W280 2225995-1/23E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , geb. XXXX .03.198 XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch RA Mag. Thomas LOOS, Schönauerstraße 7, 4400 Steyr, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .10.201 XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. und VII. wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Spruchpunkte zu lauten haben:
VI. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Zif. 1 FPG wird gegen XXXX ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
VII. Gemäß § 55 Abs. 2 iVm § 59 Abs. 4 FPG beträgt die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab ihrer Enthaftung.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige der Republik Kosovo und der albanischen Volksgruppe zugehörig, reiste 200 XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein und ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am XXXX .02.200 XXXX einen Asylantrag im Rahmen eines Familienverfahrens. Dabei wurden für die BF keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern auf die Fluchtgründe der Eltern Bezug genommen. Die Eltern der BF waren bereits zuvor eingereist und hatten Asylanträge gestellt. Dem Vater der BF wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes zur Zl. XXXX Asyl gewährt. Der Mutter der BF wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX .04.200 XXXX , Zl. XXXX , ebenfalls Asyl gewährt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX .03.200 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig am XXXX .04.200 XXXX , wurde dem Asylantrag der BF gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, ihr in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Die BF hielt sich in der Folge in Österreich auf und wurde mehrfach straffällig. Sie wurde im Zeitraum von XXXX .06.201 XXXX (Datum der ersten Verurteilung) bis XXXX .06.201 XXXX (Datum der letzten Verurteilung) insgesamt vier Mal rechtskräftig verurteilt, beim letzten Mal zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren. Die BF trat ihre Haftstrafe am XXXX .10.201 XXXX an und befindet sich seither in Haft. Ein weiteres Strafverfahren vor einem Landesgericht ist gegen die BF anhängig.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) leitete am XXXX .04.201 XXXX gegen die BF von Amts wegen ein Aberkennungsverfahren betreffend den Status der Asylberechtigten ein.
Die BF wurde für den XXXX .09.201 XXXX zu einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA geladen, leistete der Ladung jedoch keine Folge.
Am XXXX .09.201 XXXX wurde der BF ein schriftliches Parteiengehör des BFA vom XXXX .09.201 XXXX mit dem Länderinformationsblatt zum Kosovo übermittelt.
Die BF erstattete jeweils mit Schreiben vom XXXX .09.201 XXXX und vom XXXX .09.201 XXXX im Wege ihrer bevollmächtigten Rechtsvertretung eine Stellungnahme.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom XXXX .10.201 XXXX wurde der BF der ihr mit Bescheid vom XXXX .03.200 XXXX , Zl. XXXX , zuerkannte Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Zif 1 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Zif 2 AsylG wurde ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Der BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig erließ das BFA gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Zif 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Zif 3 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo fest (Spruchpunkt V.). Das BFA erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Zif 1 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.) und legte die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VII.).
Mit Schreiben ihrer Rechtsvertretung vom XXXX .11.201 XXXX erhob die BF fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang gegen den zuletzt genannten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen sowie der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu das Verfahren zurückzuverweisen, in eventu den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen.
Am XXXX .12.201 XXXX langte beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein. Mit der Beschwerdevorlage wurde vom BFA beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache einer anderen Gerichtsabteilung zugewiesen.
Mit Schreiben der Rechtsvertretung der BF vom XXXX .04.2020 wurde ein weiteres Vorbringen erstattet, am XXXX .06.2020 wurde über Auffordrung des BVwG der Obsorgebeschluss betreffend die minderjährigen Kinder der BF vorgelegt.
Am XXXX .09.2020 wurde vor dem BVwG mit der BF, ihrer Rechtsvertretung und einem von der BF namhaft gemachten Zeugen eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ein Vertreter des BFA ist zur Verhandlung nicht erschienen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die BF führt die im Spruch genannte Identität (Namen und Geburtsdatum). Sie ist Staatsangehörige der Republik Kosovo und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie ist Angehörige der albanischen Volksgruppe und islamischen Bekenntnisses. Ihre Muttersprache ist Albanisch.
2. Die BF reiste 200 XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein und ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am XXXX .02.200 XXXX in Österreich einen Asylantrag im Rahmen eines Familienverfahrens. Dabei wurden für die BF keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern auf die Fluchtgründe der Eltern Bezug genommen. Die Eltern der BF waren bereits zuvor eingereist und hatten Asylanträge gestellt, denen vom Bundesasylamt auch stattgegeben worden war. Die entsprechenden Asylakten wurden skartiert.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX .03.200 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig am XXXX .04.200 XXXX , wurde dem Asylantrag der BF gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, ihr in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Die BF verfügt nicht über eine Aufenthaltsberechtigung in einem anderen Staat.
3. Die BF wurde in Österreich vier Mal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, und zwar
1) mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .06.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .09.201 XXXX , wegen § 146 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je EUR 4,-- (insgesamt EUR 320,--), im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon wurde die Hälfte der Strafe bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren,
2) mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .10.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .12.201 XXXX , wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je EUR 4,-- (insgesamt EUR 480,--), im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,
3) mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .10.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .10.201 XXXX , wegen § 146 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je EUR 4,-- (insgesamt EUR 120,--), im Nichteinbringungsfall 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, sowie
4) mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .06.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .06.201 XXXX , wegen §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 erster Fall, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren.
Mit dem ersten Strafurteil vom XXXX .06.201 XXXX wurde die BF wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu der oben genannten Geldstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass die BF am XXXX .01.201 XXXX die Dienste eines Taxifahrers in Anspruch nahm, wobei sie ihm vortäuschte, ein zahlungsfähiger und -williger Fahrgast zu sein. Dies traf jedoch nicht zu und die BF verschwand bei Erreichen des Fahrzieles, ohne die Taxischuld von EUR 27,50 und die entstandene Standgebühr in Höhe von EUR 20,-- zu begleichen. Bei der Strafbemessung wurde nichts erschwerend gewertet, als mildernd wurden die bisherige Unbescholtenheit und das Geständnis gewertet. Die BF ist zur Hauptverhandlung unentschuldigt nicht erschienen, weshalb ein Abwesenheitsurteil gefällt wurde.
Mit dem zweiten Strafurteil vom XXXX 10.201 XXXX wurde die BF wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu der oben genannten Geldstrafe verurteilt. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass die BF am XXXX .01.201 XXXX in einem Lokal eine andere Frau traf, auf die sie schlecht zu sprechen war, weil diese kurze Zeit mit einem früheren Freund der BF liiert war. Die BF ging aus diesem Grund auf die Frau los und schlug ihr einmal in das Gesicht im Bereich des rechten Auges, erfasste sie daraufhin an den Haaren und riss sie dadurch zu Boden. Als die Frau am Boden lag, hat ihr die BF auch noch zumindest zwei Tritte gegen den Kopf versetzt. Die Frau erlitt dabei ein Hämatom und einen Kratzer am rechten Auge. Bei der Strafbemessung wurde nichts mildernd, aber auch nichts erschwerend gewertet, da die Vorstrafe der BF nicht einschlägig war. Von einem Widerruf der bedingten Strafnachsicht zum Urteil vom XXXX .06.201 XXXX wurde abgesehen, da die Vorverurteilung nicht einschlägig war und davon ausgegangen wurde, dass die nunmehr unbedingt verhängte Geldstrafe die BF von weiteren Straftaten abhalten würde. Die BF ist zur Hauptverhandlung unentschuldigt nicht erschienen, weshalb ein Abwesenheitsurteil gefällt wurde.
Mit dem dritten Strafurteil vom XXXX .10.201 XXXX wurde die BF wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu der oben genannten Geldstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass die BF am XXXX .06.201 XXXX durch Vortäuschen der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit einen Taxifahrer zur Durchführung einer Taxifahrt verleitete, wodurch dieser um EUR 6,-- geschädigt wurde. Als mildernd wurden dabei die Schadensgutmachung und das Geständnis gewertet, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe.
Mit dem vierten Strafurteil vom XXXX .06.201 XXXX wurde die BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 erster Fall und 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu der oben genannten Freiheitsstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung lag, wie sich aus dem Urteil ergibt, folgender Sachverhalt zugrunde: Die BF und das Tatopfer, ein Mann, lernten sich im Jahr 201 XXXX in XXXX kennen. Die Bekanntschaft entwickelte sich zu einer sexuellen Beziehung, zusammen gewohnt haben die beiden jedoch nie. Im Laufe der Zeit erfuhr die BF, dass der Mann über beträchtliche Vermögenswerte verfügte. Beginnend mit Spätsommer 201 XXXX ersuchte sie ihn wiederholt, ihr Geld zu geben, wozu sie jeweils mannigfaltige Argumente vorbrachte, wofür sie dieses brauchen würde (etwa für Zahnregulierungen, die sie aber nicht vornahm, für einen Reisepass und für ihre kranke Mutter, oder um bei Dritten Schulden zu tilgen). Dabei machte sie dem Mann nicht nur jeweils Hoffnung auf ein gemeinsames Zusammenleben, sondern sagte ihm jeweils auch wahrheitswidrig zu, sämtliche Geldbeträge zurückzuzahlen, täuschte somit ihre Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit vor. Um weitere Geldbeträge herauszulocken und um dem Opfer einen präsenten Deckungsfonds für die fortwährend anwachsende Darlehensschuld vorzutäuschen, erklärte ihm die BF wiederholt im gesamten Tatzeitraum, dass ihre Mutter im Kosovo ein großes Haus mit Grund geerbt habe und die BF ihm deshalb mehr als nur das geliehene Geld zurückgeben werde. Weiters erklärte sie, dass ihre Mutter das Haus zwischenzeitig um EUR 1.500.000,-- verkauft habe, es jedoch länger dauern würde, bis das Geld nach Österreich komme. Zu einem späteren Zeitpunkt behauptete sie, sie brauche für einen Anwalt EUR 100.000,-- in bar, um an das Geld auf dem Konto zu gelangen. Danach erläuterte sie wiederum, dass sich auf einem Konto EUR 2.500.000,-- befinden würden, ihre Mutter aber zuvor an ein Finanzamt im Kosovo EUR 50.000,-- bezahlen müsse, um das Konto freizugeben. Um diese wahrheitswidrigen Behauptungen zu untermauern, legte sie dem Opfer Mitte Juni 201 XXXX ein Schreiben der „Sparkasse XXXX “ sowie einen Bankauszug, lautend auf ein nicht existentes Konto mit einer nicht existenten Bankleitzahl und einen vermeintlichen Kontostand von EUR 2.500.000,--, vor. Bei beiden Urkunden handelte es sich um Totalfälschungen, was die BF auch wusste. Im Tatzeitraum zwischen XXXX .09.201 XXXX und XXXX .07.201 XXXX übergab bzw. überwies das Opfer der BF insgesamt einen Geldbetrag von zumindest EUR 2.000.000,-- in vielen Teilbeträgen. Dies tat er nur, da er auf die wiederholte wahrheitswidrige Zusicherung der Rückzahlung durch die BF vertraute. Die BF hatte nie vor, das Geld zurückzubezahlen und hätte dies auch aufgrund ihrer desaströsen finanziellen Verhältnisse nicht gekonnt, was sie auch wusste. Die BF handelte von Anfang an mit dem Vorsatz, sich in möglichst großem Ausmaß unrechtmäßig zu bereichern, und mit der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien über mehrere Jahre hindurch ein beträchtliches, monatlich weit EUR 400,-- übersteigendes Einkommen zu verschaffen. Das Strafgericht wertete als mildernd, dass Taten „teilweise im Verhältnis §§ 31, 40 StGB“ (Verhängung einer Zusatzstrafe bei nachträglicher Verurteilung, Anm.) zu vorangegangenen Verurteilungen standen. Erschwerend wirkten sich hingegen zwei einschlägige Vorstrafen, die teilweise Begehung während anhängigem Strafverfahren, der sehr lange Tatzeitraum, die Tatwiederholungen über die Gewerbsmäßigkeit hinaus, die mehrfache Überschreitung der Wertgrenze, die mehrfache Qualifikation sowie auch das Ausnützen der Leichtgläubigkeit des Opfers aus.
4. Die BF hat ihre Haftstrafe am XXXX .10.201 XXXX angetreten und befindet sich seither in Haft, zunächst in der Justizanstalt XXXX und seit XXXX .11.201 XXXX in der Justizanstalt XXXX . Sie wird voraussichtlich am XXXX 10.202 XXXX entlassen.
5. Von der Staatsanwaltschaft XXXX wurde gegen die BF unter do. Zl. XXXX wegen §§ 127 und 146 StGB wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen eine weitere Anklage erhoben. Das entsprechende Verfahren ist zum Entscheidungszeitpunkt noch offen, ein Verhandlungstermin ist nicht festgelegt.
6. Im Falle der BF kann keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Ein Unrechtsbewußtsein hinsichtlich der ihrer Haftstrafe zugrundeliegenden strafgerichtlichen Verurteilung besteht nicht. Der weitere Aufenthalt der BF im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.
7. Die BF wurde in XXXX in der heutigen Republik Kosovo geboren. Sie hat mit ihren Eltern und Geschwistern zunächst dort und später, einige Jahre vor ihrer Ausreise nach Österreich, in XXXX in Montenegro gelebt. Sie hat weder eine schulische Ausbildung noch eine Berufsausbildung abgeschlossen. Im Jahr 200 XXXX lebten die Großeltern der BF mütterlicherseits, fünf Onkel und vier Tanten in Maznik, Gemeinde Decan, Kososvo.
8. Im Herkunftsstaat verfügt die BF aufgrund der dort lebenden Verwandten über familiäre Anknüpfungspunkte. Festgestellt wird auch, dass die BF Kontakt zu Freunden ihres Bruders oder zu ihm selbst in Kosovo hat.
9. Ein konkreter Anlass, dass die Aberkennung des der BF in Österreich gewährten Asylstatus und deren Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo unzulässig wären, kann nicht festgestellt werden.
10. Es steht fest, dass der BF nach ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgungsgefahr droht. Die BF wäre im Fall der Rückkehr in den Kosovo nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.
11. Zur Sicherheitslage in Kosovo wird festgestellt, dass sich ethnische Spannungen im Wesentlichen auf die Beziehungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit konzentrieren. Mit Ausnahme des Nordkosovo, wo isolierte sicherheitsrelevante Vorkommnisse, die die allgemeine Bewegungsfreiheit einschränken können, nicht ausgeschlossen werden können, gilt die Sicherheitslage allgemein entspannt.
In Pristina und anderen Städten des Landes kann es gelegentlich zu Demonstrationen und damit zu einer Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit kommen. In allen anderen Landesteilen Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil.
Eine Studie des angesehenen Kosovo Center for Security Studies zum Sicherheitsgefühl der Kosovaren aus dem Jahr 2018 ergab, dass sich 85,5% der Befragten in ihrem Zuhause (Wohnung, Haus), 78,8% in ihrer Stadt und 52,4% im Kosovo sicher fühlten. Albanische und nicht-serbische Minderheitenangehörige fühlen sich im Kosovo sicherer als Serben (KCSS 7.2019).
12. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Das Warenangebot entspricht in der Auswahl (nicht immer in der Qualität) westeuropäischen Standards. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die im Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft.
Die Leistungsgewährung von staatlichen Sozialhilfeleistungen für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Die Freizügigkeit wird für Sozialhilfeempfänger nicht eingeschränkt. Für den weiteren Sozialhilfebezug ist in der Kommune des neuen Wohnortes ein entsprechender Antrag zu stellen. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau.
13. Die meisten europäischen Staaten haben mit Kosovo bilaterale Rückübernahmeabkommen abgeschlossen. Diese Rückübernahmeabkommen werden problemlos implementiert.
Das kosovarische Innenministerium prüft vor seiner Zustimmung zu einer Rückführung aus Drittstaaten anhand von Dokumenten, bestehenden Registereinträgen und/oder Zeugenaussagen die Herkunft einer Person aus Kosovo und das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 32 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes für die kosovarische Staatsangehörigkeit. Daher ist davon auszugehen, dass in Rückführungsfällen die formellen Voraussetzungen für die Registrierung als „Resident of Kosovo“ erfüllt werden. Probleme entstehen für Eltern bei der Registrierung von im Ausland geborenen Kindern, wenn lediglich Geburtsanzeigen vorgelegt werden können, weil Standesämter mangels fehlender Identitätsdokumente der Eltern keine Geburtsurkunden ausstellen können. Seit Mai 2010 hat die kosovarische Regierung Strategien für die Reintegration von Rückkehrern verabschiedet.
Geleitet wird der gesamte Reintegrationsprozess von der Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern im kosovarischen Innenministerium. Für diese Abteilung arbeiten u.a. sechs sogenannte Regionalkoordinatoren, die dezentral in den größeren Gemeinden des Kosovo (auch Nord-Mitrovica) tätig sind und als Ansprechpartner für die in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) fungieren sollen sowie auch Mitglieder der kommunalen Ausschüsse für Reintegration (Municipal Committees for Reintegration, MCR) sind. Zu den Aufgaben der Regionalkoordinatoren gehört auch ein Monitoring der MOCR und der MCR. Zudem können sie im Bereich der Wohnraumbeschaffung eigenständig tätig werden.
Die erste Kontaktaufnahme zu den Rückkehrern findet bereits unmittelbar nach deren Ankunft in einem eigenen Büro der „Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern“ [DRRP - Department for Reintegration of Repatriated Persons] im Flughafen Pristina statt. Falls erforderlich, werden Transport in die Heimatgemeinde oder eine befristete Unterkunft in einer Einrichtung in Pristina angeboten sowie Ansprechpartner in den Kommunen benannt. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten über die Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern in Zusammenarbeit mit den kosovarischen Behörden organisiert werden.
14. Ein konkreter Anlass, dass die Aberkennung des der BF in Österreich gewährten Asylstatus und deren Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo unzulässig wäre, kann nicht festgestellt werden. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass die BF nach ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen aus den Motiven des Art. 3 EMRK ausgesetzt oder ssie dort in eine die Existenz bedrohenden Situation kommen könnte.
15. Es liegen keine stichhaltigen Gründe vor, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen und werden solche auch nicht vorgebracht. Die Grundversorgung im Herkunftsstaat der BF ist gesichert und der Bezug von Sozialleistungen ist möglich.
Die Republik Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.
Die BF ist gesund und arbeitsfähig und steht nicht in ärztlicher Behandlung.
16. Die BF hält sich seit ihrer Einreise im Jahr 200 XXXX durchgehend in Österreich auf.
Die BF war mit dem kosovarischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX .01.198 XXXX , verheiratet und ist von diesem seit 2 Jahren geschieden. Seit 10 Jahren besteht kein Kontakt zu ihm. Er wurde in den Kosovo abgeschoben.
17. Die BF hatte später einen Lebensgefährten namens XXXX , ebenfalls ein kosovarischer Staatsangehöriger, geb. XXXX .03.198 XXXX . Dieser Lebensgefährte ist der leibliche Vater der beiden minderjährigen Töchter, XXXX , geb. XXXX .07.201 XXXX , und XXXX , geb. XXXX .11.201 XXXX . Die BF lebte mit ihm über mehrere Jahre in einer Lebensgemeinschaft, dies vorerst noch während aufrechter Ehe mit XXXX , der sie aber kurz nach der Eheschließung verlassen hatte und von dem sie letztlich 2018 geschieden worden war. Die BF wohnte mit dem genannten Lebensgefährten seit XXXX .06.201 XXXX in einem gemeinsamen Haushalt. Er wurde Ende August 201 XXXX in den Kosovo abgeschoben, sein Einreiseverbot ist bis XXXX .09.202 XXXX aufrecht. Zu ihm besteht seit dessen Abschiebung in den Kosovo kein Kontakt.
18. Die beiden minderjährigen Töchter wurden im Rahmen einer Gefahr-im-Verzug-Maßnahme am XXXX .07.201 XXXX fremduntergebracht und leben seitdem in einem SOS-Kinderdorf.
Mit Antrag vom XXXX .07.201 XXXX an das zuständige Pflegschaftsgericht gab der Kinder- und Jugendhilfeträger bekannt, am XXXX .07.201 XXXX eine Maßnahme im Sinne des § 211 Abs. 1 2. Satz ABGB (bei Gefahr im Verzug kann der Kinder- und Jugendhilfeträger die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen, er hat diese Entscheidung binnen acht Tagen zu beantragen) getroffen und die beiden Minderjährigen in einer Krisengruppe eines SOS-Kinderdorfes untergebracht zu haben, und beantragte die vorläufige und endgültige Obsorgeübertragung auf den Kinder- und Jugendhilfeträger. Dies wurde damit begründet, dass die BF ihre Obsorge während der Haft nicht ausüben könne, und die von ihr vorgeschlagene Alternative, nämlich eine Betreuung der Kinder durch die Mutter der BF, sei nicht zum Wohl der Kinder, da die Mutter der BF selbst mit ihrer eigenen Kernfamilie, insbesondere den beiden eigenen noch minderjährigen Kindern, ausreichend gefordert bzw. überfordert sei.
19. Diesem Antrag waren verschiedene Vorfälle vorangegangen. Beginnend mit einer Wegweisung des Lebensgefährten der BF aus der Wohnung Anfang des Jahres 201 XXXX wurde die BF immer wieder von der Kinder- und Jugendhilfe unterstützt.
Die BF war Mitte August 201 XXXX elf Tage nicht auffindbar und hatte ihre Töchter in der Wohnung bei ihrem Lebensgefährten zurückgelassen, der hierauf den Kontakt mit der Kinder- und Jugendhilfe bzw. dem Gericht suchte.
Die BF befand sich in diesem Zeitraum nach eigenen Angaben zusammen mit jenem Mann, den sie laut ihrer vierten strafgerichtlicher Verurteilung betrogen hat, in Tschechien um dort in Casinos zu spielen.
20. Nach der Ausreise des Lebensgefährten kam es Anfang März 201 XXXX zu einer Delogierung der BF und ihrer Töchter, woraufhin sie in die Wohnung der Eltern der BF übersiedelten. In dieser Wohnung lebten zeitweise auch noch die erwachsenen Geschwister der BF.
Dort kam es jedoch zu Streitigkeiten und die BF übersiedelte kurzfristig im Juli 201 XXXX - unter Zurücklassung der Kinder bei deren Großeltern - zu einem vorbestraften Bekannten. Bei einem Hausbesuch des Kinder- und Jugendhilfeträgers am XXXX .07.201 XXXX sollte die Situation anlässlich des bevorstehenden Haftantritts der BF besprochen werden. Aufgrund verschiedener Faktoren (Umzug der BF zu dem Bekannten, problematische Lage mit den erwachsenen Geschwistern der BF, Eskalation der Situation und Verdacht strafbarer Handlungen kam es dann zur Unterbringung der Töchter der BF im Kinderdorf.
Die beiden Töchter der BF weisen teilweise gravierende Entwicklungsverzögerungen auf und benötigen Förderung und Therapien.
Die BF hat einer freiwilligen Unterbringung ihrer Töchter nicht zugestimmt.
21. Die Obsorge für die beiden Töchter wurde der BF schließlich mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .11.201 XXXX , Zl. XXXX , entzogen und mit der Obsorge wurde der Kinder- und Jugendhilfeträger des Landes XXXX , vertreten durch die BH XXXX , zur Gänze betraut. Vor ihrem Haftantritt durfte die BF ihre Kinder einmal in der Woche für eineinhalb Stunden im Kinderdorf besuchen. Seit ihrem Haftantritt hat die BF über Video Kontakt mit den Kindern.
Eine sofortige Übertragung der Obsorge an die BF nach deren Haftentlassung ist derzeit nicht wahrscheinlich.
22. In Österreich leben die Eltern der BF, beide sind anerkannte Flüchtlinge und inzwischen österreichische Staatsbürger. Die Mutter der BF ist berufstätig. Weiters leben hier die meisten Geschwister der BF.
Die BF hat vier Schwestern und drei Brüder. Dies sind einerseits zwei noch minderjährige Geschwister, eine Schwester und ein Bruder, die bei den Eltern der BF leben und eine Neue Mittelschule besuchen. Die drei volljährigen Schwestern der BF leben mittlerweile in eigenen Wohnungen. Ein volljähriger Bruder der BF, XXXX , ist aufgrund von Suchtmitteldelikten mehrfach vorbestraft und ist derzeit wegen Vergewaltigung in Österreich inhaftiert. Einem weiteren volljährigen Bruder der BF, XXXX , geb. am XXXX .05.198 XXXX , wurde der Status des Asylberechtigten aberkannt und er ist am XXXX .12.201 XXXX in den Kosovo ausgereist. In Österreich lebt noch ein Onkel der BF.
23. Ein Abhängigkeitsverhältnis zu den in Österreich aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen der BF bestand bis zum Antritt der Strafhaft dahingehend, als diese aus finanziellen Gründen bei ihren Eltern wohnte.
Ein Abhängigkeitsverhältnis aus gesundheitlichen oder anderen Gründen bestand oder besteht nicht.
Die Beziehung zu ihren Familienangehörigen (Eltern, Geschwistern) kann auch vom Kosovo aus über Telefon und Internet aufrechterhalten werden.
24. Die BF war - nach dem Wechsel ihres Wohnortes von XXXX nach XXXX – von XXXX .11.201 XXXX bis XXXX .12.201 XXXX behördlich bei ihren Eltern gemeldet.
Von XXXX .12.201 XXXX bis zu ihrer Delogierung am XXXX .05.201 XXXX war die BF an der Adresse XXXX gemeldet. An dieser Adresse lebte sie zusammen mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten und Vater der beiden Kinder.
Seiher ist die BF wiederum bei ihren Eltern behördlich gemeldet, wohin die BF nach ihrer Haft zurückkehren kann.
25. Festgestellt wird, dass die BF seit 201 XXXX keiner Beschäftigung nachgegangen ist. Sie hat lediglich Notstandshilfe, Kinderbetreuungsgeld und bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen und hat kein Vermögen. Sie war davo lediglich kurzfrist als Reinigungskraft beschäftigt.
26. Die BF lebt in keiner Lebensgemeinschaft. Es besteht eine lose Beziehung zu einem österreichischen Staatsbürger, der die BF am XXXX .10.201 XXXX , XXXX .10.201 XXXX , XXXX .10.21 XXXX , XXXX .11.201 XXXX , XXXX .11.201 XXXX , XXXX .01.202 XXXX und am XXXX .08.202 XXXX , sohin insgesamt 7 mal, in der Justizanstalt besucht hat. Video-Kontakte während der Coronabedingten Einschränkungen der physischen Besuchsmöglichkeiten in der Haftanstalt gab es keine.
Ein gemeinsamer Haushalt zwischen diesem Bekannten der BF und dieser selbst bestand bzw. besteht nicht. Es wurden auch keine wirtschaftlichen Anschaffungen im Hinblick auf die beabsichtigte Gründung eines solchen getätigt.
27. Festgestellt wird, dass die BF im Zeitraum XXXX .10.201 XXXX bis XXXX .08.202 XXXX sieben mal von ihrer Mutter XXXX , fünf mal von ihrem Vater XXXX , fünzehn mal von ihrer Schwester XXXX , vier mal von ihrer Schwester XXXX , zwei mal von ihrer Schwester XXXX , sowie ein mal von ihrer Schwester XXXX in der Haftanstalt besucht wurde.
Vier mal bestand ein Videokontakt zu ihren Töchtern.
Weitere Besuche aus der Verwandtschaft der BF entfallen auf Herrn XXXX (zwölf Mal) und Herrn XXXX (ein Mal).
Sieben weitere Besuche entfallen auf fünf Personen aus dem Bekanntenkreis.
28. Sie hat Kenntnisse der deutschen Sprache, die es ihr ermöglichen eine Konversation auf einfachen Niveau zu führen. Ansonsten konnten jedoch keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer tiefgreifenden Integration der BF in Österreich, insbesondere in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, festgestellt werden.
Die BF hat in Österreich einen Freundeskreis. Gemeinsame Aktivitäten beschränken sich auf gemeinsames Kochen mit den Mitgliedern deren Familien.
Eine Mitgliedschaft zu einem Verein respektive das Ausüben einer ehrenamtlichen Tätigkeit besteht nicht.
2. Beweiswürdigung:
1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde, in die vorgelegten Unterlagen sowie in den diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderbericht. Ergänzend wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister und der Grundversorgung sowie der Besucherliste der BF aus der Justizanstalt XXXX zum vorliegenden Akt eingeholt.
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2. Die Identität der BF wurde vom BFA und von den österreichischen Strafbehörden festgestellt und es sind während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet keine Zweifel an ihrer Identität entstanden.
Nicht einheitlich sind die Informationen zur Staatsangehörigkeit der BF im vorliegenden Akt des BFA. Es scheinen u.a. die Staatsbürgerschaften Serbien Montenegro – Provinz Kosovo, Serbien und Kosovo auf. In den ersten beiden Strafurteilen vom XXXX .06.201 XXXX und vom XXXX 10.201 XXXX wird von der BF sogar als österreichische Staatsangehörige gesprochen, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt die BF jedoch zweifelsohne nicht und wurde dies auch nicht behauptet. Das BFA hat sich im angefochtenen Bescheid unter Heranziehung zweier Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation des BFA näher mit der Staatsangehörigkeit der BF befasst und ist zu dem Schluss gekommen, dass die BF Staatsangehörige des Kosovo ist. Die Ausführungen des BFA sind nachvollziehbar und das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen an, zumal die BF in der mündlichen Verhandlung selbst das Vorliegen der kosovarischen Staatsbürgerschaft angegeben hat.
Die Feststellungen zu Volksgruppe, Bekenntnis und Muttersprache der BF ergeben sich aus ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung.
3. Die Feststellungen zur Einreise nach Österreich und zum damaligen Asylverfahren der BF und ihrer Eltern (Antragstellung, Zuerkennung von Asyl durch das BFA) ergeben sich aus dem Akt des BFA und dabei insbesondere aus dem Zuerkennungsbescheid des BFA betreffend die BF vom XXXX .03.200 XXXX .
Dass die BF nicht über eine Aufenthaltsberechtigung in einem anderen Staat verfügt, hat ihr Rechtsvertreter in der Stellungnahme vom XXXX .09.201 XXXX angegeben.
4. Die Feststellungen zu den rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen der BF basieren auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie auf den vollständig im Akt einliegenden jeweiligen Strafurteilen.
5. Das Datum des Haftantrittes der BF und ihr Aufenthalt in den näher bezeichneten Justizanstalten ergeben sich aus den im Akt befindlichen Vollzugsinformationen sowie auch aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Das Datum der voraussichtlichen Haftentlassung ergibt sich ebenfalls aus den Vollzugsinformationen.
6. Dass gegen die BF eine weitere Anklage wegen §§ 127 und 146 StGB erhoben wurde ergibt sich aus der im Verfahrensakt einliegenden Mitteilung der Staatsanwaltschaft XXXX , der noch nicht vorliegende Verhandlungstermin aus einer amtlicherseits eingeholten Auskunft bei der Anklagebehörde.
7. Bezüglich der Zukunftsprognose und der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die BF und des Nichtvorliegens einer Verfolgungsgefahr sowie einer Rückkehrgefährdung wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen. Dass die BF kein Unrechtsbewußtsein – entgegen ihrem diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde -hinsichtlich der ihrer Haftstarfe zugrundeliegenden Straftat entwickelt hat, gründet darin, dass diese das Begehen der festgestellten Straftat gegenüber derm erkennenden Gericht leugnet.
8. Die Unglaubwürdigkeit der BF in deren Aussagen zeigt sich auch darin, dass nach deren Angaben in der Verhandlung lediglich die Eltern Kenntnis vom Haftaufenthalt hätten. Dies steht im Widerspruch zu den in der Besucherliste der Justizanstalt dokumentierten Besuchen, wonach neben 22 Besuchen von vier Geschwistern auch 20 Besuche von sieben Verwandten und Bekannten aufscheinen.
9. Die Feststellungen zur Herkunft der BF, ihrem Leben im Herkunftsstaat bzw. in Montenegro sowie zu ihrer Schulbildung und Berufserfahrung und ihren persönlichen und familiären Verhältnissen und dem Aufenthalt ihrer Familienangehörigen beruhen auf ihren schriftlichen Stellungnahmen während des Verfahrens und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
10. Dass nach wie vor Verwandte der BF in Kosovo leben, ergibt sich aus den - im Einvernahmeprotokoll zum Asylverfahren der Mutter der BF – im Jahr 200 XXXX protokollierten Angaben. Zum damaligen Zeitpunkt lebten sowohl die Eltern der BF-Mutter, als auch fünf Brüder und vier Schwestern der BF-Mutter in Kosovo.
Vor dem Hintergrund, wonach die BF in der mündlichen Verhandlung angab, dass – abseits von Österreich - keine Verwandten in einem anderen EU-Staat leben würden und auch keine Familienangehörigen in Kosovo leben würden, würde dies im Umkehrschluss bedeuten, dass binnen der letzten 15 Jahre sowohl die Großeltern mütterlicherseits, als auch neun Geschwister ihrer Mutter samt etwaiger Ehepartner und Kinder verstorben wären.
Im gesamten Verfahren sind keinerlei Hinweise zu Tage getreten, dass auch nur einige der zuvor genannten Personen in Kososvo verstorben sind. Angesichts des Umstandes, dass die Mutter der BF am XXXX .01.196 XXXX geboren wurde, und sohin zumindest das Lebensalter deren neun Geschwister der Wahrscheinlichkeit eines Ablebens derer aller entgensteht, ist die Annahme, dass die BF über Verwandte in ihrem Herkunftsstaat verfügt, daher als erwiesen anzunehmen. Dieser Feststellung wohnt gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine dermaßen überragende Wahrscheinlichkeit inne, dass eine andere Annahme mit größter Wahrscheinlichkeit auszuschliessen ist.
Diese Annahme wird zudem durch die Feststellung des Bezirksgerichtes XXXX im Obsorgebeschluss betreffend die minderjährigen Kinder der BF gestärkt, wonach die väterlichen Großeltern in Kosovo leben (S. 7).
Den Aussagen der BF, wonach sie in Kosovo keine Verwandten habe, kann der erkennende Richter sohin keinen Glauben schenken, zumal sie auch an anderer Stelle der Befragung ein unglaubwürdiges Aussageverhalten zeigte.
11. So sind auch die Aussagen der BF betreffend das Wissen um den Aufenthalstort ihres Bruders nach dessen Abschiebung in den Kosovo widersprüchlich und wenig glaubhaft. Gibt die BF an, dass niemand wisse, wo sich ihr Bruder in Kosovo aufhalte, so weiss sie jedoch, dass dieser dort nicht gemeldet ist und dass weder die Behörden, noch seine Freunde wissen würden wo er sich aufhalte. Wenn Sie gibt angibt, dass „die Freunde …. ihn nur zwei Tage gesehen (haben)“ und dass diese Freunde ihren Bruder „vom Flughafen … in Kosovo (abholten)“, so handelt es sich hierbei um ein Wissen, das einen bestehenden Kontakt mit den Freunden des Bruders oder ihm selbst bedingt.
12. Dass es sich bei der Republik Kosovo um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, ergibt sich aus § 1 Zif 2 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten auf Basis des § 19 Abs. 5 Zif 2 BFA-VG als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019).
Der Zugang zu einer Grundversorgung, die Möglichkeit zum Bezug von Sozialleistungen sowie der Sicherheitslage ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand 11.05.2020) zum Kosovo, das der BF im Zuge der Anberaumung der mündlichen Verhandlung zur allfälligen Stellungnahme übermittelt wurde. Dieses wurde weder beeinsprucht, noch wurde ein Vorbringen zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation erstattet.
13. Eine drohende Verfolgung noch anderweitige Gründe, die einer Rückkehr der BF in den Kosovo entgegenstehen, wurden weder im Verfahren vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Die BF schließt selbst die Möglichkeit eines Neuanfangs in Kosovo, nicht aus, wenn ihr eine Wohnmöglichkeit geboten würde.
14. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF sowie zu ihrer Arbeitsfähigkeit ergeben sich aus ihren Angaben während des Verfahrens. Vorliegende Krankheiten, notwendige Therapien oder eine allfällige Arbeitsunfähigkeit wurden zu keinem Zeitpunkt vorgebracht. Die BF arbeitet auch während ihres Haftaufenthaltes.
15. Die Feststellungen zu den familiären und persönlichen Verhältnissen der BF in Österreich, vor allem betreffend ihren Ex-Mann und ihren früheren Lebensgefährten, ergeben sich aus ihren Angaben während des Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung, aus dem Obsorgebeschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .11.201 XXXX , Zl. XXXX , sowie aus dem vorgelegten Verfahrensakt.
Dass dieser Lebensgefährte der leibliche Vater der beiden Töchter ist, ergibt sich aus dem zuvor genannten Obsorgebeschluss der dem Bundesverwaltungsgericht in vollständiger Form vorliegt (übermittelt vom Rechtsvertreter der BF).
Die Feststellungen zu den Töchtern der BF und zur Beziehung der BF zu ihren Töchtern, insbesondere auch zur Unterbringung der Töchter in einem Kinderdorf und den vorangegangenen Vorfällen und der Vorgeschichte, zum Entzug der Obsorge und zu den Besuchskontakten sowie zur bestehenden Entwicklungsverzögerung, ergeben sich aus dem Akteninhalt, dabei besonders aus dem Obsorgebeschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .11.201 XXXX , Zl. XXXX , den E-Mails und Stellungnahmen des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers (vgl. etwa OZ 4 des Gerichtsaktes) und aus den Angaben der BF, insbesondere in der mündlichen Verhandlung.
16. Dass die BF die Kinder im August 201 XXXX im Alter von fünf Jahren bzw. 10 Monaten 11 Tage allein beim Kindesvater (gegen den Anfang 201 XXXX eine Wegweisung aus der gemeinsamen Wohnung ausgesprochen wurde) zurückgelassen hat und die BF 11 Tage für die Kinder und den Kindesvater nicht erreichbar gewesen war, ergibt sich aus dem oa. Obsorgebeschluss (S.3) und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellung, wonach die BF nach Streitigkeiten im Juli 201 XXXX - unter Zurücklassung der Kinder bei deren Großeltern - kurzfristig zu einem vorbestraften Bekannten übersiedelte, gründet im Sachverhalt des oa. Obsorgebeschlusses. Ebenfalls die Gründe, die für die Unterbringung der Kinder im Kinderdorf, den Entzug der Obsorge sowie die Besuchsmodalitäten maßgeblich waren.
Wenn die BF in der mündlichen Verhandlung angibt, lediglich einen Tag bei einem befreundeten Ehepaar verbracht zu haben um dort einen Geburtstag zu feiern, so ist dies vor den Feststellungen des zuständigen Pflegschaftsgerichtes nicht glaubhaft.
Dass eine sofortige Übertragung der Obsorge an die BF nach deren Haftentlassung zum Entscheidungszeitpunkt nicht wahrscheinlich ist, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Rechtsvertreters der BF in der Verhandlung vor dem BVwG.
17. Die Feststellungen zu den weiteren Familienangehörigen der BF in Österreich ergeben sich aus den Angaben der BF während des Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung sowie dem Obsorgebeschluss betreffend die Kinder der BF. Die Asylaberkennung betreffend den Bruder der BF ergibt sich aus den Angaben der BF in der Verhandlung über dessen Abschiebung in den Kosovo und deckt sich mit den Angaben zu dessen Ausreise aus dem Bundesgebiet im Verfahrensakt.
18. Ein festgestelltes Abhängigkeitsverhältnis der BF von deren Eltern ergibt sich aus der finanziellen Situation der BF, die mangels einer Erwerbstätigkeit in den vergangenen 5 Jahren über kein ausreichendes Einkommen verfügte um sich eine eigene Wohnung zu finanzieren. Anhaltspunkte für anderweitige Abhängigkeitsverhältnisse sind im Verfahren weder hervorgekommen noch wurden solche behauptet. Die Feststellungen zur Einkommens- und Vermögenssituation der BF ergeben sich aus den Informationen im Akt des BFA (etwa einem eingeholten Auszug aus den Sozialversicherungsdaten) und aus den eigenen Angaben der BF.
19. Die Feststellungen betreffen die Unterkünfte der BF gründen in einer Abfrage des Zentralen Melderegister und den von ihr getätigten Angaben in der Verhandlung.
20. Die Feststellung, wonach die BF in keiner Lebensgemeinschaft lebt, gründet in deren Aussage in der Verhandlung sowie in der Befragung des von der BF namhaft gemachten Zeugen. Die Aussage des Zeugen, wonach die BF dessen Freundin sei, ändert an dieser Feststellung nichts. Weder wohnte dieser jemals mit der BF in einem gemeinsamen Haushalt, noch wurden gemeinsame wirtschaftliche Anschaffungen im Hinblick auf die Gründung eines solchen nach deren Haftende getätigt. Auch haben sich keine Hinweise auf eine relevante Intensität der Beziehung zwischen dem Zeugen und der BF ergeben.
Kennen sich der Zeuge und die BF nach dessen Angaben in der Verhandlung ca. 1 ½ Jahre (sohin seit ca. März 2019) und haben sie sich (vor Haftantritt der BF) drei bis viermal wöchentlich gesehen, so steht dieser Aussage die Angabe der BF entgegen, dass sie jene Person, mit der sie nach Haftende zusammenleben möchte, noch nicht so gut kennen würde. Zwar hat der Zeuge die BF seit deren Haftantritt sechs mal vor Inkrafttreten des coronabedingten physischen Besuchsverbotes besucht. Nach Aufhebung desselben ist jedoch lediglich ein physischer Besuch in der Besucherliste der Justizanstaltdokumentiert. Ein Kontakt über Videoschaltung fand zu keiner Zeit statt.
21. Die Feststellungen hinsichtlich der weiteren Personen, die die BF in der Justizanstalt bis zum Entscheidungszeitpunkt besucht haben bzw. mit denen die BF über Videoschaltung Kontakt hatte, gründet ebenfalls in der von der Justizanstalt eingeholten Besucherliste.
22. Die festgestellten Kenntnisse der deutschen Sprache ergeben sich aus dem Verfahrensakt sowie der mündlichen Verhandlung. Das Fehlen von maßgeblichen Integrationsschritten in gesellschaftlicher Hinsicht gründet in den diesbezüglichen Ausführungen der BF in der Verhandlung, jene hinsichtlich des Fehlens einer beruflichen Integration auf den amtlicherseits eingeholten Versicherungsdaten und ebenfalls auf den diesbezüglichen Angaben der BF in der Verhandlung.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
Zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
1. Gemäß § 75 Abs. 5 AsylG 2005 gilt einem Fremden, dem am oder nach dem 31.12.2005 die Flüchtlingseigenschaft nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 oder früheren asylrechtlichen Vorschriften zugekommen ist oder zuerkannt wurde, soweit es zu keiner Aberkennung oder keinem Verlust der Flüchtlingseigenschaft gekommen ist, der Status des Asylberechtigten als zuerkannt.
Der mit „Aberkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 7 AsylG 2005 lautet:
„§ 7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Zif 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Zif 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Zif 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.
(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.
(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Zif 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.
(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Zif 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.“
2. Der mit „Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 6 AsylG 2005 lautet:
„§ 6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;
3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder
4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.“
3. Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG 2005 ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 2).
4. Gemäß Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) darf kein vertragsschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.
Nach Art. 33 Abs. 2 GFK kann der Vorteil dieser Bestimmung jedoch von einem Flüchtling dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Flüchtling aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der Flüchtling, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.
5. Die belangte Behörde stützte im gegenständlichen Fall die Aberkennung des der BF mit Bescheid vom XXXX .03.200 XXXX zuerkannten Status der Asylberechtigten auf die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 – sohin auf die Bestimmung, dass der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt. Konkret stützt sich das Bundesamt auf § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, also darauf, dass die BF wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute.
6. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa jüngst VwGH 29.08.2019 , Ra 2018/19/0522; 28.08.2019 , Ra 2019/14/0289, mwN) müssen für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss
1. ein besonders schweres Verbrechen verübt haben,
2. dafür rechtskräftig verurteilt worden,
3. sowie gemeingefährlich sein und
4. es müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen.
Unter den Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ fallen nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch bereits festgehalten, dass es sich dabei um eine demonstrative und daher keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK handelt, was schon mit dem Hinweis „und dergleichen“ unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden sei.
Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen und der Entscheidung eine Zukunftsprognose zugrunde zu legen ist. Bei der Beurteilung, ob ein „besonders schweres Verbrechen“ vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen. Lediglich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen ist bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof schon zum Ausdruck gebracht, dass auch im Fall einer Vielzahl einschlägiger rechtskräftiger Verurteilungen und insofern verhängter, beträchtlicher und überwiegend unbedingter Freiheitsstrafen, verwirklichte Delikte in einer Gesamtbetrachtung als „besonders schweres Verbrechen“ qualifiziert werden können. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird allerdings auch betont, dass es auf die Strafdrohung allein bei der Beurteilung, ob ein „besonderes schweres Verbrechen“ vorliegt, nicht ankommt.
7. Im Erkenntnis vom 03.12.2002, 99/01/0449, führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, wann ein „typischerweise schweres Verbrechen“ ausreichend sei, um „besonders schwer“ zu sein, „illustrativ“ an, dass etwa in der Bundesrepublik Deutschland für den auf Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall GFK bezogenen Tatbestand in § 51 Abs. 3 dAuslG das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren normiert worden sei.
8. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde die BF in Österreich insgesamt viermal rechtskräftig verurteilt, davon dreimal zu einer Geldstrafe und einmal zu einer unbedingten Freiheitsstrafe.
Gegenständlich stellt sich insbesondere die Frage, ob es sich – konkret bei der jüngsten Verurteilung der BF vom XXXX .06.201 XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 erster Fall und 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren – um ein besonders schweres Verbrechen handelt.
9. Unter Beachtung der aufgestellten Vorgaben hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass etwa das Delikt des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls (§ 130 dritter und vierter Fall StGB) – demnach ebenso wie Betrug ein Vermögensdelikt – nicht grundsätzlich vom Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ ausgeschlossen ist (VwGH 29.08.2019, Ra 2018/19/0522).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das von der BF begangene Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges in der vorliegenden qualifizierten Form mit einer Höchststrafe von bis zu zehn Jahren bedroht ist. Die Strafe, zu der die BF verurteilt wurde, wurde nach § 147 Abs. 3 StGB (Übersteigen der Wertgrenze von EUR 300.000,--), der eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vorsieht, ausgemessen. Das von der BF begangene Delikt befindet sich somit hinsichtlich der Strafdrohung in einer Reihe mit den Strafdrohungen – in Bezug auf ihre Höchststrafe – bei den bereits genannten typischerweise schweren Verbrechen (Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB: zwei bis zehn Jahre; schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen gemäß § 206 Abs. 1 StGB: ein bis zehn Jahre; Brandstiftung gemäß § 169 Abs. 1 StGB: ein bis zehn Jahre; Suchtgifthandel nach § 28a SMG: Höchststrafen von bis zu fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre oder lebenslange Strafe, je nach Deliktsqualifikation; Raub gemäß § 142 Abs. 1 StGB: ein bis zehn Jahre). Geht man davon aus, dass sich in der vom Gesetzgeber festgelegten Strafdrohung der anzunehmende soziale Unwert einer Straftat widerspiegelt, so entspricht der soziale Unwert der seitens der BF begangenen Straftat jenen, von welchen der Gesetzgeber annimmt, dass es sich um besonders schwere Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 handelt.
10. Im Jahr 2011 trat die BF erstmals strafrechtlich in Erscheinung. Anfangs handelte es sich um vergleichsweise geringfügige Vergehen, wie etwa Taxibetrug. Die bereits erfolgte erste Verurteilung vom XXXX .06.201 XXXX wegen Betruges hielt die BF aber nicht davon ab, kontinuierlich weitere Straftaten zu begehen. Ihre kriminellen Handlungen richteten sich vorwiegend gegen fremdes Vermögen, wobei es sich diesbezüglich ausschließlich um Betrugsdelikte handelte. Die BF hat durch ihre Körperverletzung an einer anderen Frau, wofür sie mit Urteil vom XXXX .10.201 XXXX verurteilt wurde, aber auch in ein besonders wichtiges Rechtsgut, nämlich die körperliche Unversehrtheit anderer, eingegriffen. Aus dem diesbezüglichen Strafurteil geht hervor, dass die BF der anderen Frau, als diese bereits am Boden lag, auch noch zumindest zwei Tritte gegen den Kopf versetzt hat. Dies zeugt von einer gewissen Gewaltbereitschaft der BF. Der Angriff der BF hatte einen vergleichsweise nichtigen Grund, es handelte sich bei dem Tatopfer nämlich um eine Frau, die kurze Zeit mit einem früheren Freund der BF liiert war.
11. Die mit dem letzten Strafurteil vom XXXX .06.201 XXXX abgeurteilte Tat ist als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend zu betrachten. Im Jahr 201 XXXX lernte die BF einen Mann, ihr späteres weiteres Tatopfer, kennen. Als sie herausfand, dass dieser über ein ansehnliches Vermögen verfügte, begann sie, von ihm über lange Jahre hinweg immer wieder Geld zu verlangen und dabei vorzutäuschen, sie würde es ihm zurückzahlen, wobei sie verschiedenste und teilweise abenteuerliche Geschichten erzählte, wozu sie das Geld brauche und wodurch die künftige Rückzahlung an das Opfer gedeckt wäre.
Anstatt ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, eine Ausbildung zu machen oder einer legalen Berufstätigkeit nachzugehen, zog es die BF vor, ihren Lebensunterhalt durch Straftaten zu finanzieren (das Strafurteil spricht hierbei von einem beträchtlichen, monatlich weit EUR 400,-- übersteigenden „Einkommen“).
12. Besonders augenscheinlich wird die erhebliche kriminelle Energie der BF daran, dass sie ihrem Opfer zum Beweis dafür, dass ihre Mutter angeblich im Kosovo ein Haus mit Grund geerbt hätte und sich das dafür erlangte Geld auf einem Konto befinden würde, ein Schreiben einer Sparkasse und einen Bankauszug vorlegte, wobei es sich bei beiden Urkunden um Totalfälschungen handelte. Dass es die BF selbst gewesen wäre, die die gefälschten Urkunden angefertigt hat, wurde ihr im Strafurteil nicht vorgeworfen, wurde aber auch als nicht von Belang erachtet, da sie es war, die dem Opfer die gefälschten Urkunden zur Täuschung vorlegte. Dass die BF von den Fälschungen wusste, „liegt mit Blick auf eine durchzuführende Gesamtschau auf der Hand“, so das Strafurteil.
13. Besonders hervorzuheben ist im vorliegenden Fall auch die außergewöhnlich hohe Schadenssumme: Im Tatzeitraum zwischen XXXX .09.201 XXXX und XXXX .07.201 XXXX übergab bzw. überwies das Opfer der BF insgesamt einen Geldbetrag von zumindest zwei Millionen Euro in vielen Teilbeträgen. Das Opfer sah die ständigen Geldübergaben als Darlehen an, die BF hatte jedoch nie vor, ihre Schulden zu begleichen und das hätte sie aufgrund ihrer finanziellen Lage auch nicht gekonnt (im Strafurteil ist von einer „fortwährend tristen Einkommens- und Vermögenssituation“ die Rede). Die BF handelte von Anfang an mit dem Vorsatz, sich in möglichst großem Ausmaß unrechtmäßig zu bereichern, und mit der Absicht, durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien über mehrere Jahre hindurch regelmäßige Einkünfte zu lukrieren.
14. Betrachtet man die im Strafurteil angeführten Milderungs- und Erschwerungsgründe, so wird ersichtlich, dass die Erschwernisgründe bei weitem überwiegen. Als einziger Milderungsgrund wurde angeführt, dass Taten „teilweise im Verhältnis §§ 31, 40 StGB“ zu vorangegangenen Verurteilungen standen. Bei diesen Normen handelt es sich um die Möglichkeit der Verhängung einer Zusatzstrafe bei nachträglicher Verurteilung. Dieser Milderungsgrund ist als ein gleichsam „objektiver“ zu betrachten, der sich rein aus strafgesetzlichen Bestimmungen ergibt, und nicht etwa als ein subjektiver Grund, der in besonderen Umständen bei der BF selbst gelegen wäre, wie dies etwa bei einem reumütigen Geständnis der Fall wäre. Hingegen ergaben sich zahlreiche Erschwerungsgründe: Zunächst war die BF bereits zweimal einschlägig (nämlich wegen Betruges) vorbestraft. Sie beging die abgeurteilte Tat auch teilweise während anhängiger Strafverfahren. Sie wurde ja mit Urteilen vom XXXX .10.201 XXXX (wegen Körperverletzung) und vom XXXX .10.201 XXXX (wegen Betruges) verurteilt, was in den im Strafurteil genannten Tatzeitraum zwischen XXXX .09.201 XXXX und XXXX .07.201 XXXX fällt, wobei auch als erschwerend gewertet wurde, dass dieser Tatzeitraum sehr lange war. Weiters kam erschwerend hinzu, dass es sich um Tatwiederholungen über die Gewerbsmäßigkeit hinaus handelte, die Wertgrenze mehrfach überschritten wurde sowie mehrfache Qualifikation vorlag. Der letzte genannte Erschwerungsgrund ist das Ausnützen der Leichtgläubigkeit des Opfers. Dies fällt hier besonders ins Auge. Im Strafurteil wird (an einer anderen Stelle) angeführt, das Opfer möge zwar – ex post betrachtet – leichtgläubig, nachlässig oder naiv gewesen sein, jedoch schließe Derartiges eine Täuschung ebenso wenig aus wie etwa sogar die Erkennbarkeit der wahren Sachlage. Das Opfer hat sich durch die frei erfundenen Geschichten der BF, wozu sie das Geld brauche und warum sie es zurückzahlen könne, jahrelang täuschen lassen und diese nicht von der Hand zu weisende Leichtgläubigkeit hat die BF massiv ausgenützt und ihr Opfer über Jahre hinweg um eine beträchtliche Summe Geldes erleichtert.
15. Bei einer Aberkennungsentscheidung ist eine entsprechende Zukunftsprognose (zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit des Straftäters) zu erstellen, wobei es auf das gesamte Verhalten des Asylwerbers ankommt. Demgemäß sind seine Einstellung während der Dauer seines Aufenthaltes gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft der in diesem Staat lebenden Bürger und seine in diesem Zeitraum gesetzten Handlungen maßgeblich, welche geeignet sind, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden (VwGH 06.10.1999, 99/01/0288).
16. Die BF wurde bereits vier Mal verurteilt, davon einmal wegen einer Körperverletzung und dreimal wegen Betruges. Ein weitere Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gem §§ 127 und 146 StGB wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft erhoben.
Dass die BF fast jedes Mal wegen der Begehung von Vermögensdelikten verurteilt wurde, zweimal sogar wegen genau derselben Tathandlung, nämlich Taxibetrug, sowie die bereits mehrfach erfolgte einschlägige Verurteilung und die Begehung von weiteren Delikten trotz vorhergehender Verurteilung zeigt, dass die kriminelle Energie der BF nicht nur konstant geblieben ist, sondern sich bis zur Begehung der letzten, schwersten Straftat sogar gesteigert hat und die BF aus den bisher erfolgten Verurteilungen nichts gelernt hat.
In einer Gesamtbetrachtung spricht es auch nicht für die BF, dass sie zu den beiden ersten gerichtlichen Hauptstrafverhandlungen unentschuldigt nicht erschienen ist (weshalb jeweils ein Abwesenheitsurteil gefällt wurde) und dass sie ebenso trotz erfolgter Ladung nicht zur niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA betreffend das Asylaberkennungsverfahren gekommen ist, sondern sich mit einer schriftlichen Stellungnahme begnügte.
17. Im konkreten Fall ist von einer hohen potentiellen Gefahr durch die BF für die Allgemeinheit auszugehen, da sie im Laufe der Jahre durch ihre wiederkehrenden Straftaten insgesamt eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, dass sie nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Die Umstände, dass das von der BF begangene Gewaltdelikt, nämlich die Körperverletzung, bereits mehrere Jahre zurückliegt, und dass sie in zwei Fällen ein Geständnis abgelegt hat, vermögen daran nichts zu ändern.
Insbesondere betreffend die jüngste begangene Straftat war die BF nämlich nicht geständig, sie leugnete diese vielmehr, obwohl die Beweislage gegen sie sprach. Aus dem Strafurteil ergibt sich, dass die BF die ihr zur Last gelegten Vorwürfe entschieden in Abrede stellte (und nach wie vor stellt). Sie hat sich damit verantwortet, dass das Tatopfer ihr das ganze Geld geschenkt habe. Dem schenkte das Strafgericht jedoch keinen Glauben, als glaubwürdig wurden die Angaben des Opfers und Zeugen erachtet.
18. Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, erfährt die BF zur Zeit ein massives Haftübel. Jedoch kann daraus nicht bereits abgeleitet werden, dass die BF künftig keine Straftaten mehr begehen wird und dass sie keine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Um für die BF eine positive Zukunftsprognose treffen zu können, wäre eine längere Zeit des Wohlverhaltens seit der letzten Verurteilung bzw. Haftentlassung notwendig.
Die Uneinsichtigkeit der BF hinsichtlich der von ihr begangenen strafbaren Handlung, die nach wie vor prekäre finanzielle Lage der BF und ihre mangelnde Schul- und Berufsbildung lassen vielmehr befürchten, dass sie auch in Zukunft versuchen wird, ihren Lebensunterhalt durch die Begehung von Straftaten, namentlich Vermögensdelikten, zu finanzieren.
Die von der BF gesetzten Handlungen während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet waren insgesamt geeignet, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden, weshalb die BF in Gesamtbetrachtung der vorliegenden Umstände als gemeingefährlich anzusehen ist.
19. Schließlich ist nach der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als letzte Voraussetzung eine Güterabwägung durchzuführen, wobei die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den Interessen des Fremden am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat abzuwägen sind. Im Rahmen dieser Güterabwägung sind die Verwerflichkeit des Verbrechens und die potentielle Gefahr für die Allgemeinheit den Schutzinteressen des anerkannten Flüchtlings – beinhaltend das Ausmaß und die Art der ihm im Heimatland drohenden Maßnahmen und Verfolgungen – gegenüberzustellen.
20. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ist auszuführen, dass das erkennende Gericht zum Entscheidungszeitpunkt nicht von einer gegen die BF im Herkunftsstaat Kosovo aktuell bestehenden Bedrohungslage oder einer ihr im Fall der Rückkehr drohenden (asylrelevanten) Verfolgungsgefahr ausgeht.
Die BF machte weder im Verfahren, in welchem ihr der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde, noch im gegenständlichen Aberkennungsverfahren eigene Fluchtgründe geltend. Im bisherigen Verfahren wurde zu keiner Zeit (auch nicht bin der Berhandlung) eine konkrete, aktuell bestehende und nachvollziehbare Verfolgungsgefahr oder Rückkehrgefährdung im Herkunftsstaat vorgebracht. Die BF zog sich in ihrer Beschwerde primär auf die Geltendmachung eines Privat- und Familienlebens zurück, worauf noch bei der Rückkehrentscheidung einzugehen sein wird. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Bruder der BF in den Kosovo ausgereist ist, woraus sich ableiten lässt, dass für die BF eine Rückkehr ebenfalls möglich sein wird.
21. Darüber hinaus wurde von der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde der Umstand entkräftet, dass der Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gilt. Im Kosovo ist gemäß den oben getroffenen Länderfeststellungen von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen. Systematische, jedermann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit treffende Menschenrechtsverletzungen sind nicht feststellbar. Ebenso ist davon auszugehen, dass in der Republik Kosovo die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung im Allgemeinen gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft reintegriert werden.
Daraus folgt, dass die BF im Herkunftsstaat keine Verfolgung zu erwarten hat und dementsprechend ein Interesse am Weiterbestehen des Schutzes durch Österreich als Zufluchtsstaat nicht mehr gegeben ist.
22. Dem gegenüber stehen jedoch die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung wegen der von ihr ausgehenden Gefahr für die Gemeinschaft aufgrund des von ihr wiederholt gesetzten strafbaren Verhaltens, die das Interesse am Verbleib in Österreich überwiegen. Dem persönlichen Interesse der BF an einer privilegierten Schutzstellung als Asylberechtigte und anerkannter Flüchtling kommt sohin in einer Güterabwägung kein Vorzug zu, sodass der Ansicht des BFA zu folgen und der BF der Status der Asylberechtigten abzuerkennen ist.
Da sich die Aberkennung des Status der Asylberechtigten sohin als rechtmäßig erweist, hat die belangte Behörde auch gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 zu Recht festgestellt, dass der BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zur Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
7. Gemäß § 8 Abs. 1 Zif 2 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.
3. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.05.2019 , Ro 2019/19/0006, klargestellt, dass er an seiner Rechtsprechung festhält, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat – auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird – die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann (weiters dem folgend u.a. VwGH 29.11.2019, Ra 2019/14/0103; 30.10.2019, Ra 2019/14/0436; 25.09.2019, Ra 2019/19/0399; 26.06.2019, Ra 2019/20/0050 bis 0053).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; 14.10.1998, 98/01/0122).
5. In ständiger Rechtsprechung hält der Verwaltungsgerichtshof fest, dass bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (u.a. VwGH 17.09.2019, Ra 2019/14/0160; 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; 21.02.2017, Ra 2017/18/0137 jeweils mwN).
6. Betreffend eine mögliche Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK durch Abschiebung eines Antragstellers in seinen Heimatstaat, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die bloße Möglichkeit einer Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, nicht genügt, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. etwa VwGH 23.09.2009, 2007/01/0515 und 26.06.2007, 2007/01/0479 mwN) bzw. müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (u.a. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137; 20.06.2002, 2002/18/0028; 27.02.2001, 98/21/0427).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005; siehe auch VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137 unter Verweis auf die stRsp des EGMR). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen (vgl. VwGH 30.06.2011, 97/21/0560, sowie 26.06.1997, 95/21/0294).
7. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (siehe u.a. VwGH 30.10.2019, Ra 2019/14/0436; 10.08.2017, Ra 2016/20/0369-11; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
8. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt.
9. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (u.a. VwGH 30.10.2019, Ra 2019/14/0436; s. auch etwa EGMR 28.11.2011, 8319/07 und 11.449/07, Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich).
10. Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (z.B. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, 30.240/96, D gegen Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059; 09.07.2002, 2001/01/0164; 13.11.2001, 2000/01/0453; 21.08.2001, 2000/01/0443). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).
11. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht weiters hervor, dass alleine durch eine schwierige Lebenssituation im Fall einer Rückführung in den Herkunftsstaat insbesondere in Bezug auf die Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK im Sinn der obigen Grundsätze nicht dargetan wird (u.a. VwGH 05.11.2019, Ra 2018/01/0188; 02.08.2019, Ra 2019/19/0150; 21.05.2019, Ra 2018/19/0217).
12. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:
Dass die BF im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weder festgestellt werden noch wurde solches behauptet.
Bei der BF handelt es sich um eine gesunde, erwachsene und arbeitsfähige Frau, bei der die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Sie wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, wenn auch allenfalls nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und es ist ihr zumutbar – auch durch Verwertung ihrer Deutschkenntnisse – einen Arbeitsplatz zu finden. Die BF wurde im Kosovo geboren und ist auch dort aufgewachsen und wurde dort sozialisiert. Sie beherrscht die albanische Sprache und verfügt über Verwandte im Kosovo, die sie zumindest anfänglich unterstützen können.
Die BF gehört auch keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 18.07.2003, 2003/01/0059; 13.11.2001, 2000/01/0453; 21.08.2001, 2000/01/0443), liegt nicht vor.
13. Letztlich war zu berücksichtigen, dass die BF in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Kosovo nicht substanziiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf ihre individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit die BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.
Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.
14. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die BF somit nicht in Rechten nach Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), dem Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder dem Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
Zum Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides:
1. Gemäß § 58 Abs. 1 Zif 3 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
2. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der BF weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Zif 1 oder Zif 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch die BF ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Zif 3 FPG wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wurde von der BF nicht behauptet und ergeben sich auch aus dem Verfahrensakt keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.
3. Gemäß § 10 Abs. 1 Zif 4 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt und kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt wird.
4. Gemäß § 52 Abs. 2 Zif 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
5. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
6. Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet auszugsweise:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“
7. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
8. Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, wie z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0423; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
9. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen („marriage-based relationships“) beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen („de facto family ties“), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0527; 23.02.2011, 2011/23/0097; 08.09.2010, 2008/01/0551, mwH). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK begründet, stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen – etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder – äußern können (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0527 mit Hinweisen auf die diesbezügliche EGMR-Judikatur).
10. Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva u.a. gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.).
11. Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK ist bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. (vgl. zuletzt VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0243).
Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden – abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich – sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die „Zehn-Jahres-Grenze“ spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein – massives – strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409).
12. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten eines Fremden fallen rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht ins Gewicht (vgl. VwGH 27.02.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt). Wie der Verwaltungsgerichtshof auch in jüngster Rechtsprechung immer wieder ausgeführt hat, erhöht eine wiederholte Straffälligkeit das Interesse an einer Rückkehrentscheidung und kann in einer Gesamtabwägung schwerer wiegen als familiäre Interessen (vgl. etwa VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0012).
13. Die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung fällt nach Ansicht des erkennenden Richters jedoch insgesamt zu Lasten der BF aus und stellt die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar, dies aus den folgenden Gründen:
14. Im Bundesgebiet leben die beiden minderjährigen Töchter der BF. Der BF wurde die Obsorge über ihre Töchter durch Gerichtsbeschluss entzogen, sie hatte während ihrer bisherigen Haft zu diesen vier mal Videokontakt. Etwa in der Entscheidung vom 13.11.2018, Ra 2018/21/0115, ordnete der Verwaltungsgerichtshof der mangelnden Obsorgeberechtigung eines Fremden schon angesichts der regelmäßigen Kontakte mit seinem Sohn nur eine untergeordnete Rolle zu. Somit besteht im Verhältnis der BF zu ihren Töchtern trotz des Entzuges der Obsorge und trotz des Nichtbestehens eines gemeinsamen Haushaltes ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Eine Rückkehrentscheidung stellt daher jedenfalls einen Eingriff in dieses Recht dar, der ohne die Abwägung der geschützten subjektiven Interessen gegen die in Art. 8 Abs. 2 EMRK aufgelisteten öffentlichen Interessen auch nicht gerechtfertigt werden kann (vgl. VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Die Auswirkungen einer Entscheidung auf das Kindeswohl sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu bedenken und dieser Umstand muss bei der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 MRK bzw. § 9 BFA-VG hinreichend berücksichtigt werden (vgl. etwa VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0456).
15. Der Ex-Ehemann sowie der Ex-Lebensgefährte der BF befinden sich nicht mehr im Bundesgebiet und eine zu diesen nach wie vor bestehende Beziehung hat die BF im Verfahren nicht behauptet, weshalb zu diesen aktuell ein bestehendes Familienleben ausgeschlossen werden kann.
16. Das Bestehen einer neuen Lebensgemeinschaft konnte nicht festgestellt werden. Die behauptete Beziehung der BF zu einem Bekannten ist lose und besteht zu diesem kein Abhängigkeitsverhältnis. Ein bestehendes, hinreichend intensives Familienleben kann daher auch diesbezüglich ausgeschlossen werden.
17. Außerdem hat die Beschwerdeführerin in Österreich ihre Eltern und die meisten ihrer Geschwister, sowie weitere Angehörige. Ein seit der Delogierung der BF aus deren eigenen Wohnung bestehender temporärer gemeinsamer Haushalt mit ihren Eltern bestand bis zum Antritt der Haftstrafe. Das Vorliegen einer maßgeblichen Intensität eines Familienlebens ist auch unter Beachtung des Umstandes, dass die Eletern die BF in dieser Zeit finanziell unterstützten, daraus jedoch nicht abzuleiten, zumal auch die BF angibt, nach der Haft eine Arbeit und eigene Wohnung suchen zu wollen. Der Kontakt zu Eltern, Geschwistern und weiteren Verwandten der BF könnte auch von ihrem Herkunftsstaat aus über elektronische Medien, Briefe und Telefon aufrechterhalten werden.
18. Die BF spricht Deutsch auf einem Niveau das es ihr erlaubt eine Konversation auf einfachen Niveau zu führen. Die BF befindet sich seit Anfang 200 XXXX , somit seit über 15 Jahren, durchgehend und aufgrund des zuerkannten Status der Asylberechtigten auch rechtmäßig im Bundesgebiet. Dieser sehr lange Aufenthaltszeitraum ist maßgeblich zu ihren Gunsten zu berücksichtigen.
19. Davon abgesehen hat die BF die Zeit jedoch nicht genützt, um sich nachhaltig beruflich, gesellschaftlich und sozial in Österreich zu integrieren. Sie hat nur zeitweise als Reinigungskraft gearbeitet und – zumindest die letzten fünf Jahre - von Notstandshilfe, Kinderbetreuungsgeld und bedarfsorientierter Mindestsicherung gelebt. Eine Schule, Ausbildung oder Deutschkurse hat die BF in Österreich nicht absolviert. Sie hat sich auch nicht ehrenamtlich betätigt und ist nicht Mitglied in einem Verein. Durch ihren langen Aufenthalt hat sie allerdings naturgemäß einen entsprechenden Freundeskreis.
20. Demgegenüber wurde die BF im heutigen Kosovo geboren und sie hat dort auch einige Zeit mit ihrer Familie gelebt. Somit ist sie dort aufgewachsen, hat dort einen maßgeblichen Teil ihrer Sozialisation erfahren und kennt die dortigen Lebensgewohnheiten. Die Muttersprache der BF ist Albanisch, weshalb auch schon eine Verständigung und ein erstes Zurechtkommen im Alltag jedenfalls angenommen werden kann.
Im Kosovo leben Verwandte der BF. Auch wenn die BF bereits mehr als 15 Jahre in Österreich verbracht hat, ist, zumal auch ihr ehemaliger Ehemann als auch ihr Ex-Lebensgefährte aus dem Kossovo stammten, nicht davon auszugehen, dass sie ihrem Herkunftsstaat und den dort herrschenden Gepflogenheiten und Lebensumständen derart entrückt und entfremdet ist, dass ihr eine Rückkehr und Wiedereingliederung in die Gesellschaft unzumutbar und unmöglich wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der gesunden und arbeitsfähigen BF, die auch Staatsangehörige des Kosovo ist, mit Hilfe der nach wie vor bestehenden familiären Kontakte in Kosovo eine Reintegration in ihren Herkunftsstaat möglich sein wird.
21. Schwer zu Lasten der BF fällt insbesondere ihre wiederholte und zuletzt auch erhebliche Straffälligkeit ins Gewicht, wobei zum Entscheidungszeitpunkt, wie oben ausgeführt, eine positive Zukunftsprognose nicht getroffen werden kann, zumal sich die BF nach wie vor in Haft befindet und noch nicht ein allfälliges Wohlverhalten unter Beweis stellen konnte. Wie bereits oben ausgeführt, bildet das von der BF zuletzt begangene Delikt unter den oben dargelegten vorliegenden Umständen des Einzelfalles eine besonders schwere Straftat und ist davon auszugehen, dass seitens der BF nach wie vor eine Gefahr für die Gemeinschaft ausgeht und sie dadurch eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit darstellt.
22. Deutlich zugunsten der Beschwerdeführerin ist wiederum zu werten, dass sie zwei minderjährige Töchter hat und sich auch ihre Eltern, Geschwister und weitere Verwandte in Österreich aufhalten.
23. Hinsichtlich ihrer Töchter ist allerdings festzuhalten, dass das Familienleben derzeit aufgrund des Entzuges der Obsorge und der durch die Haft der BF beschränkten Kontaktmöglichkeiten sowie des Umstandes, dass die Töchter in einem Kinderdorf untergebracht sind, nur wenig ausgeprägt ist und sich auf nicht sehr häufige Besuchskontakte beschränkt. Auch der Umstand, dass eine sofortige Rückübertragung der Obsorge an die BF nach deren Haftentlassung unwahrscheinlich ist stützt diese Einschätzung. Eine weitere Relativierung ergibt sich aus dem Verhalten der BF, wonach diese die Kinder zweimal (201 XXXX als auch 201 XXXX ) temporär beim Kindesvater respektive bei ihren Eltern zurückgelassen hat. Zumindest im Jahr 201 XXXX war die BF elf Tage nicht auffindbar und trägt dieses Verhalten zu einer Relativierung des Familienlebens bei.
Dennoch ist die Annahme, dass die üblichen Kommunikationsvorgänge im Zusammenhang der Beziehung zwischen einem Elternteil und einem (in diesem Fall etwa einjährigen) Kind, vor allem körperliche Nähe und nonverbale Interaktion, durch elektronische Medien ersetzt werden können, lebensfremd (vgl. VfGH 25.02.2013, Zl. U 2241/12). Darauf, dass die Aufrechthaltung des Kontakts zwischen einem Kind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien lebensfremd ist, hat der Verfassungsgerichtshof auch in einer später ergangenen Entscheidung hingewiesen (vgl. VfGH 19.06.2015, Zl. E 426/2015).
In diesem Zusammenhang wird jedoch auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.03.1995, 95/18/0061, verwiesen, in welcher der VwGH ausdrücklich ausgeführt hat, dass das wiederholte Fehlverhalten des Fremden (im damals vom VwGH beurteilten Verfahren waren dies die Delikte des Einbruchsdiebstahles und der Hehlerei) eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit bewirkt und derart schwerwiegend ist, dass auch die stark ausgeprägten privaten und familiären Interessen des Fremden, der mit seiner Familie, Gattin und Kindern, seit fünf Jahren in Österreich lebte, zurücktreten müssen (vgl. auch VwGH 08.02.1996, 95/18/0009).
24. Es überwiegen daher – trotz Vorliegens eines Privat- und Familienlebens der BF – aufgrund der genannten Umstände in einer Gesamtabwägung die öffentlichen Interessen an der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie auch der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber jenen der BF an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet, zumal die weitgehende Unbescholtenheit als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration gilt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 859).
Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet ihre persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.
25. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen. Da eine Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist, kommt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht.
26. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der BF in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.
Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da der BF der Status der Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten kommt, ist die Rückkehrentscheidungen gemäß § 10 Abs. 1 Zif 4 AsylG 2005 zu erlassen.
Es ist auch – wie bereits ausgeführt – kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen.
§ 52 Abs. 2 Z 3 FPG setzt weiters voraus, dass der BF kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Die BF gab nicht an, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.
Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative.
Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht gegenständlich nicht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da den dieser Entscheidung zugrundeliegenden Feststellungen zufolge keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, ist die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV. und V. des Bescheides als unbegründet abzuweisen.
Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Nach § 53 Abs. 3 FPG kann ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG hat als „bestimmte Tatsache“, die (u.a.) bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes von Relevanz ist, insbesondere zu gelten, wenn „ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist“.
2. Die BF wurde, wie oben festgestellt, mehrfach wegen im Bundesgebiet begangener Straftaten verurteilt, zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 06.201 XXXX , Zl. 25 Hv 29/2019i, wegen §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 erster Fall, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren.
Mit ihrer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe im angeführten Ausmaß überschreitet die BF die Tatsache einer Verurteilung „zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten“ um das 16-fache, was schon per se das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert. Zudem wurde die BF einschließlich des soeben angeführten Urteils insgesamt dreimal wegen desselben Deliktes, nämlich wegen Betruges, verurteilt, somit „mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen“. Damit ist, wie das BFA im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführt, der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Zif 1 FPG sogar zweimal erfüllt.
Das Vorliegen einer solchen, in § 53 FPG angeführten Tatsache allein entbindet die Behörde jedoch nicht von der Pflicht, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen eine Prognose über die Möglichkeit der schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Verbleib des Fremden zu treffen ist.
3. Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose – gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot – ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).
Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).
Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
4. Bei der hinsichtlich der BF zu erstellenden Gefährdungsprognose stehen die ihr zur Last gelegten Verurteilungen wegen mehrerer Strafrechtsdelikte und das dabei von der BF gesetzte Verhalten im Mittelpunkt der Betrachtung. Bei der Prüfung, ob die Annahme einer hinreichend schweren Gefährdung iSd § 53 Abs. 3 FPG gerechtfertigt ist, ist eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorzunehmen (VwGH 23.05.2018, Ra 2018/22/0003).
5. Wie bereits oben betreffend die Aberkennung des Status der Asylberechtigten ausgeführt, handelt es sich bei der der letzten Verurteilung zugrunde liegenden Tat um ein besonders schweres Verbrechen. Frühere Verurteilungen konnten die BF nicht davon abhalten, erneut straffällig zu werden. Oben wurde bereits auf das sich ergebende Gesamtbild der BF eingegangen und der Schluss gezogen, dass – auch im Hinblick auf die finanzielle Lage und die mangelnde Bildung der BF – zu befürchten ist, dass sie künftig wieder Vermögensdelikte begehen wird und dass für die BF keine positive Zukunftsprognose getroffen werden kann, da dafür unter anderem auch eine längere Zeit des Wohlverhaltens seit der letzten Verurteilung bzw. Haftentlassung notwendig wäre. Das bisherige Verhalten der BF lässt einen Rückfall nicht ausschließen, sondern vielmehr nahelegen, zumal sie ihre letzte und schwerste Straftat bis zuletzt leugnete und keine Reue gezeigt hat.
Im Egebnis zeigt sich im Hinblick auf die Person der BF ein Charakterbild, das die Achtung der österreichischen Rechtsordnung sowie der hiesigen gesellschaftlichen Werte vermissen ließ und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch weiterhin vermissen lässt.
6. Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände und in Ansehung des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes der BF kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden.
Es herrscht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von weiteren Straftaten und ist daher gegenständlich der Schluss zu ziehen, dass die BF durch ihr gezeigtes Verhalten – und der daraus resultierenden negativen Zukunftsprognose – den Beweis für die schwerwiegende Gefährdung österreichischer – in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter – öffentlicher Interessen erbracht hat und die Verhängung eines Einreiseverbotes als notwendiges Mittel zu dessen Begegnung zu betrachten ist.
7. Auch die im Lichte des Art. 8 EMRK gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Einzelfall eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen. Für die Interessenabwägung wird im Einzelnen auf die obigen Ausführungen betreffend die Rückkehrentscheidung verwiesen. Ergänzend lässt sich sagen, dass sich die BF zwar seit 200 XXXX im Bundesgebiet aufhält, doch trat sie in diesem Zeitraum wiederholt – und zuletzt massiv – strafrechtlich in Erscheinung und vermochten die seinerzeitigen strafrechtlichen Sanktionen die BF nicht zu einem nachhaltigen Umdenken zu verhelfen.
Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen gelangt das erkennende Gericht zur Auffassung, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die öffentlichen Interessen jene der BF überwiegen.
Angesichts des gegebenen Sachverhaltes kann nicht mit hinreichender Sicherheit gesagt werden, dass die BF nicht erneut straffällig werden wird, weshalb davon auszugehen ist, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung schwerwiegend gefährden werde und sohin der Tatbestand des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Zif 1 FPG jedenfalls verwirklicht ist.
8. Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die verhängte Dauer des Einreiseverbots mit 10 (zehn) Jahren als nicht angemessen. Dies aus folgenden Erwägungen:
Gemäß § 53 Abs. 3 Zif 1 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ördnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
9. Das dargestellte Verhalten der BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlchen Ordnung an der Einhaltung der Rechtsvorschriften hinsichtlich des Schutzes von Vermögenswerten und der gesellschaftlichen Werte zuwidergelaufen.
10. Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von 10 Jahren, das den vom Gesetzgeber für die in § 53 Abs. 3 Zif. 1 FPG normierten Tatbestände vorgesehenen Zeitrahmens von maximal 10 Jahren voll ausschöpft, steht jedoch im Vergleich zu der im gegenständlichen Fall tatsächlich begangenen Straftaten und der vom erkennenden Gericht verhängten Freiheitsstarfe und dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwernisgründe außer Relation.
Auch wenn es sich bei dem der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zugrundeligenden Strafdelikt nach Ansicht des erkennenden Gerichts aufgrund der Fallkonstellation (Schwere und Dauer der Deliktsausübung, wiederholte Straffälligkeit, Ausnützung der Leichtgläubigkeit des Opfers) um ein besonders schweres Verbrechen handelt, so erscheint die Verhängung eines vierjährigen Einreiseverbotes angesichts der familiären Verhältnisse ausreichend um der BF die Möglichkeit zu geben, ihren Gesinnungswandel durch ein entsprechendes Wohlverhalten darzutun.
Zur Ausreisefrist (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):
1. Im vorliegenden Fall beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen, weil keine besonderen Umstände vorliegen.
Der Eintritt der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 59 Abs. 4 FPG für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
Die BF befindet sich derzeit in Strafhaft. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon zur mit § 59 Abs. 4 FPG gleichlautenden Formulierung des § 40 Abs. 1 zweiter Satz FrG 1997 auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (685 BlgNR 20. GP) verwiesen, wonach es nicht Angelegenheit der Fremdenpolizeibehörde sein kann, darüber zu entscheiden, ob ein Freiheitsentzug, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde, tatsächlich vollzogen werden soll oder nicht (vgl. VwGH 31.03.2000, 99/18/0419).
2. Im vorliegenden Fall war der Beginn der Frist für die freiwillige Ausreise daher mit dem Zeitpunkt der Enthaftung der BF anzusetzen. Andernfalls käme die BF, wenn die behördliche Entscheidung mehr als 14 Tage vor ihrer Enthaftung erlassen wird, nie in den Genuss der freiwilligen Ausreise, was mit Art. 7 der Rückführungsrichtlinie offenkundig in Widerspruch stünde (siehe dazu VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Daher war die Frist für die freiwillige Ausreise entsprechend anzupassen.
3.3. Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat – soweit überblickbar – die gegenständliche Fallkonstellation, in welcher einer Person, deren Asylstatus gemäß § 7 Abs. 1 Zif 1 AsylG 2005 aufgrund mehrer strafgerichtlicher Verurteilungen, insbesondere der Verwirklichung des Straftatbestandes des schweren Betruges aberkannt wurde, nicht behandelt.
Da demnach keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Qualifizierung eines Vermögensdeliktes als besonders schweres Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Zif 4 AsylG 2005 vorliegt, erweist sich die Revision als zulässig.
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