BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. FLENDROVSKY in ihrer Sitzung vom 23. Mai 2003 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde des X (Beschwerdeführer) vom 6. Dezember 2000 gegen die Bundespolizeidirektion Wien (belangtes Organ) wegen Verletzung seiner Rechte auf Geheimhaltung und Löschung wird gemäß den §§ 1 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z. 1, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr. 165/1999 (DSG 2000), in Verbindung mit den §§ 54, 55 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr. 12/1997 (WaffG), als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 6. Dezember 2000, protokolliert am 7. Dezember 2000, erstattete der Beschwerdeführer ein umfangreiches gegen das belangte Organ gerichtetes Vorbringen, dem sich in datenschutzrechtlicher Hinsicht entnehmen ließ, er erachte sich in seinen Rechten auf Geheimhaltung und Löschung durch Speicherung eines 'Waffenverbotes' beschwert. Von dieser Deutung seines Vorbringens wurde der Beschwerdeführer am 11. Juni 2001 verständigt und ist ihr nicht entgegen getreten.
Auf Grundlage der Beschwerde, der am 28. Juni 2001 eingelangten Stellungnahme des Beschwerdeführers sowie der Stellungnahmen des belangten Organs vom 2. Mai 2001 sowie vom 6. Juli 2001 samt der jeweils mit diesen Eingaben vorgelegten Urkunden wird folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt angenommen:
Über den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des belangten Organes vom 19. November 1998 (GZ. Y) ein Waffenverbot verhängt, welches seit 20. November 1998 vollstreckbar war. Eine gegen dieses Waffenverbot gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 24. August 1998 abgewiesen. Dieses Waffenverbot ist nach wie vor aufrecht.
Daraufhin wurden vom belangten Organ in der vom Bundesministerium für Inneres gemäß § 55 WaffG automationsunterstützt betriebenen Zentralen Informationssammlung Name, Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, die aktuelle sowie eine frühere Adresse des Beschwerdeführers und dazu das verhängte Waffenverbot samt Geschäftszahl gespeichert. Weiters war eine Frist bis 9. Mai 2001 mit dem Betreff 'Bericht K 19 abw.'
(Abkürzung für: 'Bericht des Bezirkspolizeikommissariates Döbling abwarten') vorgemerkt. Diese wurde mittlerweile gelöscht.
Am 21. Juni 2001 hat der Beschwerdeführer ein Löschungsersuchen an das belangte Organ gerichtet, dem von diesem nicht Rechnung getragen wurde.
Beweiswürdigung: Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den eingangs angeführten Schriftsätzen und Urkunden.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
§ 61 Abs. 3 DSG 2000 enthält Übergangsbestimmungen für Beschwerdefälle wegen Datenschutzverletzungen, die vor dem Inkrafttreten des DSG 2000 stattgefunden haben. Die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung – Speicherung sowie Unterlassung der Löschung seiner Daten aus der Zentralen Informationssammlung nach dem WaffG – betrifft aber einen behaupteterweise rechtswidrigen Dauerzustand, der auch im zeitlichen Anwendungsbereich des DSG 2000 weiterhin (großteils) aufrecht geblieben ist. Es kann sich somit um keine in der Vergangenheit liegende sondern nur um eine gegenwärtige Datenschutzverletzung handeln, demnach sind das DSG 2000 und andere datenschutzrechtliche Gesetze in ihrer im Zeitpunkt der Entscheidungsfällung geltenden Fassung anzuwenden (vgl. dazu zB den Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. August 2002, GZ. K120.645/003- DSK/2002).
Gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
Bei den Daten, welche das belangte Organ auf die Person des Beschwerdeführers bezogen verarbeitet hat, handelt es sich ausschließlich um nicht sensible Daten. Sensible Daten sind nämlich nach § 4 Z. 2 DSG 2000 nur Daten natürlicher Personen über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, Gewerkschaftszugehörigkeit oder ihr Sexualleben. Dazu zählen die über den Beschwerdeführer verarbeiteten Daten, insbesondere das über ihn verhängte Waffenverbot, nicht.
Nach § 8 Abs. 1 Z. 1 DSG 2000 sind schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nicht sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht.
Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 DSG 2000 hat jeder Auftraggeber unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten auf begründeten Antrag des Betroffenen zu löschen.
Die einschlägigen Bestimmungen des WaffG lauten:
'2. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Ermessen
§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.
[...]
Waffenverbot
§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
[...]
11. Abschnitt
Verwenden personenbezogener Daten im Rahmen der Waffenpolizei
Allgemeines
§ 54. (1) Die Waffenbehörden dürfen personenbezogene Daten nur verwenden, wenn dies zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlich und nicht unverhältnismäßig ist.
(2) Die Behörden sind ermächtigt, bei Verfahren, die sie nach diesem Bundesgesetz zu führen haben, automationsunterstützte Datenverarbeitung einzusetzen. Hierbei dürfen sie die ermittelten personenbezogenen Daten des Betroffenen verarbeiten. Personenbezogene Daten Dritter dürfen nur verarbeitet werden, wenn deren Auswählbarkeit aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nicht vorgesehen ist. Die Verfahrensdaten sind zu löschen, sobald sie nicht mehr benötigt werden, spätestens fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung.
Zentrale Informationssammlung
§ 55. (1) Die Waffenbehörden dürfen Namen, Geschlecht, frühere Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnanschrift, Staatsangehörigkeit, Namen der Eltern und Aliasdaten (Grunddatensatz) einer Person ermitteln und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung samt jenen personenbezogenen Daten des Betroffenen verarbeiten, die für dessen Berechtigung, Waffen, Munition oder Kriegsmaterial zu erwerben, einzuführen, zu besitzen oder zu führen maßgeblich sind. Personenbezogene Daten Dritter dürfen nur verarbeitet werden, wenn bei Fahndungsabfragen deren Auswählbarkeit aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nicht vorgesehen ist.
(2) Die Waffenbehörden sind ermächtigt, die von ihnen in der Zentralen Informationssammlung gespeicherten personenbezogenen Daten zu benützen. Übermittlungen der gemäß Abs. 1 verarbeiteten Daten sind an Sicherheitsbehörden und staatsanwaltschaftliche Behörden für deren Tätigkeit im Dienste der Strafrechtspflege sowie an Sicherheitsbehörden, Asylbehörden, Jagdbehörden und an österreichische Vertretungsbehörden im Ausland in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung zulässig. Im übrigen sind Übermittlungen nur zulässig, wenn hiefür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung besteht.
(3) Personenbezogene Daten, die gemäß Abs. 1 evident gehalten werden, sind für Zugriffe der Waffenbehörden als Auftraggeber zu sperren, sobald die Voraussetzungen für die Speicherung weggefallen sind oder die Daten sonst nicht mehr benötigt werden. Nach Ablauf von zwei weiteren Jahren sind die Daten auch physisch zu löschen. Während dieser Zeit kann die Sperre für Zwecke der Kontrolle der Richtigkeit einer beabsichtigten anderen Speicherung gemäß Abs. 1 aufgehoben werden.
(4) In Auskünften gemäß § 11 des Datenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 565/1978, die aus der Datenverarbeitung gemäß Abs. 1 verlangt werden, haben die Waffenbehörden auch jede andere Behörde zu nennen, die gemäß Abs. 1 Daten des Antragstellers, auf die der Zugriff (Abs. 3) nicht gesperrt ist, in der Zentralen Informationssammlung verarbeitet. Davon kann Abstand genommen werden, wenn dieser Umstand dem Antragsteller bekannt ist.
(5) Die Behörden sind als Auftraggeber verpflichtet, unbefristete Personendatensätze, auf die der Zugriff nicht gesperrt ist und die drei Jahre unverändert geblieben sind, daraufhin zu überprüfen, ob nicht die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen für eine Sperre bereits vorliegen. Solche Datensätze sind nach Ablauf weiterer drei Monate gemäß Abs. 3 für Zugriffe zu sperren, es sei denn, der Auftraggeber hätte vorher bestätigt, daß der für die Speicherung maßgebliche Grund weiterhin besteht.'
§ 54 WaffG enthält eine allgemeine Ermächtigung für die Waffenbehörden zur Verarbeitung personenbezogener Daten (unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit), die durch § 55 WaffG im Hinblick auf die zentrale Speicherung der in Abs. 1 leg. cit. aufgezählten Datenarten präzisiert wird.
Das vom belangten Organ auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 WaffG bescheidmäßig ausgesprochene und im Instanzenzug bestätigte Waffenverbot kann im Verfahren vor der Datenschutzkommission nicht bekämpft werden, die Datenschutzkommission ist vielmehr an das Bestehen dieses Verbots gebunden. Verfahrensgegenständlich ist lediglich eine mögliche Verletzung der Rechte auf Geheimhaltung bzw. Löschung durch die Speicherung dieses Verbots in der zentralen waffenbehördlichen Informationssammlung.
Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass es sich bei der Verhängung eines Waffenverbotes, dessen Inhalt ja gerade im Verbot, Waffen und Munition zu besitzen, besteht, um ein personenbezogenes Datum handelt, zu dessen Verarbeitung § 55 Abs. 1 WaffG ermächtigt. Dass die möglichst rasche Verfügbarkeit von Informationen über das Bestehen dieser Speicherung für die Erfüllung der Aufgaben der Waffenbehörden erforderlich ist, liegt ebenfalls auf der Hand und ergibt sich nicht zuletzt aus den von ihnen zu vollziehenden waffenpolizeilichen Bestimmungen des 10. Abschnittes des WaffG. Eine Unverhältnismäßigkeit dieser Speicherung ist nicht zu erkennen, erwachsen dem Beschwerdeführer doch daraus keinerlei Nachteile, welche über die Wirkungen des Waffenverbotes hinaus gehen. Die Speicherung dient bloß der effizienten Überwachung des Waffenverbotes, welche im Hinblick auf das im gesamten WaffG (vgl. insb. § 10 WaffG) zum Ausdruck kommende große öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren, welche mit dem Gebrauch von Waffen verbunden sind, geboten erscheint.
Somit besteht für die Speicherung des gegen den Beschwerdeführer verhängten Waffenverbotes eine gesetzliche Ermächtigung und wurde von dieser dem Gesetz entsprechend Gebrauch gemacht. Im Zusammenhang mit § 8 Abs. 1 Z. 1 DSG 2000 ist damit das Bestehen eines schutzwürdigen Interesses an der Geheimhaltung ausgeschlossen, sodass eine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Geheimhaltung nicht in Betracht kommt.
Hinsichtlich der Löschung von Daten aus der zentralen waffenbehördlichen Informationssammlung sind in § 55 Abs. 3 WaffG besondere Bestimmungen getroffen. Demnach sind gemäß Abs. 1 leg. cit. evident gehaltene Daten für Zugriffe der Waffenbehörden zu sperren sobald die Voraussetzungen für die Speicherung weggefallen sind oder die Daten sonst nicht mehr benötigt werden. Nach Ablauf von weiteren zwei Jahren sind diese Daten auch physisch zu löschen. Von einer Erfüllung der Voraussetzungen auch nur für die Sperre kann im vorliegenden Fall angesichts des aufrechten Waffenverbotes keine Rede sein. Somit lag - auch im Hinblick auf die §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 DSG 2000 - keine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Löschung vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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