W208 2242422-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX .1990, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Wolfgang BRANDSTÄTTER, A-5630 BAD HOFGASTEIN, Tauernstraße 5, gegen den Bescheid der ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR (ZISA) vom 07.04.2021, Zl. 371017/26/ZD/0421, beschlossen:
A)
Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an die ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers (BF) wurde mit Bescheid der ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR (ZISA) vom 13.10.2011 rechtskräftig festgestellt. Dieser Feststellung war eine mängelfreie Zivildiensterklärung vom 27.09.2011 vorangegangen, in der der BF als seinen Wunschtermin für ein Zuweisung den August 2012 und als Wunscheinrichtung die „ROT KREUZ BEZIRKSSTELLE XXXX “ angab.
2. Mit Zuweisungsbescheid vom 05.04.2012 wurde er beginnend mit 01.08.2012 dem „RETTUNGS-KRANKENTRANSPORT- U. KATASTROPHENHILFSDIENST XXXX DES ROTEN KREUEZES“ zur Dienstleistung zugewiesen.
3. Der BF richtetet daraufhin am 19.04.2012 ein Schreiben an die ZISA, in dem er anführte, er leide seit geraumer Zeit an Rückenschmerzen, er habe eine Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) und sei deswegen in Behandlung.
4. Die ZISA veranlasste daraufhin am 20.04.2012 über die zuständige Bezirkshauptmannschaft eine amtsärztliche Untersuchung, um die gesundheitliche Eignung des BF zu überprüfen. Das Ergebnis lag am 31.05.2012 in Form eines Gutachtes vor. Darin ist angeführt, dass der BF Dachdecker und Spengler von Beruf und diese Arbeit mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden sei. Nach den Befunde solle darauf geachtet werden, dass er im Rahmen des Zivildienstes keine schweren Lasten heben müsse. Ansonsten sei er für organisatorische Arbeiten, sowie Arbeiten unter mäßiger körperlicher Belastung gut einsetzbar.
5. Nach einem im Akt einliegenden E-Mail-Verkehr, hatte die ZISA sodann versucht den BF zu Einrichtungen in XXXX , SCHWARZACH, BAD GASTEIN zu vermitteln. Dort war aber aufgrund der Einschränkungen des BF bzw mangelndem Bedarf keine Zuweisung möglich. Mit Bescheid vom 18.06.2012 wurde daher der Zuweisungsbescheid vom 05.04.2012 behoben. Als Begründung wurde angeführt, dass der BF für die beim ROTEN KREUZ erforderlichen Tätigkeiten derzeit nicht geeignet sei.
6. Mit Bescheid vom 18.11.2020 wurde der BF dem XXXX KLINIKUM XXXX , beginnend mit 01.01.2021 zu folgenden Dienstleistungen zugewiesen:
„Hilfsdienste bei der Krankenpflege und -betreuung, Patiententransport, Hol- Bring- und Verwaltungsdienste.“
7. Am 02.01.2021 legte der BF seiner Zivildienststelle eine Arbeitsunfähigkeitsbestätigung eines Allgemeinmediziners bis zum 04.01.2021 und sodann am 05.01.2021 eine weitere bis zum 06.01.2021 vor, in der als Grund jeweils „Krankheit“ angegeben war.
Am 07.01.2021 teilte er zusammengefasst mit, dass er bei einer Fachärztin für Psychiatrie in Behandlung sei.
Dem beiliegenden Arztbrief vom 05.01.2021 ist die Diagnose: „F41.2 – Angst und depressive Störung, gemischt“ zu entnehmen. Ausgeführt wird weiters, dass aus fachärztlicher Sicht von einer Teilnahme am Zivildienst dringend abzuraten sei; die Dauer und der Verlauf der Erkrankung sei noch nicht abschätzbar.
8. Die ZISA informierte den BF daraufhin noch am 07.01.2021, dass der Zuweisungsbescheid aufgehoben werde, um in Ruhe dessen Dienstfähigkeit klären zu können. Dem BF wurde empfohlen alle Befunde und Atteste der letzten Jahre dafür bereit zu halten und auch mitzuteilen, ob er sich in den letzten Jahren in einem Beschäftigungsverhältnis befunden habe. Wenn er derzeit in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis sei, möge er bekannt geben, ob er sich auch dort im Krankenstand befinde.
Mit 07.01.2021 wurde die Zuweisung mit der Begründung behoben, dass für die ZISA feststehe, dass der BF derzeit zu jedem Zivildienst unfähig sei (§ 12 Abs 1 Z 2 ZDG).
9. Sodann ersuchte die ZISA den Sozialversicherungsträger um Auskunft gemäß § 57a Abs 4 ZDG, ob für den BF in den letzten 12 Monaten Krankmeldungen vorgelegen seien.
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) teilte daraufhin mit, dass sich der BF in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis befinde und für von 14.-17.04.2020, von 02.11.-05.11.2020 und von 02.01.-06.01.2021 Krankmeldungen vorlägen.
10. Ohne weitere im Akt dokumentierte Ermittlungen durchzuführen, stellte die ZISA mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.04.2021 (zugestellt am 16.04.2021) fest, dass der BF für den Zeitraum von 01.07.2021 bis 31.03.2022 dem Senioren- und Pflegeheim XXXX zu folgenden Dienstleistungen zugewiesen werde:
„Hilfsdienste bei der Betreuung und Pflege älterer Menschen, Küchen-, Garten-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten, Reinigungsdienste.“
In der Begründung wurde im Wesentlichen nur angeführt, dass aufgrund von Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung eine amtsärztliche Untersuchung durchgeführt worden wäre, welche ergeben habe, dass das Heben und Tragen schwerer Lasten zu vermeiden sei.
11. Am 11.05.2021 brachte der BF über seinen Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid ein.
12. Mit Schreiben vom 12.05.2021 (eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 15.05.2021), wurde der Akt und die Beschwerde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – von der ZISA dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es steht fest, dass die belangte Behörde, keine bzw nur unzureichende Ermittlungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt getätigt hat. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt, ob der BF auch psychisch in der Lage ist seinen Zivildienst bei der ihm zugewiesenen Einrichtung abzuleisten, steht nicht fest. Die ZISA hat dazu nur völlig unzureichende Ermittlungen angestellt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden.
Die Feststellung, dass die belangte Behörde praktisch keine Ermittlungen zur Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts angestellt hat, ergibt sich daraus, dass - nachdem der BF die psychologischen Diagnose vom 05.01.2021, der Fachärztin für Psychiatrie Dr. XXXX (im Folgenden B) mit der Aussage: „F41.2 – Angst und depressive Störung, gemischt“ vorgelegt hatte – zwar ankündigte eine Klärung der Dienstfähigkeit durchführen zu wollen, mit Ausnahme der Einholung einer Auskunft bei der ÖGK aber keinerlei Ermittlungsschritte getätigt hat. Insbesondere hat sich die ZISA nicht mit dem Inhalt des Arztbriefes auseinandergesetzt, obwohl dort ausdrücklich angeführt ist, dass aus fachärztlicher Sicht von einer Teilnahme am Zivildienst dringend abzuraten und die Dauer und der Verlauf der Erkrankung noch nicht abschätzbar sei.
Dies wäre aber notwendig gewesen, weil dort auch ausdrücklich angeführt ist, dass der BF „Angst vor dem Zivildienst“ hätte, keine kranken Menschen sehe könne, etc. Die Ärztin führte aus, dass der BF kaum ansprechbar gewesen, hochgradig ängstlich und zurückgezogen gewirkt und angeben habe, dass er nicht mehr schlafen und denken könne.
Ohne Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über den psychischen Zustand, ist die Eignung des BF für Hilfsdienste bei der „Betreuung und Pflege älterer Menschen“ nicht feststellbar.
Als Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass die Behörde eine für den BF weitreichende Entscheidung getroffen hat, ohne dass sie über die dafür relevante Sachverhaltsgrundlage verfügt hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des BVwG
Gemäß § 2a Abs 4 ZDG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur.
Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Das ist im ZDG nicht der Fall.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß Abs 2 hat es über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Nach § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im Falle der Stattgabe einer Beschwerde, anders als bei einer Abänderung, kann damit eine mündliche Verhandlung entfallen (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 24 VwGVG, Anm. 8). Letzteres ist hier der Fall.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Der hinsichtlich der (befristeten) Befreiung anwendbaren Bestimmungen des Zivildienstgesetz (ZDG), lauten:
§ 19. (1) Die Verfügungen nach den §§ 17 und 18 sind von der Zivildienstserviceagentur von Amts wegen, auf Antrag des Zivildienstpflichtigen oder auf Antrag des Rechtsträgers der Einrichtung zu treffen.
(2) In Zweifelsfällen des § 17 Z 1 und § 18 Z 3 hat die für den Aufenthaltsort des Zivildienstleistenden zuständige Bezirksverwaltungsbehörde über Ersuchen der Zivildienstserviceagentur ein amtsärztliches Gutachten einzuholen und sich über die gesundheitliche Eignung zur weiteren Dienstleistung zu äußern. Im Falle einer Dienstunfähigkeit (§ 19a Abs. 1) hat das Gutachten auch deren Beginn und voraussichtliche Dauer anzugeben.
(3) Wenn im Falle des § 18 die Voraussetzungen der Z 1, 2 oder 3 vorliegen, eine geeignete andere Einrichtung aber nicht zu finden ist, hat die Zivildienstserviceagentur den Dienst des Zivildienstleistenden zu unterbrechen. Für die verbleibende Dienstzeit hat sobald wie möglich eine weitere Zuweisung zu erfolgen.
§ 19a. (1) Dienstunfähig ist, wer geistig oder körperlich zu jedem Zivildienst unfähig ist. […]“
Die Höchstgerichte haben dazu ua. folgende Aussagen getroffen:
Angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).
Die Frage der Dienstfähigkeit bzw Dienstunfähigkeit stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht der beigezogene ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen - allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden - Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung der Frage der "dauernden Dienstunfähigkeit" zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, das heißt aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein (VwGH 17.10.2008, 2005/12/0110).
Aus § 19a ZDG folgt zunächst, dass die Rechtsfolge der vorzeitigen Entlassung aus dem Zivildienst nur dann in Betracht kommt, wenn der zuständige Amtsarzt die (vorübergehende oder dauernde) Dienstunfähigkeit des Zivildienstleistenden zu JEDEM Zivildienst feststellt. Anderes gilt, wenn gemäß § 19 Abs 2 ZDG (nur) die Nichteignung zur weiteren Dienstleistung bei der Einrichtung, der ein Zivildienstleistender bescheidmäßig zugewiesen worden ist, festgestellt wird. In diesem Falle kommen nur Verfügungen nach den § 17, § 18 oder § 19 Abs 3 ZDG in Betracht (VwGH 22.09.1992, 92/11/0122).
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
In der Beschwerde wird zusammengeführt angeführt, dass die Bescheidbegründung unrichtig sei, weil sie von der Diagnose der Fachärztin für Psychiatrie Dr. B abweiche.
Dazu ist das Folgende festzustellen:
Die Beurteilung der Frage der Dienstfähigkeit bzw Dienstunfähigkeit stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht der beigezogene ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat.
Fr. Dr. B wurde nicht als ärztliche Sachverständige herangezogen und ist ihre Diagnose (auf einer Seite) auch nicht als schlüssig und nachvollziehbar zustande gekommenes Privatgutachten anzusehen. Es wird darin lediglich die „Vorgeschichte“ wiedergegeben, die vom BF selbst bzw seiner Freundin stammt. Es ist nicht ausgeführt welche Untersuchungen beim BF vorgenommen und welche medizinischen Tatsachen aufgrund welcher Testverfahren festgestellt wurden, um seine Angaben zu objektivieren und aufgrund welcher Erkenntnisse die Diagnose zustande kam.
Die Behörde hätte sich dennoch mit der Diagnose und der Meinung der Fachärztin auseinandersetzen müssen, da sie ein Beweismittel darstellt, das entsprechend zu würdigen gewesen wäre. Da der Behörde dazu der medizinische Sachverstand fehlt, hätte sie - wie das in § 19 Abs 2 ZDG vorgesehen ist - die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde um die Beauftragung und Erstellung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens ersuchen müssen und dieses sodann beweiswürdigend den Ausführungen der Dr. B gegenüberzustellen gehabt (vgl zur Beweiswürdigung von Sachverständigengutachten, VwGH 19.12.1996, 93/06/0229; 20.02.2014 Ro 2014/09/0004). Erst dann hätte sie, nach Mitteilung der Ermittlungsergebnisse an den BF zur allfälligen Stellungnahme, eine Entscheidung treffen dürfen.
Nach dem Verfahrensgang und den Ausführungen im Bescheid – die auf den Befund der Fachärztin Dr. B überhaupt nicht Bezug nehmen – sondern ganz offensichtlich das Amtsgutachten zu den Rückenschmerzen vor Augen haben (das aber nicht Verfahrensgegenstand ist), hätte die belangte Behörde zumindest Zweifel an der psychischen Dienstfähigkeit des BF haben müssen. Das BVwG geht davon aus, dass das auch der Fall war, zumal die ZISA selbst in ihrem Informationsmail an den BF vom 07.02.2021 angeführt hat, „in Ruhe“ die Dienstfähigkeit abklären bzw überprüfen zu wollen.
In diesem Zusammenhang weist der BF zu Recht auf § 19 Abs 2 ZDG hin, der in Zweifelsfällen ausdrücklich die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens vorschreibt, weil die Behörde nicht ohne sachliches Substrat entscheiden darf.
Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen - allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden - Feststellungen über den Gesundheitszustand des Zivildienstpflichtigen und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Behörde eine Beurteilung der Frage der Dauer der „Dienstunfähigkeit" zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, das heißt aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein.
Im beschwerdegegenständlichen Fall hat die Behörde vor Erlassung des angefochtenen Feststellungsbescheides, trotz Anhaltspunkten in der fachärztlichen Diagnose der Dr. B: „F41.2 – Angst und depressive Störung, gemischt“, wegen der bevorstehenden Ableistung des Zivildienstes und dem konkreten Hinweis darin, dass der BF keine kranken Menschen sehen und nicht mehr denken könne, ihn dennoch in ein Pflegeheim zugewiesen, wo es unvermeidbar ist, dass er mit älteren und kranken Person in Kontakt kommt.
Dabei wird nicht verkannt, dass es möglich ist, dass der mittlerweile 31-jährige BF seine psychischen Probleme beim Kontakt mit kranken Menschen nur vorgibt, um den Zivildienst gänzlich zu vermeiden, den er aufgrund der vorübergehenden Dienstunfähigkeit 2012 bis 2020 wegen seiner Wirbelsäulenerkrankung, wohl schon als erledigt betrachtet hat. Hinweise dafür sind darin zu sehen, dass er selbst als Wunschverwendung das „ROTE KREUZ“ angegeben hat und vor der Zuweisung im Jänner 2021 niemals von „psychischen Problemen“ die Rede war, sondern lediglich von einer Wirbelsäulenverkrümmung.
All das hätte die belangte Behörde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens festzustellen gehabt. Sie hat jedoch nur eine völlig unzureichende Auskunft der ÖGK (ein Jahr lang zurückreichend) eingeholt und sonst keine Ermittlungen, insbesondere über den Zeitraum zwischen Jänner und April 2021 und allfällig schon davor bestehende psychische Probleme getätigt.
Es steht daher vor dem Hintergrund der vorliegenden unzureichenden Ermittlungen nicht fest ob die gesundheitlichen Voraussetzungen – insbesondere die psychische Eignung des BF für den ihm zugedachten Zuweisungsplatz – vorliegt oder ob es sich bei den behaupteten Ängsten um eine bloße Schutzbehauptung handelt, um eine Zivildienst generell zu vermeiden.
Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren den BF zu einer ausführlichen Stellungnahme zu seinen Beeinträchtigungen aufzufordern oder niederschriftlich zu befragen, die Krankengeschichte des BF seit 2012 zu erheben und insbesondere ein aussagekräftiges fachärztliches Gutachten einer Amtsärztin oder eines Amtsarztes für Neurologie und Psychiatrie einzuholen haben. Auf den Grundlagen dieser Ermittlungsergebnisse ist sodann zu prüfen, welche Einrichtung für die Ableistung des Zivildienstes des BF geeignet ist, um seinen körperlichen und allenfalls bestehenden psychischen Beeinträchtigungen gerecht zu werden und ist dies im neuen Zuweisungsbescheid für den BF und das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar zu begründen.
Zusammengefasst erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, da die Behörde erforderliche Ermittlungen unterlassen und nur ansatzweise ermittelt hat.
Die Vornahme der notwendigen Ermittlungen durch das BVwG selbst verbietet sich gemäß § 28 Abs 3 VwGVG, den oben dargestellten Ausführungen des VwGH und unter Effizienzgesichtspunkten. Die belangte Behörde kann aufgrund ihrer laufenden Kontakte zu potentiell geeigneten Einrichtungen sowie insbesondere den unmittelbaren Zugriff auf die Amtssachverständigen der Bezirksverwaltungsbehörde, wesentlich rascher und kostengünstiger zu einer Entscheidung gelangen als das BVwG in einer Verhandlung. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.
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