zeitraum Observationen von Korbinian W erfolgten
Mit Schreiben vom 29. August 2005 teilte der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer mit, dass in Entsprechung des § 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000 keine Auskunft erteilt werden könne. Da sich die vom Beschwerdeführer gestellten Fragen auf ein gegen ihn anhängiges strafgerichtliches Verfahren beim Landesgericht für Strafsachen Wien beziehen würden, sei eine Auskunftserteilung auf Grund eines in diesem Zusammenhang bestehenden überwiegenden öffentlichen Interesses (Verfolgung einer Straftat) entsprechend der zitierten Bestimmung nicht möglich.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem insofern unbestrittenen Beschwerdevorbringen.
Gegen den Beschwerdeführer ist zur GZ aaa Ur ooo/03a des Landesgerichts für Strafsachen Wien ein Strafverfahren wegen des Verdachts des (allenfalls qualifizierten) Betruges bzw. Amtsmissbrauches anhängig, welches sich zu diesem Zeitpunkt im Stadium der Voruntersuchung befand. Am 12. Februar 2004 hatte die Untersuchungsrichterin den Beschwerdegegner um Vornahme aller zweckdienlichen Erhebungen ersucht.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem insofern unbestrittenen Beschwerdevorbringen.
Der Beschwerdegegner hatte am 29. August 2005 in einem persönlich überreichten Schreiben die zuständige Untersuchungsrichterin über das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers und die beabsichtigte Ablehnung informiert. Diese erklärte daraufhin am Nachmittag desselben Tages einem Mitarbeiter des Beschwerdegegners telefonisch, dass sie dagegen nichts einzuwenden habe. Darüber hinaus hat die Untersuchungsrichterin hinsichtlich der Auskunftserteilung keine Veranlassungen getroffen.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen zunächst auf einer Akteneinsicht der Datenschutzkommission in den Akt aaa Ur ooo/03a des Landesgerichts für Strafsachen Wien. Daraus liegen der Datenschutzkommission das Schreiben an die Untersuchungsrichterin vom 29. August 2005 mit der Verfügung „1. persönlich überbracht am 29.8.05; 2. Der StA Wien im Nachhang zum hg. Akt“ sowie der Antrags- und Verfügungsbogen in dieser Strafsache vor, auf dem sich keine auf dieses Schreiben bezogene Verfügung der Untersuchungsrichterin findet. Die Untersuchungsrichterin wäre zur Dokumentation einer solchen Verfügung gemäß § 508 Z 2 der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz, BGBl Nr. 264/1951 idF BGBl II Nr. 164/2002, verpflichtet gewesen und es liegen keine Anhaltspunkte, die auf eine Verletzung dieser Dokumentationspflicht schließen lassen, vor. Die Feststellungen beruhen weiters auf dem vom Beschwerdegegner vorgelegten Aktenvermerk über das Telefongespräch mit der Untersuchungsrichterin am 29. August 2005, 15.05 Uhr.
Dieses Strafverfahren wurde seinerzeit am 8. September 2003 durch eine im Büro für interne Angelegenheiten des Beschwerdegegners erstattete Anzeige von Karl Q, einem früheren Mitarbeiter des Beschwerdeführers, in Gang gebracht. Dabei übergab dieser auch eine in seiner Gewahrsame befindliche CD-ROM, die er seinerzeit als Sicherungskopie von Dateien auf dem dienstlichen Laptop des Beschwerdeführers angefertigt hatte. Dazu gab er zu Protokoll: „Die auf CD gebrannten Daten wurden [...] nicht benötigt. [...] Nachdem ich kürzlich bei mir zuhause aufgeräumt und alte Programme entsorgt habe, ist mir auch jene CD mit den kopierten Datensätzen des W in die Hände gefallen“
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen ebenfalls auf der Akteneinsicht der Datenschutzkommission in den Gerichtsakt, wo auch die protokollierte Anzeige vom 8. September 2003 einliegt.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften:
Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden.
Gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, daß Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.
Unter einer Datenanwendung ist gemäß § 4 Z 7 DSG 2000 die Summe der in ihrem Ablauf logisch verbundenen Verwendungsschritte zu verstehen, die zur Erreichung eines inhaltlich bestimmten Ergebnisses (des Zweckes der Datenanwendung) geordnet sind und zur Gänze oder auch nur teilweise automationsunterstützt, also maschinell und programmgesteuert, erfolgen (automationsunterstützte Datenanwendung).
§ 26 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Dieser lautet auszugsweise:
„ § 26. (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit
[...]
5. der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten
ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z 1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 Abs. 4.
[...]
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.
(5) In jenen Bereichen der Vollziehung, die mit der Wahrnehmung der in Abs. 2 Z 1 bis 5 bezeichneten Aufgaben betraut sind, ist, soweit dies zum Schutz jener öffentlichen Interessen notwendig ist, die eine Auskunftsverweigerung erfordert, folgendermaßen vorzugehen: Es ist in allen Fällen, in welchen keine Auskunft erteilt wird - also auch weil tatsächlich keine Daten verwendet werden -, anstelle einer inhaltlichen Begründung der Hinweis zu geben, daß keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten über den Betroffenen verwendet werden. Die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission nach § 31 Abs. 4.
[...]“
§ 31 Abs. 1 und 4 DSG 2000 lautet:
„ § 31. (1) Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 durch den Auftraggeber einer Datenanwendung, soweit sich das Auskunftsbegehren nicht auf die Verwendung von Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
[...]
(4) Beruft sich ein Auftraggeber des öffentlichen Bereichs bei einer Beschwerde wegen Verletzung des Auskunfts-, Richtigstellungs- oder Löschungsrechts gegenüber der Datenschutzkommission auf die §§ 26 Abs. 5 oder 27 Abs. 5, so hat diese nach Überprüfung der Notwendigkeit der Geheimhaltung die geschützten öffentlichen Interessen in ihrem Verfahren zu wahren. Kommt sie zur Auffassung, daß die Geheimhaltung von verarbeiteten Daten gegenüber dem Betroffenen nicht gerechtfertigt war, ist die Offenlegung der Daten mit Bescheid aufzutragen. Gegen diese Entscheidung der Datenschutzkommission kann die belangte Behörde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Wurde keine derartige Beschwerde eingebracht und wird dem Bescheid der Datenschutzkommission binnen acht Wochen nicht entsprochen, so hat die Datenschutzkommission die Offenlegung der Daten gegenüber dem Betroffenen selbst vorzunehmen und ihm die verlangte Auskunft zu erteilen oder ihm mitzuteilen, welche Daten bereits berichtigt oder gelöscht wurden.“
2. Zur Zuständigkeit der Datenschutzkommission:
Vom Beschwerdegegner wird die Zuständigkeit der Datenschutzkommission zur Entscheidung über die vorliegende Auskunftsbeschwerde bestritten mit der Begründung, dass das Auskunftsverlangen Tätigkeiten des BMI/BIA betreffe, die der Gerichtsbarkeit zuzuordnen seien und daher gemäß § 31 DSG 2000 der Beurteilung durch die DSK entzogen seien. Näherhin wird versucht, dies aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 2 DSG 2000 abzuleiten: Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission sei deshalb nicht gegeben, weil sich die Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der als Organ der Gerichtsbarkeit tätig gewesen sei. Aus der Bemerkung in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 31 DSG 2000, dass im Rahmen des § 31 DSG 2000 die Zurechnung von Tätigkeiten zu Verwaltung, Gesetzgebung oder Gerichtsbarkeit nach funktionalen Gesichtspunkten vorzunehmen sei, wird geschlossen, dass die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafjustiz („Gerichtspolizei“) immer ‚Gerichtsbarkeit’, weil funktionell gerichtliches Handeln sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Rechtsprechung (z.B. des VwGH) ein Handeln der Sicherheitsbehörden ohne richterlichen Auftrag als Handeln ‚der Verwaltung’ qualifiziere, da hiebei lediglich der Form nach Verwaltungshandeln vorliege und nicht Verwaltungshandeln in jenem funktionellen Sinn, der nach § 31 DSG 2000 für die Zuständigkeit der DSK erforderlich sei.
Im vorliegenden Fall muss überdies bedacht werden, dass der um Auskunft ersuchte Auftraggeber im Sinne des § 4 Z 4 DSG 2000 „das Bundesministerium für Inneres“ ist und nicht das BIA, das nur eine Abteilung im BMI ist und keinerlei gesetzliche Eigenkompetenz besitzt und daher mangels Zurechenbarkeit gesetzlicher Aufgaben nicht als Auftraggeber in Frage kommt. Ein Auskunftsbegehren an das BMI ist ein solches an ein Verwaltungsorgan und unterliegt daher auch der Prüfungskompetenz der DSK nach § 31 Abs. 1 DSG 2000: Eine Besonderheit aller Auskunftsbegehren liegt eben darin, dass der Inhalt einer Auskunft zum Zeitpunkt der Stellung des Auskunftsbegehrens noch nicht bekannt ist und daher die Zuständigkeit zur Überprüfung von Auskunftsverweigerungen nicht anhand eines nicht bekannten Inhalts einer allenfalls später zu gebenden Auskunft beurteilt werden kann. Die Zuständigkeit zur Überprüfung von Auskunftsverweigerungen kann nur anhand von äußeren, zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens bereits manifesten Merkmalen beurteilt werden – dies ist im vorliegenden Fall das Faktum, dass der um Auskunft ersuchte Auftraggeber eine Verwaltungsbehörde ist. Die Datenschutzkommission geht daher von ihrer Zuständigkeit zur Entscheidung über die vorliegende Auskunftsbeschwerde aus. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 16. Februar 2000, Zl. 96/01/0570, und die ständige Entscheidungspraxis der DSK (vgl. u.a. K121.052, K121.053, K121.108, K121.110, K121.114 u. K121.123) zu verweisen.
3. Inhaltliche Beurteilung
aa) Zunächst ist anzumerken, dass sich der Beschwerdegegner bei der Verweigerung der Auskunft gegenüber dem Beschwerdeführer ausdrücklich auf § 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000 berufen hat, und nicht die nach § 26 Abs. 5 leg. cit. für diese Fälle vorgesehene „Standardantwort“ gegeben hat. Darin allein vermag die Datenschutzkommission noch keine Verletzung im Recht auf Auskunft zu erkennen, da der Kenntnisstand des Beschwerdeführers dadurch jedenfalls nicht geringer ist als bei Erteilung der Standardantwort.
bb) Der Beschwerdegegner hat sich auch gegenüber der Datenschutzkommission auf § 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000 berufen, sodass diese das Beschwerdeverfahren nach den besonderen Vorschriften des § 31 Abs. 4 DSG 2000 geführt hat.
Der Beschwerdegegner hat der Datenschutzkommission auch nach ausdrücklicher Aufforderung hiezu mit Schreiben vom 22. November 2005 (unbestritten zugestellt am 2. Jänner 2006) die mit Auskunftsbegehren vom 5. Juli 2005 verlangten Informationen über Herkunft, Rechtsgrundlage der Ermittlung etc. von bestimmten, den Beschwerdeführer betreffenden Daten weder offen gelegt noch – über die pauschale Berufung auf § 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000 hinausgehend – die Erforderlichkeit von deren Geheimhaltung konkret dargelegt.
Als nicht relevant für die Pflicht zur Auskunftserteilung hat sich auch die zunächst erhobene Behauptung des Beschwerdegegners erwiesen, die zuständige Untersuchungsrichterin hätte die Auskunftsverweigerung angeordnet. Das dokumentierte bloße „Einverständnis“ der Richterin mit der Vorgangsweise des Beschwerdegegners kann nicht als bindende Verfügung im Sinn des § 113 Abs. 1 StPO (vgl. dazu den Bescheid der Datenschutzkommission vom 16. Dezember 2005, GZ K121.064 und 065/0007-DSK/2005) gedeutet werden und entbindet daher den Beschwerdegegner nicht von seiner Auskunftspflicht als Auftraggeber.
Auch wenn außer Zweifel steht, dass das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht nicht dazu benutzt werden kann, um im strafprozessualen Vorverfahren dem Beschuldigten Kenntnis vom jeweiligen Stand der Ermittlungen gegen ihn zu verschaffen – diesen Zweck kann er nur im Rahmen der ihm von der StPO hiefür zur Verfügung gestellten Mittel verfolgen – muss die Frage der Pflicht zur Auskunftserteilung im vorliegenden Fall angesichts des besonderen Gegenstands des Auskunftsbegehrens näher geprüft werden: Der Beschwerdeführer hat im Zusammenhang mit ganz bestimmten Daten, die über ihn vom BMI ihm bekanntermaßen – und unbestrittenermaßen - verarbeitetet werden, Auskunft über bestimmte Zusatz informationen verlangt, wie die Herkunft dieser Daten, die jeweilige Rechtsgrundlage der Ermittlung und Übermittlung, allfällige Empfänger dieser Daten oder die jeweilige Speicherdauer.
Die Datenschutzkommission kann, da das BMI ihr gegenüber keine detaillierte inhaltliche Äußerung zum Auskunftsbegehren abgegeben hat, nicht abschließend beurteilen, ob die in Rede stehenden Daten zur Gänze und ausschließlich für Zwecke strafrechtlicher Vorerhebungen oder Voruntersuchungen ermittelt wurden, doch ist, selbst wenn dies so sein sollte, ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Geheimhaltung der Informationen über die Rechtsgrundlage der Ermittlung dieser Daten für die Datenschutzkommission nicht erkennbar.
Anders wird die Information über die Herkunft der in Rede stehenden Daten zu beurteilen sein, soweit sie für strafrechtliche Zwecke ermittelt wurden, da das Aufdecken von Informationsquellen die weiteren Ermittlungen allenfalls behindern könnte. Die Rechtsschutzinteressen des Beschuldigten können durch Nicht-Offenlegung im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens auch nicht endgültig beeinträchtigt werden, da die Ermittlungsquellen spätestens im Strafprozess schon im Hinblick auf ihre Beweiskraft offen gelegt werden müssen.
Was schließlich Auskunft über jene Personen oder Institutionen betrifft, an die die in der Beschwerde benannten Daten weitergegeben wurden, ist der Datenschutzkommission aus anderem Zusammenhang amtsbekannt, dass Übermittlungen von Daten aus Erhebungen gegen den Beschwerdeführer nicht nur an die Staatsanwaltschaft und die zuständige Untersuchungsrichterin erfolgt sind. Auch hier wäre daher von dem um Auskunft nach § 26 DSG 2000 ersuchten BMI offen zu legen, ob und an wen diese Daten außerhalb der strafgerichtlichen Vorerhebungen bzw. Voruntersuchungen übermittelt worden sind.
Zu beachten ist allerdings, dass das Auskunftsbegehren zum Teil über den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 26 DSG 2000 hinausgeht. Dies ist hinsichtlich der Fragen I.5., I.7., III.4., III.7. und VI.5 offenkundig. § 26 Abs. 1 DSG 2000 enthält weder einen Anspruch auf Bekanntgabe der Speicherdauer von Daten, noch auf Nennung konkreter Personen oder Organisationseinheiten innerhalb eines Auftraggebers, die Zugang zum Datenbestand haben, es sei denn, dass sich daraus die Weiterleitung an ein anderes Aufgabengebiet ergibt, in welchem Fall eine Übermittlung vorläge (vgl. § 4 Z 12 DSG 2000 sowie GZ K121.015/0009-DSK/2005).
Weiters beziehen sich die Fragen I.2. und I.3. auf einen zur Gänze aufgegeben früheren Verwendungszweck einer CD-ROM sowie die Rechtsgrundlage für frühere Verwendungsvorgänge. Durch diese gänzliche Zweckänderung ist jedoch, da § 4 Z 7 DSG 2000 den Zweck als identitätsstiftenden Bestandteil einer Datenanwendung bestimmt, die frühere Datenanwendung untergegangen und eine neue geschaffen worden. § 26 Abs. 1 DSG 2000 umfasst aber nur „verarbeitete Daten“, worunter in einer gegenwärtig existierenden Datenanwendung vorhandene Daten zu verstehen sind, nicht jedoch Daten in früheren Datenanwendungen, selbst wenn die Daten physisch identisch sind und nur der Zweck ihrer Verwendung (unter Aufgabe des früheren Zweckes) geändert wurde.
Bei Ausübung und Durchsetzung des Auskunftsrechts sind im Allgemeinen weder dem Auskunftswerber noch der Datenschutzkommission die allenfalls zu beauskunftenden Daten im Einzelnen bekannt, ansonsten wäre das Recht sinnlos bzw. würde die Datenschutzkommission an die Stelle des zur Auskunft verpflichteten Auftraggebers treten. In einem Verfahren nach § 31 Abs. 1 DSG 2000 kann es daher zunächst nicht Aufgabe der Datenschutzkommission sein, durch Feststellung sämtlicher in Verbindung mit dem Auskunftsersuchen stehender Daten im Bescheid die Auskunftserteilung durch den Auftraggeber vorwegzunehmen. Freilich kann auch in Verfahren nach § 31 Abs. 1 DSG 2000 die Ermittlung des Inhalts vom Beschwerdegegner verarbeiteter Daten, auf die sich ein vorangegangenes Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 1 DSG 2000 bezogen hat, erforderlich sein, etwa wenn es um die Vollständigkeit einer bereits erteilten Auskunft geht, aber auch in einem „besonderen Beschwerdeverfahren“ nach § 31 Abs. 4 DSG 2000, wo eine Prüfung der Notwendigkeit der Geheimhaltung von Daten zu erfolgen hat. Allenfalls können der Datenschutzkommission solche Daten oder damit in Verbindung stehende Umstände auch auf Grund besonderer Konstellationen, zB aus früheren Verfahren, bekannt sein.
Spruchgemäß war daher die Verletzung im Recht auf Auskunft in dem von § 26 Abs. 1 DSG 2000 bestimmten Umfang in Bezug auf das Auskunftsbegehren vom 5. Juli 2005 festzustellen und gemäß § 31 Abs. 4 leg. cit. die Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von acht Wochen aufzutragen.
Die Datenschutzkommission übersieht nicht, dass sich bei der Auskunftserteilung durch den Beschwerdegegner noch weitere Aspekte ergeben können, was die Auskunftspflicht hinsichtlich bestimmter Daten betrifft. Auf Grund der gebotenen „äußeren Betrachtungsweise“ (s. Pkt. 2) wäre dies aber in einem allfälligen weiteren Verfahren zu klären, welches die Vollständigkeit der vom Beschwerdegegner zu erteilenden Auskünfte zum Gegenstand hätte.
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