W213 2248968-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2014, von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Dr. Hanno ZANIER, 1010 Wien, Franz Josefs Kai 27/DG, vom 03.12.2021 gegen den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes als belangte Behörde wegen Verletzung in Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Nachschau im Zimmers XXXX am 28.07.2020 in XXXX ), beschlossen:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 887,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Mit Schriftsatz vom 03.12.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und zwar gegen die am 28.07.2020 erfolgte heimliche Durchsuchung des Zimmers XXXX gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z 2 und Artikel 132 Abs. 2 B-VG Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Richter des Bundesverwaltungsgerichtes an der Außenstelle XXXX und Leiter der Gerichtsabteilung XXXX gewesen sei. ADir. XXXX sei ihm seit 01.04.2015 als Referent zugewiesen gewesen.
Im Zuge dienstaufsichtsrechtlicher Maßnahmen gegen ADir. XXXX sei am 28.07.2020 durch den Kammervorsitzenden der Kammer XXXX und dessen Stellvertreter eine Nachschau im Büro des ADir. XXXX , durchgeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Referententätigkeit für die Gerichtsabteilung XXXX schon etwa zwei Monate beendet gewesen. Dabei sei wahrgenommen worden, dass sich immer noch eine erhebliche Anzahl von Gerichtsakten der GA XXXX im Büro des ADir. XXXX befunden hätten.
Gegen diese Maßnahme, die am 28.07.2020 gesetzt worden sei, richte sich die vorliegende Maßnahmenbeschwerde; die im Büro von ADir. XXXX in einem Kasten gelagerten Akten hätten sich im Verfügungsbereich des Beschwerdeführers befunden, sodass auch er durch die angefochtene Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden sei.
Von der angefochtenen Maßnahme habe der Beschwerdeführer erst nach der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.10.2021 Kenntnis erlangt, da in dieser mündlichen Verhandlung ADir. XXXX (in seiner Funktion als Beschwerdeführer im Verfahren zur Zl. W257 2235067-1) die Stellungnahme der belangten Behörde vom 02.12.2020 ausgefolgt worden worden sei. In dieser, dem Beschwerdeführer zuvor unbekannten Stellungnahme werde auf der Seite 8 die angefochtene Maßnahme umschrieben, die von der belangten Behörde bislang geheim gehalten worden sei, sodass die vorliegende Maßnahmenbeschwerde jedenfalls innerhalb offener Frist erhoben worden sei.
In rechtlicher Hinsicht wurde nachstehendes Vorbringen erstattet:
I.1.1. Qualifikation als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt: Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt könnten auch vorliegen könnten, wenn die Maßnahmen für den Betroffenen – wie im vorliegenden Beschwerdefall – nicht unmittelbar wahrnehmbar seien, vielmehr komme es darauf an, ob ein Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen erfolge. Dies können auch ohne sein Wissen der Fall sein (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 2016, Ra 2014/07/0069, mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1979, VfSlg. 8668/1979, betreffend die Durchsuchung eines Schreibtisches und die Herausnahme von Papieren daraus und Kneihs, Altes und Neues zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, ZfV 2004/324, 150 [153 f]).
I.1.2. Keine gesetzliche Ermächtigung bzw. keine Rechtsgrundlage:
Eine Ermächtigungsnorm finde sich etwa in der „Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz“ (Geo.), BGBl. 264/1951, in der Fassung BGBl. II Nr. 187/2020, die die Präsidenten der Gerichtshöfe zu einer Akten-„Nachschau“ ermächtige. Allerdings sei diese Geschäftsordnung auf das Bundesverwaltungsgericht nicht anwendbar und weder das BVwGG noch die BVwG-Geschäftsordnung eine entsprechende Ermächtigung entschädigten. Eine am Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG orientierte Auslegung schließe es aber aus, dass die vorzitierte Bestimmung des § 95 Geo. auch auf das Bundesverwaltungsgericht angewendet werden könne. Die angefochtene Maßnahme werde schon deshalb für rechtswidrig zu erklären sein, weil sie ohne gesetzliche Ermächtigung gesetzt wurde.
I.1.3. Verdeckte Vorgangsweise der belangten Behörde
Der „Leitfaden Dienstaufsicht, Allgemeiner Teil (Dienstaufsicht und Mitarbeiter/innen-Führung“ des Bundesministeriums für Justiz stelle auf Seite 40 unter dem Punkt „III.2.4 Persönliche Einsichtnahmen und Kontrollen“ unmissverständlich klar:
„Die Bedeutung regelmäßiger Nachschauen in den Amtsräumen von Mitarbeitern/-innen zeigt auch hier immer wieder die Praxis. …
Außer Streit steht selbstverständlich, dass diese persönlichen Einsichtnahmen einen nicht unerheblichen Eingriff in die Privatsphäre von Bediensteten darstellen und daher ausschließlich unter striktester Wahrung der Rechte der Mitarbeiter/-innen erfolgen dürfen.
Grundsätzlich unzulässig sind daher etwa Nachschauen in Abwesenheit des/der Betroffenen. Vielmehr sollten diese Einsichtnahmen anlässlich von kurzen Besuchen bei dem/der jeweiligen Mitarbeiter/-in erfolgen, wobei genauere Inspektionen von Kästen und Schränken grundsätzlich nur mit Zustimmung des/der Bediensteten vorgenommen werden dürfen.“
Hervorzuheben sei, dass sich die im Büro von ADir. XXXX am 28.07.2020 in einem Kasten gelagerten Akten der Gerichtsabteilung XXXX im Verfügungsbereich des Beschwerdeführers befunden hätten (vgl. dazu das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. August 2021, W116 2236564-1/13E, Seite 85).
ADir. XXXX sei am 28.07.2020 von 08:45 bis 17:30 Uhr im Dienst gewesen (der Beschwerdeführer habe an diesem Tag in Wien verhandelt), sodass kein Zweifel daran bestehe, dass sein Büro – wie auch schon im April und Mai 2020 – erneut in seiner Abwesenheit heimlich betreten und (jedenfalls) der besagte Kasten durchsucht worden sei. Die Akten des Beschwerdeführers seien in den Fächern dieses Kastens liegend in Stapeln gelagert gewesen, sodass jedenfalls eine Durchsicht dieser Akten erfolgt sein müsse, weil man sonst nicht hätte feststellen können, dass es sich um Akten der Gerichtsabteilung des Beschwerdeführers gehandelt habe.
Es stelle sich die Frage, ob die angefochtene Maßnahme bewusst außerhalb der regulären Dienstzeit und damit in Abwesenheit von ADir. XXXX gesetzt wurde, während der Beschwerdeführer an diesem Tag dienstlich in Wien gewesen sei.
Weder ADir. XXXX noch der Beschwerdeführer seien vorher von der Durchsuchung informiert oder im Nachhinein mit dem Ergebnis der Durchsuchung konfrontiert worden, sondern die angefochtene Maßnahme sei lediglich in einem geheimen Aktenvermerk dokumentiert worden. Dies obwohl, sowohl ADir. XXXX als auch der Beschwerdeführer Dienst und jederzeit auch telefonisch oder per E-Mail erreichbar gewesen seien. Von einer Zustimmung zur angefochtenen Maßnahme keine folglich keine Rede sein.
I.1.4. Verletzung des Grundrechtes auf Achtung des Privatlebens iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK:
Im vorliegenden Beschwerdefall sei zu prüfen, ob die angefochtene Maßnahme als Hausdurchsuchung zu qualifizieren ist, die den Beschwerdeführer in seinem in Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Privatleben verletzt habe:
Schon die systematische Besichtigung wenigstens eines bestimmten Objektes genüge, um als Hausdurchsuchung gewertet zu werden (VfSlg. 3.351/1958, 6.528/1971, 8.642/1979) und es könne auch einer Durchsuchung, die sich auf einen bestimmten Kasten beschränke (weil es höchst wahrscheinlich sei, dass der gesuchte Gegenstand sich dort befinde), nicht der Charakter einer Hausdurchsuchung genommen werden (VfSlg. 11.895/1988). Die Suche nach einem Gegenstand, von dem ungewiss sei, wo er sich befinde, sei ebenfalls für den Begriff einer Hausdurchsuchung wesentlich. Das Suchen in einem Einrichtungsgegenstand sei nach der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als Verwaltungsakt zu qualifizieren (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 2019, Ra 2019/09/0054, mwN).
Außerdem greife eine Durchsuchung eines Büros einer Person, das auf dem Gelände einer Behörde gelegen ist, in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens ein und bedürfe daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung, die den Erfordernissen des Art. 8 Abs. 2 EMRK zu entsprechen habe (vgl. dazu das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 26. Juli 2007, Peev gegen Bulgarien, Nr. 64209/01)
Eingriffe in das in Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht seien aber nur dann zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen und zur Erreichung eines der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele erforderlich seien.
Eine derartige gesetzliche Ermächtigung bestehe im vorliegenden Fall nicht. Schon mangels einer gesetzlichen Grundlage habe die belangte Behörde den Beschwerdeführer durch die angefochtene Maßnahme in seinem Grundrecht auf Achtung seines Privatlebens iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK verletzt.
I.1.5. Verstoß gegen das Mobbingverbot gemäß § 57a RStDG sowie gegen das Verbot von Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, gemäß § 76i RStDG:
Gemäß § 57a RStDG hätten Richter und Staatsanwälte als Vorgesetzte ihren Mitarbeitern und als Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie hätten im Umgang mit ihren Kollegen sowie Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend seien. Dass die angefochtene Maßnahme die menschliche Würde des Beschwerdeführers verletze und daher gegen das Mobbingverbot des § 57a RStDG verstoße, bedürfe wohl keiner näheren Erörterung.
Schließlich verstoße die völlig unangebrachte Geheimhaltung als Modalität, die mit der in Beschwerde gezogenen Maßnahme untrennbar verbunden sei, gegen das in § 76i RStDG normierte Verbot von Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berührten, wobei nach den Materialien zu § 76i RStDG jede verdeckte Kontrollmaßnahme als Maßnahme anzusehen sei, die die Menschenwürde berühre (vgl. RV 1574 BlgNR XX. GP, 111). Es spiele daher keine Rolle, wo die verdeckten Kontrollmaßnahmen gesetzt worden seien, weil sie jedenfalls gegen den Beschwerdeführer gerichtet gewesen seien.
I.1.6. Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit iSd Art. 87 Abs. 1 B-VG:
Auch wenn § 95 Geo. im vorliegenden Beschwerdefall nicht anwendbar sei, weise diese Ermächtigungsnorm eine wesentliche Schranke für die Justizverwaltung auf: Nach Abs. 3 leg.cit. habe eine solche Nachschau „unter Bedachtnahme auf die richterliche Unabhängigkeit (§ 73 Abs. 2 GOG)“ zu erfolgen.
Diese Schranke hätte die belangte Behörde kraft Art. 87 Abs. 1 B-VG – die Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig –, wie bei jeder anderen Maßnahme der Justizverwaltung auch, zu beachten gehabt. Dieser Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit ergebe sich schon allein aus dem Umstand, dass die angefochtene Maßnahme über Monate geheim gehalten worden sei und der Beschwerdeführer als Leiter der Gerichtsabteilung XXXX erst durch ADir. XXXX nach der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.10.2021 von der angefochtenen Maßnahme Kenntnis habe. Wäre der Beschwerdeführer über die angefochtene Maßnahme nämlich informiert gewesen, hätte er Gelegenheit gehabt, persönliche Notizen zu einzelnen Beschwerdefällen oder Entscheidungsentwürfe aus den Akten zu nehmen, die schließlich auch nicht Bestandteil des Aktes sind und ausschließlich die richterliche Entscheidungsfindung betreffen.
Dazu komme, dass die angefochtene Maßnahme der belangten Behörde schon aufgrund ihrer qualifizierten Rechtswidrigkeit, ihrer unverhältnismäßigen Eingriffsintensität und ihres offenkundigen Repressionscharakters jedenfalls geeignet sei, unzulässigen Einfluss auf die richterliche Amtsführung des Beschwerdeführers zu nehmen (vgl. dazu das Urteil des Obersten Gerichtshofes als Disziplinargericht vom 20. März 2014, Ds 25/13, in dem dieser Gerichtshof ausgesprochen hat, dass Justizverwaltungsorgane nicht berechtigt sind, insbesondere mit den Mitteln des Dienstrechts, Druck auf unabhängige Richter auszuüben).
Es werde daher beantragt
1. gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG die angefochtenen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären;
2. gemäß § 35 VwGVG zu erkennen, der Bund schuldig sei, die ihm durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen seines bevollmächtigten Vertreters binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; und
3. gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
I.2. Mit hg. Schreiben vom 18.01.2022 wurde die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, die dazu mit Schreiben vom 16.02.2022 im Wesentlichen vorbrachte, dass der der (vormaligen) Gerichtsabteilung des Beschwerdeführers ( XXXX ) zugewiesene Referent ADir XXXX war von 23.03.2020 bis einschließlich 01.06.2020 — bis 03.04.2020 krankheitsbedingt und von 06.04.2020 bis 01.06.2020 aufgrund eines vorgelegten „Covid-19-Risikoattests" — von seinem (physischen) Arbeitsplatz in der Außenstelle XXXX abwesend gewesen sei.
Vor dem Hintergrund dieser länger andauernden Abwesenheit des Referenten von seinem physischen Arbeitsplatz wurde der Referent Dipl. Kfm. XXXX , MSc am 07.04.2020 durch den Außenstellenleiter bzw. Vorsitzenden der Kammer XXXX Richter Mag. XXXX beauftragt zu prüfen, ob hinsichtlich der in diesem Zeitpunkt ADir XXXX zugeteilten Gerichtsabteilungen ( XXXX , XXXX und XXXX ) offene (Arbeits-)Aufträge vorhanden seien und diese gegebenenfalls zu erledigen.
Nach einer ersten Sichtung der von Referent Dipl. Kfm. XXXX , MSc in Bearbeitung genommenen Verfahren(-sakten) seien Mängel in der Aktenführung bzw. Verfahrensadministration festgestellt worden, die eine ordnungsgemäße Vertretung verunmöglichten. In weiterer Folge sei daher durch den Kammervorsitzenden eine Wiederherstellung der Ordnung im Referat des ADir XXXX und eine Dokumentation der Mängel veranlasst worden, um einen ordnungsgemäßen Zustand des Referates wiederherzustellen sowie einen geordneten Gerichtsbetrieb in den betroffenen Gerichtsabteilungen, somit auch jener des Beschwerdeführers, sicherstellen zu können.
Im Zusammenhang mit den Arbeiten zur Wiederherstellung der Ordnung im Referat des ADir XXXX habe der Beschwerdeführer bereits mit Schriftsatz vom 07.09.2020 eine Maßnahmenbeschwerde beim BVwG eingebracht. Das diesbezügliche Verfahren zur GZ. W246 2234828-1 sei derzeit (noch) offen.
Zudem habe auch ADir XXXX eine inhaltlich — im Wesentlichen gleichgelagerte Beschwerde gegen die genannte Maßnahme der Dienstaufsicht (Wiederherstellung der Ordnung) im Referat XXXX eingebracht, welche mit Beschluss des BVwG vom 10.11.2021, GZ W257 2235067-1/20E — nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung — als unzulässig zurückgewiesen worden sei, da „bei der Maßnahme vom 13. April 2020 bis 20. Mai 2020, nämlich dem Aufräumen auf dem Arbeitsplatz des Beschwerdeführers im Bundesvewaltungsgericht l...] kein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt' vorgelegen habe. Ferner sei „der Präsident bzw. die Gerichtsverwaltung insgesamt dazu verpflichtet, einen ordentlichen Gerichtsbetrieb aufrechtzuerhalten. Das diese Verpflichtung auch die Ordnung der Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitumfasst, dass entsprechende Vertretungsregelungen geschaffen werden müssen, dass Arbeitsplätze, welche wegen Abwesenheit längere Zeit nicht bearbeitet wurden, einer Beachtung bedürfen, usw. ist im Rahmen dieser Pflicht ebenso nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr als zu Zeiten des Lockdowns wegen der Corona- Pandemie im Frühjahr/Sommer 2020 der Gerichtsbetrieb aufrechterhalten werden musste" (Beschluss des BVwG vom 10.11.2021 , GZ. W257 2235067-1/20E, S. 17).
Die belangte Behörde verwehre sich die gegen die — vom Beschwerdeführer im Übrigen zum wiederholten Male gewählte — Bezeichnung der Wiederherstellung der Ordnung im Referat XXXX als „heimliche Durchsuchung" von Büros, gegenständlich insbesondere des Dienstzimmers XXXX . Es sei auch nicht erkennbar, was konkret seitens der Dienstbehörde dort gesucht hätte werden sollen und zu welchem Zweck, diesbezüglich vermöge auch der Beschwerdeführer keine substantiierten Gründe anzuführen.
Überdies sei ADir XXXX dem Beschwerdeführer zu dem in der Beschwerde genannten Zeitpunkt gemäß der damals geltenden Referentenzuordnung der Kammer XXXX nicht (mehr) als Referent zugeordnet gewesen. Die gegenständliche Beschwerde gehe daher schon aus diesem Grund ins Leere.
Schließlich werde ausdrücklich klargestellt, dass es sich (auch) bei der gegenständlich angefochtenen Maßnahme schlichtweg um eine im Rahmen der Dienstaufsicht durchgeführte Nachschau des Kammervorsitzenden und seines Stellvertreters im Dienstzimmer des Referenten ADir XXXX gehandelt habe.
Anlass für seien aus dem Kreis der Richterschaft der Kammer XXXX an den Kammervorsitzenden herangetragene mögliche Unregelmäßigkeiten im Dienstbetrieb gewesen.
Im Übrigen habe der Beschwerdeführer diese am 28.07.2020 durchgeführte Nachschau des Kammervorsitzenden und dessen Stellvertreters im Dienstzimmer des ADir XXXX auch bereits in seiner Äußerung vom 10.11.2021 im (offenen) Verfahren zur GZ. W246 2234828-1 explizit vorgebracht und sei bezugnehmend auf eine Nachschau am 28.07.2020 auch im Beschluss zur (abgeschlossenen) Rechtssache zur GZ. W257 2235067-1 festgehalten worden, dass „ [...] auch mit dem Vorliegen des Aktenvermerkes (sollte es einen solchen geben) [es sich] ergeben [würde], dass kein AuvBZ vorliegt" (Beschluss des BVwG vom 10.11.2021, GZ. W257 2235067-1/20E, S.22), sodass nicht nachvollziehen sei, weshalb der Beschwerdeführer in dieser von ihm im genannten Parallelverfahren bereits dargelegten und im Rahmen einer gerichtlichen Entscheidung berücksichtigten Angelegenheit zum wiederholten Male die Rechtsschutzinstitution Bundesverwaltungsgericht unbegründet und beharrlich bemühe.
Selbst wenn man somit davon ausgehen wolle, dass der Beschwerdeführer von der gegenständlich angefochtenen Maßnahme nämlich der im Rahmen der Dienstaufsicht von Vorgesetzten durchgeführte Nachschau im Dienstzimmer des ADir XXXX — überhaupt betroffen gewesen sei, sei diese jedenfalls (lediglich) als gewöhnlicher Akt der Dienstaufsicht zu qualifizieren, somit nicht anders zu beurteilen, als der dem Beschluss vom 10.11.2021, GZ. W257 2235067-1/20E, zugrundeliegende Sachverhalt, zumal auch im Dienstzimmer gelagerte Gerichtsakten nicht als private Unterlagen anzusehen sind, sondern vielmehr „dienstliche Unterlagen […], welche „nicht in diesen geschützten Bereich [fallen]" (Beschluss des BVwG vom 10.112021, GZ. W257 2235067-1/20E, s.9).
Abschließend werde bemerkt, dass in sämtlichen im vorliegenden Zusammenhang (parallel geführten) Verfahren des Beschwerdeführers sowie auch des Referenten ADir XXXX — sei es in den jeweils durchgeführten mündlichen Verhandlungen am 06.05.2021, 02.09.2021 sowie 22.10.2021 oder in den entsprechenden Stellungnahmen — die im Dienstzimmer des Referenten gelagerten Akten des Beschwerdeführers erwähnt bzw. behandelt wurden und es nicht nachvollziehbar sei, weshalb (erst) zum jetzigen Zeitpunkt eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht werde.
Es werde daher beantragt,
die Beschwerde aus den oben angeführten Gründen zurückweisen,
bzw. in eventu abzuweisen sowie
jedenfalls der belangten Behörde den Kostenersatz gemäß § 35 Abs. 5 letzter Satz VwGVG zusprechen.
I.3. Der Beschwerdeführer hielt dem mit Schriftsatz vom 28.02.2022 im Wesentlichen entgegen, dass die belangte Behörde die in den Maßnahmenbeschwerdeverfahren W246 2234828-1 und W257 2235067-1 angefochtenen Maßnahmen auf unzulässige Weise mit der gegenständlich angefochtenen Maßnahme vermische.
Da die gegenständlich angefochtene Maßnahme streng von den im Maßnahmenbeschwerdeverfahren W257 2235067-1 angefochtenen Maßnahmen zu trennen sei, greife die belangte Behörde auch ins Leere, wenn sie sich argumentativ auf den Beschluss vom 10. November 2021, W257 2235067-1/20E, stütze. Außerdem sei gegen diesen Beschluss beim Verwaltungsgerichtshof eine außerordentliche Revision zur Zl. Ra 2021/12/0080 anhängig.
In der mündlichen Verhandlung zur GZ. W246 2234828-1 am 2. September 2021 sei hervorgekommen, dass ab 11.05.2020 der Referent XXXX für den Beschwerdeführer zuständig gewesen sei. In Wahrheit sei somit ADir. XXXX nicht der eingeteilte Vertreter von ADir. XXXX gewesen. Folglich sei ADir. XXXX im April und Mai 2020 ausschließlich mit der Durchsuchung der Büros XXXX und XXXX betraut gewesen.
Die belangte Behörde halte entscheidungswesentliche Beweismittel zurück, da sie mit ihrer Gegenschrift insbesondere den Aktenvermerk vom 28.07.2020 nicht vorgelegt habe, in dem sie die gegenständlich angefochtene Maßnahme dokumentiert habe.
Ferner erkläre die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, dass „auch nicht erkennbar“ sei, „was konkret seitens der Dienstbehörde dort gesucht hätte werden sollen und zu welchem Zweck“, und dass mein Mandant „diesbezüglich … keine substantiierten Gründe anzuführen“ vermocht habe. Damit versuche die belangte Behörde, die sie treffenden Obliegenheiten – die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit (unter dem Aspekt der Rechtswidrigkeit) der angefochtenen Maßnahme darzulegen – auf den Beschwerdeführer zu überwälzen.
Dass es vor der Durchsuchung am 28.07.2020 eine „aus dem Kreis der Richterschaft der Kammer XXXX an den Kammervorsitzenden herangetragene mögliche Unregelmäßigkeit im Dienstbetrieb“ gegeben habe, zwei bis dato von der belangten Behörde noch nie behauptet worden, obwohl sie seit nunmehr 19 Monaten – erfolglos – versuche, die disziplinäre Bestrafung des Beschwerdeführers und seines ehemaligen Referenten ADir. XXXX zu erreichen. Es handle sich somit erkennbar um eine völlig unbelegte Schutzbehauptung, um der angefochtenen Maßnahme den Anschein der Legitimität zu verleihen.
Es genüge darauf hinzuweisen, dass der Vorgesetzte nach § 45 Abs. 1 erster und zweiter Satz BDG darauf zu achten habe, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er habe (u.a.) seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen sowie aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen. Die heimliche Durchsuchung eines Büros sei aber weder erforderlich, noch geeignet, um „Fehler und Missstände abzustellen“, wobei diese zu keiner Zeit bestanden hätten.
Entgegen der belangten Behörde sei die heimliche Durchsuchung eines Büros daher kein „gewöhnlicher Akt der Dienstaufsicht“, sondern eine gemäß § 76i RStDG verbotene Kontrollmaßnahme, die schon aufgrund der verdeckten Vorgangsweise der belangten Behörde die Menschenwürde berühre.
Aus gutem Grund gehe die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auch nicht auf die weiteren Beschwerdegründe ein, die gegen die angefochtene Maßnahme ins Treffen geführt werden. So stelle etwa der „ XXXX “ des Bundesministeriums für Justiz auf Seite 40 unter dem Punkt „III.2.4 Persönliche Einsichtnahmen und Kontrollen“ unmissverständlich klar, dass etwa „Nachschauen in Abwesenheit des/der Betroffenen“ oder „die genauere Inspektionen von Kästen und Schränken“ ohne „Zustimmung des/der Bediensteten“ schon grundsätzlich unzulässig seien.
Dass ADir. XXXX den Beschwerdeführer ab 02.06.2020 nicht mehr als Referent zugeordnet gewesen sei, sei völlig irrelevant, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 19. August 2021, Zl. W116 2236564-1/13E, festgestellt habe, dass jene Akten, die in dem von der angefochtenen Maßnahme betroffenen Kasten lagerten, sich im Verfügungsbereich des Beschwerdeführers befunden hätten: „Denn wenn allen Beteiligten klar ist, dass in einem bestimmten Kasten ausschließlich Akten gelagert werden, die sich im Verfügungsbereich des Richters befinden, kann es wohl keinen Unterschied machen, ob dieser Kasten im Büro des Richters oder seines Referenten steht.“
Davon, dass die „gegenständliche Beschwerde“ „schon aus diesem Grund ins Leere geht“, könne daher keine Rede sein.
Wenn die belangte Behörde also zu guter Letzt erkläre, dass „nicht nachvollziehbar ist, weshalb (erst) zum jetzigen Zeitpunkt eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht wird“, wolle sie dem erkennenden Richter fälschlicherweise suggerieren, dass die vorliegende Maßnahmenbeschwerde verspätet erhoben worden wäre. Da die belangte Behörde zu dieser Rechtsfrage keinerlei Beweismittel vorgelegt habe, sei der Beweis erbracht, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Maßnahme (Durchsuchung am 28. Juli 2020) erst nach der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22. Oktober 2021 Kenntnis erlangt habe. Die vorliegende Maßnahmenbeschwerde sei somit innerhalb offener Frist erhoben worden.
Zusammenfassend sei somit festzuhalten, dass sich die belangte Behörde mit ihrer Gegenschrift großteils außerhalb des gegenständlichen Maßnahmenbeschwerdeverfahrens bewege, dass sie den Tatsachenbehauptungen meines Mandanten ihrerseits nicht getreten sei und dass sie mit ihrer Gegenschrift die Akten nicht vorgelegt habe.
Es werde daher beantragt,
ohne weiteres Verfahren auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers zu erkennen und die angefochtene Maßnahme für rechtswidrig zu erklären, da die belangte Behörde es unterlassen hat, mit ihrer Gegenschrift die Akten vorzulegen;
in eventu
die belangte Behörde innerhalb einer angemessen kurzen Frist zur Vorlage der Akten, insbesondere des Aktenvermerks vom 28.07.2020, aufzufordern.
I.4. Mit Schreiben vom 14.06.2022 brachte die belangte Behörde vor, dass es sich bei der in Rede stehenden Maßnahme keinesfalls um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt gehandelt habe, sondern allenfalls ein „schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln“ im Rahmen der Dienstaufsicht vorliege. Ferner wurde eine handschriftliche Auflistung der am 28.07.2020 im Zimmer des ADir. XXXX vorgefundenen Akten der Gerichtabteilung XXXX vorgelegt.
I.5. Am 21.06.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer als Partei sowie der Leiter der Außenstelle XXXX , XXXX und dessen Stellvertreter XXXX , als Zeugen einvernommen wurden.
I.6. Der Beschwerdeführer brachte mit Schriftsatz vom 23.06.2022 nachstehend angeführte Beweisanträge ein:
Beischaffung der Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. W246 2234828-1 und zur Zl. W257 2235067-1 zum Beweis, dass die belangte Behörde bereits in diesen Verfahren die Akten nur zögerlich und vor allem unvollständig habe, was wiederum den Schluss zulasse, dass auch der Aktenvermerk vom 28.07.2020 zurückgehalten werde, weil er die belangte Behörde belastende Umstände offenbaren würde.
Einvernahme von XXXX , p.A. Erdbergstraße 192 – 196, 1030 Wien, als Zeugen, zum Beweis, dass es keine Unregelmäßigkeiten in der Arbeit von ADir. XXXX gegeben und dass er auch dessen Aufträge nicht vernachlässigt habe.
Zeugenschaftliche Einvernahme von ADir. XXXX zum Zustand seines Büros am 28.07.2020, bevor er den Dienst um 17:30 Uhr beendet habe, und ihn mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos zu konfrontieren, um den Beweis zu erbringen, dass der von den beiden Zeugen geschilderte und mit den vorgelegten Fotos dokumentierte Zustand des Büros nicht jenem Zustand entspreche, als er das Büro zu Dienstschluss verlassen habe. Auch wird die Zeugeneinvernahme von ADir. XXXX ergeben, dass es allgemein bekannt war, dass Akten der Gerichtsabteilung des Beschwerdeführers im Büro von ADir. XXXX lagerten und dass es auch – entgegen den Behauptungen der Zeugen XXXX und XXXX – üblich gewesen sei, dass Richter Akten bei Referenten lagerten, wobei dies auch dann vorgekommen sei, wenn diese Referenten für sie gar nicht zuständig gewesen seien. Die Zeugeneinvernahme von ADir. XXXX werde überdies zeigen, dass er nicht nur für den Beschwerdeführer Aufgaben erfüllt habe, sondern auch für viele andere Richter, für die er gar nicht zuständig gewesen sei. Insbesondere werde ADir. XXXX bestätigen, dass es – genau für eine Konstellation wie der vorliegenden, dass sowohl der Referent als auch dessen Vertreter abwesend seien – eine (die schriftliche Referenteneinteilung ergänzende und von der neuen Kammerleitung nicht
revidierte) mündliche Anordnung des ehemaligen Kammervorsitzenden XXXX gegeben habe, dass die Referenten des „Westtraktes“ von den verbleibenden Referenten des „Westtraktes“ und die Referenten des „Osttraktes“ von den verbleibenden Referenten des „Osttraktes“ vertreten würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer steht als Richter des Bundesverwaltungsgerichtes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und fungierte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum an der Außenstelle XXXX des Bundesverwaltungsgerichtes als Leiter der Gerichtabteilung XXXX .
In der Zeit vom 01.04.2015 bis 02.06.2020 war ihm ADir. XXXX als Referent zugeteilt. Während dieser Zeit lagerte der Beschwerdeführer Akten seiner Gerichtabteilung in einem im Zimmer von ADir. XXXX befindlichen Kasten. Ab dem 02.06.2020 waren dem Beschwerdeführer ADir XXXX bzw. ADir XXXX in dessen Vertretung als Referenten zugeteilt. Nach der Änderung der Referentenzuteilung am 02.06.2020 übergab ADir. XXXX die in seinem Dienstzimmer gelagerten Akten der Gerichtabteilung XXXX physisch dem Beschwerdeführer, indem er sie in dessen Zimmer legte. Der Beschwerdeführer bat diese Akten weiterhin in seinem Zimmer zu lagern, zumal der Kasten sonst leer stehe. Die Akten wurden in weiterer Folge wieder in das Dienstzimmer des ADir. XXXX verbracht und in einem mit Schiebetüren versehenen Hochschrank verwahrt. Der Kammervorsitzende der Außenstelle XXXX , XXXX wurde davon nicht in Kenntnis gesetzt. Dieser Schrank war nicht versperrt. Der Schlüssel für die Schiebetüren steckten. Der Kasten war auch nicht dahingehend gekennzeichnet, dass darin Akten der Gerichtabteilung XXXX gelagert waren. Im Kasten waren die Akten (es handelte sich um Asylakten) nach den Herkunftsländern der Beschwerdeführer geordnet bzw. gestapelt).
Am 28.07.2020 wurde dem Kammervorsitzenden der Außenstelle XXXX , XXXX durch den Richter XXXX mitgeteilt, dass sein nunmehriger Referent ADir. XXXX von ihm erteilte Arbeitsaufträge nur schleppend erledige da er in seinem Dienstzimmer (Zimmer XXXX ) befindliche Akten der Gerichtabteilung XXXX bearbeite. Am 28.07.2020, etwa zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr, wurde durch den Kammervorsitzenden der Außenstelle XXXX , und dessen Stellvertreter, XXXX LL.M, im unversperrten Büro des ADir. XXXX (Zimmer XXXX ) Nachschau gehalten, wobei weder der Beschwerdeführer noch ADir. XXXX beigezogen wurde. Dabei wurde festgestellt, dass auf dem Schreibtisch 17 Akten der Gerichtabteilung XXXX lagen, denen am 27.07.2020 erstellte ZMR-Auskünfte beigelegt waren. Die ZMR-Auskünfte lagen auf den jeweiligen Aktendeckeln und waren jeweils mit Gummiringen an den Akten befestigt. Auf dem Schreibtisch lag ferner ein Akt, dem ein im gleicher Weise befestigtes Konvolut mit Ladungen beilag. Im unversperrten und offenstehenden Kasten befanden sich 43 Akten der Gerichtabteilung XXXX , die nach den Herkunftsländern der jeweiligen Beschwerdeführer geordnet waren. Ferner wurden noch der Akt XXXX und ein zu GZ. XXXX gehöriges E-Mail vorgefunden, die sich ebenfalls auf dem Schreibtisch befanden. Im Zuge der Nachschau wurden die Aktendeckel der vorgefundenen Akten gesichtet und die Aktenzahlen durch XXXX handschriftlich notiert, wobei die im Kasten vorgefundenen Akten in einer eigenen Gruppe zusammengefasst wurden. Nicht festgestellt wurde, dass die Akten eingesehen und einer inhaltlichen Prüfung unterzogen worden wären. Im Zuge der Nachschau wurden durch den Kammervorsitzenden XXXX sieben Fotos mit seinem dienstlich zugewiesenen Smartphone angefertigt.
Der Beschwerdeführer hat von dieser Nachschau am 22.10.2021 Kenntnis erlangt. Er wurde an diesem Tag im Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts zur GZ. W257 2235067 - 1, das sich auf eine Maßnahmenbeschwerde des ADir. XXXX hinsichtlich einer Nachschau in seinem Dienstzimmer im Mai 2020 bezog, als Zeuge einvernommen. In diesem Verfahren hat die belangte Behörde in einer schriftlichen Stellungnahme vom 02.12.2020 festgehalten, dass am 28.07.2020 festgestellt worden sei, das sich weiterhin eine erhebliche Anzahl von Akten der Gerichtabteilung XXXX im Zimmer des ADir. XXXX befunden hätten. Anlässlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme in diesem Verfahren hat der Beschwerdeführer am 22.10.2021 von dieser Stellungnahme bzw. der Nachschau vom 28.07.2020 Kenntnis erlangt.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie den Ergebnissen der Verhandlung vom 21.06.2022. Dabei ist hervorzuheben, dass der Umstand, dass sich die oben genannten Akten der Gerichtabteilung XXXX und Dienstzimmer des ADir. XXXX befanden vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird. Ebenso unbestritten ist, dass der Kasten, in dem die Akten aufbewahrt wurden, unversperrt und nicht gekennzeichnet war. Ebenso unbestritten blieb das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Kenntniserlangung von der verfahrensgegenständlichen Maßnahme.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2014 (in Folge B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, soweit nicht die - hier nicht relevante - Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes vorliegt.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt – mangels derartiger Gesetzesbestimmungen - somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A. I.)
Die §§ 3 und 5 BVwGG haben auch (auszugsweise) nachstehenden Wortlaut:
„§ 3. (1) Der Präsident leitet das Bundesverwaltungsgericht, übt die Dienstaufsicht über das gesamte Personal aus und führt die Justizverwaltungsgeschäfte für das Bundesverwaltungsgericht, soweit diese nicht auf Grund dieses oder anderer Bundesgesetze durch andere Organe zu erledigen sind. Insbesondere nimmt er auch die dienstbehördlichen Aufgaben und die Aufgaben der inneren Revision (§ 78a des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896) wahr. Dem Präsidenten obliegt es auch, bei voller Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit auf eine möglichst einheitliche Rechtsprechung Bedacht zu nehmen.
(2) Der Präsident wird bei seinen Aufgaben nach Maßgabe der von ihm zu erlassenden Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen vom Vizepräsidenten, von den Kammervorsitzenden und erforderlichenfalls von sonstigen Mitgliedern des Bundesverwaltungsgerichtes unterstützt und vertreten. Eine Einbeziehung bedarf – außer im Fall des Vizepräsidenten und der Kammervorsitzenden – der Zustimmung des betreffenden sonstigen Mitgliedes und kann vom Präsidenten jederzeit widerrufen werden. Bei der Besorgung der ihnen übertragenen Aufgaben sind die sonstigen Mitglieder an die Weisungen des Präsidenten gebunden.
(3) Ist der Präsident verhindert, so wird er vom Vizepräsidenten, wenn auch dieser verhindert ist, von dem nach der Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen hiezu berufenen Kammervorsitzenden oder sonstigen Mitglied in seinem gesamten Wirkungsbereich vertreten. Dies gilt auch dann, wenn die Stelle des Präsidenten oder des Vizepräsidenten nicht besetzt ist.
[ …]
(5) Die §§ 1 bis 14 und 15a bis 16 GOG gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass die darin vorgesehenen Befugnisse der Gerichtspräsidenten bzw. der Dienststellenleitung dem Präsidenten zukommen, und dass die Hausordnung durch Auflage zur öffentlichen Einsicht im Amtsgebäude und Bereitstellung im Internet kundzumachen ist.
§ 5. (1) Der Präsident hat die Leiter der Außenstellen nach Anhörung des Personalsenates aus dem Kreis der in der jeweiligen Außenstelle (§ 1 Abs. 2) tätigen Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichtes für die Dauer von sechs Jahren zu bestellen. Die Bestellung bedarf der Zustimmung des betroffenen Mitglieds. Der Leiter einer Außenstelle kann vom Präsidenten jederzeit aus wichtigen dienstlichen Gründen abberufen werden.
(2) Der Leiter der Außenstelle nimmt für den Bereich der Außenstelle die dem Präsidenten nach § 3 Abs. 1 zukommenden Aufgaben unter der Verantwortung des Präsidenten wahr. Unbeschadet der richterlichen Unabhängigkeit des Leiters der Außenstelle als Mitglied des Bundesverwaltungsgerichtes unterliegt er in Ausübung der Aufgaben als Leiter der Außenstelle den Weisungen des Präsidenten.
(3) Der Leiter der Außenstelle wird bei seinen Aufgaben nach Maßgabe seiner Verfügungen durch einen Stellvertreter und erforderlichenfalls auch von anderen in der Außenstelle tätigen Mitgliedern des Bundesverwaltungsgerichtes unterstützt und vertreten. Hinsichtlich der Bestellung und Abberufung des Stellvertreters des Leiters gilt Abs. 1. Eine Einbeziehung bedarf – außer im Fall des Stellvertreters – der Zustimmung des betroffenen Mitglieds und kann vom Leiter der Außenstelle jederzeit widerrufen werden. Bei Besorgung dieser übertragenen Aufgaben sind die damit betrauten Mitglieder an die Weisungen des Leiters der Außenstelle gebunden.“
§ 57 RStDG lautet (auszugsweise) wie folgt:
„§ 57. (1) Richter und Staatsanwälte sind der Republik Österreich zur Treue verpflichtet und haben die in der Republik Österreich geltende Rechtsordnung unverbrüchlich zu beachten. Sie haben sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, sich fortzubilden, die Pflichten ihres Amtes gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen und die ihnen übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen.
(2) Befinden sich Richter nicht in Ausübung ihres richterlichen Amtes oder sind Richter und Staatsanwälte nicht sonst in Besorgung der übertragenen Amtsgeschäfte weisungsfrei gestellt, haben sie den dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten Folge zu leisten und dabei die ihnen anvertrauten Interessen des Dienstes nach bestem Wissen und Können wahrzunehmen.
[…].“
In der Geschäftseinteilung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2020 hat – auszugweise - nachstehenden Wortlaut:
„[…]
2. Die Kammervorsitzenden besorgen
die Leitung und Organisation der jeweiligen Kammer, insbesondere die Zuteilung der der jeweiligen Kammer zugewiesenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den Gerichtsabteilungen der Kammer
die Einteilung der nicht den Gerichtsabteilungen zugewiesenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen Kammer
die Unterstützung des Präsidenten bei der Dienstaufsicht im Bereich der Richterschaft durch kontinuierliche Beobachtung der Geschäftsführung in den Gerichtsabteilungen der jeweiligen Kammer
die Wahrnehmung der Dienst- und – soweit diese nicht im judiziellen Bereich tätig sind – Fachaufsicht über die der jeweiligen Kammer zugewiesenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
[…]
10. Aufgaben der Referentinnen und Referenten:
Unterstützung der judiziellen Tätigkeit in der jeweiligen Gerichtsabteilung
Selbständig unter Verantwortung der Referentin bzw. des Referenten, soweit sich die zuständige Richterin oder der zuständige Richter die vorherige Befassung nicht ausbedungen hat:
Erstprüfung des Aktes
Anforderung fehlender Aktenbestandteile
Fristenverwaltung für die jeweilige Gerichtsabteilung
Schriftverkehr mit anderen Behörden und Gerichten
Vorbereitung von Verhandlungen, Ladungen und Zustellungen
Kontrolle der Aktenpflege durch den Schreibkräftepool
Sicherstellen der Arbeitsfähigkeit der Gerichtsabteilung durch Anleitung und Führung des Schreibkräftepools im Einzelfall
Nach Vorgabe der jeweils verfahrensführenden Richterin bzw. des jeweils verfahrensführenden Richters:
Aktenzusammenstellung und Vorbereitung des Schriftverkehrs in höchstgerichtlichen Verfahren
Durchführung von ergänzenden Erhebungen
Durchführung von angemeldeten Akteneinsichten
Koordinierung der Verhandlungen und der Beweisaufnahmen vor Sachverständigen Veranlassen von Übersetzungen
Vorbereitung einfacher Erledigungen
Vorbereitung und formale Erstprüfung der Akten, insbesondere auf Vollständigkeit
andere Aufgaben mit Bezug zur judiziellen Tätigkeit auf ausdrückliche Weisung der jeweils verfahrensführenden Richterin bzw. des jeweils verfahrensführenden Richters sowie
andere Aufgaben auf Weisung der bzw. des Kammervorsitzenden
[…]“
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 22.10.2021 von der verfahrensgegenständlichen Maßnahme Kenntnis erlangt hat. Die Beschwerde wurde am 03.12.2021 im Wege des ERV fristgerecht eingebracht.
Vorerst ist zu prüfen, ob die oben dargestellte Nachschau im Dienstzimmer des ADir. XXXX als Akt unmittelbarer behördlicher Befehls-oder Zwangsgewalt zu qualifizieren ist. Ein solcher liegt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. (vgl. VwGH, 22.11.2017, GZ. Ro 2016/17/0003, mwN).
Ein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls-oder Zwangsgewalt kann aber auch vorliegen, wenn die Maßnahme für den Betroffenen nicht wahrnehmbar ist. Ausschlaggebend ist, dass ein Eingriff in subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist (VwGH, 28.01.2016, GZ. Ra 2014/07/0069 mwN).
Wie die Disziplinaroberkommission im Erkenntnis 18.10.2012, GZ. 24/9-DOK/12, ausgeführt hat, ist ein prophylaktisches Durchsuchen von nicht nur privaten, sondern auch von dienstlichen Räumlichkeiten und den darin befindlichen – vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten – Einrichtungsgegenständen (Büromöbeln) ohne begründeten Anlass, Vorfall oder Vorliegen von Gefahr im Verzug unzulässig und mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unvereinbar. Eine vorsorgliche Durchsuchung von Büroräumlichkeiten, ohne konkreten Verdacht würde daher gegen Art. 8 EMRK verstoßen und sei jedenfalls grundrechtswidrig.
Im vorliegenden Fall erschöpft sich die vom Beschwerdeführer bekämpfte Maßnahme darin, dass der Leiter der Außenstelle XXXX und dessen Stellvertreter das unversperrten Dienstzimmer des ADir. XXXX betreten und in weiterer Folge auf dem Schreibtisch liegende und in einem unversperrten, ungekennzeichneten und offenen Schrank befindliche Akten der Gerichtsabteilung des Beschwerdeführers in einer handschriftlich angefertigten Liste erfasst haben. Dabei wurde nur die jeweilige Aktenzahl notiert, die auf dem Aktendeckel sowie auf dem Rücken des Aktendeckels sichtbar ist. Zu diesem Zweck wurden die Akten zwar in die Hand genommen, aber nicht geöffnet. Die Akten wurden danach wieder im Schrank bzw. auf dem Schreibtisch zurückgelassen.
Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung ist das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung, dass zur Vornahme der oben dargestellten Handlungen die Einholung der Zustimmung des Beschwerdeführers nicht erforderlich war. Wie sich in der Verhandlung gezeigt hat, konnte der Leiter der Außenstelle zu Recht den Verdacht hegen, dass ADir. XXXX entgegen der seit 02.06.2020 geltenden Referentenzuteilung für den Beschwerdeführer Arbeitsaufträge erledigt haben könnte. Angesichts der ihm gemäß §§ 3 Abs. 1 und 5 Abs. 2 VwGVG obliegenden Verpflichtung zur Ausübung der Dienstaufsicht war es daher für ihn geboten, eine Aufklärung des Sachverhalts in die Wege zu leiten. Das Betreten des Dienstzimmers eines Referenten und das bloße in die Hand Nehmen von Akten stellt jedenfalls keine „Durchsuchung“ im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dar. Eine solche liegt nur dann vor, wenn eine systematische Suche nach einem bestimmten Gegenstand oder einer bestimmten Person erfolgt ist (vgl. VfGH Slg. Nr. 8642, 6258, 3351). Darüber hinaus ist festzuhalten, dass diese Maßnahme auch nicht ohne begründeten Anlass im Sinne der zuvor dargestellten Judikatur erfolgt. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die auf den Aktendeckeln befindlichen Geschäftszahlen handschriftlich notiert wurden, da eine bloß äußerliche Sichtung der Akten keine systematische Durchsuchung bzw. Besichtigung im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs darstellt.
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass durch die in Beschwerde gezogene Maßnahme, wie sie unter Punkt II.1. festgestellt wurde, ein Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nicht stattgefunden hat. Es liegt daher kein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls-oder Zwangsgewalt vor. Vielmehr ist von einem „schlicht-hoheitlichen Verwaltungshandeln“ auszugehen. Ein solches kann aber nur im Rahmen einer Verhaltensbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 2 Z. 1 B-VG geltend gemacht werden, wenn dies – im vorliegenden Fall nicht zutreffend - einfachgesetzlich vorgesehen wäre.
Da im vorliegenden Fall Akt unmittelbarer behördlicher Befehls-oder Zwangsgewalt nicht gegeben ist, fehlt es an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand und damit einer unabdingbaren Prozessvoraussetzung. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH, 10.11.2011, 2010/07/0032).
Zu den vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 21.06.2022 sowie in der Äußerung vom 23.06.2022 gestellten Beweisanträge wird festgehalten, dass diesen aus nachstehend angeführten Gründen nicht näher zu treten war:
Die Beischaffung der Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. W246 2234828-1 und zur Zl. W257 2235067-1 kann unterbleiben, da sich beide Verfahren auf Geschehnisse im Mai 2020 beziehen, die von der hier zu beurteilenden Nachschau vom 28.07.2020 gesondert zu beurteilen sind. Inwieweit die belangte Behörde in den zuvor genannten Verfahren Unterlagen zögerlich oder unvollständig vorgelegt haben könnte, ist für das gegenständliche Verfahren irrelevant.
Die Einvernahme von XXXX als Zeugen, zum Beweis, dass es keine Unregelmäßigkeiten in der Arbeit von ADir. XXXX gegeben und dass er auch dessen Aufträge nicht vernachlässigt habe, kann ebenfalls unterbleiben, da im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen ist, ob ADir. XXXX tatsächlich Aufträge von XXXX vernachlässigt habe oder dass es Unregelmäßigkeiten in der Arbeit von ADir. XXXX gegeben habe. Im gegenständlichen Verfahren geht es in erster Linie darum, ob die verfahrensgegenständlichen Nachschau 28.07.2020 als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren ist.
Die zeugenschaftliche Einvernahme von ADir. XXXX zum Zustand seines Büros am 28.07.2020, bevor er den Dienst um 17:30 Uhr beendet habe, kann ebenfalls unterbleiben, da es einerseits völlig unstrittig ist, dass im Amtszimmer des ADir. XXXX Akten der Gerichtsabteilung des Beschwerdeführers gelagert waren. Ebenso unstrittig ist es, dass der Kasten, in dem sich die Akten der Gerichtsabteilung des Beschwerdeführers gelagert waren unversperrt war und die Schlüssel steckten. Darüber hinaus, war ADir. XXXX bei der Nachschau nicht selbst anwesend. Da aufgrund der zeugenschaftlichen Aussagen von XXXX und XXXX ohnehin erwiesen ist, dass diese die im Dienstzimmer von ADir. XXXX befindlich gewesenen Akten der Gerichtsabteilung des Beschwerdeführers in die Hand genommen und die auf den Aktendeckeln ersichtlichen Geschäftszahlen notiert haben, kann eine Aussage des nicht anwesend gewesenen ADir. XXXX keine weiteren Erkenntnisse erbringen. Selbst wenn im Zuge der Nachschau sich die Position des einen oder anderen Aktes geändert hätte, ist dies für die rechtliche Qualifikation, der von XXXX und XXXX durchgeführten Nachschau unerheblich. Ebenso unerheblich ist es auch, ob es üblich gewesen sei, dass Richter Akten außerhalb ihres Dienstzimmers gelagert hätten, da im gegenständlichen Verfahren nicht die Üblichkeit einer derartigen Vorgangsweise zu beurteilen ist, sondern ob die verfahrensgegenständlichen Nachschau 28.07.2020 als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren ist.
Zu A.II.)
Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist § 35 VwGVG. Dieser lautet:
"Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."
§ 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze (VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II 517/2013) lautet wie folgt:
„§ 1. Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird wie folgt festgesetzt:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei
737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei
922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei
57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei
368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei
461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)
553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)
276,60 Euro.“
Die belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 16.02.2022 Kostenersatz gemäß § 35 Abs. 5 letzter Satz VwGVG beantragt.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist hinsichtlich Spruchpunkt A.I. die belangte Behörde obsiegende Partei.
Es gebühren ihr daher für den ihr entstandenen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand die in § 1 Z. 3,4 und 5 VwG-AufwErsV angeführten Pauschalbeträge. Der Beschwerdeführer hat daher dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde den ihr zuerkannten Aufwandersatz - das sind € 57,40 für Vorlageaufwand, € 368,80 für Schriftsatzaufwand. € 461,00 für Verhandlungsaufwand, insgesamt € 887,2. - binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier zu lösende Rechtsfrage kann im Hinblick auf die oben zitierte Judikatur des Verfassungs - bzw. Verwaltungsgerichtshofs als geklärt betrachtet werden.
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