W263 2274899-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , geboren am XXXX vom 29.06.2023, auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Verfahren gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien XXXX vom 13.06.2023, GZ/VN: XXXX , Zl. XXXX
A) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien XXXX (im Folgenden: AMS) vom 13.06.2023, GZ/VN: XXXX wurde der Bezug der Notstandshilfe des Antragstellers gemäß § 24 Abs. 1 iVm §§ 38 und 49 AlVG aufgrund der Unterlassung einer Kontrollmeldung ab 23.05.2023 eingestellt. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller den vorgeschriebenen Kontrolltermin am 23.05.2023 nicht eingehalten habe und bisher keine persönliche Wiedermeldung beim AMS erfolgt sei.
2. Mit Schreiben vom 29.06.2023 brachte der Antragsteller bei der belangten Behörde gemeinsam mit der Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.06.2023 den gegenständlichen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ein.
3. Der Verfahrenshilfeantrag wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens am 11.07.2023 zur Entscheidung vorgelegt. Weiter wies das AMS darauf hin, dass es ein Beschwerdevorprüfungsverfahren durchführt und beabsichtigt, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Verfahren, für das die Gewährung der Verfahrenshilfe beantragt wurde, hat die mit Bescheid des AMS Wien XXXX vom 13.06.2023 ausgesprochene Einstellung des Bezuges der Notstandshilfe aufgrund einer versäumten Kontrollmeldung zum Gegenstand.
Mit Schreiben vom 29.06.2023 beantragte der Antragsteller die Verfahrenshilfe gemeinsam mit der Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Wien XXXX vom 13.06.2023.
Das AMS Wien XXXX legte dem Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe unter Anschluss der Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens am 11.07.2023 zur Entscheidung vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf der soweit eindeutigen Aktenlage und insbesondere dem vorliegenden Bescheid des AMS vom 13.06.2023 sowie dem Schreiben des Antragstellers vom 29.06.2023.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Da es sich hier jedoch nicht um eine Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid einer Geschäftsstelle, sondern um eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe handelt, unterliegt diese der Einzelrichterzuständigkeit.
Zu A) Abweisung des Verfahrenshilfeantrags:
3.2. § 8a VwGVG lautet (auszugsweise, samt Überschrift) wie folgt:
„Verfahrenshilfe
§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Der Antrag ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde und ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen; ein ab Vorlage der Beschwerde vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgericht gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. […]
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. […]
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
[…].“
3.3. In seinem Erkenntnis vom 11.09.2019, Ro 2018/08/0008, setzte sich der Verwaltungsgerichtshof ausführlich mit den Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe nach § 8a VwGVG auseinander:
„[…] Aus der Anordnung des § 8a Abs. 1 VwGVG, wonach Verfahrenshilfe zu bewilligen ist, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC geboten ist, folgt zunächst, dass die Gewährung der Verfahrenshilfe nach dieser Bestimmung nicht in allen Verfahren der Verwaltungsgerichte in Betracht kommt, sondern erfordert, dass der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC eröffnet ist (vgl. in diesem Sinn VwGH 31.08.2017, Ro 2017/21/0004 und 0013, Rn. 34).
§ 8a VwGVG ist im Übrigen insofern subsidiär, als die Bestimmung nur dann zur Anwendung gelangt, ,soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist‘. Wenn in den sogenannten ,Materiengesetzen‘ somit Regelungen enthalten sind, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht, ist § 8a VwGVG nicht anzuwenden (vgl. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0073; vgl. näher in Bezug auf § 52 BFA-VG VwGH 31.08.2017, Ro 2017/21/0004 und 0013).
Soweit § 8a Abs. 1 VwGVG verlangt, dass die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint, entsprechen diese Voraussetzungen § 63 Abs. 1 ZPO. Der nationale Gesetzgeber hat damit von der nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. 20.11.2012, Dachnevic/Litauen, 41338/06; vgl. auch den Hinweis in EuGH 22.12.2010, DEB, C-279/09, Rn. 49) bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Gewährung der Verfahrenshilfe von der finanziellen Situation der Partei bzw. deren (mangelnden) Erfolgsaussichten im Verfahren abhängig zu machen.
[…]
Zur Beurteilung, ob auf Grund des Art. 6 EMRK bzw. des Art. 47 GRC die Beigebung eines Rechtsanwaltes ,geboten ist‘, kommt es im Sinn der Judikatur des EGMR und des EuGH darauf an, ob dies für den ,effektiven Zugang‘ der Partei zum Gericht unentbehrlich ist. Dies ist in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung jedenfalls dann zu verneinen, wenn die Voraussetzungen der Verfahrenshilfe nicht erfüllt sind, weil die Partei insbesondere die Kosten eines Rechtsanwaltes ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestreiten könnte oder die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung offenbar mutwillig oder aussichtslos ist. Sind diese Voraussetzungen aber erfüllt, ist maßgeblich, ob im Verfahren – insbesondere in Hinblick auf die Komplexität des Falles – Schwierigkeiten zu erwarten sind, die es der Partei verunmöglichen, ihre Interessen ohne Unterstützung eines Rechtsanwaltes wahrzunehmen. Dabei sind die persönlichen Umstände der Partei, wie ihr allgemeines Verständnis und ihre Fähigkeiten bzw. ihre Rechtskenntnisse zu berücksichtigen. Ergänzend ist in die Erwägungen auch die Bedeutung des Rechtsstreits für die Partei miteinzubeziehen.
Dies entspricht im Sinn der Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (Hinweis 1255 BlgNR 25. GP 1 ff) grundsätzlich auch den Kriterien, die nach der Judikatur der Zivilgerichte für die Beurteilung, ob in Prozessen ohne Anwaltszwang im Sinn des § 64 Abs. 1 Z 3 ZPO die Beigebung eines Verfahrenshelfers nach Lage des Falles erforderlich ist, maßgeblich sind (vgl. die schon in den ErlRV genannte Literaturstelle M. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3, II/1 § 64 ZPO Rz 16).
Hinsichtlich der Frage, wann in den Verfahren der Verwaltungsgerichte auf Grund der Schwierigkeiten des Falles die Beigebung eines Verfahrenshelfers erforderlich ist, ist die Ausgestaltung des Verfahrens nach dem VwGVG zu berücksichtigen. Dazu hat bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss darauf hingewiesen, dass durch die in § 9 VwGVG normierten Anforderungen an eine Beschwerde, die nach den Gesetzesmaterialien (AB 2112 BlgNR 24. GP, 7) so gestaltet worden sind, dass sie auch ,ein durchschnittlicher Bürger (...) ohne Unterstützung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter erfüllen kann‘, bzw. durch die im Verfahren der Verwaltungsgerichtsgerichte gemäß § 17 VwGVG iVm. § 13a AVG iVm. § 17 VwGVG anzuwendende Manuduktionspflicht für nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretene Parteien dem rechtspolitischen Anliegen eines auch für unvertretene Parteien einfach handhabbaren Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten Rechnung getragen wurde.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Verfahren der Verwaltungsgerichte – anders als der Zivilprozess in allgemeinen Streitsachen – gemäß § 17 VwGVG iVm. § 37 und § 39 Abs. 2 AVG vom Grundsatz der materiellen Wahrheit (Offizialprinzip, Amtswegigkeitsprinzip) beherrscht werden. Demnach hat das Gericht, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der im AVG enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen und den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen (vgl. etwa VwGH 2.5.2019, Ro 2019/08/0009, mwN). Das Verwaltungsgericht hat daher von Amts wegen unabhängig vom Parteivorbringen und von den Parteianträgen den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln. Dabei hat das Verwaltungsgericht neben der Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise auch die Pflicht, auf das Parteienvorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge darf sich das Verwaltungsgericht nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen. Das Verwaltungsgericht hat freilich die Partei eines Verfahrens, wenn sie nicht nur ganz allgemein gehaltene, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt hat, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, vorerst zu einer Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens sowie zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die dem Verwaltungsgericht nach allfälligen weiteren Ermittlungen die Beurteilung des Vorbringens ermöglichen (vgl. zum Ganzen VwGH 30.1.2019, Ra 2018/03/0131, mwN).
Vor diesem Hintergrund – der Manuduktionspflicht, der auch für nicht rechtkundige Bürger grundsätzlich zu bewältigenden Einhaltung der Formvorschriften und des Amtswegigkeitsprinzips – sowie der durch § 8a Abs. 1 VwGVG angeordneten ausdrücklichen Beschränkung der Gewährung der Verfahrenshilfe auf Fälle, in denen dies nach Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC geboten ist, kommt der Beigebung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer im Verfahren der Verwaltungsgerichte Ausnahmecharakter zu. Sie kann jedoch im Einzelfall erforderlich sein (vgl. zu einer solchen Fallkonstellation VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0032). Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn schon die Formulierung einer Beschwerde bzw. eines Vorlageantrags, eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. die Erstattung weiteren Vorbringens im Verfahren – etwa auf Grund einer nach Lage des Falles bestehenden Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken (vgl. zur Mitwirkungspflicht etwa VwGH 19.06.2018, Ra 2018/03/0021, mwN) – besondere Schwierigkeiten aufwerfen, die die Fähigkeiten der Partei nach ihren persönlichen Umständen überschreiten. Aus § 8a Abs. 2 zweiter Satz VwGVG ergibt sich insoweit eine weitere Einschränkung, als diese Bestimmung im Sinn der Erläuterungen der Regierungsvorlage (Hinweis 1255 BlgNR 25. GP 1 ff) so zu verstehen ist, dass die Bewilligung der Beigebung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer nicht zwingend für das gesamte Verfahren des Verwaltungsgerichtes erfolgen muss, sondern auch nur auf einzelne Abschnitte des Verfahrens bzw. einzelne Verfahrenshandlungen – etwa die Abfassung und Einbringung der Beschwerde oder die Vertretung in der Verhandlung – beschränkt werden kann. Voraussetzung einer solchen Einschränkung der Beigebung des Rechtsanwaltes bloß auf einzelne Abschnitte des Verfahrens ist aber, dass in Fällen, in denen sich im Sinn der genannten Kriterien ergibt, dass ein Verfahrenshelfer beizugeben ist, absehbar ist, dass die Partei im übrigen Verfahren der Unterstützung eines Rechtsanwaltes nicht bedarf.
[…]“
3.4. Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet das Folgendes:
Zunächst ist festzuhalten, dass Verfahren betreffend den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen.
Eine spezifische Komplexität des Falles in der Weise, dass der Antragsteller im Beschwerdeverfahren bzw. nach Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde zur Abfassung eines Vorlageantrages oder in einer etwaigen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anwaltlich vertreten sein müsste, ist gegenständlich nicht gegeben. Im Verfahren ist – nach Prüfung der Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde bzw. des Vorlageantrags – inhaltlich primär die nach Ansicht des AMS versäumte Kontrollmeldung am 23.05.2023 und möglicherweise das Vorliegen triftiger Gründe dafür zu erörtern. In diesem Zusammenhang sind der festzustellende Sachverhalt und die damit verbundenen Rechtsfragen nicht derart komplex, dass es aus den dargelegten Gründen geboten wäre, dem Antragsteller einen Rechtsanwalt beizugeben.
Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine rechtsanwaltliche Vertretung erforderlich machen, sind somit nicht zu erwarten. Eine erforderliche Manuduktion in einer etwaigen Verhandlung erfolgt durch das Gericht, weshalb der Antragsteller durch die Nichtbeigebung eines Rechtsanwaltes auch dahingehend keinerlei Nachteile erfährt.
Auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Verfahrenshilfewerbers sind vor diesem Hintergrund – insbesondere in Hinblick auf die Komplexität des Falles – keine Schwierigkeiten zu erwarten, die es ihm verunmöglichen, seine Interessen ohne Unterstützung eines Rechtsanwaltes im Verkehr mit Behörden und Gerichten wahrzunehmen. Dabei wird auch nicht verkannt, dass die Bedeutung der Sache (Verlust der Notstandshilfe) für den Verfahrenshilfewerber angesichts der damit angestrebten Existenzsicherung freilich nicht als gering anzusehen ist und dies in die Erwägungen miteinzubeziehen ist.
Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich jedoch insgesamt, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe im Lichte des Art. 6 Abs. 1 EMRK und des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im vorliegenden Fall nicht geboten ist.
Die Prüfung der weiteren Voraussetzungen wie insbesondere der finanziellen Situation des Antragstellers erübrigt sich.
3.5. Da die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht gegeben sind, war der darauf gerichtete Antrag spruchgemäß abzuweisen.
3.6. Das AlVG selbst enthält zwar keine eigenen der Verfahrenshilfe entsprechenden Regelungen; der Antragsteller wird aber darauf hingewiesen, dass er gemäß § 14 iVm. § 10 Abs. 1 Z 1 Bundesgesetz über die Kammern für Arbeiter und Angestellte und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (Arbeiterkammergesetz 1992 – AKG), nach Maßgabe des § 7 AKG und der auf Grund des § 7 AKG ergangenen Regelungen grundsätzlich Anspruch auf Rechtsberatung und Rechtsschutz durch die Arbeiterkammer hat. Der im Rahmen-Regulativ betreffend Rechtsschutz gemäß § 7 Abs. 1 AKG 1992 konkretisierte Rechtsschutz enthält der Verfahrenshilfe ähnliche Regelungen, welche ebenfalls eine unentgeltliche Unterstützung der Partei im Verfahren ermöglichen (vgl. auch Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 § 8a K2).
Zusammenfassend wird der Antragsteller daher ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, sich im Verfahren über die Einstellung des Bezuges der Notstandshilfe aufgrund einer versäumten Kontrollmeldung von der Arbeiterkammer beraten und vertreten zu lassen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die vorliegende (Einzelfall-) Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Unter Berücksichtigung der oben zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.09.2019, Ro 2018/08/0008, weicht die Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
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