L525 2270669-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Zöchling als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Bangladesch, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.03.2023, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.07.2024 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dass der Spruchpunkt VII zu lauten hat:
“Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Entscheidung.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer – ein Staatsangehöriger von Bangladesch – stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 23.09.2021 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag darauf brachte er vor, dass er Bangladesch im Jahr 2019 der Arbeit wegen Richtung Oman verlassen habe. Er sei nach Österreich gekommen, weil er hier arbeiten möchte. Befragt über seinen Fluchtgrund gab er an, dass die wirtschaftliche Lage in seinem Herkunftsstaat sehr schlecht sei. Er möchte hier Arbeiten und habe zudem Grundstücksprobleme. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, dass er umgebracht werde, wenn er seine Schulden nicht zahlen könne.
Am 10.10.2021 verließ der Beschwerdeführer die Betreuungsstelle und wies anschließend im Bundesgebiet keine Meldung mehr auf.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.10.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt und gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen. Der Bescheid erwuchs am 27.11.2021 in Rechtskraft.
Am 06.07.2022 wurde der Beschwerdeführer von Frankreich nach Österreich rücküberstellt.
Noch am 06.07.2022 stellte er in Österreich erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung brachte er diesmal vor, dass seine alten Fluchtgründe nicht mehr aufrecht seien. Seine jetzigen Fluchtgründe seien Grundstücksprobleme und Probleme mit seinem Cousin väterlicherseits. Dies alles habe mit seinen politischen Problemen zu tun. Zudem habe er Schwierigkeiten mit einem radikalen Mullah. Er sei derzeit psychisch sehr niedergeschlagen und könne sich daher nichts merken. Bei einer Rückkehr in die Heimat befürchte er viele Probleme bis zum Tod. Entweder drohe ihm die Todesstrafe oder seine Feinde würden ihn töten.
Am 10.11.2022 wurde der Beschwerdeführer durch das BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er erstmals an, dass er in Bangladesch eine Ehefrau und einen Sohn habe. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte er Probleme mit der Familie, Religionsprobleme sowie Schwierigkeiten mit der “Amila League“ an. Darüber hinaus habe er mit “Jubaail Huyai“ und seiner Gruppe einen Streit in Kumilla gehabt, da seine Frau ihnen gesagt habe, dass sich der Beschwerdeführer nicht an die religiösen Pflichten halten würde und sie vergewaltigen wolle. Weiters würden im Herkunftsstaat zwei Verfahren gegen den Beschwerdeführer laufen. Dabei gehe es einerseits um eine Erbstreiterei und andererseits um die Religion. Bei einer Rückkehr fürchte er, umgebracht zu werden, da ihn die Hefazad überall finden würde.
Der Beschwerdeführer legte der Behörde ein ungeöffnetes Kuvert vor und gab an, dass es sich dabei um die Klagen seiner Ehefrau handeln würde. In weiterer Folge wurden diese Schriftstücke von der belangten Behörde einer Übersetzung zugeführt, wobei Teile der Dokumente – wie insbesondere die handgeschriebenen Zeichen – nicht leserlich waren und deshalb nicht übersetzt werden konnten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 10.03.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.).
Das BFA begründete die Abweisung des Antrags damit, dass im Verfahren nur wirtschaftliche Gründe hervorgekommen seien und der Beschwerdeführer sein Herkunftsland deshalb verlassen habe, um im Ausland Geld zu verdienen. Das Bundesamt gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer auch bei einer Rückkehr wieder eine Arbeit aufnehmen könne. Es sei nicht ersichtlich, weshalb er sich von einer religiösen Gruppe verfolgt fühle. Hinsichtlich der vorgelegten Schriftstücke führte das BFA aus, dass es mangels Vergleichbarkeit nicht klar sei, ob es sich überhaupt um ein echtes Verfahren handle. Selbst wenn die Dokumente echt sein sollten, so liege deshalb noch kein Asylgrund vor, sondern handle es sich dabei vielmehr um legale Forderungen durch die Ehefrau sowie um Delikte nach dem Strafgesetzbuch. Gesetzt den Fall, die Verfahren und Anklagen seien echt, würde zudem der Ausschlussgrund gemäß § 6 AsylG eintreten.
Mit Verfahrensanordnung vom 14.03.2023 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
Gegen den am 18.03.2023 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13.04.2023 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass der Grund für die Probleme mit seiner Ehefrau und den vorgebrachten Religionsproblemen die Homosexualität des Beschwerdeführers sei. Wegen seinen Erfahrungen in Bangladesch und aufgrund seiner Angst vor weiterer Verfolgung habe er sich bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme vor dem BFA nicht klar ausdrücken können. In Bangladesch habe er bereits in einer homosexuellen Beziehung gelebt und wurde die zeugenschaftliche Einvernahme seines damaligen Partners beantragt. Aufgrund mangelhafter Befragung sei auch unerwähnt geblieben, dass der Beschwerdeführer seit Jahren die oppositionelle Bangladesh Nationalist Party (BNP) unterstütze und aus diesem Grund in Bangladesch diskriminiert und verfolgt worden sei. Auch heute tausche er sich noch über eine App und Facebook über politische Themen aus. Außerdem gehöre der Beschwerdeführer eigentlich der Glaubensgemeinschaft der Hindus an, weshalb gleich mehrere Gründe für eine Verfolgung durch islamistische Gruppierungen vorliegen.
Der Beschwerde wurden mehrere Screenshots von einem Facebook-Gesprächsverlauf und der App “BIGO LIVE“ vorgelegt.
Am 24.04.2023 wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt.
Mit Verbesserungsauftrag vom 25.04.2023 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, eine ladungsfähige Adresse des beantragten Zeugen bekannt zu geben. Die entsprechende Stellungnahme des Beschwerdeführers erfolgte am 02.05.2023.
Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 25.04.2023, Zl L525 2270669-1/4Z, wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben, Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben und der Beschwerde somit die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das BVwG veranlasste eine weitere Übersetzung der vorgelegten Unterlagen mit der Vorgabe, alles – somit auch die handschriftlichen Texte – zu übersetzen und jene Passagen erkenntlich zu machen, die nicht übersetzt werden können. Die Übersetzung langte am 02.05.2024 ein.
Am 30.07.2024 führte das erkennende Gericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Rechtsvertreters eine mündliche Verhandlung durch. Ein Behördenvertreter ist entschuldigt nicht erschienen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Seine Muttersprache ist Bengali. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er stammt aus Dayapur im Distrikt Kumilla. Der Beschwerdeführer hat in Bangladesch die Schule besucht und ging anschließend Gelegenheitsarbeiten nach. Er ist gesund und arbeitsfähig.
In Bangladesch leben Familienangehörige. Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer mit seinen Adoptiveltern in einem Haus.
Der Beschwerdeführer reiste 2019 von Bangladesch Richtung Oman und anschließend illegal und schlepperunterstützt bis nach Österreich weiter, wo er am 23.09.2021 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich bis 10.10.2021 aufhielt. Anschließend tauchte der Beschwerdeführer unter, bis er am 06.07.2022 von Frankreich nach Österreich rücküberstellt wurde und erneut einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über Familienangehörige noch über sonstige maßgebliche private Anknüpfungspunkte. Von 25.09.2021 bis 10.10.2021 und von 06.07.2022 bis 05.03.2023 stand der Beschwerdeführer im Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung. Aktuell arbeitet er 10 Wochenstunden in einem Restaurant als Reinigungskraft und bringt damit ca. 400 Euro ins Verdienen. Er verfügt über keine maßgeblichen Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.
Weiters kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch eine reale Gefahr einer Verletzung der EMRK bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.
1.4. Länderfeststellungen:
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung 2024-08-16 15:30
Hinweis:
Im Zuge der Flucht der Premierministerin und des Regierungsumsturzes wurde das Kapitel "Politische Lage" aktualisiert. Der damit verbundene vollständige politische Systemwechsel ist in der Heranziehung der übrigen Kapitel zu berücksichtigen. Auswirkungen - u.a. auf Sicherheitslage, Menschenrechte, Opposition und Wirtschaft - sind derzeit nicht abschätzbar. Besonders zu berücksichtigen ist dabei die Lage der religiösen Minderheiten und der Mitglieder der bisherigen Regierungspartei Awami League (AL).
Aufgrund der geänderten Lage können entsprechende Anfragen an die Staatendokumentation gestellt werden, welche i.d.R. mit Anfragebeantwortungen erledigt werden.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-08-16 15:33
Allgemein
Nach einem neunmonatigen Befreiungskrieg erklärte die Volksrepublik Bangladesch am 26.03.1971, unterstützt durch Indien, ihre Unabhängigkeit von Pakistan. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und [bengalischen, Anm.] Nationalismus als Ziele fest (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. BS 19.3.2024). Offiziell ist das Staatsoberhaupt der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Er übt allerdings großteils zeremonielle Funktionen aus (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 2024). Die Macht liegt in den Händen des Premierministers, welcher von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 30.8.2023; BS 19.3.2024). Zudem untersteht das Militär, welches zwar für die äußere Sicherheit zuständig ist, aber auch für interne Sicherheitsanforderungen eingesetzt werden kann, dem Premierminister, der [bisher] gleichzeitig Verteidigungsminister ist (AA 30.8.2023).
Das nationale Parlament (Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer, die sich aus 350 Mitgliedern zusammensetzt, von denen 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählt werden. Die verbleibenden 50 Sitze sind für Frauen reserviert, die von den vorgenannten Abgeordneten gewählt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Direkte Wahlen zum Einkammerparlament, an denen alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr teilnehmen können, finden in der Regel alle fünf Jahre statt (AA 30.8.2023).
Bangladesch hat ein Mehrparteiensystem (FH 2024). Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hat allerdings die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, der "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) und der "Awami League" (AL), begünstigt (AA 30.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Offiziell war Bangladesch damit 1991 nach Militärherrschaften zu einem parlamentarischen System zurückgekehrt, doch persönliches Charisma und verfassungsrechtliche Bestimmungen führten zur Konzentration der Macht in den Händen der jeweiligen Premierministerinnen, Khaleda Zia (BNP, 1991-1996, 2001) oder Sheikh Hasina (AL, 1996-2001, 2008 bis 2024) (BS 19.3.2024; vgl. ÖB New Delhi 11.2022, FH 2024). Persönliche Animositäten zwischen diesen beiden Machthaberinnen, Machtkämpfe um jeden Preis und ein Vertrauensdefizit zwischen den Parteien mündeten in einer schädlichen politischen Kultur (BS 19.3.2024; vgl. DFAT 30.11.2022; FH 2024), während die demokratischen Institutionen entweder nicht vorhanden oder stark geschwächt blieben (BS 19.3.2024).
Während die BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der „Bangladesh Jamaat-e-Islami“ hat, bekam die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei (LDP) und der national-sozialen Partei „Jatiyo Samajtantrik Dal“ (JSD) (ÖB New Delhi 11.2022). Allgemein wird die BNP eher der konservativ-religiösen Seite zugeschrieben, hingegen die AL eher als links und säkular (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Stark hierarchische Führungsstrukturen, in denen familiäre Bindungen, persönliche Loyalitäten und geschäftliche Verbindungen von großer Bedeutung sind, prägen alle Parteien (AA 30.8.2023; vgl. FH 2024). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, indem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).
Auch lokale Regierungen können ob ihrer Kompetenzen in kommunaler Entwicklung, Sozialfürsorge sowie Recht und Ordnung das tägliche Leben der Bürger erheblich beeinflussen. Da die bangladeschische Politik in hohem Maße auf Klientelismus beruht, ist Loyalität, vor allem gegenüber der Regierung, sehr wichtig. Oft sind persönliche Ergebenheiten zu lokalen Politikern entscheidend, um Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen (z.B. in Bezug auf Grund und Boden, Sozialhilfe, Arbeitsplätze) zu erhalten (DFAT 30.11.2022). Ebenso sind Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung parteipolitisch durchdrungen (AA 30.8.2023).
Das Militär und Großunternehmen nutzen ihren erheblichen politischen Einfluss, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen (BS 19.3.2024). Durch Gewährung von weitreichenden wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten und Beförderungen konnte Sheikh Hasina das Militär für sich gewinnen. Zunehmend machte die Regierung auch erhebliche Zugeständnisse an den weiter erstarkenden konservativen Islam, auch, weil sich das entstandene Vakuum auf Oppositionsseite als Nährboden für islamistischen Terrorismus erweist (AA 30.8.2023; vgl. BS 19.3.2024).
Aus der Auseinandersetzung mit der BNP ist die AL als klarer Sieger hervorgegangen. Sie führte seit 2009 - mit Wiederwahlen 2014 und 2018 - die im Übrigen aus sehr kleinen Parteien bestehende Regierungskoalition an (AA 30.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Die Parlamentswahlen vom 30.12.2018 brachten einen überwältigenden Sieg für die von der AL geführte Regierungskoalition (ÖB New Delhi 11.2022). Sie erhielt 96 Prozent der Stimmen und gewann 288 der 298 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 31.12.2018; vgl. BS 23.2.2022; Dhaka Tribune 31.12.2018; ÖB New Delhi 11.2022). Lokale wie internationale Medien berichteten allerdings über massive Wahlmanipulationen durch AL-Kader (BS 23.2.2022). Während des Wahlkampfes gab es viele glaubwürdige Berichte über Schikanen, Einschüchterungen, willkürliche Verhaftungen und Gewalt, die es Oppositionskandidaten und ihren Anhängern erschwerten, sich zu treffen, Kundgebungen abzuhalten oder ungehindert Wahlkampf zu betreiben (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 10.3.2023; FH 2024; BS 19.3.2024). Laut einer Einschätzung von westlichen Diplomaten kam es zu massiven Manipulationen in einem bisher nie da gewesenen Ausmaß (ÖB New Delhi 11.2022). Auch die Bertelsmann-Stiftung spricht von der am stärksten manipulierten Wahl der Landesgeschichte. Aufgrund dieser gravierenden Defizite könne die Regierung demnach auch nicht als demokratisch gewählt bezeichnet werden (BS 23.2.2022; vgl. BS 19.3.2024).
Regierung, Parlament, Verwaltung und weitere Institutionen waren seitdem fest in der Hand der AL, die mit einer verfassungsändernden Dreiviertelmehrheit regierte. Zudem wurden Zivilgesellschaft, die Judikative und Medien immer weiter gleichgeschaltet (AA 30.8.2023). Die Schwächen der staatlichen Institutionen schränkten eine Kontrolle der Entscheidungen der AL ein. Der geringe Anteil an Oppositionellen im Parlament reduzierte auch die Kontrollmöglichkeiten der Opposition in Hinblick auf Regierungspolitik, den Haushalt und die Gesetzesinitiativen signifikant (FH 2024; vgl. AA 30.8.2023).
Im Vergleich zu 2018 hatte die Regierung zuletzt die Restriktionen bei Demonstrationen wieder gelockert, die BNP konnte 2023 zu Beginn einige große Protestmärsche abhalten. Mit der Ankündigung eines Wahlboykotts und der Abhaltung von Streiks und Blockaden als Protest gegen den Wahlprozess wurde dieser Raum wieder signifikant beschränkt. Allein zwischen Oktober und Dezember 2023 sollen 20.000 Oppositionsmitglieder verhaftet worden sein (FH 2024).
Der AL-Regierung gelang es, ihren autoritären Kurs durch das Wirtschaftswachstum und den Ausbau der Infrastruktur der letzten Jahre zu legitimieren (BS 19.3.2024; vgl. Zeit Online 6.8.2024). Das Land hat in den letzten Jahren beachtliche Erfolge in Wirtschaft und Entwicklung erreicht, von denen auch die ärmeren Bevölkerungsschichten profitierten (AA 30.8.2023). Sheikh Hasina wird die Modernisierung des Landes zugeschrieben. Für die Bevölkerung galt sie lange als ein Garant für Stabilität und Bollwerk gegen Islamisten (Zeit Online 6.8.2024). Zuletzt war, auch bedingt durch die Covid-19-Pandemie und die gestiegene Inflation, die Armut jedoch wieder angestiegen (AA 30.8.2023).
Wahl 2024 und Sturz der AL-Regierung
Tatsächlich boykottierten die großen Oppositionsparteien die Parlamentswahl im Jänner 2024 auch wie angekündigt und Sheikh Hasina gelang es, sich für eine vierte Amtszeit die Funktion der Premierministerin zu sichern (vgl. ABC News 3.8.2024, Zeit Online 6.8.2024).
Im Juli 2024 brachen allerdings Massenproteste und Unruhen aus. Ihren Ursprung nahmen sie in Studentenprotesten gegen eine Quotenregelung für die Vergabe von Posten im öffentlichen Dienst, die nach Ansicht der Demonstranten Unterstützer von Sheikh Hasina bevorzugte (Zeit Online 8.8.2024). Die Regelung hätte eine 30-prozentige Quote bei Anstellungen im öffentlichen Dienst für Nachkommen von Veteranen des Unabhängigkeitskrieges vorgesehen (ABC News 3.8.2024).
Gerade aber durch das brutale Vorgehen gegen die Proteste entwickelten sich diese erst in eine breite Bewegung für den Rücktritt der Regierungschefin (BBC 12.8.2024; vgl. Zeit Online 8.8.2024, ABC News 3.8.2024). Nachdem bei Straßenschlachten zwischen Demonstranten, Sicherheitskräften und dem Studenten-Flügel der regierenden AL verschiedenen Schätzungen zufolge mindestens 300 Menschen ums Leben kamen, darunter Studenten und Polizisten, aber auch Unbeteiligte und Kinder, schlossen sich immer mehr Bevölkerungsgruppen an (Zeit Online 6.8.2024; vgl. ABC News 3.8.2024). Bereits Ende Juli wurde von mehr als 4.000 Verhafteten berichtet (BBC 26.7.2024). Einige Medien sprachen von 11.000 Verhafteten (ABC News 3.8.2024). Schlussendlich floh die Premierministerin am 6. August nach der Stürmung ihrer Residenz durch Demonstranten nach Indien. Zuletzt hatten auch Aussagen pensionierter Militärs in den Medien darauf hingedeutet, dass die Unterstützung des Militärs im Angesicht der Gewalt gegen Demonstranten bröckelte. So ist jenes nun auch bestrebt, sich aufseiten des Volkes zu präsentieren (Zeit Online 6.8.2024).
Mit dem Rückhalt des Militärs wurde der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus nach seiner Rückkehr aus seinem Exil in Frankreich als Übergangsregierungschef vereidigt. Damit wurde eine Forderung der Protestierenden angenommen. Yunus soll die Regierungsgeschäfte bis zu Neuwahlen führen, deren Abhaltung er innerhalb weniger Monate ankündigte. Dem Wirtschaftswissenschaftler wurde 2006 der Friedensnobelpreis verliehen, aufgrund seiner Entwicklung eines Systems der Vergabe von Mikrokrediten in den 1980er Jahren (Zeit Online 8.8.2024). Dessen ungeachtet war der harte Kritiker der vorigen Regierung zu einem halben Jahr Haft verurteilt worden, seiner Aussage nach, aufgrund politisch fingierter Gründe (BBC 12.8.2024).
Das Chaos im Land und die Sicherheitslage sind damit noch nicht beruhigt. Als Reaktion auf den Umsturz streikte die Polizei und die zuvor demonstrierenden Studenten übernahmen Aufgaben wie die Regulierung des Straßenverkehrs (BBC 12.8.2024). Der Oberste Richter Bangladeschs und weitere Richter des Supreme Courts traten hingegen auf Druck der Anführer der Studentenproteste zurück (AP 12.8.2024).
Im Zuge der Proteste wurden, besonders nach dem Umsturz, Hindus sowie deren Tempel, Geschäfte und Häuser von Mobs angegriffen (ToI 9.8.2024; vgl. DW 10.8.2024, India Today 12.8.2024). Hindus gelten mehrheitlich als Unterstützer der Regierung, die den Säkularismus betonte. Allerdings mobilisierten sich Vertreter der bangladeschischen Zivilgesellschaft um die hinduistischen Minderheit zu schützen (DW 10.8.2024; BuS 11.8.2024). Medien berichten ebenso von Übergriffen auf Einrichtungen und lokale Führungspersonen der AL (BuS 11.8.2024).
Die Sorge vor einem Erstarken islamistischer Organisationen besteht nicht nur im Nachbarland Indien und unter den religiösen Minderheiten (India Today 12.8.2024) - so ist die islamistische Oppositionspartei Jamaat-e-Islami für breite Angriffe auf die hinduistische und christliche Minderheit mit um die Hundert Toten in den 2010er Jahren verantwortlich (USGPO 30.4.2015; vgl. SADF 2.3.2017, AI 6.3.2013), sondern auch in der bangladeschischen Bevölkerung selbst (Zeit Online 6.8.2024). Die Nominierung von Yunus wird dabei als positives Zeichen gewertet (DW 10.8.2024; vgl. ToI 9.8.2024).
Quellen
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USGPO - U.S. Government Publishing Office (30.4.2015): House Hearing, 114 Congress, Bangladesh's Fracture: Political And Religious Extremism, Hearing Before The Subcommittee On Asia And The Pacific Of The Committee On Foreign Affairs House Of Representatives, One Hundred Fourteenth Congress, First Session, https://www.govinfo.gov/content/pkg/CHRG-114hhrg94391/pdf/CHRG-114hhrg94391.pdf, Zugriff 14.8.2024
Zeit Online - Zeit Online (8.8.2024): Bangladesch: Muhammad Yunus als Regierungschef von Bangladesch vereidigt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-08/bangladesch-muhammad-yunus-regierungschef-vereidigung, Zugriff 11.8.2024
Zeit Online - Zeit Online (6.8.2024): Bangladesch: Die eiserne Regentin flieht, https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-08/bangladesch-ministerpraesidentin-ruecktritt-proteste-scheich-hasina, Zugriff 12.8.2024
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2023-06-14 16:54
Sicherheitsbedrohungen umfassen politisch motivierte Gewalt, unter anderem zwischen rivalisierenden politischen Gruppen, besonders vor Wahlen, Terroranschläge islamistischer Extremistengruppen, kriminelle Gewalt und vereinzelte Konflikte über Landbesitz in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern (DFAT 30.11.2022).
In verschiedenen Landesteilen Bangladeschs operieren Guerilla - sowie weitere, einheimische militante Gruppen(Crisis 24 15.4.2022). Eine erhöhte Terrorgefahr besteht zudem aufgrund des wachsenden islamistischen Radikalismus und der Präsenz trans-nationaler militanter Terrorgruppen (Crisis 24 15.4.2022; vgl. AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Es gab sporadische Anschläge gegen Sicherheitskräfte und religiöse Minderheiten. So verzeichneten Dhaka, Khulna, Chittagong und Sylhet einige gegen Sicherheitskräfte gerichtete Bombenanschläge. Der Islamischen Staat (IS) bzw. Daesh hat seit 2015 einige terroristische Akte im Land für sich reklamiert. Neben dem IS agieren auch Gruppen, welche der "Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent" (AQIS) nahestehen und ebenfalls verschiedene Angriffe für sich beanspruchen (FCDO 16.5.2023) wie z.B. der bengalische Zweig der Gruppe Harkat-ul-Jihad al-Islami (CIA 14.4.2023). Letztere ging wie weitere militante islamistische Gruppen 2019 in der Organisation Jamaat Ul-Ansar-Fil-Hind-Al-Sharqiya (JAFAR) auf (DIP 12.10.2022).
Den Höhepunkt des Terrors stellte im Juli 2016 ein Angriff auf eine Bäckerei in Dhaka dar, bei welchem 20 Geiseln und zwei Polizisten getötet wurden (DFAT 30.11.2022; vgl. AIIA 6.3.2023, FCDO 16.5.2023). 2017 kam es auch zu mehreren Selbstmordattentaten (BMEIA 9.3.2023; vgl. AA 2.3.2023). Die Behörden haben auf solche Angriffe stets mit harter Hand reagiert, u.a. durch Verbote militanter Gruppen oder Verhaftungen von Hunderten Kämpfern (DFAT 30.11.2022). Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe (AA 23.8.2022).
Durch das harte Durchgreifen der Sicherheitskräfte gab es seitdem keine Anschläge im Ausmaß des Angriffes auf die Holey Bakery mehr. Während ein (Gewalt-)Risiko im gesamten Land weiterhin besteht, ist die Zahl der Terroranschläge in den letzten Jahren zurückgegangen (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 23.8.2022). Die Sicherheitslage hat sich inzwischen stabilisiert (AA 23.8.2022). Die Behörden befinden sich dennoch in höchster Alarmbereitschaft. Kurzfristig kann die Präsenz der Sicherheitskräfte erhöht und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden (FCDO 16.5.2023). Es finden auch immer wieder Razzien durch die Spezialeinheiten der Polizei statt (AA 2.3.2023). Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet für 2023 (Stand: 25.4.2023) 80 Vorfälle im Zusammenhang mit islamistischen Terrorismus, bei welchen 36 Personen, darunter 29 Zivilisten und ein Mitglied der Sicherheitskräfte, starben. Im gesamten Jahr 2022 waren es 64 Fälle mit 22 Toten, davon 19 Zivilisten (SATP 25.4.2023).
In jüngster Zeit haben sich die meisten terroristischen Aktivitäten in die Grenzgebiete der CHT, welche JAFAR als Rückzugsort dienen, verlagert. Gemäß des Australian Institute of International Affairs (AIIA) stellt die Gruppe im Jahr 2023 eine der größten terroristischen Bedrohungen für Bangladesch dar (AIIA 6.3.2023).
Weiters bestehen Sicherheitsbedrohungen vor allem in politisch motivierter Gewalt, einschließlich gewaltsamer Zusammenstöße rivalisierender Gruppen, insbesondere im Vorfeld von Wahlen (DFAT 30.11.2022). Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) Rivalitäten, wobei eine Aufklärung selten erfolgt (AA 23.8.2022). Animositäten zwischen den beiden Großparteien - "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP), deren Vorsitzenden Sheik Hasina bzw. Khaleda Zia sowie zwischen Kadern der unteren Ebenen hat zu anhaltender politischer Gewalt geführt (FH 10.3.2023; vgl. DFAT 30.11.2022). Beide Großparteien verfügen über eigene, ihnen nahestehende "Studentenorganisationen": Die Bangladesh Chattra League (BCL) sowie die (Bangladesh Awami) Jubo League stehen der AL nahe, die Bangladesh Chattra Dal (BCD) der BNP. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der jeweiligen Mutterpartei fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 23.8.2022). Im Jahr 2022 wurden 121 Tote und 7.467 Verletzte aufgrund politischer Gewalt erfasst (ODHIKAR 30.1.2023).Hierbei ist die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB New Delhi 11.2022).
Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu Bürger- und Arbeiterprotesten, vor allem in Dhaka und anderen Großstädten. Das Risiko eines Gewaltausbruchs während solchen Demonstrationen wird vom Sicherheitsdienstleister Crisis24 als mäßig bis hoch eingeschätzt, hauptsächlich wenn Sicherheitskräfte eingreifen (Crisis 24 15.4.2022; vgl. AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Gewaltsame Zusammenstöße und Demonstrationen mit politischen, ethnischen oder religiösen Motiven fordern immer wieder auch Todesopfer und Verletzte [siehe Kapitel Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Opposition]. Entführungen zwecks Lösegelderpressung kommen vor; sie richten sich hauptsächlich gegen Personen bangladeschischen Ursprungs (EDA 8.2.2023).
Im Gebiet der CHT kommt es zu sporadischen Zusammenstößen zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern um Landbesitz (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 2.3.2023, AIIA 6.3.2023, BMEIA 9.3.2023, EDA 8.2.2023). Auch die Spannungen zwischen indigenen Gruppen und der Regierung in den CHT nehmen zu (Crisis 24 15.4.2022); ein Konflikt niedriger Intensität dauert im Gebiet an, weil die versprochene Autonomie nie verwirklicht wurde [siehe dazu auch Kapitel Ethnische Minderheiten] (BS 23.2.2022). Betroffen von Übergriffen sind prinzipiell alle Minderheitengruppen. Zudem ist in vielen Fällen nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für Unruhen sind (AA 23.8.2022). Das Militär unterhält weiterhin eine starke Präsenz in der Region, wo es bis Ende der 1990er-Jahre Operationen zur Aufstandsbekämpfung gegen Stammesguerillas durchführte (CIA 14.4.2023).
Zudem wirkt sich der interethnische Konflikt in Myanmar auch auf Bangladesch aus. Er hat politische, soziale und ethnisch-religiöse Spannungen verstärkt, insbesondere aufgrund der Anwesenheit von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen (EDA 8.2.2023; vgl. AIIA 6.3.2023, CIA 14.4.2023). Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Proteste und einige Gewaltausbrüche in diesen Gebieten (FCDO 16.5.2023). Solche kurzfristigen, lokalen Gewaltausbrüche haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 8.2.2023; vgl. FCDO 16.5.2023). Die Regierung reguliert den Zugang zum südlichen Teil des Distrikts Cox's Bazar, in welchem die Rohingya untergebracht werden (FCDO 16.5.2023). In Teknaf, einem Unterdistrikt von Cox's Bazar, kommt es außerdem häufig zu Morden und Schießereien zwischen Drogenbanden und den Strafverfolgungsbehörden (FCDO 16.5.2023; vgl. AIIA 6.3.2023).
Außerdem fanden die zunehmenden Kämpfe zwischen dem myanmarischen Militär und der bewaffneten ethnischen Gruppe Arakan Army im myanmarischen Bundesstaat Rakhine über der Grenze Niederschlag und gefährdeten Rohingya-Flüchtlinge und Zivilisten (HRW 12.1.2023). Bangladesch gab dazu im September 2022 eine Erklärung ab, in der es seine "tiefe Besorgnis über den Einschlag von Mörsergranaten auf bangladeschischem Territorium, den wahllosen Luftbeschuss durch Myanmar in angrenzenden Gebieten und die Verletzung des Luftraums durch Myanmar" zum Ausdruck brachte (REU 17.9.2022). Die Grenzbehörden Myanmars errichteten eine 200 km lange Drahtsperranlage, die illegale Grenzübertritte und Spannungen durch die militärische Aufrüstung entlang der Grenze verhindern soll (CIA 14.4.2023).
Bangladesch hat seine Seegrenzansprüche gegenüber Myanmar (Birma) und Indien vor dem Internationalen Seegerichtshof geltend gemacht. Im September 2011 unterzeichneten Indien und Bangladesch ein Protokoll zum Land Boundary Agreement von 1974, welches die Beilegung langjähriger Grenzstreitigkeiten über nicht demarkierte Gebiete und den Austausch territorialer Enklaven vorsah. Bis dato wurde es allerdings noch nicht umgesetzt (CIA 14.4.2023). Es gibt regelmäßig Berichte über Personen, die getötet wurden, weil sie die Grenze zu Indien illegal überquert hatten (FCDO 16.5.2023). 2022 wurden 18 Bangladescher von der indischen Border Security Force (BSF) getötet, 21 wurden verletzt (ODHIKAR 30.1.2023). Gelegentlich kommt es auch zu Zusammenstößen inkl. Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsoldaten (FCDO 16.5.2023; vgl. EDA 8.2.2023). Beide Länder haben jedoch bereits mehrere Schritte zur Verbesserung der Grenzinfrastrukturen unternommen. Gemeinsam führen sie Militärübungen und Patrouillen der Küstenwache sowie regelmäßige Treffen zwischen Strafverfolgungsbeamten in den Grenzregionen durch (BS 23.2.2022).
Trotz der Herausforderungen ist das Gewaltmonopol des Staates auf dem gesamten Staatsgebiet fest etabliert (BS 23.2.2022).
Quellen
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.3.2023): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/bangladeschsicherheit/206292#content_1, Zugriff 25.4.2023
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Juli_2022),_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich]
AIIA - Australian Institute of International Affairs (6.3.2023): Bangladesh’s Non-Traditional Security Complex - Australian Institute of International Affairs, https://www.internationalaffairs.org.au/australianoutlook/bangladeshs-non-traditional-security-complex, Zugriff 25.4.2023
BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (9.3.2023): Bangladesch (Volksrepublik Bangladesch), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/bangladesch, Zugriff 25.4.2023
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report: Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069721/country_report_2022_BGD.pdf, Zugriff 12.4.2023
CIA - Central Intelligence Agency [USA] (14.4.2023): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#people-and-society, Zugriff 20.4.2023
Crisis 24 - Crisis24 (15.4.2022): Bangladesh Country Report: Security, https://crisis24.garda.com/insights-intelligence/intelligence/country-reports/bangladesh?origin=de_riskalert, Zugriff 26.4.2023
DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 18.4.2023
DIP - Diplomat, The (12.10.2022): New Islamist Militant Outfit Emerges in Bangladesh, https://thediplomat.com/2022/10/new-islamist-militant-outfit-emerges-in-bangladesh, Zugriff 26.4.2023
EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (8.2.2023): Reisehinweise für Bangladesch, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/bangladesch/reisehinweise-fuerbangladesch.html#eda2977e6, Zugriff 25.4.2023
FCDO - Foreign, Commonwealth Development Office [United Kingdom] (16.5.2023): Safety and security - Bangladesh travel advice, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh, Zugriff 25.4.2023
FH - Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 18.4.2023
HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Events of 2022: Bangladesh, https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/bangladesh, Zugriff 4.5.2023
ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Bangladesch Asylländerbericht, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_ÖB-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich]
ODHIKAR - ODHIKAR (30.1.2023): Annual Human Rights Report 2022 Bangladesh, https://odhikar.org/wp-content/uploads/2023/04/AHRR-2022_English_30.01.2023.pdf, Zugriff 26.4.2023
REU - Reuters (17.9.2022): Rohingya teenager killed in Bangladesh by mortar fired from Myanmar, https://www.reuters.com/world/asia-pacific/rohingya-teenager-killed-bangladesh-by-mortar-fired-myanmar-2022-09-17, Zugriff 15.5.2023
SATP - South Asia Terrorism Portal (25.4.2023): Datasheet - Islamist Terrorism, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/bangladesh-islamistterrorism, Zugriff 26.4.2023
Sicherheitsbehörden
Letzte Änderung 2023-06-07 08:38
Die Sicherheitskräfte sind für die innere Sicherheit sowie die Sicherheit an den Grenzen zuständig. Zu den Sicherheitskräften gehören die nationale Polizei, Grenzwachen und Terrorismusbekämpfungseinheiten, darunter das Rapid Action Bataillon. Die Sicherheitskräfte sind dem Innenministerium unterstellt. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 20.3.2023). Es ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für Bereiche der inneren Sicherheit eingesetzt werden. Es unterhält ein starkes Kontingent an Sicherheitskräften in den Chittagong Hills Tracts, wo es ein Wiederaufflammen der Konflikte zwischen Indigenen und zugewanderten Bangladeschis verhindern soll. Die Streitkräfte sind mit UN-Einsätzen sowie lukrativen Wirtschaftsverflechtungen zufriedengestellt (AA 23.8.2022). Zivilbehörden üben effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus (USDOS 20.3.2023).
Die Polizei ist die wichtigste Gesetzesvollzugsbehörde des Landes. Die Professionalität der Polizei variiert. Höherrangige Polizeibeamte sind relativ gut ausgebildet und gut bezahlt. Hingegen sind Polizeibeamte, die niedrigere Dienstgrade führen, schlecht ausgebildet und schlecht ausgerüstet. Niedrige Einkommen fördern Korruption, und Bestechungsgelder sind weitverbreitet. Vorschriften zur Gewährleistung der Rechenschaftspflicht und der Redlichkeit werden nicht immer befolgt. Das Polizeiwesen ist hochbürokratisch (DFAT 30.11.2022). Die Tätigkeit der Polizei ist durch einen Ressourcenmangel gekennzeichnet. Beispielsweise herrschen Infrastrukturmängel, Mangel an Personal/Ausbildung und Arbeitsmaterialien sowie Ineffizienz (AA 23.8.2022).
Gemäß Berichten begehen Mitglieder der Sicherheitskräfte zahlreiche Missbrauchshandlungen. Korruption, missbräuchliche Handlungen sowie Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte bleiben größtenteils straffrei (USDOS 20.3.2023). Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, sorgt die politische Ebene für Nachbesserungen, und die zuständigen Polizisten werden oft bestraft (AA 23.8.2022). In der Praxis finden Verhaftungen - entgegen der gesetzlichen Bestimmungen - oft ohne Haftbefehl statt (DFAT 30.11.2022). Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Strafverfahren, die mit sehr langer Untersuchungshaft rechnen müssen, sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden anzuzeigen (AA 23.8.2022). Die Polizei wendet unnötige oder übermäßige Gewalt an, um Proteste niederzuschlagen (AI 27.3.2023). Die meisten Menschen bringen der Polizei kein Vertrauen entgegen. Mehrere religiöse Minderheiten profitieren allerdings von der Polizeipräsenz (DFAT 30.11.2022).
Die Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und Spionage abzuwehren. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 23.8.2022).
Das Rapid Action Bataillon (RAB) ist u. a. für Terrorabwehr, Drogendelikte und andere schwere Verbrechen zuständig (AA 23.8.2022). Das RAB besteht aus 15 Einheiten, ist gut ausgebildet und modern ausgerüstet. Die RABs sind hauptsächlich in den städtischen Zentren des Landes stationiert und rekrutieren sich zumeist aus Polizei und Armee. Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete Gang-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt (ÖB New Delhi 11.2022). Dem RAB werden demnach auch schwere menschenrechtliche Verstöße zugeschrieben (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).
Die Bangladesh Ansar sind dem Innenministerium unterstellt. Sie werden zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt und übernehmen auch Zivilschutzaufgaben (ÖB New Delhi 11.2022).
Border Guard Bangladesh (BGB – ehemalige Bangladesh Rifles): Diese paramilitärische Truppe untersteht ebenfalls dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BGB ist auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 11.2022). Mitglieder der BGB werden der Folter beschuldigt (ODHIKAR 30.1.2023).
Village Defence Parties (VDP) dienen der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der Zivilbehörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen. In Städten gibt es analog dazu Town Defence Parties (ÖB New Delhi 11.2022).
Die Nationale Menschenrechtskommission hat keine Befugnis, Menschenrechtsverletzungen, die von Polizei oder Militär begangen wurden, zu untersuchen. Im Falle einer Beschwerde darf die Kommission die Polizei um einen Bericht bitten (DFAT 30.11.2022).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.4.2023
AI – Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Bangladesh 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089426.html, Zugriff 30.3.2023
DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 18.4.2023
ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Bangladesch Asylländerbericht, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 12.4.2023
ODHIKAR (30.1.2023): Annual Human Rights Report 2022 Bangladesh, https://odhikar.org/wp-content/uploads/2023/04/AHRR-2022_English_30.01.2023.pdf, Zugriff 26.4.2023
USDOS – United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff 18.4.2023
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Letzte Änderung 2023-06-14 16:54
Bangladesch verfügt über eine große, wachsende Zahl an regierungsunabhängigen Menschenrechtsorganisationen. Die Schwerpunkte dieser Organisationen liegen eher im Bereich des sozialen Engagements, insbesondere der Bildungsarbeit und Gesundheitsversorgung der armen Landbevölkerung. Weit entwickelt sind auch Mikrokreditinstitutionen, deren Hauptzielgruppe der weibliche Teil der armen Bevölkerungsschichten ist. NGOs spielen ebenso eine wichtige Rolle für die Durchsetzung der Grundrechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen (ÖB New Delhi 11.2022).
Viele NGOs arbeiten ohne übermäßige Auflagen (FH 10.3.2023). NGOs, die in den Bereichen Menschenrechte, gute Regierungsführung oder Demokratie tätig sind, sehen sich mit umfassenden staatlichen Kontrollen und Restriktionen konfrontiert, bzw. werden in ihren Tätigkeiten teilweise stark behindert (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. USDOS 20.3.2023). NGOs in diesem Bereich wird regelmäßig die Genehmigung für geplante Projekte verweigert, und es wird über Schikanen berichtet (FH 10.3.2023). Auch NGOs, die sich mit anderen sensiblen Themen oder Gruppen befassen, z. B. mit Missbrauch durch Sicherheitskräfte, religiösen Angelegenheiten, indigenen Völkern, LGBTQI+ Personen, Rohingya-Flüchtlingen oder Arbeitnehmerrechten, sind mit formellen und informellen Einschränkungen konfrontiert (USDOS 20.3.2023).
Nichtsdestotrotz üben Menschenrechts-NGOs oft harsche Kritik an der Regierung (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. USDOS 20.3.2023) und sind deswegen nicht generell staatlichen Repressionen ausgesetzt (ÖB New Delhi 11.2022). Mehrere inländische und internationale Menschenrechtsgruppen untersuchen und veröffentlichen ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle, auch wenn sie unter den erheblichen Einschränkungen der Regierung arbeiten (USDOS 20.3.2023). Einerseits hat sich somit im Allgemeinen die Situation in den letzten Jahren stark verbessert (ÖB New Delhi 11.2022).
Andererseits ist der Druck auf die Zivilgesellschaft durch die Regierung hoch (AA 23.8.2022). NGOs üben so auch oft Selbstzensur. Regierungsbeamte sind selten kooperativ und kaum empfänglich für ihre Berichte. Gelegentlich greifen sie kritische Organisationen und Aktivisten verbal an. Viele NGOs berichten von zunehmender Kontrolle und bürokratischem Aufwand. Das Gesetz sieht außerdem Strafen von NGOs vor, die sich abfällig über die Verfassung oder verfassungsmäßige Institutionen äußern. Alle NGOs müssen sich beim Ministerium für soziale Wohlfahrt registrieren lassen. (USDOS 20.3.2023). Das NGO Affairs Bureau, das für die Registrierung der NGOs und die Genehmigung der Projektanträge zuständig ist, lässt regierungskritische Menschenrechtsprojekte nur mit Einschränkungen zu (AA 23.8.2022). Die Regierung verfügt außerdem über weitreichende Befugnisse zum Entzug der Genehmigung von NGOs (FH 10.3.2023).
Es gibt Berichte über Vergeltungsmaßnahmen bangladeschischer Behörden gegenüber Menschenrechtsverteidiger, deren Angehörige bzw. Überlebende oder Hinterbliebene von Menschenrechtsverletzungen der Rapid Action Battallions, welche die US-Regierung 2021 mit Sanktionen belegt (FH 10.3.2023; vgl. HRW 12.1.2023). So sollen in Folge der Sanktionen Angehörige unter Drohungen gezwungen worden sein, ihre Aussage zum Verschwindenlassen zu widerrufen, und die Überwachung von Menschenrechtsaktivisten und Schikanen an Menschenrechtsorganisationen zugenommen haben (HRW 12.1.2023). Im Juni 2022 wurde der Menschenrechts-NGO Odhikar die Registrierung entzogen (FH 10.3.2023; vgl. HRW 12.1.2023). Odhikar war bereits Trägerin des deutsch-französischen Menschenrechtspreises und macht insbesondere auf zahlreiche Fälle von Verschwindenlassen und extralegalen Tötungen aufmerksam (AA 23.8.2022).
Einige Beobachter meinen, die Regierung hat die Effektivität und die Aktivitäten der Zivilgesellschaft durch Restriktionen strategisch geschwächt, was durch die sich verfestigende Vormacht der führenden politischen Partei verstärkt wird. Zusätzlich verschärfen Drohungen von Extremisten die Situation (USDOS 20.3.2023). So schränkt die Einschüchterung durch islamistische Gruppen die Aktivitäten von NGOs zu bestimmten Themen wie LGBQT+ Rechte und Schutz religiöser Minderheiten ein (FH 10.3.2023).
Die Verwendung ausländischer Gelder wird streng kontrolliert (FH 10.3.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Durch eine Straffung der Vorschriften für die Annahme von Projektgeldern und Spenden aus dem Ausland wird die Arbeit vieler NGOs durch zusätzlichen bürokratischen Aufwand erschwert. Gleichzeitig sorgen die Richtlinien für stärkere Eingriffs- und Überwachungsmöglichkeiten durch die Regierung (AA 23.8.2022). Das staatliche Büro für NGO Angelegenheiten verweigert oder verzögert häufig die Genehmigung ausländischer Finanzmittel für NGOs, insbesondere für solche, die sich mit Themen befassen, die das Büro für sensibel hält, wie Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Rechte indigener Völker, Rechte von LGBTQI+ oder Rohingya-Flüchtlinge (USDOS 20.3.2023).
Viele Menschenrechtsorganisationen lassen sich den jeweiligen politischen Lagern zuordnen, wodurch Partikularinteressen und Rivalitäten auch im Verhältnis der Menschrechtsverteidiger untereinander eine Rolle spielen (AA 23.8.2022).
Quellen
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Juli_2022),_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich]
FH - Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 18.4.2023
HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Events of 2022: Bangladesh, https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/bangladesh, Zugriff 4.5.2023
ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Bangladesch Asylländerbericht, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_ÖB-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich]
USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff 18.4.2023
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung 2023-06-07 09:59
Die Menschenrechte werden gemäß der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 23.8.2022). Bangladesch ist bisher mehreren UN- Menschenrechtskonventionen beigetreten bzw. hat diese ratifiziert (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. OHCHR o.D., AA 23.8.2022). Die Verfassung von Bangladesch listet in ihrem Teil III einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Es kommt allerdings zu groben Menschenrechtsverletzungen, wie z.B. das Verschwindenlassen von Personen, Folter und außergerichtlicher Tötungen, Fälle grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung oder willkürliche Verhaftungen (ODHIKAR 30.1.2023; vgl. AI 27.3.2023, USDOS 20.3.2023). So berichtet die in Bangladesch ansässige Menschenrechtsorganisation Odhikar, dass im Jahr 2022 insgesamt 31 Personen mutmaßlich außergerichtlich getötet wurden (ODHIKAR 30.1.2023).
Der Rapid Action Batallion (RAB), einer paramilitärischen Truppe in Bangladesch, werden seit ihrer Gründung im April 2004 schwere Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch vorgeworfen (AJ 3.2.2021). Im Dezember 2021 belegten die USA die RAB sowie deren wichtigste Kommandanten mit Sanktionen (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. HRW 12.1.2023). Nach diesen Menschenrechtssanktionen gingen außergerichtliche Tötungen und das Verschwindenlassen von Personen drastisch zurück (HRW 12.1.2023). Die Regierung in Bangladesch ging neueren Berichten zufolge vereinzelt gegen Mitglieder der RABs vor. Obwohl die RABs in den letzten Jahren Hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB New Delhi 11.2022).
Unter dem international stark kritisierten Digital Security Act (DSA) wurden bisher mehrere Hundert Menschen verhaftet, unter ihnen auch zahlreiche Menschenrechtsverteidiger, Blogger und Journalisten (AA 23.8.2022). Er erlaubt es der Regierung, Durchsuchungen durchzuführen oder Personen ohne Haftbefehl zu verhaften, und kriminalisiert verschiedene Formen der Meinungsäußerung (FH 10.3.2023).
Die Rechte von Arbeitnehmern und ethnischen und religiösen Minderheiten in Bangladesch sind bedroht. Die Wahrung der Menschenrechte der Rohingya-Flüchtlinge im größten Flüchtlingslager der Welt stellt weiterhin eine große Herausforderung dar (AI 27.3.2023). Im März 2022 forderten die Vereinten Nationen die Regierung von Bangladesch nachdrücklich auf, Informationen über die Umsetzung der Empfehlungen bezüglich der Foltervorwürfe zu übermitteln, die bei einer Überprüfung der Verpflichtungen des Landes im Rahmen des Übereinkommens gegen Folter im Jahr 2019 vorgebracht wurden und die das Land seit über zwei Jahren ignoriert (HRW 12.1.2023).
Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiges Herkunfts- und Transitland für Opfer des Menschenhandels. Frauen und Kinder werden sowohl ins Ausland als auch innerhalb des Landes zum Zwecke der häuslichen Sklaverei und sexuellen Ausbeutung, Männer vor allem als Arbeitskräfte ins Ausland, gehandelt. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 10.3.2023). Hinzukommt, dass laut internationalen Organisationen einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte in den Handel mit Rohingya-Frauen und -Kindern involviert sind (USDOS 20.3.2023). Im Jahr 2022 stellte das US-Außenministerium fest, dass die Regierung ihre Bemühungen zur Durchsetzung der Gesetze insgesamt zwar verstärkt hat, die Schutzmaßnahmen allerdings eingeschränkt blieben (USDOS 7.2022). Die Rechenschaftspflicht für alle Verbrechen, einschließlich des Menschenhandels, ist nach wie vor ein Problem (USDOS 20.3.2023)
Obwohl das Gesetz eine Ombudsperson zur Korruptionsbekämpfung vorsieht, wurde diese nicht eingerichtet. Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission – ACC) (ÖB New Delhi 11.2022). Lokale Menschenrechtsorganisationen stellen die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der ACC in Frage (USDOS 20.3.2023).
Artikel 102 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Eine National Human Rights Commission (NHRC) wurde im Dezember 2007 eingerichtet und hat mittlerweile sieben Mitglieder, davon fünf ehrenamtlich (ÖB New Delhi 11.2022). Die NHRC kann Gefängnisse und Haftanstalten besichtigen, Mediationen durchführen und von staatlichen Stellen die Vorlage von Dokumenten verlangen (DFAT 30.11.2022). Die NHRC ist bei der Global Alliance of National Human Rights Institution (GANHRI) akkreditiert. Die GANHRI bewertet die NHRC mit dem Status "B", was einer teilweisen Übereinstimmung mit den Pariser Grundsätzen entspricht (GANHRI 29.11.2022). Die bewusste Nichtbereitstellung finanzieller und personeller Ressourcen schränkt die Tätigkeit und Unabhängigkeit der Kommission ein (ÖB New Delhi 11.2022). Die Menschenrechts-NGO Odhikar wirft der NHRC demnach auch vor, dass sie den Opfern der Menschenrechtsverletzungen keine Unterstützung bietet (ODHIKAR 30.1.2023).
Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist demnach nicht ausreichend. Grundsatzurteile des Obersten Gerichtshofs zu Menschenrechtsgarantien werden von Regierung und Behörden nicht ausreichend umgesetzt bzw. ignoriert (AA 23.8.2022).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 2.5.2023
AI – Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Bangladesh 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089426.html, Zugriff 2.5.2023
AJ – Al Jazeera (3.2.2021): Rapid Action Battalion: Bangladesh’s notorious paramilitary force, https://www.aljazeera.com/news/2021/2/3/what-is-the-bangladeshs-rapid-action-battalion-rab, Zugriff 2.5.2023
DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 10.5.2023
FH – Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 2.5.2023
GANHRI – Global Alliance of National Human Rights Institution (29.11.2022): Members, https://ganhri.org/membership/, Zugriff 10.5.2023
HRW – Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2085390.html, Zugriff 2.5.2023
ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document-search/?country%5B%5D=bgd srcId%5B%5D=11389, Zugriff 2.5.2023
ODHIKAR (30.1.2023): Annual Human Rights Report 2022 Bangladesh, https://odhikar.org/bangladesh-annual-human-rights-report-2022-2/, Zugriff 2.5.2023
OHCHR – United Nations Office of the High Commissioner for Human Rights (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=14 Lang=en, Zugriff 2.5.2023
USDOS – United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2089131.html, Zugriff 2.5.2023
USDOS – United States Department of State [USA] (7.2022): Trafficking in Persons Report July 2022, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2022/10/20221020-2022-TIP-Report.pdf, Zugriff 2.5.2023
Religionsfreiheit
Letzte Änderung 2023-06-07 11:28
89 Prozent der Bevölkerung sind sunnitische Muslime, zehn Prozent werden dem Hinduismus zugerechnet. Darüber hinaus gibt es Christen, Theravada-Hinayana-Buddhisten, kleine Gruppen schiitischer Muslime, Bahais, Animisten, Ahmadi-Muslime, Agnostiker und Atheisten. Ethnische Minderheiten, die in den Chittagong Hill Tracts und in den nördlichen Distrikten konzentriert sind, praktizieren im Allgemeinen nicht islamische Glaubensrichtungen (USDOS 2.6.2022). Religiöse und ethnische Minderheiten überschneiden sich häufig [siehe dazu auch Kapitel Ethnische Minderheiten] (ÖB New Dehli 11.2022).
Die Verfassung legt den Islam als Staatsreligion fest, erkennt aber auch den Grundsatz des Säkularismus [Trennung von Kirche und Staat] an (USDOS 2.6.2022). Laut der Verfassung sind religiös begründete politische Parteien verboten (FH 2023). Die Rechte der religiösen Minderheiten auf ungehinderte Ausübung ihrer Religion werden durch die Verfassung geschützt (ÖB New Delhi 11.2022). Die Verfassung sieht die Gleichberechtigung aller Religionen vor und verbietet religiöse Diskriminierung (USDOS 2.6.2022). In der Politik und in staatlichen Behörden sind religiöse Minderheiten allerdings unterrepräsentiert (FH 2023).
Traditionell gilt Bangladesch als ein religiös tolerantes, islamisches Land. Regierung und bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens setzen sich in der Regel für das friedliche Zusammenleben der Religionen ein (ÖB New Delhi 11.2022). Der Einfluss islamistischer Gruppen auf die Regierungspolitik wächst allerdings. Wer säkulare oder nicht konforme Anschauungen vertritt, kann mit gesellschaftlicher Ächtung und Angriffen durch islamistische Gruppierungen konfrontiert sein (FH 2023).
Die religiösen Minderheiten sehen sich auch zunehmendem Druck und gewalttätigen Übergriffen durch islamisch-fundamentalistische Gruppen ausgesetzt. In den letzten Jahren wurden verstärkt (teils) tödliche Angriffe auf Vertreter nicht-muslimischer Gruppen verübt, wozu sich der sogenannte Islamische Staat (IS) bekannte (ÖB New Delhi 11.2022). Besonders auf dem Land sehen sich religiöse Minderheiten Schikanen durch konservative Muslime ausgesetzt. In den letzten Jahren kam es zu einigen tätlichen Angriffen auf Landgemeinden der Ahmadis sowie zu mehreren Fällen von Vandalismus gegen buddhistische Tempel, christliche Kirchen und hinduistische Gemeinden (AA 23.8.2022). Gelegentlich kommt es zu Mob-Gewalt gegen Gebetshäuser religiöser Minderheiten. Gewalt gegen religiöse Minderheiten kann in den sozialen Medien vorsätzlich provoziert werden. Beispielsweise wurden im Juli 2022 Wohnstätten und Unternehmen im Besitz von Hindus Opfer von Vandalismus, ebenso ein Tempel im Dorf Sahapara. Dies geschah als offenkundige Reaktion auf ein Facebook-Posting, welches den Islam verunglimpft hatte (FH 2023).
Die Regierung ist bemüht, die Übergriffe auf religiöse Minderheiten zu unterbinden. Dennoch scheint die Polizei nicht in der Lage zu sein, religiöse Minderheiten effektiv vor Übergriffen zu schützen. Religiöse Umzüge, Feste und Gotteshäuser werden durch Sicherheitskräfte geschützt. Wo es zu Übergriffen kommt, ist nicht generell von einem rein religiösen Hintergrund auszugehen. Oft sind es auch Übergriffe krimineller Banden, welchen wirtschaftliche oder soziale Motive zugrunde liegen (ÖB New Delhi 11.2022).
Im täglichen Leben sehen sich Angehörige religiöser Minderheiten Diskriminierungen ausgesetzt (ÖB New Delhi 11.2022). Es gibt eine sichtbare und eine versteckte Art der Diskriminierung von Hindus in Bangladesch. Eine lange Geschichte von Unterdrückung und Gewalt hat zu einer massiven Reduktion des hinduistischen Bevölkerungsanteils geführt (AA 23.8.2022). Religiöse Minderheiten sind außerdem in hohem Maße von Landraub betroffen [siehe dazu auch Kapitel Ethnische Minderheiten] (ACN 2021). Landenteignung ("land grabbing") und Umsiedlung sind wohl eine der Hauptursachen für die starke Abwanderung von Hindus (ÖB New Delhi 11.2022) in das Nachbarland Indien, die seit Jahrzehnten erfolgt (AA 23.8.2022).
Religionswechsel, Missionierung sowie Austritt aus dem Islam sind gesetzlich erlaubt, aber in weiten Teilen der Gesellschaft verpönt und ziehen gesellschaftliche bzw. familiäre Ächtung nach sich (AA 23.8.2022). Konvertiten sind schwerwiegenden Einschränkungen, Diskriminierung und Angriffen ausgesetzt (OD 12.2022). Obwohl die Minderheiten das Recht auf freie Religionsausübung haben, werden religiöse Minderheiten gelegentlich aufgrund von Missionierung oder angeblicher Blasphemie [Gotteslästerung] rechtlich belangt (FH 2023). In Bangladesch gibt es kein Blasphemie-Gesetz. Das Strafgesetzbuch enthält jedoch den Tatbestand der Verletzung oder 'Beleidigung religiöser Gefühle' anderer (ACN 2021). Diesbezüglich werden Geld- oder Haftstrafen von bis zu zwei Jahren verhängt. Das Strafgesetzbuch erlaubt der Regierung auch die Beschlagnahmung aller Exemplare von Zeitungen, Magazinen und anderen Veröffentlichungen, deren Inhalt Feindseligkeit und Hass zwischen den Bürgern schürt oder religiöse Überzeugungen verunglimpft (USDOS 2.6.2022). Ehen zwischen verschiedenen Religionszugehörigkeiten sind gesetzlich zugelassen (AA 23.8.2022).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.4.2023
ACN – Aid to the Church in Need (2021): Religionsfreiheit Weltweit - Bericht 2021: Bangladesch, https://acninternational.org/religiousfreedomreport//wp-content/uploads/2021/04/Bangladesh-2.pdf, Zugriff 9.5.2023
FH – Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 18.4.2023
ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Bangladesch Asylländerbericht, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 12.4.2023
OD – Open Doors (12.2022): Bangladesh: World Watch List (WWL) 2023 Full Country Dossier, https://www.opendoors.org/persecution/reports/Full-Country-Dossier-Bangladesh-2023.pdf, Zugriff 9.5.2023
USDOS – US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073986.html, Zugriff 21.4.2023
Relevante Bevölkerungsgruppen
LGBTQ+
Letzte Änderung 2023-06-13 13:59
In der durch islamisch-patriarchalische Traditionen geprägten Gesellschaft Bangladeschs sind LGBTQ+ diskreditiert (AA 23.8.2022) und Homosexualität ein Tabuthema (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Weibliche Homosexualität ist ein absolutes „Nicht-Thema“ (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Homosexuelle Handlungen stehen gemäß § 377 Strafgesetzbuch unter Strafe (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022, HRW 12.1.2023). Die Strafen dafür reichen von 10 Jahren bis lebenslänglich (HRW 12.1.2023; vgl. ILGA 12.2020). Die Anwendung des § 377 Strafgesetzbuch wird angedroht, um Homosexuelle zu erpressen, regierungskritische Meinungsäußerungen zu verhindern oder die Anpassung an heterosexuelle Normen zu erzwingen (AA 23.8.2022). So berichten Mitglieder der LGBTI+-Gemeinschaft, dass die Polizei das Gesetz benutzt, um sie - oder aber auch Personen, die unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung als LGBTQ+ wahrgenommen werden - zu schikanieren (USDOS 20.3.2023). Die strafrechtliche Durchsetzung des Verbots gelangt tatsächlich allerdings nur selten zur Anwendung (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022, DFAT 30.11.2022). Vermutlich weil die LGBTQ+-Gemeinschaft verborgen agiert (DFAT 30.11.2022).
Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ. Homosexualität ist absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt (ÖB New Delhi 11.2022). Fast alle LGBTQ+-Personen in Bangladesch halten ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität geheim. Die sozialen und kulturellen Möglichkeiten für LGBTQ+-Personen in Bangladesch sind stark eingeschränkt, weshalb viele LGBTQ+-Personen ins Ausland fliehen. Diejenigen, die bleiben, verwenden aufgrund kultureller Tabus, die offene Diskussionen über LGBTQ+-Themen untersagen, eine eigene Slang-Sprache (DFAT 30.11.2022). Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zu Mord (insbesondere vor dem Hintergrund steigender Islamisierung) zu rechnen (ÖB New Delhi 11.2022). Schwule Männer und Lesben stehen unter starkem familiären und sozialen Druck, heterosexuelle Ehen einzugehen (DFAT 30.11.2022). Aktivisten berichten, dass sogenannte Konversionstherapien weit verbreitet sind. Laut Aussagen lesbischer Frauen und schwuler Männer wurden sie z.B. von ihren Eltern in Drogenrehabilitationszentren oder zu Beruhigungsmitteln gezwungen. Die Regierung verurteilt diese Praktiken nicht (USDOS 20.3.2023).
LGBTQ+-Personen werden regelmäßig angegriffen (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022). Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen sowie ihre Fürsprecher sehen sich Gewalt und Drohungen ausgesetzt, ohne angemessenen Schutz durch die Polizei (HRW 12.1.2023). Drohbotschaften erfolgen z.B. auch per Telefon, SMS und über soziale Medien (USDOS 20.3.2023). Derartige Drohungen gehen auch von religiöse Extremisten aus. Homophobe Hassreden sind in den sozialen Medien verbreitet (DFAT 30.11.2022). Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch Aktivitäten von NGOs zu einigen Themen wie LGBTI Rechte ein (FH 10.3.2023). Es gibt nur sehr wenige LGBTQI+-Organisationen, insbesondere für Lesben (USDOS 20.3.2023).
Eine besondere Rolle kommt dem „dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten Hijras, nämlich Eunuchen, Transsexuellen und Intersexuellen (AA 23.8.2022). Mitglieder der Hirja Commuinity identifizieren sich weder als männlich noch als weiblich und sind als eigene Geschlechtsidentität in Bangladesch klassifiziert (FH 10.3.2023). Aus der Perspektive des indischen Subkontinents sind Hijras keine Transgender, sondern Cisgender (Syed, R. o.D.). Der Begriff "Hijra" ist somit nicht gleichbedeutend mit dem Begriff "Transgender". Es ist möglich, eine Transgender-Frau zu sein, die nicht Teil der Hijra-Kultur oder Gemeinschaft ist (DFAT 30.11.2022). Einige Transgender-Frauen im Land identifizieren sich als Hijra, weil sie sich der Hijra-Subkultur verbunden fühlen oder mehr sozialen Schutz wünschen. Einige konservative Geistliche verurteilen die Transgender-Gemeinschaft, aber unterscheiden sie deutlich von der Hijra-Identität, wobei letztere für sie tolerierbar ist, während ersteres inakzeptabel bleibt (USDOS 20.3.2023).
Hijras sind aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 23.8.2022). Für Transgender-Personen sind einige rechtliche Anerkennungen vorhanden, jedoch werden sie in der Praxis stark diskriminiert (FH 10.3.2023). So anerkennt die Regierung Hijras als drittes Geschlecht, allerdings bleibt es in der Praxis für diese schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen staatlichen Dienstleistungen zu erhalten, ein Problem, das sich während der Covid-19-Pandemie weiter verschärfte (ÖB New Delhi 11.2022). Laut Transgender Aktivisten führt die Regierung in einigen Fällen Genitaluntersuchungen bei Hijra durch, bevor sie ihnen Zugang zu Dienstleistungen gewährt (USDOS 20.3.2023). Auch wenn sie eine akzeptierte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben und viele Hijras in organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 30.11.2022). Die Akzeptanz von Hijras innerhalb der Familie ist im Allgemeinen gering, und sie haben keine Erbrechte gemäß den Bestimmungen der Scharia (DFAT 30.11.2022).
Pässe und Ausweisdokumente, einschließlich Wählerregistrierungsformularen, enthalten die Möglichkeit, "X" oder "Hijra" als drittes Geschlecht auszuwählen. Die nationale Volkszählung, die im Laufe des Jahres durchgeführt wurde, enthielt eine Kategorie für das "dritte Geschlecht". Obwohl die Regierung einige Fortschritte bei der Förderung der sozialen Akzeptanz von Hijra-Personen gemacht hat, unternimmt sie nur begrenzte Anstrengungen, um die Rechte anderer in der LGBTQI+-Gemeinschaft zu fördern, und bietet für diese keine rechtliche Anerkennung an (USDOS 20.3.2023).
Die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen, wie auch von LGBTQ+-Personen, schränkt die Beteiligung an der Politik in der Praxis ein (FH 10.3.2023). 2019 wurde erstmals eine Vertreterin der Hijras ins Parlament gewählt (AA 23.8.2022). Die Stadt Trilochanpur wählte Ende 2021 einen Bürgermeister aus der Hijra-Community (FH 10.3.2023).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.5.2023
DFAT - Australian Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 12.5.2023
FH – Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2088488.html, Zugriff 12.5.2023
HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2085390.html, Zugriff 12.5.2023
ILGA – International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association(12.2020): State-Sponsored Homophobia; Global Legislation Overview Update 2020 (Autor: Mendos, Lucas Ramon) https://www.ecoi.net/en/file/local/2044751/ILGA_World_State_Sponsored_Homophobia_report_global_legislation_overview_update_December_2020.pdf, Zugriff 22.5.2023
ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document/2090012.html, Zugriff 12.5.2023
Syed, Renate (o.D.): „Nicht Mann, nicht Frau“ Hijras: Indiens drittes Geschlecht, https://www.renate-syed.de/nicht-mann-nicht-frau, Zugriff am 22.5.2023
USDOS – United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2089131.html, Zugriff 12.5.2023
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung 2023-06-13 14:04
Die Verfassung garantiert den Bürgern das Recht, sich im gesamten Staatsgebiet frei zu bewegen, sich an jedem beliebigen Ort in Bangladesch aufzuhalten und niederzulassen sowie das Land zu verlassen bzw. wieder zurückzukehren (DFAT 30.11.2022; vgl. USDOS 20.3.2023, FH 10.3.2023). Ausnahmen bestehen jedoch für folgende sensible Gebiete: die Chittagong Hill Tracts (CHT), die Rohingya-Flüchtlingslager in Cox's Bazar (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 23.8.2023, FH 10.3.2023) und die Insel Bhasan Char im Golf von Bengalen (USDOS 20.3.2023).
Die CHT-Distrikte sind ein stark militarisiertes Gebiet und der Zugang zu großen Teilen ist eingeschränkt. Militärische Kontrollpunkte verhindern die freie Bewegung selbst für die lokale Bevölkerung (DFAT 30.11.2022). Hinsichtlich der Wahl der Ausbildung oder des Arbeitsplatzes gibt es nur wenige gesetzliche Beschränkungen (FH 10.3.2023). Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Großstädte wie Dhaka und Chittagong. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde und teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden. Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 23.8.2022). Das DFAT geht davon aus, dass Frauen ohne Zugang zu Familie oder anderen Unterstützungsnetzwerken mehr Schwierigkeiten bei der Umsiedlung haben als Männer, insbesondere wenn sie arm oder alleinstehend sind oder geschlechtsspezifische Gewalt erlitten haben (DFAT 30.11.2022).
Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner, um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahren brauchen keinen gesetzlichen Vertreter, um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars. Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe ausgestellt, die für wenige Monate gültig sind. Ein Ausreiseverbot besteht für Personen, welche verdächtigt werden, an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 beteiligt gewesen zu sein (ÖB New Delhi 11.2022).
Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister gibt es nicht (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 23.8.2022).
Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. UKHO 3.2022). Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien (ÖB New Delhi 11.2022). Dasselbe gilt im Falle von Verfolgung und/oder ernsthaftem Schaden durch den Staat (UKHO 3.2022). Aufgrund des Bevölkerungsreichtums und der nur schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen dürfte allerdings insbesondere für Opfer lokaler politischer motivierter Verfolgung (ÖB New Delhi 11.2022) sowie bei Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure das Ausweichen in andere Landesteile eine plausible Alternative sein. Für Atheisten bzw. Personen, die beschuldigt wurden, "die religiösen Gefühle verletzt" zu haben, ist eine Ausweichmöglichkeit in der Einschätzung des britischen Innenministerium allerdings wiederum unwahrscheinlich (UKHO 3.2022).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt – Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 25.4.2023
DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 28.4.2023
FH – Freedom House (10.3.2023): Freedom House: Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 25.4.2023
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 25.4.2023
UKHO - UK Home Office [Vereinigtes Königreich] (3.2022): Country Policy and Information Note Bangladesh: Religious minorities and atheists, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070685/BGD_CPIN_Religious_minorities_and_atheists.pdf, Zugriff 28.4.2023
USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff 2.5.2023
Grundversorgung
Letzte Änderung 2023-06-13 14:20
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 23.8.2022). Bangladesch hat in den letzten Jahren ein beträchtliches Wirtschaftswachstum erzielt und die Armut im Land erheblich reduzieren können (GIZ 31.12.2022). Den Rückschlag durch die Corona-Pandemie konnte Bangladesch sehr schnell wieder aufholen (BMZ 14.2.2023a; vgl. WB 6.4.2023). Im Durchschnitt ist die Wirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten jährlich um etwa sechs Prozent gewachsen (CIA 14.4.2023; vgl. WB 6.4.2023). Laut Weltbank erreichte Bangladesch 2015 den Status eines Landes mit niedrigem mittlerem Einkommen und es ist am Weg, 2026 von der UN-Liste der am wenigsten entwickelten Länder gestrichen zu werden (WB 6.4.2023).
Die Armutsbekämpfung bleibt jedoch eine der wichtigsten Aufgaben für die Regierung. Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 20,5 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (BMZ 14.2.2023a). Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft. Die Bevölkerung ist auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen (ÖB 11.2022). Gemäß Welthunger-Index 2022 (WHI) belegt Bangladesch Platz 84 von 121 Ländern und mit einem Wert von 19,6 auf dem WHI fällt es in die Schweregradkategorie "mäßig" (WHI 10.2022).
Bei der Grundversorgung der Bevölkerung sind somit noch große Defizite zu verzeichnen. Nur 59 Prozent der Menschen in Bangladesch Zugang zu einer sicher betriebenen Trinkwasserversorgung. Etwa ein Viertel der Erwachsenen kann nicht lesen und schreiben, etwa 25 Prozent der Bevölkerung nutzen das Internet (BMZ 14.2.2023a). Zur Stromnachfrage hat sich seit 2009 die Zahl der Haushalte mit Stromanschluss auf rund 43 Millionen fast vervierfacht - womit etwa 77 Prozent der rund 170 Millionen Einwohner Zugang zu Strom haben. Vor allem in den ländlichen Regionen sind aber viele Haushalte noch nicht an das Stromnetz angeschlossen (GTAI 28.6.2022).
2017 trugen die Landwirtschaft, Industrie und der Dienstleistungssektor jeweils geschätzt 14,2 Prozent, 29,3 Prozent und 56,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (CIA 14.4.2023). Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2022 laut der Internationalen Arbeitsorganisation bei lediglich 4,7 Prozent (ILO 11.2022). Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es allerdings lediglich im staatlichen Bereich sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Millionen gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht (ÖB 11.2022).
Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt (AA 23.8.2022; vgl. CIA 14.4.2023) und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland (AA 23.8.2022). Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 400.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten). Nach Schätzungen des Germany Trade Invest dürften die für den privaten Konsum wichtigen Rücküberweisungen von im Ausland arbeitenden bangladeschischen Staatsbürgern im Jahr 2022 rund 21 Milliarden USD betragen (GTAI 16.12.2022). Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum". Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 23.8.2022).
Zunehmend ziehen mehr Menschen in die Städte. Die rasche Urbanisierung setzt die Städte unter Druck. Zugleich ist das Land vom Klimawandel betroffen. Überschwemmungen und Wirbelstürme treten öfter und stärker auf (GIZ 31.12.2022). Insbesondere informelle urbane Siedlungsgebiete (Slums) sind überschwemmungsgefährdet und es fehlt an Wohn- und Versorgungsinfrastruktur (BMZ 14.2.2023b). Darüber hinaus führen der Klimawandel und die Übernutzung von Ökosystemen zum Verlust der Artenvielfalt und zur Degradierung der Biotope. Der Nutzungsdruck auf die Land- und Meeresflächen steigt (GIZ 31.12.2022).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 26.4.2023
BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (14.2.2023a): Soziale Situation, Das Wachstum erreicht nicht alle, https://www.bmz.de/de/laender/bangladesch/soziale-situation-10692, Zugriff 26.4.2023
BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (14.2.2023b): Kernthema „Klima und Energie, Just Transition“, Energie effizienter nutzen und erneuerbare Energien ausbauen, https://www.bmz.de/de/laender/bangladesch/klima-und-energie-just-transition-10738, Zugriff 26.4.2023
CIA – Central Intelligence Agency [USA] (14.4.2023): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#economy, Zugriff 26.4.2023
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (31.12.2022): Bangladesch, https://www.giz.de/de/weltweit/351.html, Zugriff 26.4.2023
GTAI - Germany Trade Invest [Deutschland] (16.12.2022): Globale Krisen bremsen die Konjunktur, https://www.gtai.de/de/trade/bangladesch/wirtschaftsumfeld/globale-krisen-bremsen-die-konjunktur-255380, Zugriff 26.4.2023
GTAI - Germany Trade Invest [Deutschland] (28.6.2022): Auf der Suche nach dem richtigen Mix, https://www.gtai.de/de/trade/bangladesch/branchen/auf-der-suche-nach-dem-richtigen-mix-851414, Zugriff 26.4.2023
ILO - International Labour Organization (11.2022): Unemployment rate by sex and age -- ILO modelled estimates, Nov. 2022 (%) - Annual, https://www.ilo.org/shinyapps/bulkexplorer41/?lang=en segment=indicator id=UNE_2EAP_SEX_AGE_RT_A, Zugriff 26.4.2023
ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document/2090012.html, Zugriff 11.5.2023
WB - World Bank (6.4.2023): The World Bank in Bangladesh, https://www.worldbank.org/en/country/bangladesh/overview, Zugriff 24.4.2023
WHI - Welthunger-Index (10.2022): Welthunger-Index 2022: Bangladesch, https://www.globalhungerindex.org/pdf/de/2022/Bangladesh.pdf, Zugriff 26.4.2023
Sozialbeihilfen
Letzte Änderung 2023-06-13 14:23
Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen bzw. subventionierte Lebensmittel ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 23.8.2022). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen (ÖB 11.2022). Nicht-staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 23.8.2022).
Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [ca. 4 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka [ca. 6 Euro], wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 Prozent für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 Prozent des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka [ca. 1.074 Euro] bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019). 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten allerdings im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung (ÖB 11.2022)
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 26.4.2026
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 26.4.2023
USSSA – United States Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005488/bangladesh.pdf, Zugriff 26.4.2023
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung 2023-06-13 14:29
Alle Bürger Bangladeschs haben das Recht auf den Zugang zu öffentlichen Gesundheitseinrichtungen (WHO 2021a). Die Finanzierung des Gesundheitswesens erfolgt vollständig über das allgemeine Steuersystem der Regierung (ANN 23.9.2022). Doch ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht (AA 23.8.2022; vgl. ÖB 11.2022).
Das Gesundheitssystem in Bangladesch besteht aus vier Hauptkomponenten: dem öffentlichen (staatlichen) Sektor, dem privaten Sektor, den Nichtregierungsorganisationen und einem "informellen" Sektor (UKHO 7.2022; vgl. WHO 11.1.2023). Das staatliche Gesundheitssystem ist vor allem in der Primärversorgung mit kleinen - meist schlecht ausgestatteten - ambulanten Kliniken (Upazila Health Complexes) aktiv (GTAI 1.7.2022; vgl. WHO 11.1.2023), wobei jede von ihnen etwa 6.000 Menschen versorgt (WHO 11.1.2023). Die nächste Ebene sind die Gesundheits- und Familienfürsorgezentren der Union, die Gesundheitsdienste für Mütter und Kinder sowie eine begrenzte kurative Versorgung anbieten. Auf der Upazila- und Distriktebene gibt es Upazila-Gesundheitskomplexe (Krankenhäuser mit 50 Betten) und Distriktkrankenhäuser (250 Betten). Auf tertiärer Ebene bieten medizinische Hochschulen und Postgraduierten-Institute ein breites Spektrum an spezialisierten Dienstleistungen an (WHO 11.1.2023). Überlebensnotwendige Maßnahmen können in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen in der Hauptstadt Dhaka sowie in Sylhet, Chittagong und Barishal durchgeführt werden (AA 23.8.2022).
Einige teure Privatkliniken, die bei der sekundären und tertiären Versorgung (GTAI 1.7.2022) dominieren, bieten bessere Dienstleistungen (DFAT 30.11.2022) nach internationalem Ausstattungsstand an. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten (AA 23.8.2022; vgl. ÖB 11.2022). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren Inhaber häufig im Ausland ausgebildet wurden (AA 23.8.2022). Viele Gesundheitseinrichtungen werden auch von Entwicklungspartnern und NGOs bereitgestellt (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 23.8.2022, WHO-SEAJPH 2.2021).
Ende 2019 wurden 5.300 private Kliniken und Krankenhäuser mit insgesamt 91.000 Betten verzeichnet. Darüber hinaus gab es 2019 rund 250 staatliche Krankenhäuser mit 55.000 Betten. Zwar lag Bangladesch mit 0,8 Klinikbetten pro 1.000 Einwohner knapp über dem Durchschnitt aller LDC (Least Developed Countries)-Staaten, aber noch weit unter dem globalen Mittelwert von drei Betten pro 1.000 Personen (GTAI 1.7.2022; vgl. BIDA o.D.).
Außerhalb der Städte ist die medizinische Versorgung nicht gewährleistet (BMEIA 9.3.2023; vgl. DFAT 30.11.2022). Schätzungsweise erreichen lediglich 12 Prozent aller schweren Krankheitsfälle das staatliche Gesundheitssystem (ÖB 11.2022). Der Großteil der armen Landbevölkerung ist auf Selbsthilfe oder private Hilfsinitiativen angewiesen (ÖB 11.2022), während wohlhabende Bangladescher und westliche Ausländer bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vorziehen (AA 23.8.2022).
Gemäß Schätzung der WHO sind etwa 68 Prozent der gesamten Gesundheitsdienstleister qualifiziert und anerkannt. Im Gegensatz dazu machen unqualifizierte bzw. nicht anerkannte Gesundheitsdienstleister, wie z. B. traditionelle Heiler oder Verkäufer von Heilmitteln und ähnliche Anbieter, die verbleibenden 32 Prozent des nationalen Gesundheitspersonals aus. Laut WHO stehen für das gesamte Land 531.454 anerkannte Gesundheitsfachkräfte (staatliche und nicht-staatliche), davon 184.691 Ärzte, 276.684 medizinisch-technische Fachkräfte und 53.204 persönliche Pflegekräfte zur Verfügung. Davon werden die Beschäftigten im staatlichen Sektor auf rund 137.932 und im nicht-staatlichen auf 393.522 geschätzt. Im Jahr 2020 wies Bangladesch eine Dichte von 9,9 Ärzten, Krankenschwestern und Hebammen pro 10.000 Einwohner auf: eine Zahl, die weit unter dem weltweiten Durchschnitt von 48,6 liegt. Die Dichte des anerkannten Gesundheitspersonals (sowohl staatlich als auch nicht-staatlich) ist in städtischen Gebieten höher als in ländlichen Gebieten (WHO 2021b). Es sind mehr Ärzte als Krankenschwestern im Dienst. Mit einem Verhältnis von 1:0,6 zwischen Ärzten und Krankenschwestern liegt das Land unter dem internationalen Standard von 1:3 für die Krankenschwestern-/Hebammendichte (WHO 11.1.2023).
Die Qualität der Gesundheitsversorgung ist im Allgemeinen dürftig (DFAT 30.11.2022; vgl. USDOS 20.3.2023). Sie entspricht nicht den europäischen Standards (BMEIA 9.3.2023; vgl. AA 4.5.2023). Zu den Problemen, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung beeinträchtigen, zählen u. a. die geringe Personalausstattung, fehlende finanzielle Mittel, Korruption, fehlende Einrichtungen, hohe Kosten aus eigener Tasche und ein hohes Maß an Armut (DFAT 30.11.2022). Die medizinische Versorgung im Lande ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch (AA 4.5.2023).
Im Zuge der COVID-Krise hat sich das Gesundheitssystem des Landes, obwohl die Pandemie erst sehr spät in Bangladesch ankam und somit genügend Zeit zur Vorbereitung bestand, als völlig überlastet erwiesen bzw. als unfähig, mit der Pandemie umzugehen (ÖB 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Impfstoffe und Sauerstoff wurden von Entwicklungspartnern gespendet, aber waren nicht für alle Bangladescher verfügbar (DFAT 30.11.2022). Doch auch schon vor der Coronakrise wurden die meisten öffentlichen Krankenhäuser jenseits ihrer Kapazitätsgrenzen betrieben (GTAI 1.7.2022).
Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient (AA 23.8.2022). Die lokale Pharmaindustrie liefert 98 Prozent aller für das Land wichtigen Arzneimittel (WHO 11.1.2023). Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (AA 23.8.2022).
Für Menschen mit Behinderungen, ob Kinder oder Erwachsene, gibt es wenige Dienste. Die Vorhandenen sind oft nicht barrierefrei. Die Einrichtungen der psychischen Gesundheit und zur Behandlung psychischer Erkrankungen - inklusive grundlegender psychiatrischer Medikamente - sind unzureichend (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 23.8.2022). Es gibt zwei spezialisierte psychiatrische Krankenhäuser: das Pabna Mental Hospital mit 500 Betten und das National Institute of Mental Health mit 400 Betten. In allgemeinen Krankenhäusern, medizinischen Hochschulen und Universitäten befinden sich 62 stationäre psychiatrische Abteilungen mit insgesamt 195 Betten. Es gibt 15 Betten in forensischen Abteilungen und einige Tausend Betten in stationären Einrichtungen wie Heimen für Mittellose, stationären Entgiftungszentren und Heimen für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen und neurologischen Behinderungen. Gemäß dem Atlas der psychischen Gesundheit 2020 und dem Nationalen Strategieplan für psychische Gesundheit 2020-2030 gibt es im Land ambulante Einrichtungen für psychische Gesundheit. Die psychosozialen Dienste im Rahmen der Primärversorgung müssen WHO zufolge ausgebaut werden. Shishu Bikash Kendras (SBKs) sind in 34 medizinischen Universitätskliniken und einem Bezirkskrankenhaus eingerichtet. Diese konzentrieren sich auf die umfassende Versorgung von Autismus und neurologischen Entwicklungsstörungen, einschließlich Einrichtungen für die Diagnose und Behandlung von Epilepsie, wie sie im Nationalen Strategieplan für neurologische Entwicklungsstörungen vorgesehen sind. Schließlich befassen sich auch NGOs wie die Shuchona Foundation in Zusammenarbeit mit den Gemeinden mit Autismus, psychischer Gesundheit und Behinderungen (WHO 6.9.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 10.5.2023
AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland [Deutschland] (4.5.2023): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise (Stand: 10.5.2023), https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292#content_0, Zugriff 10.5.2023
ANN - Asia News Network (23.9.2022): How Bangladesh can achieve universal health coverage, https://asianews.network/how-bangladesh-can-achieve-universal-health-coverage/, Zugriff 10.7.2023
BANG - Bangladesh Labour Act [Bangladesch] (2006): Bangladescher Arbeitsgesetz, https://www.google.com/url?sa=t rct=j q= esrc=s source=web cd= cad=rja uact=8 ved=2ahUKEwiklK2qvrj-AhUvQ_EDHetFBqEQFnoECBIQAQ url=https%3A%2F%2Fwww.ilo.org%2Fdyn%2Fnatlex%2Fdocs%2FELECTRONIC%2F76402%2F110637%2FF-1265526237%2FBGD76402%2520Eng.pdf usg=AOvVaw1tXoeInWPf-5tkofqzMLlT, Zugriff 10.5.2023
BIDA- Bangladesh Investment Development Authority (o.D.): Healthcare, https://bida.gov.bd/healthcare#:%7E:text=The%20Bangladesh%20healthcare%20sector%20comprises%20of%20hospitals%2C%20clinics%2C,trials%2C%20outsourcing%2C%20telemedicine%2C%20and%20medical%20devices%20and%20equip, Zugriff 10.5.2023
BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (9.3.2023): Reise Services, Reiseinformation, Bangladesch (Volksrepublik Bangladesch) (Stand: 10.5.2023), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 10.5.2023
DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 10.5.2023
GTAI - Germany Trade Invest [Deutschland] (1.7.2022): Der Gesundheitssektor wird ausgebaut, https://www.gtai.de/de/trade/bangladesch/branchen/der-gesundheitssektor-wird-ausgebaut-850672, Zugriff 10.5.2023
ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 10.5.2023
UKHO - United Kingdom Home Office (7.2022): Country Policy and Information Note Bangladesh: Medical treatment and healthcare [Version 2.0], https://www.ecoi.net/en/file/local/2076101/Country_Policy_and_Information_Note_Bangladesh_Medical_treatment_and_healthcare.pdf, Zugriff 10.5.2023
USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff am 10.5.2023
WHO - World Health Organization (11.1.2023): WHO Bangladesh Country Cooperation Strategy: 2020–2024, https://apps.who.int/iris/rest/bitstreams/1487313/retrieve, Zugriff 10.5.2023
WHO - World Health Organisation (6.9.2022): Addressing mental health in Bangladesh, https://apps.who.int/iris/rest/bitstreams/1481714/retrieve, Zugriff 10.5.2023
WHO - World Health Organization (2021a): Health Financing Progress Matrix assessment, Bangladesh 2021, Summary of findings and recommendations, https://www.google.com/url?sa=t rct=j q= esrc=s source=web cd= ved=2ahUKEwjml92poZX-AhXDVvEDHa2dD3YQFnoECAcQAQ url=https%3A%2F%2Fapps.who.int%2Firis%2Frest%2Fbitstreams%2F1429259%2Fretrieve usg=AOvVaw09heqrJ_CE7tX_RgSl-JIN, Zugriff 10.5.2023
WHO - World Health Organization (2021b): Assessment of Healthcare Providers in Bangladesh 2021, https://cdn.who.int/media/docs/default-source/searo/bangladesh/assessment-of-healthcare-providers-in-bangladesh-2021.pdf, Zugriff 10.5.2023
WHO-SEAJPH - World Health Organization South-East Asia Journal of Public Health (2.2021): Maintaining essential health services during the pandemic in Bangladesh: the role of primary health care supported by routine health information system, https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/351493/SEAJPH2021V10S1P93-eng.pdf?sequence=1 isAllowed=y, Zugriff 10.5.2023
Rückkehr
Letzte Änderung 2023-06-14 15:49
Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 23.8.2023). Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 23.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022, DFAT 30.11.2022).
Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt (AA 23.8.2022). Auch dem DFAT sind keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer an den Grenzen des Landes wegen politischer Aktivitäten im Ausland inhaftiert wurden. Allenfalls könnte die Einreise nach Bangladesch bei Vorliegen eines bestimmten politischen Profils des Rückkehrers vermerkt werden (DFAT 30.11.2022). Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für deren eventuelle Rückkehr. Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt es jedoch nicht. Durch den massiven neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima allerdings merklich verschlechtert. In diesem Sinne wurden zahlreiche Oppositionelle, die sich im Ausland aufhalten, zu hohen - teilweise lebenslangen - Haftstrafen bzw. sogar zum Tode verurteilt. Im Zuge einer Rückkehr würden diese Strafen freilich vollstreckt werden. Grundsätzlich kommt es bei oppositioneller Betätigung innerhalb Bangladeschs darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von der Regierung oder von der Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition, wobei in letzter Zeit mit Stand November 2022 aufgrund der mangelnden Relevanz kaum mehr Berichte über eine politische Verfolgung der Oppositionsanhängerschaft auftauchen (ÖB New Delhi 11.2022).
Die "International Organization for Migration" (IOM) kennt keine Fälle, in denen eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist (AA 23.8.2022). Da Bangladesch ein Land mit einer sehr großen Diaspora und einer ausgeprägten Abwanderungskultur ist und Zehntausende jedes Jahr das Land verlassen oder wieder einreisen, hat die Regierung weder die Kapazität noch das Interesse, jede einzelne dieser Personen zu kontrollieren oder zu überwachen (DFAT 22.11.2022).
Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können diese nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (ÖB New Delhi 11.2022).
Auch wenn "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden (ÖB New Delhi 11.2022), sind familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung andererseits für die Rückkehrer maßgeblich und dienen als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase. Rückkehrer sind aufgrund der großen Familien, enger, weitverzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt. IOM spricht in diesem Zusammenhang von der wichtigen Rolle der „social networks of family and neighbourhoods“, denen eine wichtige inoffizielle Schutzfunktion zukomme (AA 23.8.2022).
Für freiwillige Rückkehrer bieten die Joint Reintegration Services (JRS) von FRONTEXReintegrationsunterstützung. Diese umfasst ein post-arrival-Paket im Wert von € 615, das der unmittelbaren Unterstützung nach der Ankunft im Heimatland dient und u.a. eine temporäre Unterkunft bis zu drei Tagen sowie unmittelbare medizinische Unterstützung beinhaltet. Sofern keine oder weniger Sofortleistungen in Anspruch genommen werden, wird der anteilige Betrag von € 615 vom lokalen Partner in bar ausbezahlt. Darüber hinaus wird im Rahmen einer längerfristigen Reintegrationsunterstützung ein Post-Return Paket in der Höhe von € 2.000 ausgegeben. Die Rückkehrwilligen erhalten Sachleistungen auf Grundlage eines Reintegrationsplans, der mithilfe der lokalen Partnerorganisation in den ersten sechs Monaten nach der Rückkehr erstellt wird. Sie umfassen unter anderem Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens, Unterstützung beim Eintritt in den Arbeitsmarkt sowie bei der Einschulung mitausreisender Kinder, weiters Bildungsmaßnahmen und Trainings, rechtliche administrative Beratungsleistungen, Familienzusammenführung, medizinische und psychosoziale Unterstützung sowie Unterstützung im Zusammenhang mit Wohnen und Haushalt (BMI o.D.).
Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF)
Es gibt staatliche Aufnahmeeinrichtungen/Waisenhäuser für Minderjährige. Hierbei muss eine finanzielle Unterstützung für die Unterbringung, Verpflegung, Schulgeld, Kleidung etc. der Jugendlichen von dritter Seite bereitgestellt werden. Zuständig ist das "Ministry of Women and Children Affairs". Nach Auskunft von IOM können auch über die Organisation "Bangladesh National Womens Lawyers Association" (BNWLA) Aufnahmeeinrichtungen vermittelt werden (AA 23.8.2022) [Anmerkung: Zur allgemeinen Lage von Kindern/Minderjährigen, inkl. Hilfsprogramme siehe Kapitel Kinder].
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt – Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 24.4.2023
DFAT - Australian Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 12.6.2023
ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 24.4.2023
BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich]: Return from Austria - Bangladesch, https://www.returnfromaustria.at/bangladesh/bangladesh_deutsch.html, Zugriff 12.6.2023
Dokumente
Letzte Änderung 2023-06-13 14:32
Die Registrierung von Geburten ist zwar obligatorisch, dennoch werden nicht alle Geburten registriert. Die Ausstellung erfolgt außerdem nicht nach festgelegten Verfahren, und die Zuverlässigkeit der Bescheinigungen ist gering. Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden werden in verschiedenen Teilen des Landes in Papierform aufbewahrt und sind nur sehr schwer zu verifizieren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass in Dokumenten, die sich auf ein und dieselbe Person beziehen, z. B. eine Geburts- und eine Heiratsurkunde derselben Person, unterschiedliche Angaben eingetragen sind, z.B. eine andere Schreibweise eines Namens oder ein anderes Geburtsdatum. Dies kann auf Betrug zurückzuführen sein, aber auch auf mangelhafte Aufzeichnungspraktiken oder Schreibfehler wie Tipp- oder Transkriptionsfehler (DFAT 30.11.2022).
Alle Bürger über 18 Jahre müssen eine von der Wahlkommission von Bangladesch (BEC) ausgestellte nationale Identitätskarte (NIC) besitzen. Seit 2016 werden "Smart NICs" ausgestellt. Die Karten sind maschinenlesbar und enthalten verschiedene biometrische Informationen über einen Bürger, die in einen Mikrochip eingebettet sind. Viele ältere Karten ohne Sicherheitsmerkmale sind allerdings ebenfalls noch in Gebrauch (DFAT 30.11.2022).
Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen (AA 23.8.2022). Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht: Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse (ÖB 11.2022). Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden (AA 23.8.2022).
Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich (AA 23.8.2022; vgl. ÖB 11.2022). Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-)beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher infrage (AA 23.8.2022).
Mit der Einführung des maschinenlesbaren Reisepasses sind Fälle von Passmanipulationen deutlich zurückgegangen (AA 23.8.2022). Von allen Passantragstellern werden Fingerabdrücke genommen (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).
Hinweise auf Fälschungen sind insbesondere unvollständige Siegelstempel, fehlende Unterschriften sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen (ÖB 11.2022).
In vielen Fällen legen Antragsteller die übersetzten Abschriften angeblicher justizieller Dokumente wie z.B. "First Information Report", "Charge Sheet" oder Haftbefehl vor. In der Vergangenheit haben sich die vorgelegten Dokumente in fast allen Fällen als gefälscht erwiesen (AA 23.8.2022).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 6.4.2023
DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 6.4.2023
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 6.4.2023
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Aufenthalt in Österreich:
Dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststeht, ergibt sich daraus, dass er im Verfahren keine unbedenklichen Identitätsdokumente vorgelegt hat. Die Feststellungen zu seiner Staatszugehörigkeit, seiner Herkunftsregion sowie seiner bisherigen Schul- und Berufslaufbahn ergeben sich aus seinen gleichlautenden Angaben in der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung. Zumindest teilweise glaubhaft waren auch seine Angaben zu seinen familiären Anknüpfungspunkten in Bangladesch. So führte er bereits im Rahmen seiner Erstbefragung am 24.09.2021 an, dass im Herkunftsstaat noch seine Mutter sowie seine vier Schwestern leben würden und dass sein Vater bereits vor langer Zeit gestorben sei (vgl. AS 3). Dies bestätigte er auch vor der belangten Behörde, wobei er erstmals vorbrachte, dass er eigentlich adoptiert sei. Schon bei der Einvernahme war der Eindruck zu gewinnen, dass der Beschwerdeführer offenbar versuchte, sich hinsichtlich persönlicher Details möglichst bedeckt zu halten (AS 62):
“F: Haben Sie Geschwister.
A: Ja, ich habe 4 Schwestern
Moshada Begum, verheiratet, ich weiß sonst nichts. Auch von meinen anderen Schwestern weiß ich nichts.
(Anm.: Partei macht wegwerfende Bewegung und grinst.)
F: Mit wem von der Familie haben Sie Kontakt (Tel., Viber, Facebook äm)
A: Ich habe mit niemanden Kontakt.“
Dass der Beschwerdeführer augenscheinlich sehr wohl Kontakt zu seiner Familie im Herkunftsland hat, zeigte sich vor dem erkennenden Gericht, wo er vom Tod seiner Mutter berichtete und angab, dass ihm seine Schwester über Facebook ein Foto geschickt habe (vgl. OZ 13, S 9). Gegen seine Behauptung, generell keinen Kontakt mehr zum Herkunftsstaat zu haben (AS 63: “F: Haben Sie Kontakt zu sonst Personen in der Heimat (Arbeitskollegen, Schulfreunde, Nachbarn, uäm)? – A: Zu niemanden.“), spricht auch schon das Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, wonach sich der Beschwerdeführer regelmäßig in den sozialen Medien mit BNP-Anhängern über politische Themen austauschen soll. Zudem zeigen die vorgelegten Screenshots offenbar einen Chatverlauf des Beschwerdeführers mit diversen Landsleuten auf der App “BIGO LIVE“. Überhaupt erweist es sich aus Sicht des erkennenden Gerichts als geradezu lebensfremd, dass der Beschwerdeführer mit niemanden aus Bangladesch mehr kommunizieren soll, obwohl er über ein Mobiltelefon und ein Profil in den sozialen Medien verfügt. Darüber hinaus spricht der Umstand, dass er im Verfahren mehrere Unterlagen aus Bangladesch vorgelegt hat, klar dafür, dass er nach wie vor mit Personen im Herkunftsstaat in Kontakt steht. Von wem er diese Dokumente schlussendlich erhalten hat, konnte er jedoch nicht klar darlegen und sprach er abwechselnd von seinem Anwalt und einem Verwandten (AS 65f):
“(Partei zeigt auf ein Kuvert) Ich weiß nicht, was da drinnen ist, aber das hat mir der Anwalt geschickt.
F.: Sie sagten, Sie hätten zu niemanden in Bangladesch Kontakt – wie kann es dann sein, dass man Ihnen ein Anklagepapier nachschickt?
A.: Es gibt einen Verwandten weit weg, der hilft mir, der hat das gesagt.
F.: Wer ist der Verwandte?
A.: ein weit weg Verwandter, ein Ndash, von dort wo ich geboren wurde. Mit denen bin ich in Kontakt. Auch der Anwalt wird vom Ndas bezahlt.
[…]
F.: Wem schulden Sie etwas und wofür?
A.: Dem Ndash. Aber ich hab jetzt auch nicht mit dem Kontakt. Ich habe nur mit dem Anwalt Kontakt.
F.: Wo ist der Anwalt und wie bezahlen Sie ihn?
A.: In Kumila ist der Anwalt. Aber der Ndash besorgte den Anwalt und der bezahlt das. Roman in Bramhilia bezahlt mir auch manchmal was, das ist ein Bekannter und Freund.“
Dass ihm ein Verwandter und ein Freund den Rechtsanwalt bezahlen würden, obwohl eigentlich kein Kontakt mehr bestehen soll und sich der Beschwerdeführer seit mehreren Jahren im Ausland aufhält, ist ebenfalls nicht glaubhaft. In der Beschwerdeverhandlung sprach er dann auf einmal davon, dass ihm ein gewisser “Anupam“ – diesen Namen erwähnte er im Verfahren zum erste Mal – die Unterlagen geschickt habe (OZ 13, S 13):
“RI: Was haben Sie eingebracht?
P: Ich bekam ja die beiden Anzeigen von Anupam geschickt und ich habe die ja vorgelegt
RI: Was genau meinen Sie damit (Frage wird erläutert)?
P: Ich weiß nicht, ob es wenige Tage davor war, aber ich habe es so gehört. Anupam hat mir
die Unterlagen zugeschickt.“
Erhebliche Zweifel kamen auch an seinen Angaben über seine angebliche Ehefrau und seinen Sohn in Bangladesch auf. Bei der Erstbefragung am 24.09.2021 erwähnte er noch nicht, dass er verheiratet sei oder ein Kind habe. Vielmehr wurde in der Niederschrift festgehalten, dass der Beschwerdeführer ledig sei (vgl. AS 2). Auch im Rahmen der Erstbefragung am 06.07.2022 kamen seine Frau und sein Sohn noch nicht zur Sprache. So erwähnte er die Ehegattin auch nicht, als er zu seinem Fluchtgrund befragt wurde (vgl. AS 13), obwohl er im späteren Verfahren behauptete, sie sei überhaupt erst der Grund für die Anzeigen und Probleme im Herkunftsstaat gewesen. Vor dem BFA brachte er dann erstmals vor, dass er 2011 in der Stadt Raipur eine Frau namens Nargis AKTAR geheiratet habe und mit ihr einen Sohn namens Mohammed Shafi habe, der am 05.06.20217 in Kumilla geboren worden sei (vgl. AS 61). Trotz all der vorgebrachten Probleme in der Ehe verneinte er, dass ihn seine Frau jemals um eine Scheidung ersucht habe (vgl. AS 65). Vor dem erkennenden Gericht wurde er dann mehrmals über seine familiären Anknüpfungspunkte in Bangladesch gefragt, wobei er die Ehefrau und Sohn erst erwähnte, als er explizit nach ihnen gefragt wurde (vgl. OZ 13, Seite 9):
“RI: Haben Sie Familie in Bangladesch? Wenn ja, wo?
P: Eine eigene Familie habe ich nicht. Nachgefragt, von mir selbst habe ich niemanden, aber
die mich erzogen haben, da gibt es viele. Nachgefragt, die sind zu Hause und verheiratet. Das
sind ja alles Frauen und die Männer sind alle verstorben.
[…]
RI: Wie ist ihr Familienstand?
P: Ich habe ja in Wirklichkeit mit niemanden Kontakt.
RI: Sind Sie verheiratet?
P: Also der Vater der mich erzogen hat, auf seinem Willen habe ich das gemacht, aber ich
war nicht einverstanden.
RI: Wie heißt Ihre Ehefrau?
P: Nargis Akther (phon.).
RI: Wie alt ist Ihr Sohn?
P: Irgendwann wurde es gesagt, aber ich kann mich nicht mehr erinnern.“
Es spricht jedenfalls schon gegen die behauptete Vaterschaft, dass der Beschwerdeführer das Geburtsdatum seines angeblichen Sohnes nicht wiedergeben konnte und dass er offenbar keinerlei Interesse daran zeigt, Kontakt mit diesem zu pflegen. Überhaupt schien ihm das weitere Schicksal seiner Frau und seines Kindes vollkommen egal zu sein (AS 66: “F.: Wer versorgt denn die Frau und das Kind jetzt? – A.: ich weiß es nicht.“). Ohnehin behauptete er in der mündlichen Verhandlung dann, dass es sich bei dem Kind gar nicht um seinen leiblichen Sohn handle, sondern dass dieser vielmehr aus einer früheren Ehe seiner Frau stamme (vgl. OZ 13, S 21). Wie seine Ehefrau einen im Jahr 2017 geborenen Sohn in die angeblich bereits 2011 geschlossene Ehe mit dem Beschwerdeführer einbringen soll, erschließt sich dem erkennenden Gericht jedoch nicht. Im Gegensatz dazu geht auch aus einem der vorgelegten Schriftstücken hervor, dass der Beschwerdeführer und seine Gattin vor fast 11 Jahren “eine nach urkundliche und nach islamische Scharia gemäße Heirat“ vollzogen und “auch einen gemeinsamen Sohn“ haben sollen (vgl. OZ 9), wobei an der Authentizität dieser Dokumente – wie in weiterer Folge noch aufgezeigt – erhebliche Zweifel bestehen. Geburts- oder Heiratsurkunde wurden hingegen keine vorgelegt, weshalb im Ergebnis nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer tatsächlich verheiratet ist oder einen (Stief-)Sohn in Bangladesch hat.
Ähnlich widersprüchlich gestalteten sich seine Angaben zu seiner religiösen Zugehörigkeit. So gab er in der Erstbefragung am 24.09.2021 und am 06.07.2022 an, dass er dem Islam zugehöre. Dies wurde von ihm auch in der behördlichen Einvernahme bestätigt (AS 61: “F: Geben Sie von sich aus Ihre Identität an! – A: Ich bin Staatsbürger von Bangladesch, gehöre der Volksgruppe der Bengalen und dem Islam an“). Der Frage über die Religionszugehörigkeit seiner Verwandten wich er dabei aus (AS 63: “F: Sind alle Verwandten Bengalen und Moslems? – A: Ich kenne keine.“). Erst in der Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer eigentlich Hindu sei, wobei nicht näher dargelegt wurde, warum er bisher stets den Islam als sein Religionsbekenntnis angeführt hatte. In der mündlichen Verhandlung war es dem Beschwerdeführer dann nicht möglich, nachvollziehbare Angaben zu seiner eigenen bzw. zur Religionszugehörigkeit seiner Familie zu machen (OZ 13, S 10f):
"RI: Haben Sie in Bangladesch als Hindu gelebt?
P: Sie haben mich als kleines Kind geholt und mir einen muslimischen Namen gegeben und
mich so erzogen und auf deren Linie gebracht. Das von mir weiß ich ja gar nicht und ich habe
das auch nicht gelebt. Die, die mich aufgenommen haben, sind etwas weich zu mir und die
anderen aber nicht.
RI: Erzählen Sie mir was über den Hinduismus! Was macht diese Religion aus? Was sind die
Hauptrichtungen?
P: So viel, ich weiß darüber nichts. Die haben mich, als ich klein war, aufgenommen. Pooja
oder solche Sachen machen die. Zu beiden bezogen weiß ich nichts. Ich lebe so, wie ich lebe
RI: Was sind für Sie persönlich die wichtigsten Unterschiede zwischen Islam und
Hinduismus?
P: Beides ist für mich egal und ich kenne auch beides nicht. Ich möchte darüber auch nichts
wissen. Ich lebe für mich.
RI: Warum behaupteten Sie im bisherigen Verfahren, dass sie sich zum sunnitischen Islam
bekennen?
P: Die sind angeblich sunnitische Muslime, die mich erzogen haben.
RI wiederholt die Frage.
P: Ich kann mich nicht erinnern in Wirklichkeit. Wenn ich Druck habe, vergesse ich. lch habe
vermutlich über meine erziehenden Personen gesprochen.
RI: Ist Ihre Adoptivfamilie religiös?
P: Ich bin in Wirklichkeit ein wenig unterwegs mit denen. Die meisten sind ja DINGS, mögen
mich nicht.“
In diesem Zusammenhang ist auch noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer trotz seiner angeblichen Zugehörigkeit zum Hinduismus auf seinem öffentlichen Facebook-Profil Beiträge über den Islam veröffentlicht hat. Als ihm in der Beschwerdeverhandlung die entsprechenden Screenshots von seinem Profil vorgehalten wurden, war es ihm auch nicht möglich, dies plausibel zu erklären (OZ 13, S 18):
“RI: Haben sie in Ihrem Feed auch einfach so Videos über den Koran angeführt?
P: Koran? Nachgefragt, ich habe einfach so DINGS gemacht gehabt.
RI: Haben Sie auch einfach so Fotos aus Mekka auf Ihrem Facebook-Account, obwohl Sie
Hindu sind?
P: Ja, habe ich ein Foto. Ich habe nur so ein Foto.“
Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer in Wahrheit nicht Hindu, sondern Moslem ist. Auch wenn er immer wieder betonte, vergesslich zu sein (vgl. AS 13, 60; OZ 3, S 5), ist dies noch keine taugliche Erklärung für all die aufgezeigten Widersprüche, sondern ist dabei vielmehr von einer bloßen Schutzbehauptung auszugehen. So war es ihm im Verfahren durchaus möglich, schlüssige und gleichlautende Angaben zu machen, wenn es sich – wie noch zu zeigen sein wird – nicht um seine ausreisekausalen Gründe handelt. Dass er es beispielsweise unterließ, von der Existenz seiner Ehefrau und seines Sohnes zu berichten oder dass er verschiedene Glaubensrichtungen anführte, lässt sich jedenfalls nicht nur mit der Vergesslichkeit des Beschwerdeführers erklären, sondern war diese Modifikation seiner persönlichen Angaben vielmehr zu Lasten seiner Glaubwürdigkeit zu werten.
Dass der Beschwerdeführer nach seiner ersten Antragstellung bis 10.10.2021 in Österreich gemeldet war, ergibt sich aus dem eingeholten Auszug aus dem ZMR. Bei seiner erneuten Befragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.07.2022 gab er an, dass er sich zuerst 5 Tage in Italien und daraufhin bis zu einer Rücküberstellung in Frankreich aufgehalten habe. In der Beschwerdeverhandlung wich er den diesbezüglichen Fragen mehrmals aus, bis er schlussendlich nur den Aufenthalt in Frankreich erwähnte (OZ 13, S 7f):
“RI: Wo haben Sie sich zwischen 10.10.2021 und 06.07.2022 aufgehalten?
P: 22 Tage?
RI wiederholt die Frage.
P: Während dem Aufenthalt hier, wo ich dazwischen war?
RI wiederholt abermals die Frage.
P: Wo ich während dem Aufenthalt hier war? Eh hier.
RI: Waren Sie die ganze Zeit in Österreich?
P: Die zwei Jahre?
RI: Seit Sie hier sind?
P: Seitdem ich hierhergekommen bin, war ich immer hier. Ich bin eh hier.
RI: Sie sind 2021 nach Osterreich gekommen. Waren Sie dann immer im Bundesgebiet?
P: Also, als ich das erste Mal gegangen bin? Meinen Sie das?
RI wiederholt die Frage.
P: Ich war weg, nachdem ich das erste Mal da war. Nachgefragt, ich war in Frankreich.“
Ebenso änderte er die Angaben zu seiner Ausreise aus Bangladesch ab. Entgegen seiner Darstellung vor dem erkennenden Gericht, wonach er das Geld für die Reise von Freunden und Verwandten erhalten habe (OZ 13, S 13: “RI: Wie viel Geld will Ihre Frau von Ihnen jetzt? – P: Anupam, Ripon Bhumi haben was gegeben, um Firoza Begum ist ja schon gestorben. Aber wer wieviel gegeben hat, weiß ich nicht. Ich habe mal einen Betrag genannt gehabt. Aber ich habe es ja nicht bekommen, der Schlepper hat es bekommen.“), behauptete er vor dem BFA noch, dass er sich das Geld selbst zusammengespart habe. Dabei war abermals auffällig, wie häufig der Beschwerdeführer auf angebliche Erinnerungslücken verwies, wobei dies den Eindruck verstärkte, dass er damit lediglich die Umstände rund um seine Ausreise zu verschleiern versuchte (AS 63):
“F.: Von wann bis wann haben Sie gearbeitet, um so viel Geld zusammen zu sparen?
A.: ich habe einfach gearbeitet und gesammelt. Ich kann mich an nichts erinnern.
F.: Sie kamen 2002 aus der Schule, wo arbeiteten Sie dann?
A.: Nach 2002 habe ich gleich bei RFL angefangen.
F.: Wann war der letzte Arbeitstag?
A.: Weiß ich nicht.
[…]
F.: Wann haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, dass Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen.
A.: ich kann es nicht sagen.
V.: Sie stellten einen Asylantrag am 24.09.2021, Sie waren aus dem Oman über Iran, Türkei nach Europa gereist.
F.: Warum sind Sie nicht im Oman geblieben?
A.: Ich kann mich nicht erinnern. Alles mit dem Schlepper gemacht. Heute sage ich, dass ich gleich mit dem Schlepper nach Europa kam. Ich blieb nicht im Oman. In Iran blieb ich länger.“
Bei seiner Erstbefragung am 24.09.2021 gab der Beschwerdeführer hingegen noch an, dass sein Zielland bei der Ausreise aus Bangladesch eigentlich der Oman gewesen sei (vgl. AS 4). Anzumerken ist auch, dass der Beschwerdeführer auf seinem Facebook-Profil angegeben hatte, in Oslo gewesen zu sein. Da er im gesamten Verfahren nie von einem solchen Aufenthalt berichtet hatte (vgl. zum Beispiel AS 5, 13), wurden ihm in der Beschwerdeverhandlung ein entsprechender Screenshot aus seinem Profil vorgehalten. Abermals gab er dazu nur lapidar an, dass er “dies einfach so angeführt“ habe (OZ 13, S 18).
Es bestehen keine Hinweise für das Vorliegen einer schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung und bestätigte er sowohl vor dem BFA (vgl. AS 60) als auch vor dem erkennenden Gericht (vgl. OZ 13, S 5), dass er gesund sei.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit sowie die Feststellung zu seinem bisherigen Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung gründen sich auf den seitens des erkennenden Gerichtes eingeholten Auszügen aus den amtlichen Datenbanken (vgl. OZ 2).
Die Feststellungen über die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet beruhen auf seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Befragt über seinen Alltag in Österreich gab er lediglich an (OZ 13, S 6): “Ich liege herum und so und versuche die Sprache über mein Mobiltelefon zu lernen.“ Das Bestehen von privaten oder familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet wurde von ihm nicht behauptet.
Von seinen Deutschkenntnissen konnte sich das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen (vgl. OZ 13, S 6). Es wurden keine Sprachzertifikate oder Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen vorgelegt.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es bei den in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylweber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der aufgrund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen seines Asylverfahrens mehrmals darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Er wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben (vgl. AS 3, 13, 59f; OZ 13, S 3f;).
Eingangs hält das erkennende Gericht fest, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe im Verfahren durchwegs modifizierte und steigerte, wobei er eine Verfolgung aus gleich mehreren Konventionsgründen (Religion, politische Überzeugung sowie sexuelle Orientierung bzw. Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) in den Raum stellte, ohne jedoch im Detail näher darauf einzugehen. Während er sich bei der Erstbefragung am 24.09.2021 noch ausschließlich auf wirtschaftliche Gründe, nämlich Schulden, Grundstücksprobleme und den Wunsch, in Österreich zu arbeiten, bezog, führte er bei der Befragung am 06.07.2022 auf einmal politische sowie religiöse Probleme an (AS 14):
“Meine jetzigen Fluchtgründe sind Grundstücksprobleme und Probleme mit meinem Cousin väterlicherseits. Und das alles hat mit meinen politischen Problemen zu tun. Ich habe auch ein Problem mit einem radikalen Mullah.“
Allfällige Probleme mit seinem Cousin väterlicherseits kamen in weiterer Folge nicht mehr zur Sprache, zumal er fortan behauptete, adoptiert worden zu sein. Als er vor der belangten Behörde zu seinem Fluchtgrund befragt wurde, erwähnte der Beschwerdeführer dann diverse “Probleme“ – etwa mit seiner Familie, der religiösen Gruppe Hefazat, mit der “Amila League“ (Anmerkung des Gerichts, offenbar gemeint: Awami-Liga), mit “Jubaail Huyai“ oder ganz einfach Religionsprobleme – in seinem Herkunftsland, jedoch gestaltete sich sein jeweiliges Vorbringen dazu äußerst kurz und ausgesprochen vage (AS 65):
“Ich habe Probleme mit der Familie und ich habe Religionsprobleme. Es gibt eine religiöse Gruppe, Hefazat, mit der habe ich Probleme. Und auch mit der Amila League habe ich auch Probleme. Früher lief es gut zwischen den beiden Parteien, aber jetzt nicht mehr und ich kam zwischen die Fronten. Ich hatte Streit in Kumila auch.“
Als Hauptgrund für diese Schwierigkeiten führte er an, dass ihm seine Ehefrau – die er im Rahmen der Erstbefragung noch mit keinem Wort erwähnt hatte – unterstellt haben soll, er wolle sie vergewaltigen (AS 65: „Meine Frau meinte, ich will sie vergewaltigen und sie ging zu der Gruppe und sagte, ich habe ein Problem mit Sex. Und sie beschuldigte mich alles Mögliche und die verfolgten mich dann.“). Was aber ihr Motiv für diese Unterstellung gewesen sein soll, wurde von ihm nicht dargelegt. Auffallend war außerdem, dass der Beschwerdeführer die angeblichen Straf- bzw. Zivilverfahren gegen ihn nicht schon bei der Frage nach seinem Fluchtgrund thematisierte, sondern erst, als er explizit danach gefragt wurde (AS 65):
“F.: Sie haben gesagt, dass eine Anklage gegen Sie läuft – welche Anklage?
A.: Ich habe zwei Verfahren, ein altes und jetzt ein neues. Auf Nachfrage gebe ich an, dass das erste mit der Familie, weil da gibt es Erbstreiterei. Und das zweite Verfahren ist wegen Religion. Ich kann nicht sagen, aufgrund welchen Paragraphen. Ich habe da ein Papier von einem Gerichtsverfahren.“
Dabei legte er der belangten Behörde ein ungeöffnetes Kuvert vor und gab an, dass er dieses von seinem Anwalt aus Bangladesch erhalten habe, aber nicht genau wisse, was sich darin befinde. Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist es schon nicht einleuchtend, dass der Beschwerdeführer ein Kuvert, das behauptetermaßen Gerichtsunterlagen von einem Verfahren gegen seine Person beinhalten soll, nicht gleich selbst öffnet bzw. dass er kein Interesse an einem solchen Verfahren zeigt, das immerhin (Mit-)Grund für seine Ausreise aus dem Herkunftsstaat gewesen sein soll bzw. ihn daran hindert dorthin zurückzukehren. Dazu behauptete der Beschwerdeführer auch noch, er habe diese Dokumente schon lange vor der Einvernahme erhalten (OZ 13, S 14): “RI: wann haben sie die ganzen Dokumente bekommen (Anzeigen usw.)? – P: Die Anzeigen hat man mir ja schon vielfrüher geschickt. Und dann habe ich vorgelegt. Nachgefragt, sehr viel früher vor dem BFA interview habe ich es mir schicken lassen.“ Dass der Beschwerdeführer derartige Unterlagen ungesehen der Behörde übergibt, legt aus Sicht des erkennenden Gerichts bereits den Verdacht nahe, dass es sich dabei um keine echten Gerichtsdokumente handelt und er diese nur aus rein asyltaktischen Gründen in das Verfahren einbrachte. Es entspricht aus Sicht des erkennenden Gerichtes nämlich sehr wohl der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein angeblich Verfolgter sich über angebliche Verfahren gegen ihn informiert hält, wenn er schon die entsprechenden Unterlagen erhält. Darüber hinaus ist nicht erklärbar, woher der Beschwerdeführer zwar von den Verfahren und deren ungefähren Vorwürfen wissen will ohne die Unterlagen jemals gelesen zu haben. Auch dies legt bereits den Verdacht nahe, dass der Beschwerdeführer die Unterlagen aus asyltaktischen Gründen vorlegte und es sich dabei um Fälschungen handelt, bedenkt man, dass solche gefälschten Unterlagen ohne Probleme in Bangladesch erhältlich sind.
Als er dann in der mündlichen Verhandlung über seine Fluchtgründe befragt wurde, stellte er diese Verfahren bzw. die Anzeigen gegen ihn auf einmal in den Mittelpunkt seines Vorbringens, während er die angebliche Verfolgung durch religiöse Gruppen bzw. durch die Awami-Liga zuerst nicht weiter thematisierte (OZ 13, S 12). Dabei erwähnte er neben der Anzeige durch seine Ehefrau erstmals, dass er auch durch Farzana Begum, der Frau des verstorbenen Sohnes seiner Adoptiveltern, angezeigt worden sei. Dies ist insoweit bemerkenswert, als sich unter den vorgelegten Dokumenten neben der Klage von Nargis Akther tatsächlich auch ein “First Information Report“ aus dem Jahr 2016 befindet, in dem Farzana Begum als Beschwerdeführerin bzw. Opfer und der Beschwerdeführer, Shopna Begum und Firoza Begum als Beschuldigte geführt werden. Demnach sollen die Beschuldigten Farzana Begum nach dem Tod ihres Mannes mehrmals geschlagen und verletzt haben. Hinsichtlich des Motivs wurde vermerkt, dass es die Beschuldigten auf das Vermögen von Farzana Begum abgesehen haben, das diese von ihrem Ehemann geerbt habe. Im Juli 2016 soll es so zu einem Angriff gekommen sein, bei dem das Opfer vom Beschwerdeführer unter anderem sexuell belästigt und mit Mordvorsatz gewürgt worden sein soll (vgl. OZ 9). Der Beschwerdeführer, der im Rahmen seiner behördlichen Einvernahme ja offenbar noch keine genaue Kenntnis vom Inhalt dieser – im damals ungeöffneten Kuvert befindlichen – Dokumenten hatte, sprach vor dem BFA jedoch noch ausschließlich davon, dass ihn nur seine Ehefrau angezeigt habe. Farzana Begum ließ er hingegen noch gänzlich unerwähnt, was ebenso dagegenspricht, dass sich der Sachverhalt, der den Anzeigen zugrunde liegen soll, tatsächlich zugetragen hat (AS 67):
“F: Hatten Sie heute die Möglichkeit, alles zu sagen?
A: Ich möchte dieses Paket heute abgeben, da sind die Klagen meiner Frau drinnen.
Anm: Partei reicht ein Fedex-Kuvert, das noch nicht geöffnet ist.
F: Möchten Sie das Kuvert nicht selber öffnen?
A: Nein. Ich habe keinen Kopf dafür, ich weiß von meinem Anwalt, das ist die Anklage von meiner Frau.“
Auch inhaltlich ging er in der Einvernahme nicht näher auf diese Verfahren ein, sondern behauptete lediglich, dass es sich um eine Erbstreiterei und um ein Verfahren “wegen Religion“ handle. Selbst in der Beschwerdeverhandlung war es ihm dann nicht möglich, den Sachverhalt, der in den vorgelegten Dokumenten angeführt war, umfassend und nachvollziehbar wiederzugeben. So war der angeblichen Anzeige aus dem Jahr 2016 zu entnehmen, das dem Beschwerdeführer von Farzana Begum vorgeworfen werde, er habe es auf das Erbe ihres verstorbenen Ehemanns abgesehen (OZ 9): “Seit dem Versterben des Ehemannes haben die Beschuldigten nach und nach die Beschwerdeführerin und ihre Kinder geschlagen und blutig verletzt. Um das vom Ehemann zustehende vererbte Vermögen wegzunehmen, wurde sie beängstigt und bedroht.“ Dass ihm je ein solches Motiv unterstellt worden sei, wurde vom Beschwerdeführer im Verfahren jedoch nicht erwähnt. Vielmehr sprach er vor dem erkennenden Gericht ausschließlich davon, dass ihn Farzana Begum aufgrund von Streitigkeiten über das Erbe seiner Adoptiveltern – und nicht etwa um jenes ihres Ehemannes – angezeigt habe (OZ 13, S 15f):
“RI: Wer ist Mosammad Farzana Begum?
P: Wer? Wie ist der Name?
RI wiederholt die Frage.
P: Farzana Begum ist die Ehefrau vom eigenen Sohn der Anzeigenerstatter
RI: Warum geht es in dem Verfahren?
P: Es geht um Vermögen und von meinen Adoptiveltern der eigene Sohn möchte der alleinige Vermögensinhaber sein. Deswegen wurde die Anzeige gegen mich erstattet, mit dem Vorwurf der Frauenmisshandlung. Die Ehefrau vom eigenen Sohn der Adoptiveltern hat in raffinierter Weise mich mit der Tochter ihrer Schwester verheiratet und sagt jetzt, dass ich mich jetzt darum kümmern muss. Das haben sie alles mit System gemacht.
RI: Lebt der Sohn der Adoptiveltern noch?
P: Nein, er ist gestorben.
RI: Sind nur Sie angezeigt worden?
P: Mich hat man als Unschuldigen gefunden. Glauben sie wirklich, dass ich Eigentümer von diesem Vermögen werden will?
RI: Wann war der Vorfall und wann wurden Sie angezeigt?
P: Die Anzeige ist 7, 8 Jahre alt, damals wird es gewesen sein.
[…]
RI: Was wird Ihnen da konkret vorgeworfen?
P: Welche Anzeige von Nargis Akther? Von Farzan Akther?
RI: Mit dem Sohn der Adoptiveltern?
P: Es ist von Farzan Akhter. Dass was sie gesagt hat, ist alles Lüge. Werde ich denn ein Eigentümer nach bengalischem Recht? Das ist alles eine Lüge und wurde konstruiert, um mich ein Leben lang fernzuhalten.
RI wiederholt die Frage und erläutert diese.
P: Das ist ja schon 7 oder 8 Jahre alt. Darin steht, dass ich sie sexuell misshandelt hätte und Goldschmuck mitgenommen hätte.
RI: Sind Sie der einzige Beschuldigte?
P: Die haben ja das gemeinsam gemacht. Die Farzana Begum hat eine Tochter namens Shopna Akther. Sie hat mit Joshim Uddin es nicht können. Darin sind Shopna Akther, Firoza Begum und ich Beschuldigte.“
Es ist dabei ist auch festzuhalten, dass sich der Vorfall bereits im Jahre 2016 ereignet haben soll, der Beschwerdeführer aber erst 2019 aus Bangladesch ausgereist ist. Auch konnten bzw. können Shopna Begum und Firoza Begum augenscheinlich problemlos weiterhin in Bangladesch leben, obwohl auch sie in dem Schreiben als Beschuldigte (immerhin mit Mordvorsatz) genannt wurden. Shopna Akther wird in den Unterlagen im Übrigen auch nicht als Tochter von Farzana Begum geführt, sondern als ihre – um acht Jahre ältere – Schwägerin. Auch hier zeigt sich, dass der Beschwerdeführer die vorgelegten Unterlagen in keiner Weise studiert hatte, wenn er sogar die Rollen und Beziehungen der in den Schreiben genannten Personen so offensichtlich verwechselt. Es ist für das erkennende Gericht in keiner Weise nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in keiner Weise Interesse zeigt, was ihm nunmehr vorgeworfen werden soll und der Schluss naheliegend, dass die ganzen Verfahren in Wahrheit gar nicht existieren.
Der Beschwerdeführer gab bei seiner Erstbefragung noch an, dass sein Vater schon vor 22 Jahren verstorben sei und war der vorgelegten Anzeige aus dem Jahr 2016 außerdem zu entnehmen, dass auch der Ehegatte von Farzana Begum seit neun Jahren nicht mehr am Leben sei. So wäre es eigentlich naheliegend, dass allfällige Fragen hinsichtlich der Erbfolge bzw. den jeweiligen Erbteilen bereits längst geklärt wären. Der Beschwerdeführer konnte jedoch nicht einmal angeben, ob er überhaupt Erbe geworden sei und welches Vermögen Teil der Verlassenschaft sei (OZ 13, S 20):
“RV: Um welches Vermögen geht es bei dieser Sache überhaupt?
P: Die Firoza Begum hat einen Ehemann, die haben Kinder und einen Sohn. Die Ehefrau von diesem Sohn und dieser Sohn fürchten, dass ich Eigentümer von diesem Vermögen bin. Ich weiß nicht, ob ich es bin.
RV: Kann man das Vermögen beziffern (Frage wird erläutert)?
P: Diese Ortschaft ist angeblich zu einer ,,Cily" (Stadt) geworden und deswegen ist der Wert sehr gestiegen. Ich weiß es nicht.“
Es ist außerdem nicht ersichtlich, warum Farzana Begum wegen Erbstreitigkeiten überhaupt ein Verfahren gegen den Beschwerdeführer anstrengen soll, wenn dieser offenbar keinerlei Interesse an dem Vermögen hat (OZ 13, S 15: "Glauben Sie wirklich, dass ich Eigentümer von diesem Vermögen werden will?"). Überhaupt zeichnen sich die Angaben des Beschwerdeführers von einer bemerkenswerten Oberflächlichkeit aus bzw. antwortete der Beschwerdeführer oftmals ausweichend:
"RI: Wann hat Ihre Frau das Verfahren gegen Sie angestrengt?
P: Zwei oder drei Jahre. Wenige Tage bevor ich das eingebracht habe.
RI: Was haben Sie eingebracht?
P: Ich bekam ja die beiden Anzeigen von Anupam geschickt und ich habe die ja vorgelegt.
RI: Was genau meinen Sie damit (Frage wird erläutert)?
P: Ich weiß nicht, ob es wenige Tage davor war, aber ich habe es so gehört. Anupam hat mir die Unterlagen zugeschickt.
RI: Schulden Sie Ihrer Frau jetzt Geld?
P: Ich habe Schulden, deshalb kontaktiere ich ja niemanden, weil die dann Geld wollen.
RI: Wie viel Geld will Ihre Frau von Ihnen jetzt?
P: Anupam, Ripon Bhumi haben was gegeben, um Firoza Begum ist ja schon gestorben. Aber wer wieviel gegeben hat, weiß ich nicht. Ich habe mal einen Betrag genannt gehabt. Aber ich habe es ja nicht bekommen, der Schlepper hat es bekommen. (OZ 13, S 13)"
Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer in keiner Weise konkret auf die Fragen des erkennenden Gerichts eingegangen ist, gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde noch an, dass seine Adoptivmutter Firoza Begum noch lebt (AS 62), vor dem erkennenden Gericht gab der Beschwerdeführer hingegen wiederum an, sie sei vor "sieben oder acht Jahre(n)" gestorben (OZ 13, S 9) nur um es kurz nachher wieder auf "sieben oder acht Monaten" zu korrigieren (OZ 13, S 10). Ähnlich gestaltete sich die weitere Befragung:
"RI: Was hat die Hefazat mit Ihrem Verfahren zu tun?
P: Die Leute von der Hefazat haben mich im Basar geschlagen. Er ist ja der Sekretär von ihnen. Zuerst mit den Leuten aus dem Basar und dann mit denen. Das war die Ehefrau vom Sohn von denen, die haben das gemacht. Ich wollte ja einfach friedlich für mich leben und mein Leben genießen. Einfache Leute haben mich dann gerettet.
RI: Wann war der Vorfall mit dem Basar?
P: Die Zeiten weiß ich nicht. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich mal so über die Zeiten abgefragt werde.
RI: Können Sie eine Jahreszahl angeben?
P: Das sind Geschichten von sehr viel früher.
RI: Wer ist Jubaail Huyai?
P: Wer, was? Jubaail?
RI wiederholt die Frage.
P: Meinen Sie einen Namen von dem, wo ich für die BNP bei der BU (phon.) gesprochen habe. BIGO
RI: Wer ist das?
P: Die BNP können ja nicht im Heimatland leben und sind alle im Ausland. Sie sind zusammengekommen und ich habe auch etwas gesagt." (OZ 13, S 14)
Auch hier ist auffällig, dass der Beschwerdeführer zwar sein Vorbringen vor dem erkennenden Gericht aufrechthält, jedoch in keiner Weise Details wie Jahreszahlen angeben kann, sondern vielmehr überrascht angab, er hätte nicht gewusst, dass er nach einer zeitlichen Einordnung gefragt werde. Den Namen Jubaail Huyai konnte er ebenso nicht einordnen, dagegen brachte der Beschwerdeführer den Namen ohnehin selber ins Spiel (vgl. AS 65: "F: Mit wem hatten Sie Streit in Kamila? A: Jubaail Huyai. Die Gruppenleute von ihm wollten mit mir streiten, weil als ich Probleme mit meiner Frau hatte, da sagte sie denen, dss ich mich nicht an die religiösen Pflichten halte und sie machte mir über die Gruppe Probleme"). Wieder verwechselte der Beschwerdeführer offensichtlich Details seines konstruierten Vorbringens, wenn er den Namen nunmehr Jubaail Huyai vor dem erkennenden Gericht nunmehr der BNP zuschreibt.
Unter den angeblichen Gerichtsdokumenten befand sich auch eine Klage von Nargis Akther aus dem Jahr 2022, laut dem sich der Beschwerdeführer “gegenüber der Klägerin ungewöhnlich verhalten“ habe und “im Analbereich der Klägerin geschlechtlichen Verkehr haben“ wollte (vgl. OZ 9). Außerdem soll sich der Beschwerdeführer ein Darlehen von der Schwiegerfamilie genommen haben, welches bis dato nicht beglichen worden sei. Nachdem seine Ehegattin sich geweigert habe, ihm noch mehr Geld zu geben, soll sie vom Beschwerdeführer mit Faustschlägen und einer Eisenstange geschlagen worden sein. Dass dabei als Vorfallsdatum der 24.08.2022 angeführt wurde, obwohl sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt bereits längst in Europa aufgehalten hat, spricht zusätzlich gegen die Authentizität der vorgelegten Beweismittel. Der Beschwerdeführer äußerte sich in der mündlichen Verhandlung nicht zu diesen Vorwürfen und machte auch sonst nur äußerst vage Angaben zum Inhalt der Klage (OZ 13, S 13):
“RI: Was für Verfahren sind jetzt konkret gegen Sie anhängig?
P: Anhängig, wegen was?
RI wiederholt und erläutert die Frage.
P: Die erste Anzeige ist wegen einer Misshandlung, obwohl ich ja Frauen gar nicht mag. Die zweite Anzeige: Es wurde ja verbreitet und ich wurde dann geschlagen und gefoltert. Dann war ich auf der Flucht. Wegen dem hat man diese Anzeige gemacht. Die zweite Anzeige hat Nargis Akhter gemacht. Nachdem das alles mit mir gemacht wurde, hat sie diese Anzeige erstattet. Nachdem sie gesehen hat, dass nach der ersten Anzeige ich nicht geschnappt werden konnte.“
Ungeachtet dessen, dass das erkennende Gericht schon nicht von der Echtheit bzw. inhaltlichen Richtigkeit der vorgelegten Anzeigen ausgeht, lieferte der Beschwerdeführer noch nicht einmal schlüssige Argumente oder Gegenbeweise, warum die Vorwürfe gegen ihn nicht stimmen sollten. Selbst bei hypothetischer Annahme, dem Beschwerdeführer drohe im Herkunftsstaat tatsächlich ein Straf- bzw. Zivilverfahren, so ist dadurch noch keine asylrelevante Verfolgung zu erblicken. Bereits im angefochtenen Bescheid wurde ausgeführt, dass es sich vielmehr um legale Forderungen seiner Ehefrau sowie um Delikte nach dem Strafgesetzbuch handle. Zwar versuchte der Beschwerdeführer, seinem Vorbringen durch den wiederholten Verweis auf seine politischen und religiösen Probleme einen asylrelevanten Anknüpfungspunkt zu verschaffen, jedoch waren seine diesbezüglichen Angaben derart oberflächlich gehalten, dass diesen ebenso kein Glauben zu schenken war. Brachte er vor der belangten Behörde noch von sich aus eine Verfolgung durch die Hefazat (Anmerkung des erkennenden Gerichts, offenbar gemeint: Hefazat-e-Islam Bangladesh) vor, erwähnte er eine solche vor dem erkennenden Gericht nicht mehr, als er nach seinem Fluchtgrund gefragt wurde (OZ 13, S 12). Auf Nachfrage machte er dann – wie auch schon vor dem BFA – weder zum konkreten Motiv der Gruppe, noch zu dem angeblichen Vorfall auf dem Basar nähere Angaben. Zudem konnte er sich an den Namen von Jubaail Huyai nicht mehr erinnern bzw. bezeichnete diesen auf einmal als Mitglied der BNP, obwohl er vor dem BFA noch angegeben hatte, mit dessen Gruppe nach den Anschuldigungen seiner Ehefrau Streit gehabt zu haben (OZ 13, S 14 bzw. AS 65):
“RI: Was hat die Hefazat mit ihrem Verfahren zu tun?
P: Die Leute von der Hefazat haben mich im Basar geschlagen. Er ist ja der Sekretär von ihnen. Zuerst mit den Leuten aus dem Basar und dann mit denen. Das war die Ehefrau vom Sohn von denen, die haben das gemacht. Ich wollte ja einfach friedlich für mich leben und mein Leben genießen. Einfache Leute haben mich dann gerettet.
RI: Wann war der Vorfall mit dem Basar?
P: Die Zeiten weiß ich nicht. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich mal so über die Zeiten abgefragt werde.
RI: Können Sie eine Jahreszahl angeben?
P: Das sind Geschichten von sehr viel früher
RI: Wer ist Jubaail Huyai?
P: Wer, was? Jubaail?
RI wiederholt die Frage.
P: Meinen sie einen Namen von dem, wo ich für die BNP bei der ,,BU" (phon.) gesprochen habe. BIGO.“
Zu den angeblichen politischen Aktivitäten des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser vor der belangten Behörde noch ausdrücklich verneint hatte, politisch tätig gewesen zu sein oder einer Partei angehört zu haben (vgl. AS 64). Im Gegensatz dazu wurde im Beschwerdeschriftsatz behauptet, der Beschwerdeführer unterstütze schon seit Jahren die Bangladesh Nationalist Party und tausche sich darüber regelmäßig in sozialen Medien aus, was bereits eine massive Steigerung eines derart zentralen Teils seines Vorbringens darstellt. Gründe, warum der Beschwerdeführer dies nicht bereits von Anfang an so darlegte, sind nicht erkennbar und wurden auch nicht erstattet. Die vorgelegten Screenshots der App „BIGO LIVE“ sind jedoch naturgemäß noch nicht geeignet, eine jahrelange Unterstützung der BNP nachzuweisen, zumal darauf noch nicht einmal klar ersichtlich ist, mit welchen Personen der Beschwerdeführer überhaupt interagiert. Weitere Beweismittel wurden dazu nicht vorgelegt. Vor dem erkennenden Gericht konnte er dann weder Angaben zu seiner politischen Funktion noch zur Partei selbst machen. Auch versuchte er auf einmal, einen Zusammenhang mit der Awami-Liga und den behaupteten Anzeigen gegen ihn herzustellen, obwohl davon im bisherigen Verfahren nicht einmal ansatzweise die Rede war (OZ 13, S 16):
„RI: Waren Sie im Herkunftsstaat jemals politisch aktiv? Wie?
P: Ich war politisch mit der BNP unterwegs.
RI: Sind Sie Mitglied der BNP?
P: Ja.
RI: Hatten Sie in der Partei eine Funktion inne?
P: Ich hatte keine Funktion, ich habe sie nur so unterstützt
RI: Haben Sie wegen ihren politischen Aktivitäten jemals Probleme in Bangladesch gehabt?
P: Probleme? Also diese Leute gehören der Awami League an. Deswegen machen mir die auch Probleme und die Awami League macht ja auch mit diesen Anzeigen DINGS. Deswegen ist noch mehr DINGS. Die Awami League ist in diesen Anzeigen involviert.“
Im Ergebnis war die behauptete Unterstützung bzw. Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei der BNP – wie auch die angeblichen Probleme durch die Awami-Liga – nicht glaubhaft. Weswegen der Beschwerdeführer, der ja laut eigenen Angaben ein einfaches Mitglied der BNP gewesen sein soll, derart viel Aufmerksamkeit durch die Awami League erfahren soll, ist für das erkennende Gericht in keiner Weise nachvollziehbar. Ebenso wenig erwähnte der Beschwerdeführer die in der Beschwerde genannten angeblichen Komplizen seiner angeblichen Ehefrau, die – als involvierte Parteimitglieder der Awami League – das Vermögen des Beschwerdeführers wegnahmen (vgl. S 25 der Beschwerde: "Die bP wurde mehrmals aufgrund ihrer Teilnahme an Demonstrationen geschlagen. Nachdem der leibliche Sohn der Adoptiveltern der bP verstorben ist, hat dessen Ehefrau, Frau Farzana AKTER mit Parteimitgliedern der Awami League der bP das gesamte Vermögen weggenommen. Die involvierten Parteimitglieder waren Counselor Satar, Counselor Hasan und MP Bahar."). Demgegenüber wurde der Beschwerdeführer durch das erkennende Gericht ausdrücklich befragt, wer aller in die Anzeige durch seine angebliche Ehefrau involviert ist: "RI: Wer ist da aller involviert in die Anzeige? Wer steht dahinter? – P: Die Anzeige von Farzan Akther? Nachgefragt, Shah, Alam und Karim sind die Zeugen, aber das sind eh Leute von denen und es ist alles eine Lüge. Shahjalal, Kamal und Karim von hinten (wortwörtlich).". Auch hier war es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein Vorbringen stringent (oder nachvollziehbar) zu erzählen und ließ er wesentliche Details seines Vorbringens in der Beschwerde vor dem erkennenden Gericht aus. Der Beschwerdeführer versuchte hinsichtlich der Anzeige durch seine angebliche Ehefrau dem Vorbringen eine politische Komponente zu verleihen. Vielmehr geht das erkennende Gericht aber davon aus, dass der Beschwerdeführer in Wahrheit nicht aufgrund seiner angeblichen politischen Tätigkeit verfolgt wird, geschweige denn, dass seine Ehefrau ein Komplott gegen ihn schmiedete, obwohl der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr in Bangladesch war. Soweit die Beschwerde behauptet, der Beschwerdeführer sei nicht zu seinen politischen Aktivitäten befragt worden (S 25 der Beschwerde: "Zu ihren politischen Problemen befragt, hätte die bP angeben können, dass sie die BNP bereits sei ihrem 17. Oder 18. Lebensjahr unterstützt und dies bis heute tut."), ist das aus Sicht des erkennenden Gerichtes mit den Angaben des Beschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht in keiner Weise in Einklang zu bringen, wäre doch bei einer derart langen aktiven Zeit konkretere Antworten zur BNP zu erwarten gewesen. So wurde der Beschwerdeführer bereits durch die belangte Behörde zu seinen politischen Aktivitäten befragt und ihm Möglichkeit gegeben, dies ausführlicher darzulegen (AS 64: "F: Sind oder waren Sie politisch tätig? – A: Nein. F: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei? – A: Nein. F: Sind Sie Mitglied einer Organisation? – A: Nein. F: Haben oder hatten Sie sonstige Probleme aufgrund eines Naheverhältnisses zu einer Organisation, das heißt einem Club oder Verein? – A: Nein."). Auch hier versucht die Beschwerde – durchschaubar – eine Steigerung im Vorbringen des Beschwerdeführers durch angebliche Verfahrensfehler der belangten Behörde zu rechtfertigen. Das erkennende Gericht geht auch hier davon aus, dass der Beschwerdeführer in Wahrheit keinerlei Verfolgung in Bangladesch ausgesetzt ist, sondern dies rein zur Rechtfertigung seines Asylantrages erstattete. Das angebliche Komplott seiner angeblichen Ehefrau mit Mitgliedern der Awami League (oder der Hefazat) ist daher nicht glaubhaft.
Ebenfalls erstmals in der Beschwerde wurde konkret vorgebracht, dass der Beschwerdeführer eigentlich homosexuell sei und in Bangladesch bereits in einer homosexuellen Beziehung mit Herrn Ripon BOWMIK gelebt habe. Es wurde auch dessen zeugenschaftliche Einvernahme in der mündlichen Verhandlung beantragt, in weiterer Folge jedoch keine ladungsfähige Adresse bekanntgegeben. So wurde in der Stellungnahme vom 02.05.2023 lediglich der Ort Nātherpetua genannt, da es dort weder Straßennamen noch Hausnummern geben soll. Zudem wurde ausgeführt, dass dort noch nicht einmal der Zeuge, sondern nur sein Vater wohne. Ripon BOWMIK soll sich hingegen derzeit an der Grenze zwischen Indien und Bangladesch versteckt halten und an keiner aufrechten Wohnadresse gemeldet sein. Davon abgesehen brachte der Beschwerdeführer selbst vor, dass er keinen Kontakt mit BOWMIK habe (OZ 13, S 18).
Mit der Beschwerde wurden auch Screenshots vorgelegt, die einen Gesprächsverlauf zwischen dem Beschwerdeführer und dem Zeugen auf Facebook zeigen sollen. Für das erkennende Gericht kamen dabei schon erhebliche Zweifel an der Authentizität des Facebook-Profils seines angeblichen Partners auf. So weist dieses insgesamt nur 5 Freunde auf und ist als einziger Beitrag das Profilbild – ein Ausschnitt eines unkenntlichen Gesichts – ersichtlich, das ausgerechnet zwei Tage vor Abfassung der Beschwerde am 13.04.2023 hochgeladen wurde (Zugriffsdatum: 26.07.2024). Auch auf den Screenshots ist ersichtlich, dass dieses Profil gerade neu erstellt worden ist und dass zuvor noch keine Nachrichten ausgetauscht wurden. Zudem wurden ausschließlich Textnachrichten verschickt, nicht jedoch Fotos oder Sprachaufnahmen. Es wird dabei nicht übersehen, dass zuletzt auch am 29.06.2024 ein Nachrichtenaustausch stattgefunden hat, jedoch ist es durchaus bemerkenswert, dass gerade im Zeitraum vor der mündlichen Verhandlung am 30.07.2024 – zu der Ripon BOWMIK eigentlich als Zeuge beantragt worden ist und insbesondere auch die homosexuelle Beziehung des Beschwerdeführers erörtert werden sollte – augenscheinlich kein Kontakt mehr stattgefunden hat (vgl. OZ 13, S 18). Dass er einen ganzen Monat lang keinen Kontakt zu seinem angeblichen homosexuellen Partner suchte, spricht auch nicht unbedingt für die behauptete starke Beziehungsintensität zwischen den beiden. Im Gegensatz zum Beschwerdeschriftsatz, wo noch ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer derzeit in keiner Beziehung mehr sei, gab er vor dem erkennenden Gericht nämlich an, dass die Beziehung mit Ripon BOWMIK trotz der mehrjährigen örtlichen Trennung nach wie vor bestehe. So betonte er gleich mehrmals, dass er aus Liebe zu ihm keine neue Partnerschaft mehr eingehen möchte (OZ 13, S 19):
“RI: Wie leben Sie Ihre Homosexualität in Österreich aus?
P: Ich möchte hier mit niemanden eine Beziehung eingehen. Ich möchte es nur mit ihm, wenn es möglich ist.
RI: Haben Sie in Österreich auch homosexuelle Kontakte?
P: Nein, ich möchte kein neues Verhältnis mit jemanden eingehen
RI: Verkehren Sie in einschlägigen Lokalitäten?
P: Zu Bars nicht, aber so unterwegs schon. Ich habe schon Bekannte. Aber über sie möchte ich nicht sprechen, es gibt bekannte Bengalen.
RI: Haben Sie auch österreichische Freunde, die homosexuell sind?
P: Gibt es. Kenne ich, aber keine Beziehungen oder so. lch möchte nur ihn
RI: Haben Sie Kontakt mit einer homosexuellen Unterstützungsgruppe aufgenommen?
P: Kein Kontakt. Ich möchte eigentlich mit niemanden neuen etwas machen, ich möchte nur mit ihm mein ganzes Leben zusammen sein.“
Es verwundert, dass der Beschwerdeführer scheinbar keinerlei Interesse an der homosexuellen Szene in Österreich hat, obwohl er hier seine sexuelle Orientierung erstmals offen ausleben könnte. Vielmehr ist es auffallend, dass der Beschwerdeführer auch in keiner Weise über seine Homosexualität sprechen will und diese nicht einmal ansatzweise auslebt. Das erkennende Gericht übersieht dabei nicht, dass der Zugang zu Sexualität ein sehr individueller ist. Gerade vor dem Hintergrund seines – zumindest im Beschwerdeverfahren dahingehend modifizierten – Fluchtvorbringens, wonach die Probleme im Herkunftsstaat eigentlich mit seiner Homosexualität zusammenhängen würden, ist es auch nicht nachvollziehbar, warum er sich nicht schon im Vorfeld über die diesbezügliche gesellschaftliche und rechtliche Lage in Österreich informiert hat und seine neue Freiheit nicht ausleben will bzw. sich damit auseinandersetzen will. Dies hat aus Sicht des erkennenden Gerichtes auch nichts mit einem neuem Partner oder der angeblichen Untreue gegenüber dem Partner (von dem das erkennende Gericht aber ohnehin nicht ausgeht), sondern schlicht mit der Möglichkeit seine sexuelle Orientierung auch ausleben zu können, ohne dies auf eine sexuelle Komponente zu beschränken. Obwohl er bereits seit mehreren Jahren in Europa aufhältig ist, führte er sein fehlendes Wissen über die Situation von Homosexuellen in Österreich als Grund dafür an, warum er seine sexuelle Orientierung nicht schon früher im Verfahren erwähnt habe (OZ 13, S 19f):
RI: Warum haben Sie nicht bereits bei der Behörde gesagt, dass Sie homosexuell seien?
P: In diesem Land? Nachgefragt, ja eh, aber welche Behörde.
RI: Beim BFA.
P: Ich hatte ja sehr viel Angst, ich kannte ja das System in diesem Land nicht. Vom Heimatland bin ich mit sehr viel DINGS hierhergekommen und wer weiß, in welches Unglück ich hier noch gefallen wäre.
Auch dies ist nicht glaubhaft. Vielmehr konnte der Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise darlegen, dass es ihm in all der Zeit nicht aufgefallen wäre, dass er seine sexuelle Orientierung in Österreich ohne Repressalien ausleben könnte. Auch seine sonstigen Angaben über seine sexuelle Orientierung gestalteten sich als nicht glaubhaft. So beschränkte er sich bei jeder einzelnen Frage zu diesem Themenbereich auf auffallend oberflächliche und allgemein gehaltene Antworten und war nicht der Eindruck zu gewinnen, als hätte sich der Beschwerdeführer tatsächlich mit seiner behaupteten Homosexualität, dem Bewusstwerden und seinen persönlichen Gefühlen und Erfahrungen tatsächlich tiefgreifend auseinandergesetzt (OZ 13, S 17). Vielmehr wurden die einzelnen Passagen offenbar einstudiert:
“RI: Erklären Sie mir, was Homosexualität bedeutet?
P: Mann, Mann DINGS machen.
RI: Erklären Sie mir, wann Sie sich erstmals mit Homosexualität auseinandergesetzt haben?
P: Schon seit langen, wir beide waren schon langem in dieser Sache drin oder DINGS.
RI: Wie war das für Sie in Bangladesch?
P: Wie?
RI wiederholt die Frage.
P: In Bangladesch war es ja nicht DINGS, aber wir führten unsere Beziehung. Es gefiel uns
RI: Wann haben Sie sich erstmals gedacht, dass sie homosexuell sein könnten?
P: Nein, nicht könnte sein. Als wir 14, 15 Jahre alt waren, also ich sage das nur ungefähr, genau kann ich es nicht sagen, waren wir gemeinsam unterwegs und es ist einfach so passiert, automatisch.
RI: Welche Bedeutung hatte dieses Ereignis für Sie? Was haben Sie dabei gefühlt?
P: Es gefiel mir. Das halt. Schon seit langem gefiel es mir.“
Es wird auch hier nicht übersehen, dass der Zugang zu Sexualität individuell unterschiedlich ist (und die Auseinandersetzung wohl auch vom Bildungsgrad abhängt) und der Beschwerdeführer aus einem Kulturkreis stammt, in welchem Homosexualität weitestgehend tabuisiert wird. Der Beschwerdeführer konnte jedoch nicht einmal angeben, wann er sich erstmals mit seiner Sexualität auseinandergesetzt habe oder wie es zu seiner ersten homosexuellen Beziehung gekommen sei. Die Behauptung, dass es “einfach so passiert“ sei, ist jedenfalls keine lebensnahe Beschreibung eines solchen Ereignisses, zumal es sich dabei auch um seine erste und einzige homosexuelle Beziehung gehandelt haben soll, die entscheidend in der Entwicklung seiner eigenen Identität gewesen sein soll. Darüber hinaus ist das Eingehen einer solchen Partnerschaft in Bangladesch mit einem gewissen Risiko verbunden, weshalb es überhaupt nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer keinerlei Details – insbesondere über seine subjektiven Empfindungen wie allfällige Ängste oder Unsicherheiten – erwähnte. Vielmehr beschränkte er sich nur auf den Verweis, dass es “ihm gefallen habe“ und war der Eindruck zu gewinnen, als wären sämtliche seiner Antworten bloß konstruiert. Eine nähere Beschreibung des Beziehungslebens blieb selbst dann aus, als er in der mündlichen Verhandlung auch noch einmal von seinem Rechtsvertreter darüber befragt wurde. Ebenso wenig legte er dar, wie sein Umfeld überhaupt von seiner Homosexualität erfahren haben soll (OZ 13, S 22):
“RV: Von wann bis wann hatten Sie eine Beziehung mit Ripon Bhumi?
P: schon seit langem. Aber ich war damals 14, 15, 16 Jahre alt gewesen sein
RV: Bis wann?
P: Immer noch, bis jetzt und auch zukünftig wird es so bleiben. Das ganze Leben lang.
RV: Haben Sie Ihre Beziehung öffentlich gelebt?
P: Also öffentlich?
RV wiederholt und erläutert die Frage
P: Offen, nein, in Bangladesch?
RV: Wer hat wie von Ihrer Beziehung zu Ripon Bhumi erfahren?
P: Firoza Begum wusste ja schon, dass ich für Mädchen kein DINGS hatte. Also ich glaube das.“
Zuvor wurde vom Beschwerdeführer schon behauptet, dass seine Ehefrau ebenfalls von seiner Homosexualität gewusst und dies auch verbreitet haben soll. Auch dabei führte er nicht näher aus, wann und wie sie von seiner Beziehung – die immerhin schon seit der Jugend des Beschwerdeführers bestanden haben soll – erfahren habe (OZ 13, AS 17):
“RI: Hatten Sie wegen Ihrer Homosexualität in Bangladesch Probleme?
P: Ich wurde ja geschlagen, nachdem Nargis Akhter es verbreitete. Ich wurde ja dann geschlagen und Leute haben mich gerettet. Man wollte mich töten. Die Hefazat Leute waren das.
RI: Wie ist Ihre Frau darauf gekommen bzw. wie hatte Sie den Verdacht?
P: Sie weiß es schon seit langem. Ich habe ihr gesagt, ich mag so was nicht und sie hat gesagt,
ich habe dich erzogen und so, belass mich.“
Die vor dem erkennenden Gericht angegebenen, offensichtlich einstudierten, vagen und von keinerlei Tiefgang gekennzeichneten Antworten des Beschwerdeführers lassen weder auf eine Auseinandersetzung mit Homosexualität vermuten, noch konnte der Beschwerdeführer die angebliche, jahrelange Beziehung zu seinem angeblichen Freund auch nur mit irgendwelchen Details schildern. Das erkennende Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer in Wahrheit nicht homosexuell ist, sondern dies schlicht dazu diente eine weitere Facette zu seinem sonstigen nicht glaubhaften Vorbringen hinzuzufügen. Dass der Beschwerdeführer jemals wegen der Beziehung mit Ripon BOWMIK angezeigt worden wäre, ergibt sich weder aus den vorgelegten Unterlagen, noch wurde dies von ihm selbst je substantiiert behauptet. Woher seine angebliche Ehefrau von seiner Homosexualität erfahren haben soll, ließ der Beschwerdeführer ebenso unbeantwortet. Vielmehr gab der Beschwerdeführer über Befragung des Rechtsvertreters an: "RV: Sie haben vorher gesagt, Ihre Frau hätte zu ihnen gesagt, Sie hätte Sie erzogen und belass mich. Was meinen Sie damit? – P: Wer hat das gesagt? – RV wiederholt die Frage – P: Firoza Begum hat mich lieb gehabt und hat gesagt: Ich habe dich erzogen, somit gehe meiner Bitte nach und heirate sie. Sie hat aber gewusst, dass ich Mädchen nicht mag, aber dachte, dass ich dann vielleicht in Ordnung komme." Wiederum blieb der Beschwerdeführer eine Antwort auf die Frage, wie seine angebliche Ehefrau überhaupt von seiner behaupteten Homosexualität erfahren haben soll, schuldig (davon, dass er seine Ehefrau immer als Nargis Akther anführte, einmal abgesehen). Angesichts der behaupteten, nicht glaubhaften Konflikte mit seiner Ehefrau bzw. Farzana Begum sowie des Umstandes, dass homosexuelle Handlungen in Bangladesch gemäß § 377 des Strafgesetzbuchs unter Strafe stehen, wäre jedoch gerade eine solche Anzeige naheliegend, zumal seine homosexuelle Beziehung ohnehin schon öffentlich bekannt gewesen sein soll. Zwar wurde in einem der vorgelegten Schreiben festgehalten, dass der Beschwerdeführer ein “schlimmer, extremer, charakterloser, nachdenklicher Homosex- und Drogensüchtiger“ sei, jedoch wurden ihm darin ausschließlich andere Delikte wie zB. gefährliche Drohung, Diebstahl oder sogar Körperverletzung mit Mordvorsatz vorgeworfen. Ein direkter Zusammenhang mit seiner angeblichen Homosexualität war dabei nicht zu erkennen und wurde auch in keinem der Schreiben der Name Ripon BOWMIK vermerkt. Auch hier lassen die Angaben des Beschwerdeführers das erkennende Gericht zum Schluss kommen, dass die Anzeige seiner angeblichen Ehefrau nicht der Wahrheit entspricht.
Zumindest als Indiz, das gegen die vorgebrachte homosexuelle Orientierung spricht, waren auch die “Gefällt mir“-Angaben auf dem Facebook-Profil des Beschwerdeführers zu werten. Obwohl er behauptete, dass er “Frauen gar nicht mag“ (OZ 13, S 13), schien dort unter anderem die Seite “Single Girls“ auf. Allfällige Seiten mit einem Bezug zur homosexuellen bzw. LGBTQ-Szene waren hingegen nicht ersichtlich. Warum der Beschwerdeführer – der ja behauptermaßen auch verheiratet sein soll – gerade eine solche Seite mit seinem öffentlichen Profil abonniert, konnte er abermals nicht schlüssig beantworten, als ihm in der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Screenshot vorgehalten wurde (OZ 13, S 19): “RI: Liken Sie auf Ihrem Profil einfach so die Seite Singlegirls? – P: Wenn das kommt, mache ich einmal so, einmal so.“
Hinsichtlich seiner Ausreise aus Bangladesch ist abschließend noch festzuhalten, dass seinen Angaben nicht klar zu entnehmen war, welches Ereignis schlussendlich fluchtauslösend gewesen sein soll. Hinsichtlich Ripon BOWMIK brachte er zumindest vor, dass dieser aus Bangladesch geflohen ist, nachdem der Beschwerdeführer geschlagen worden sei (vgl. OZ 13, S 12). Nicht schlüssig ist, warum der Beschwerdeführer – der behauptetermaßen Hindu sein soll – nicht gemeinsam mit seinem angeblichen Partner in das benachbarte Indien, sondern vielmehr in den Oman gereist ist, zumal ihn Ripon BOWMIK finanziell bei der Ausreise unterstützt haben soll (vgl. OZ 13, S 13).
Zusammenfassend kommt das erkennende Gericht zum Schluss, dass der Beschwerdeführer in Wahrheit nicht homosexuell ist und auch in keiner partnerschaftlichen Beziehung mit Ripon BOWMIK war bzw. ist. Aufgrund seiner vagen, oberflächlichen und widersprüchlichen Angaben erweisen sich auch die sonstigen vorgebrachten Fluchtgründe als haltlos und wurden diese ausschließlich zur Begründung des gegenständlichen Folgeantrages erfunden. Gegen die behauptete Verfolgung im Herkunftsland spricht nicht zuletzt, dass er während seines ersten Asylverfahrens in Österreich untertauchte und nach Frankreich weiterreiste, um dort illegal zu arbeiten (vgl. AS 63). Würde der Beschwerdeführer tatsächlich eine Verfolgung in seinem Herkunftsland befürchten, so wäre es jedenfalls naheliegend, dass er den Ausgang seines Asylverfahrens auch tatsächlich abwartet.
2.3. Zu den Länderberichten:
Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen – sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges – handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat, insbesondere auch im Hinblick auf die Situation von Homosexuellen, zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.
Im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer aktuelle Länderberichte übermittelt. In der mündlichen Verhandlung wurde ihm dann die Möglichkeit gegeben, sich zu den Länderinformationen zu äußern (OZ 13, S 12: “RI: Mit der Ladung wurden Ihnen die aktuellen Länderinformationen zu Bangladesch übermittelt. Möchten Sie dazu Stellung nehmen? – P: Was wurde zugestellt, in Bangladesch? – RV: Ich verweise auf die Beschwerde.“), eine substantiierte Bestreitung fand jedoch nicht statt. Ebenso erstatteten weder der Beschwerdeführer selbst, noch die Rechtsvertretung eine Stellungnahme zu den nach der mündlichen Verhandlung übermittelten Länderberichten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
§ 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der geltenden Fassung lautet:
"Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.
(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.
(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.
(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt."
Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. das Erk. des VwGH vom 23.02.2016, Zl. Ra 2015/20/0113, mwN). Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. das Erk. des VwGH vom 28.05.2009, Zl. 2008/19/1031, mwN). Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen (vgl. das Erk. des VwGH vom 15.03.2016, Zl. Ra 2015/01/0069).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (vgl. das Erk. des VwGH vom 28.06.2011, Zl. 2011/01/0102, mwN). Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. das Erk. des VwGH vom 28.01.2015, Zl. Ra 2014/18/0112, mwN).
In Bezug auf die behauptete sexuelle Orientierung des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH betont, dass von einem Asylwerber nicht erwartet werden kann, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden. Nach der Auffassung des EuGH ist es unbeachtlich, ob die Gefahr einer Verfolgung im Sinn des Art. 9 Abs. 1 der Status-RL dadurch vermieden werden könnte, dass der Betroffene beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung größere Zurückhaltung übt als eine heterosexuelle Person (vgl. jüngst VwGH vom 15.11.2023, Ra 2023/18/0031 mit Verweis auf EuGH 7.11.2013, Minister voor Immigratie en Asiel/X, Y, Z, C-199/12 bis C-201/12, Rn. 70 ff.)
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass er homosexuell ist und dass ihm deshalb in seinem Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des § 3 Asylgesetz droht. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände können seine Flüchtlingseigenschaft nicht begründen.
Eine Schutzgewährung durch die Republik Österreich kommt daher nicht in Betracht.
3.2. Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:
§ 8 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der geltenden Fassung lautet:
"Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
(5) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet.
(6) Kann der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG nicht unzulässig ist.
(7) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten erlischt, wenn dem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird."
Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (vgl. die Erk. des VwGH vom 10.12.2014, Ra 2014/20/0013, mwN). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehens der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Art. 2 EMRK lautet:
"Artikel 2 – Recht auf Leben
(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während durch das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Art. 3 EMRK lautet:
"Artikel 3 – Verbot der Folter
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Für den gegenständlichen Fall ergibt sich Folgendes:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder Art. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Bangladesch eine mit Todesstrafe bedrohte strafbehördliche Verfolgung droht und wurde dies auch nicht behauptet.
Dass sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden; ebenso kann daher nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist. Daran ändert auch die derzeit vor allem in Dhaka als schwierig zu bezeichnende Sicherheitslage seit dem Regierungssturz. So ist die Übergangsregierung bemüht die öffentliche Ordnung wiederherzustellen und übernimmt teilweise die Zivilgesellschaft Aufgaben der Sicherheitsverwaltung. Dass zB in Dhaka überhaupt keinerlei Staatsgewalt bzw. Sicherheitsapparat mehr existiert, ist nicht ersichtlich. Davon abgesehen ist die Sicherheitslage zwar nicht als befriedigend zu bezeichnen, die Berichte gehen aber nicht davon aus, dass die Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet chaotisch ist und im gesamten Staatsgebiet eine Art. 3 EMRK widersprechende Situation vorgefunden werden kann. Entsprechendes brachte auch der Beschwerdeführer nicht vor, vielmehr trat er den Länderberichten eben überhaupt nicht entgegen.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalts abgeleitet werden.
Weitere, in der Person des Beschwerdeführers begründete Rückkehrhindernisse, etwa eine lebensbedrohliche Erkrankung, können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Schwestern des Beschwerdeführers noch immer im Herkunftsstaat leben und nicht erkennbar ist, warum der Beschwerdeführer nicht dorthin zurückkehren könnte.
Zur individuellen Versorgungssituation des Beschwerdeführers wird festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt, sich sprachlich verständigen kann und die Gebräuche und Sitten kennt, zumal den Großteil seines Lebens in Bangladesch verbracht hat, dort zur Schule gegangen ist und bereits gearbeitet hat. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen, mobilen, gesunden und arbeitsfähigen Mann. Einerseits stammt der Beschwerdeführer aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.
Wie bereits angeführt leben nach wie vor Familienmitglieder des Beschwerdeführers in Bangladesch und bestreitet dort ihren Lebensunterhalt. Der Beschwerdeführer steht auch noch in Kontakt mit Familienangehörigen; er verfügt somit über Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer besuchte in Bangladesch die Schule und ging anschließend Gelegenheitsarbeiten nach. Auch in Österreich fand er trotz bescheidener Deutschkenntnisse Zugang zum Arbeitsmarkt und gelingt es ihm auch aktuell, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sodass unter diesem Gesichtspunkt davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer – allenfalls mit anfänglicher Unterstützung durch seine Familie – auch in Bangladesch für seinen Lebensunterhalt aufzukommen vermag. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, dass der arbeitsfähige Beschwerdeführer nicht einer Arbeit in Bangladesch nachgehen könnte. Das Bundesverwaltungsgericht geht demnach davon aus, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat der Lage sein wird, sich mit eigener Erwerbstätigkeit ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes und seiner Wohnbedürfnisse zu erwirtschaften. Dem Beschwerdeführer steht es außerdem frei, um Unterstützung bei IOM in Dhaka zu ersuchen, die Personen Unterstützung bei der Aufnahme und Reintegration zusichert.
Aufgrund dieser Überlegungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat seine dringendsten Lebensbedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
Dem Beschwerdeführer droht keine Gefahr im Sinne des § 8 AsylG, weshalb die Gewährung von subsidiärem Schutz ausscheidet.
3.3. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung:
Das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung lautet auszugsweise:
"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
...
Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
...
Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
Das BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung lautet auszugsweise:
"Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Das Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der geltenden Fassung lautet auszugsweise:
"Abschiebung
§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt. Der Fremde hat an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang mitzuwirken.
(2a) Die Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß Abs. 2 kann auch mit Bescheid auferlegt werden, § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt sinngemäß. Der Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments bei der zuständigen ausländischen Behörde, verbunden werden (§ 19 AVG).
(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.
(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.
(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.
(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.
...
Verbot der Abschiebung
§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
…
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige
Rückkehrentscheidung
§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
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(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
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Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."
Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention lautet:
"Artikel 8 – Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Zum gegenständlichen Verfahren:
Vorweg ist festzuhalten, dass sich im gegenständlichen Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben haben, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG angezeigt hätten, bzw. wurde weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht dahingehend etwas vorgebracht.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich und lebt auch nicht in einer Lebensgemeinschaft. Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen solchen in das Privatleben.
Im Sinne des § 9 Abs. 2 BFA-VG ergibt sich anhand des dort aufgestellten Kriterienkatalogs folgendes Bild über den Beschwerdeführer:
Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Der Beschwerdeführer reiste im September 2021 illegal in Österreich ein und stellte am 23.09.2021 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 18.10.2021 rechtskräftig abgewiesen wurde. Bereits am 10.10.2021 tauchte der Beschwerdeführer unter, bis er am 06.07.2022 von Frankreich nach Österreich rücküberstellt wurde und den gegenständlichen Folgeantrag stellte. Seinen Aufenthalt im Bundesgebiet im Ausmaß von insgesamt weniger als drei Jahren konnte er nur durch Stellung zweier Asylanträge vorübergehend legalisieren.
Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Privatlebens):
Wie bereits festgestellt, verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Engere freundschaftliche Kontakte oder Beziehungen zu Österreichern konnten ebenfalls nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine maßgeblichen Deutschkenntnisse. Sprachzertifikate oder Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen wurden keine vorgelegt.
Von 25.09.2021 bis 10.10.2021 und von 06.07.2022 bis 05.03.2023 stand der Beschwerdeführer im Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung. Aktuell arbeitet er 10 Wochenstunden in einem Restaurant als Reinigungskraft und bringt damit ca. 400 Euro ins Verdienen.
Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens:
Der Beschwerdeführer begründete sein – ohnehin kaum feststellbares – Privatleben in Österreich zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung seiner unbegründeten Asylanträge vorübergehend legalisiert war. Dem Beschwerdeführer stünde es frei, allfällige soziale Anknüpfungspunkte in Österreich auch nach der Ausreise weiterhin aufrecht zu halten, z.B. über briefliche, telefonische oder elektronische Kontakte.
Bindungen zum Herkunftsstaat:
Der Beschwerdeführer verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Bangladesch, mit denen er auch in Kontakt steht. Er spricht als Muttersprache Bengali und hat in Bangladesch eine Schulausbildung absolviert. Es deutet nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich wäre, sich bei seiner Rückkehr in die dortige Gesellschaft zu integrieren.
Strafrechtliche Unbescholtenheit:
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen illegal in Österreich ein. Von ihm begangene Verwaltungsübertretungen sind nicht aktenkundig.
Die Frage, ob das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst waren:
Dem Beschwerdeführer musste nach Ansicht des erkennenden Gerichts bereits bei der Einreise bewusst gewesen sein, dass sein Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorrübergehender ist.
Mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer:
Ein solches Verschulden ergibt sich aufgrund der Aktenlage nicht.
Im Zuge der Interessensabwägung kommt das erkennende Gericht somit zu folgendem Ergebnis:
Der Beschwerdeführer reiste im September 2021 illegal in Österreich ein und stellte am 23.09.2021 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 18.10.2021 rechtskräftig abgewiesen wurde. Noch während des laufenden Asylverfahrens tauchte er am 10.10.2021 unter, bis er am 06.07.2022 nach Österreich rücküberstellt wurde und den gegenständlichen Folgeantrag stellte. Der Beschwerdeführer befindet sich damit seit weniger als drei Jahren in Österreich. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH vom 16.2.2021, Ra 2019/19/0212, mit Hinweis auf VwGH vom 21.1.2016, Ra 2015/22/0119; vom 10.5.2016, Ra 2015/22/0158 und 15.3.2016, Ra 2016/19/0031). Liegt eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig erwartet, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (vgl. VwGH vom 15.4.2020, Ra 2020/20/0104, mit Hinweis auf VwGH vom 8.1.2020, Ra 2019/18/0329). Eine solche außergewöhnliche Integration war im gegenständlichen Fall allerdings klar zu verneinen:
Eine nachhaltige Integration des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft ist nicht erkennbar. Engere sozialen Kontakte oder freundschaftliche Beziehungen in Österreich machte er keine geltend. Dass der Beschwerdeführer nicht straffällig geworden ist, begründet noch keine für ihn ausschlagende Integration in Österreich. Auch ist keine bedeutende Integration in sprachlicher Hinsicht erkennbar. So verfügt er über keine maßgeblichen Deutschkenntnisse und hat auch noch an keinem Deutschkurs teilgenommen. Zwar arbeitet der Beschwerdeführer aktuell 10 Wochenstunden als Reinigungskraft, jedoch ist festzuhalten, dass Integrationsschritten, die der Beschwerdeführer während seines unsicheren Aufenthaltes gesetzt hat, nach der Rechtsprechung nur abgeschwächte Bedeutung zukommt. Die Integration des Beschwerdeführers in Österreich erscheint damit insgesamt nicht derart ausgeprägt, dass im Falle der Abschiebung von einem unzulässigen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers ausgegangen werden kann.
Dem stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber. Während der Beschwerdeführer keine maßgeblichen familiären oder privaten Interessen in Österreich geltend machen konnte, besteht nach wie vor Kontakt zu zumindest einem Teil seiner Familie in Bangladesch, wo der Beschwerdeführer aufwuchs und den größten Teil seines Lebens verbrachte. Es kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass er mit den dortigen Gebräuchen und dem dortigen Leben vertraut ist. Vor diesem Hintergrund ist auch die Aufnahme einer Beschäftigung im Heimatland gesichert, wobei in diesem Zusammenhang festgehalten wird, dass der Beschwerdeführer über Schulausbildung und berufliche Erfahrung verfügt. Es kann auch nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und die Wiedereingliederung des Beschwerdeführers in Bangladesch nicht möglich wäre. Allfällige Kontakte in Österreich können vom Beschwerdeführer etwa im Wege brieflicher, telefonischer oder elektronischer Kontakte weiter aufrechterhalten werden.
Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse der Republik Österreich an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kommt das erkennende Gericht zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Bangladesch unzulässig wäre. Derartiges wurde in der Beschwerde auch nicht schlüssig geltend gemacht.
Es liegen daher alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vor.
Gemäß § 55 Absatz 1 a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG aberkannt wurde.
Mit Beschluss des erkennenden Gerichtes vom 25.04.2023, Zl L525 2270669-1/4Z, wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt, weshalb das Verwaltungsgericht im Falle der Bestätigung der ausgesprochenen Rückkehrentscheidung im Spruch seines Erkenntnisses eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen hat (vgl. Filzwieser/ Frank/ Kloibmüller/ Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht K9 zu § 55 FPG).
Da besondere Umstände vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festzulegen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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