W195 2205142-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von XXXX , stellte am 16.03.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab er an, im Jahr 2012 den Entschluss zur Ausreise aus Bangladesch gefasst zu haben. 2015 sei er mit dem Flugzeug nach Österreich gekommen. Er habe Bangladesch verlassen, weil er homosexuell sei und in Bangladesch keine Rechte habe. Es gebe eine Anzeige gegen ihn, wegen welcher er mindestens zehn Jahre in Haft sitzen werde.
Im Rahmen der Erstbefragung legte der BF einen Aufenthaltstitel und seinen Reisepass vor.
I.2. Am 24.07.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.
Im Zuge der Befragung legte der BF die Kopie einer Anzeige bei der Polizei vom 03.12.2017, eine Bestätigung über die Erlangung des Bachelortitels des BF, Schulzeugnisse, ein Schreiben bezüglich der privaten Unterkunft in einer Wohngemeinschaft in Österreich, ein Empfehlungsschreiben, ein Deutschzertifikat A1 und ein Studienblatt einer österreichischen Universität vor.
Aufgefordert, die wesentlichen Gründe für seine Ausreise aus Bangladesch darzulegen, führte der BF zusammengefasst aus, dass er von klein auf in Bangladesch viele Partner gehabt habe. Mit seinem letzten Partner habe er gemeinsam in einer Wohnung gelebt. Eines Tages, vermutlich am 13.06.2014, sei ein Freund seines Partners zu diesem und dem BF nach Hause gekommen und habe den BF und seinen Partner beim Geschlechtsverkehr erwischt. Der Freund habe vom Partner der BF einen Schlüssel für die Wohnung erhalten, wovon der BF nichts gewusst habe. Als er den BF und seinen Partner gesehen habe, habe er begonnen zu schreien und den Partner des BF zu schlagen. Nach einigen Tagen sei der Partner des BF dauerhaft nach Indien gezogen. Der Freund seines Partners habe den BF bedroht und eine Million Taka verlangt. Daraufhin habe der BF diesem monatlich 10.000 Taka gegeben, nach einem gewissen Zeitraum seien es nur mehr 5.000 Taka gewesen. Ab Oktober 2017 habe er ihm kein Geld mehr gegeben. Nachdem der Freund seines Partners den BF angerufen habe und noch mehr Geld verlangt habe, habe der BF ihm gesagt, dass er kein Geld mehr vom BF bekommen würde. Am 03.12.2017 sei dann die Anzeige gegen den BF bei der Polizei erfolgt. Eine Kopie der Anzeige sei beim BF zu Hause abgegeben worden, woraufhin die Mutter des BF diesen davon verständigt habe. Am selben Tag habe der BF im Internet recherchiert und eine Person von der XXXX kontaktiert, welche ihm nahegelegt habe, einen Asylantrag zu stellen.
Auf Nachfrage, wann der BF gemerkt habe, dass er homosexuell sei, gab der BF an, dass er 14 oder 15 Jahre alt gewesen sei. Er habe im Dorf einen sechs oder sieben Jahre älteren Freund gehabt. Mit diesem habe er die erste sexuelle Beziehung gehabt. In Bangladesch habe er insgesamt fünf Partner gehabt.
Auf Nachfrage, welche Strafen Homosexuellen in Bangladesch drohen würden, gab der BF mindestens zehn Jahre oder lebenslängliche Haftstrafen an. Man sehe Homosexualität in Bangladesch als Sünde an.
In Österreich lebe der BF seine Homosexualität mit seinem Partner, welcher in Linz lebe, aus. Dieser würde ihn alle zwei Wochen besuchen, es sei nichts "Fixes".
Ergänzend gab der BF an, dass in Bangladesch viele von seiner Homosexualität wissen würden, obwohl er versucht habe, dies zu verheimlichen. Viele seien nicht zur Polizei gegangen, weil sie schlechte Menschen gewesen seien. Seine Eltern und Geschwister würden erst seit der Anzeige wissen, dass er homosexuell sei. Seine Freunde würden ihn oft kritisieren und beschimpfen. Hier in Österreich habe er Respekt bekommen.
I.3. In der Stellungnahme des BF vom 30.07.20218 wurde im Wesentlichen dargelegt, dass dem BF zum einen eine staatliche Verfolgung drohe, da seine Homosexualität seit Dezember 2017 polizeibekannt sei und Homosexualität in Bangladesch mit Gefängnisstrafe bedroht sei. Da Homophobie in der bangladeschischen Gesellschaft stark verankert sei, habe der BF auch im Alltag mit Ablehnung und verbalen Übergriffen durch sein Umfeld zu kämpfen gehabt. Aufgrund der Länderberichte sei von einer Gruppenverfolgung homosexueller Männer in Bangladesch auszugehen.
Unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH wurde ausgeführt, dass ein Verbergen der sexuellen Orientierung im Herkunftsstaat zwecks Hintanhaltens von Verfolgungshandlungen zu verlangen jedenfalls unzulässig sei.
Unter Anführung diverser Länderberichte wurde ergänzend ausgeführt, dass von einer starken Zunahme der Gewalt durch Extremisten sowie durch staatliche Repressionsmaßnahme auszugehen sei. Ein Leben als offen lebender schwuler Mensch sei dem BF in Bangladesch nicht möglich.
I.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß
§ 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage
(Spruchpunkt VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass den Ausführungen des BF jegliche Stringenz fehle. Die Angaben zur behaupteten Homosexualität würden jede Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit vermissen lassen. Im gegenständlichen Fall erachte das BFA die Angaben des BF als unwahr, sodass die behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können. Dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation geraten würde, sei nicht feststellbar, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Es sei davon auszugehen, dass der BF nach wie vor über familiäre und soziale Beziehungen in Bangladesch verfüge. Es sei dem BF zuzumuten, sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung den Lebensunterhalt zu sichern. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.5. Mit Schriftsatz vom 03.09.2018 wurde der Bescheid des BFA seitens des BF wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass vom BFA kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei und das BFA sich nicht entsprechend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt habe. Dem BF sei im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme nicht ausreichend Gelegenheit gegeben worden, sein Fluchtvorbringen umfassend vorzubringen. Aus den vom BF getätigten Angaben und den Länderfeststellungen gehe zweifelsfrei hervor, dass der BF als homosexueller Mann in seinem Heimatland asylrechtlicher Verfolgung ausgesetzt sei. Die belangte Behörde habe ihre Ermittlungspflicht auch dadurch verletzt, dass die vom BF im Zuge des bisherigen Verfahrens vorgelegten Beweismittel nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Zudem würden die von der Behörde herangezogenen Länderinformationen nicht ausreichen, um ein umfassendes Bild von der Lage für LGBITQ-Personen in Bangladesch zu erlangen.
Dass die Erstbehörde die Ausführungen des BF als unglaubwürdig erachte, weil dieser sich vom 01.09.2016 bis zum Tag der Asylantragstellung in Österreich befunden habe, sei zu entgegnen, dass dem BF das System des internationalen Schutzes fremd und ihm nicht bewusst gewesen sei, dass seine normativ abweichende Sexualität einen Asylgrund darstelle. Dem BF sei nach den Ereignissen im Herkunftsland alles daran gelegen, sein Heimatland zu verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen. In der bisherigen Einvernahme habe der BF dargelegt, dass der Zweck seiner Einreise am 31.05.2015 stets seiner eigenen Sicherheit gegolten habe, weil er als Homosexueller immer in Angst gewesen sei.
Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des VwGH klargestellt sei, dass sich die Prognoseentscheidung auf die Frage zu beziehen habe, ob dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen drohen würden, wenn er in seinem Herkunftsstaat (offen) homosexuell leben würde. Daran könne in Bangladesch kein Zweifel bestehen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe nicht zur Verfügung, da es dem BF nicht zumutbar sei, seine sexuelle Orientierung zu verstecken und er im Fall der offenen Ausübung seiner Sexualität im gesamten Staatsgebiet sowohl staatlich als auch gesellschaftlich verfolgt werden würde.
Da die rechtstaatlichen Garantien an einem fairen Prozess im Heimatland des BF de facto nicht gegeben seien, laufe der BF Gefahr, inhaftiert und jahrelang ohne ein faires Verfahren in Haft genommen zu werden, weshalb diesem zumindest subsidiärer Schutz zuzuerkennen wäre.
Der Beschwerde wurde ein Schreiben der Magistratsabteilung 35 betreffend den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels des BF, ein Schreiben der XXXX , Fotos des BF, zwei ACCORD-Anfragebeantwortungen sowie weitere dem BFA bereits vorgelegte Unterlagen beigelegt.
I.6. Am 05.09.2018 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.7. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Im Zuge der Verhandlung wurde der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Bangladesch befragt.
Einleitend hielt der gesunde BF fest, dass er regelmäßig, nämlich "alle ein bis zwei Tage" Kontakt zu seiner Mutter in Bangladesch habe; zum Vater, der in Kuwait lebe, habe er auch, aber deutlich weniger Kontakt.
Er selbst lebe in Wien und habe weder eine Beziehung noch Kinder.
Er arbeite als Selbständiger in einem Lebensmittelladen am Margaretengürtel, sein bengalischer Schwager sei sein Mitarbeiter.
Seine Deutschkenntnisse sind, wie in der Verhandlung vor dem BVwG festgestellt werden musste, nur gering und eine Konversation ist mangels Sprachwortschatzes ziemlich begrenzt.
In seiner Freizeit gehe er ins Fitnesscenter, "versuche mehr oder weniger mich gesund zu halten" und gehe dann "in verschiedene Lokale und trinke Bier". Am Wochenende gehe er aus, er sei "Mitglied bei der XXXX " und gehe "auch in die XXXX ".
Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab der BF an, er sei homosexuell.
Am 01.04.2015 sei er nach Österreich mittels Studentenvisums gekommen. Ursprünglich wollte er in Linz studieren (General Bussiness Manager), aber nach drei Monaten ging er nach Wien, um Marketing zu studieren. Er habe einen Bachelor in Marketing in Bangladesch abgeschlossen.
Befragt, warum er sich nicht gleich in Wien für das Marketingstudium beworben habe, gab der BF an, dass er dazu Deutschkenntnisse vorweisen müsse; in Linz hätten ursprünglich Englischkenntnisse genügt.
In Vertiefung der Befragung gab der BF letztendlich zu, dass er gar nicht in Österreich studieren wollte, sondern er unter dem Vorwand eines Studentenvisums nach Österreich kommen wollte. Zwei Jahre später habe der BF "erfahren, dass ich als Homosexueller in diesem Land Asyl erhalten könnte". Ein Mitarbeiter von XXXX habe ihn beraten, sich als homosexuell zu deklarieren und deswegen um Asyl anzusuchen.
Zu seinen früheren Lebensumständen in Bangladesch führte der BF aus, dass er mit ungefähr 17 Jahren seine ersten homosexuellen Kontakte hatte (dass der BF sein Geburtsjahr XXXX und sein Alter von 17 Jahren nicht zusammenzählen konnte, was somit das Jahr "2004" ergeben hätte, sondern als Jahr "2001" angab, bleibt in Anbetracht seines Bachelors in Marketing unkommentiert).
Im Einzelnen führte der BF - zusammengefasst - aus, dass er insgesamt seit seinem 17 Lebensjahr mit fünf Personen in Bangladesch sexuellen Kontakt hatte und in homosexuellen Beziehungen lebte.
Er sei jedoch gemeinsam mit seinem damaligen Freund eines Tages, nämlich am 13.06.2014, von einem Bekannten seines damaligen Sexualpartners erwischt worden, welcher ihn in weiterer Folge erpresst hätte (sein Freund, zu dem er keinen Kontakt mehr hätte, befände sich angeblich in Indien). Der BF habe diesem Erpresser monatlich 10.000 Taka, später 5.000 Take überwiesen bzw. überweisen lassen, selbst als er schon in Österreich - seit 01.06.2015 - gewesen sei. Eine handschriftliche "Anzeige" gegen den BF wäre am 03.12.2017 ergangen. In der im Administrativakt einliegenden Übersetzung wird als Angezeigter " XXXX (29), Vater: Shamsul Hok, Dorf; Mirjakanda", genannt.
Nunmehr legte der BF im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich eine behauptete "Anzeige" gegen ihn vor, welche seine Mutter "vor sechs Monaten" erhalten habe, sie ihm jedoch davon, weil der BF "in Sorge sei", nichts erzählt habe, sondern diese Anzeige erst jetzt dem Schwager, welcher in Bangladesch gewesen sei, mitgegeben habe; der BF habe diese "Anzeige" erst am 22.11. erhalten. Das Dokument wurde im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG in Kopie und ohne Übersetzung vorgelegt.
Hinsichtlich seiner Gefühle, seines Out-Comings als homosexueller Mann, seines Verhaltens und des Erkennens anderer Personen als Homosexuelle blieb der BF im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG stets im Rahmen seiner bisher vor dem BFA geschilderten Geschichte; Gefühle, wie Neugier, Scham, Zuneigung und Ablehnung blieben bestenfalls angedeutet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen
Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali. Der BF ist ledig.
Der BF ist im Dorf Mirzakanda in der Stadt Munshiganj geboren und aufgewachsen. Er besuchte in seinem Heimatdorf eine Schule und schloss in Dhaka sein Betriebswirtschaftsstudium mit einem Bachelortitel ab. Seinen Lebensunterhalt bestritt der BF in Bangladesch mithilfe der finanziellen Unterstützung seiner Eltern.
Die Mutter, der Bruder und die Schwester sowie weitere Verwandte des BF leben in Bangladesch. Sein Vater lebt in Kuwait (Aussage vor dem BFA: in Bangladesch). Der BF hat regelmäßigen, fast täglichen Kontakt mit seiner Mutter, weniger Kontakt zu seinem Vater.
Der BF betreibt in Wien einen Lebensmittelhandel, sein Schwager sei bei ihm angestellt (andere Ausführungen dazu in der Einvernahme vor dem BFA, demzufolge der Schwager ein Lebensmittelgeschäft betreibe).
Der BF reiste am 01.06.2015 legal in das Bundesgebiet ein und verfügte bis 31.08.2016 über einen Aufenthaltstitel als Studierender. Nach diesem Zeitpunkt war er bis zur Stellung seines Asylantrags eineinhalb Jahre illegal im Bundesgebiet aufhältig. Am 16.03.2018 stellte er den gegenständlichen Asylantrag. Der BF bezog anfänglich Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, nunmehr ist er selbständig erwerbstätig. Der BF lebte ursprünglich in Österreich in einer Wohngemeinschaft mit vier weiteren Personen, seit 26.04.2018 bei " XXXX ". Seit März 2018 besucht er regelmäßig das Community-Zentrum, die " XXXX . Der BF verfügt über einen sehr begrenzten deutschen Sprachwortschatz. Er ist strafrechtlich unbescholten.
Der Ehemann der Schwester des BF lebt in Österreich und ist angeblich Angestellter des BF.
Der BF ist arbeitsfähig und gesund. Er nimmt keine Medikamente und befindet sich nicht in ärztlicher Behandlung.
II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Festgestellt wird, dass der BF ursprünglich ein Studentenvisum beantragte und damit nach Österreich legal einreiste.
Festgestellt wird auf Grund der Aussagen des BF, dass der BF nie beabsichtigte, ein Studium in Österreich zu betreiben.
Festgestellt wird somit, dass der BF unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Bundesgebiet gelangte.
Es wird festgestellt, dass der BF behauptet, seit 2004 bis zu seiner Ausreise Mitte 2015 homosexuelle Kontakte in Bangladesch zu fünf Partnern gehabt zu haben.
Es wird festgestellt, dass der BF behauptet, seit 2014 in Bangladesch erpresst zu werden und dass er 2017 in Bangladesch wegen seiner Homosexualität angezeigt worden sei.
Es wird festgestellt, dass der BF in Bangladesch nicht den Anschein erweckt hat, homosexuell zu sein. Der BF hat Bangladesch nicht verlassen, weil er wegen des Anscheins der Homosexualität verfolgt wurde.
Festgestellt wird, dass der BF über einen längeren Zeitraum illegal in Österreich lebte.
Der BF ist erst nach mehr als zweieinhalb Jahren nach seiner Einreise nach Österreich mit der Organisation " XXXX " in Kontakt getreten und nahm in Österreich an Veranstaltungen wie der Regenbogenparade teil.
Festgestellt wird, dass die Teilnahme an Veranstaltungen von XXXX oder an der Regenbogenparade kein Beweis einer Homosexualität ist. Eine daraus resultierende Verfolgung in seinem Herkunftsland ist nicht hervorgekommen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF auf Grund einer homosexuellen Orientierung in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten staatlichen Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.
Neben der behaupteten Verfolgungsgefährdung auf Grund einer homosexuellen Orientierung brachte der BF im Verfahren keine weiteren Gründe vor, auf Grund derer er in seinem Heimatland eine Verfolgung bzw. Gefährdung zu befürchten hätte.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage
Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) - mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die Awami League (AL) und Bangladesh Nationalist Party (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt (HRW 13.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat auf Grund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).
Durch eine Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 12.2018).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).
Quellen:
Sicherheitslage
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere zwischen der Awami League und der Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen auf Grund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21.2.2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).
In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität ist hoch, insbesondere die Zahl der Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).
Quellen:
Rechtsschutz/Justizwesen
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).
Quellen:
Korruption
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 27.10.2017; vgl. LIFOS 25.2.2019). Der Vorsitzende der Antikorruptionsbehörde, Iqbal Mahmood, wird mit den Worten zitiert, die Korruption habe ein solches Ausmaß erreicht, dass er ratlos sei, wie er sie reduzieren könne (AA 27.10.2017). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2018 den 149. Platz unter 180 untersuchten Staaten, das ist eine Verschlechterung von sechs Plätzen im Vergleich zum Jahr 2017 (143/180) (TI 29.1.2019).
Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können (ÖB 12.2018).
Laut Transparency International haben im Jahr 2015 47 % der befragten Haushalte und 49 % der befragten Unternehmen Bestechungsgeld gezahlt (TI 30.5.2016). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NGOs genießen den besten Ruf (AA 27.10.2017).
Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird seitens der deutschen Botschaft Dhaka jedoch als "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 12.2018). Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die ACC der Korruption verdächtigte Beamte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 27.10.2017). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen, die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 20.4.2018), beispielsweise gegen die oppositionelle BNP (FH 1.2018).
Es gibt Ambitionen der jüngsten Regierungen, Korruption einzuschränken (LIFOS 25.2.2019) und die Regierung setzt Schritte zur Bekämpfung der weit verbreiteten Polizeikorruption (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
Allgemeine Menschenrechtslage
Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 12.2018; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17.5.2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 12.2018).
Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 12.2018a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2017 sollen nach Angaben der bangladeschischen Menschenrechtsorganisation Odhikar 117 Personen durch Sicherheitskräfte getötet, 13 Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (Odhikar 12.1.2018). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 12.2018, siehe auch Abschnitt 5).
Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen weiters, auch auf Grund des Fehlens von Rechenschaftspflicht, Einschränkungen der Bürgerrechte inklusive der Rede- und Pressefreiheit, der Aktivitäten von NGOs, ein Mangel an Freiheit, um an politischen Prozessen teilzunehmen, Korruption, Gewalt und Diskriminierung basierend auf Geschlecht, Religion, Kaste, Stamm, inklusive indigener Personen, sexueller Orientierung und Genderidentität. Auch Menschenhandel, Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte und schlimme Formen der Kinderarbeit sind weiterhin ernsthafte Probleme (USDOS 20.4.2018).
Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten, jedoch werden Gruppen, die als übermäßig regierungskritisch gelten, überwacht und schikaniert und ihnen werden regelmäßig notwendige behördliche Genehmigungen verweigert (FH 1.2018).
Im April brachte die EU während der jährlichen bilateralen Menschenrechtskonsultationen ihre Besorgnis über Berichte über außergerichtliche Tötungen und gewaltsames Verschwindenlassen zum Ausdruck und forderte von der Regierung das Problem der Gewalt und Belästigung von Gewerkschaftern anzugehen (HRW 17.1.2019).
Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, es wird jedoch nicht effektiv durchgesetzt. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 20.4.2018). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Delikten von Verleumdung und Blasphemie juristisch zu verfolgen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018).
Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2017 hat die Regierung 778 Fälle von Menschenhandel gemeldet, wobei ein Vergleich mit den Jahren davor nicht möglich ist. Verurteilungen sind selten, da nicht ausreichend Ressourcen für die Ermittlungen in allen Fällen bereitgestellt werden. Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren, stellt die Regierung für maximal fünf Tage Unterkunft in Schutzhäusern zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 28.6.2018).
Quellen:
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Sexuelle Orientierung und Genderidentität
Homosexuelle Handlungen sind illegal und können nach § 377 des "Bangladesh Penal Code, 1860" (BPC) mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe bestraft werden (ILGA 5.2017; vgl. USDOS 20.4.2018; AA 27.10.2017). Gerichtsverfahren oder Verurteilungen von Homosexuellen sind allerdings nicht bekannt (ÖB 12.2018). Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft (Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersex) berichteten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen sowie feminine Männer unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, zu schikanieren (USDOS 20.4.2018).
Homosexualität ist gesellschaftlich absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt. Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen (ÖB 12.2018). Jedes Jahr wird über dutzende Angriffe auf Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft berichtet (FH 1.2018); diese bleiben meist straflos (HRW 1.2018; vgl. AA 27.10.2017).
Eine besondere Rolle kommt dem "dritten Geschlecht" zu, den sogenannten "Hijras", Eunuchen und Personen mit unterentwickelten oder missgebildeten Geschlechtsorganen. Diese Gruppe ist aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und massiver gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 27.10.2018). Im November 2013 wurde das "dritte Geschlecht" offiziell anerkannt und Hijras können sich seither entsprechende Ausweise ausstellen lassen (ILGA 5.2017; vgl. HRW 17.1.2019), jedoch bleibt die Umsetzung der Richtlinien, insbesondere beim Zugang zu Sozialhilfe schwach (HRW 17.1.2019).
LGBT-Organisationen, insbesondere für Lesben, sind selten (USDOS 20.4.2018). Es gibt keine NGO für sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität in Bangladesch, dafür aber NGOs wie "Boys of Bangladesh", die "Bhandu Social Welfare Society" und online Gemeinschaften wie "Roopbaan", das lesbische Netzwerk "Shambhab" und "Vivid Rainbow" (ILGA 5.2017).
Quellen:
Grundversorgung
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 27.10.2017). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 12,1 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,04 %, die Geburtenziffer je Frau bei 2,2 % (AA 12.2018).
Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 26.7.2017). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung, erwirtschaftet jedoch nur knapp ein Sechstel des Bruttoinlandsproduktes. Die Landwirtschaft wird zu 80 % von Reisanbau dominiert (GIZ 12.2018b; vgl. CIA 19.2.2019). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 12.2018b), auf den 2017 geschätzt 29,3 % des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 % der Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftet 2017 ca. 56 % des BIP (CIA 19.2.2019).
Über 10 % Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung haben Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch (GIZ 12.2018b), die im Finanzjahr 2016/17 ca. 13 Milliarden US-Dollar ausmachten (CIA 19.2.2019). Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Ca. 8,6 Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das "Bureau of Manpower, Employment and Training" (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen. (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum" (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 27.10.2017).
Die offizielle Arbeitslosenrate liegt 2018 geschätzt bei 4-6 %, jedoch mit verdeckter weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Vor allem in der Landwirtschaft ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 % der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Einen staatlichen Mindestlohn gibt es nicht. Die Durchsetzung von arbeitsrechtlichen Standards erfolgt lediglich sporadisch (ÖB 12.2018). Brände und Gebäudeeinstürze mit zahlreichen Toten kommen immer wieder vor; insbesondere in der Textilindustrie, wo Bauordnungen lax sind und gefährliche Chemikalien nicht ordnungsgemäß gelagert werden (Al Jazeera 21.2.2019).
Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, auf Grund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 % aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 12.2018b).
Mit dem etwas höheren Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre kam es zu einer Beschleunigung der Inflation mit geschätzten 6 % für 2018. Die Preissteigerungen bei Lebensmittel von bis zu 70 % treffen besonders den armen Teil der Bevölkerung. Die Regierungen versuchen mit staatlichen Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen gegenzusteuern, fördern damit aber hauptsächlich Ineffizienz. Allerdings verfügt Bangladesch über ein hervorragendes Netz an Mikrokreditinstitutionen, welche Millionen Bangladeschis effektiv bei ihrem Weg aus der Armut unterstützen (ÖB 12.2018).
Mikrokreditinstitute bieten Gruppen und Individuen ohne Zugang zum herkömmlichen Finanzsystem die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen (GIZ 12.2018b). Das bekannteste davon ist die Grameen Bank, die 1976 in Bangladesch durch den späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründet wurde. Die Grameen Bank, deren Konzept von zahlreichen weiteren Institutionen aufgegriffen und auch in anderen Ländern umgesetzt wurde, gewährt Kredite ohne die banküblichen materiellen Sicherheiten und setzt stattdessen vor allem auf die soziale Komponente, um die Rückzahlung zu gewährleisten. Die KreditnehmerInnen, die kaum unternehmerische Erfahrung und zumeist einen sehr niedrigen Bildungsstand haben, sollen auch langfristig beraten und unterstützt werden, um ein realistisches Konzept entwickeln und erfolgreich umsetzen zu können - so zumindest ist es vorgesehen. Bei seriösen Programmen sind auch Schulungen über Grundlagen der Unternehmensführung enthalten ("finanzielle Alphabetisierung") (IP 6.3.2018).
Quellen:
Rückkehr
Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 27.10.2017) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer auf Grund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 27.10.2017; vgl. ÖB 12.2018). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Es gibt einige NGOs, die sich um Opfer von Menschenhandel kümmern. Problematisch ist, dass "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr (ÖB 12.2018).
Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der "International Organization for Migration" (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 27.10.2017).
IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM Dhaka betreute im vergangenen Jahr abgelehnte Asylbewerber oder andere zurückgekehrte Personen u. a. aus Großbritannien, der Schweiz, Australien und Belgien. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, auf Grund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 27.10.2017).
Quellen:
Dokumente
Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich (AA 27.10.2017; vgl. UKHO 9.2017). Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist eigentlich nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-)beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher infrage. Im Jahr 2015 wurde bekannt, dass einer größeren Zahl von Personen unberechtigt Dienstpässe zur Ausreise in die Türkei ausgestellt wurden. Bengalische Dienstpassinhaber können visumfrei in die Türkei einreisen. Es kann unterstellt werden, dass die Dunkelziffer solcher Vorkommnisse hoch ist (AA 27.10.2017).
Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen (AA 27.10.2017; vgl. UKHO 9.2017). Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht:
Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse (ÖB 12.2018). Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden (AA 27.10.2017). Die Überprüfungspraxis ist schwierig, da es kaum Kooperation der Behörden in Bangladesch gibt. Außerdem verfügen die wenigsten Dokumente über ein einheitliches Layout (ÖB 12.2018).
Mit der Einführung des maschinenlesbaren Reisepasses sind Fälle von Passmanipulationen deutlich zurückgegangen. Seit Ende November 2015 können die alten, handgeschriebenen Pässe nicht mehr für Flugreisen genutzt werden. Von allen Passantragstellern werden Fingerabdrücke genommen (AA 27.10.2017).
Bei sonstigen Dokumenten, hauptsächlich Personenstandsurkunden, werden häufig Abweichungen der Bezeichnung der Behörde in Stempeln, Siegeln und Briefkopf, bei Unterschriften und Formpapier (AA 27.10.2017), sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen festgestellt (ÖB 12.2018). In vielen Asylfällen legen Antragsteller die übersetzten Abschriften angeblicher justizieller Dokumente wie z.B. "First Information Report", "Charge Sheet" oder Haftbefehl vor (AA 27.10.2017). Beliebt ist die Anfertigung falscher oder unvollständiger Übersetzungen (ÖB 12.2016). In der Vergangenheit haben sich die vorgelegten Dokumente in fast allen Fällen als gefälscht erwiesen (AA 27.10.2017; vgl. ÖB 12.2018).
Gemäß mehrerer befragter Quellen im Rahmen einer Fact Finding Mission (FFM) des britischen Innenministeriums (UK Home Office) sei es schwierig, unwahre Zeitungsberichte veröffentlichen zu lassen (UKHO 9.2017).
Quellen:
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Eingangs wird festgehalten, dass die Beschwerde zu Recht rügt, dass das BFA das Protokoll vom 24.07.2018 vom BF unterfertigen ließ, jedoch nicht den Namen des BF, sondern auf der letzten Seite als Verfahrenspartei " XXXX " anführte. Dies ist tatsächlich eine grobe Schlampigkeit, welche in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht Platz greifen darf. Dennoch wird festgestellt, dass die protokollierten Aussagen des BF in so Ferne nicht angezweifelt werden, weil der BF diese Aussagen mit seiner Unterschrift, an der kein Zweifel besteht, auf jeder einzelnen Seite bestätigt hat.
Hinsichtlich der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF sowie zu seiner Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und seinem Familienstand wird den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen des BFA gefolgt, ebenso wie hinsichtlich der Feststellungen zu seiner Herkunft, seiner in Bangladesch absolvierten Schul- und Universitätsausbildung und seinen in Bangladesch gelebten Lebensverhältnissen bzw. seinen in Bangladesch (bzw Kuwait hinsichtlich seines Vaters) aufhältigen Familienangehörigen. An diesen Feststellungen haben sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben, zumal sich diese Feststellungen auf den im Verfahren vor dem BFA sowie im Beschwerdeverfahren getätigten eigenen Angaben des BF gründen. Zweifel sind jedoch angebracht hinsichtlich der beruflichen Stellung seines ebenfalls in Österreich aufhältigen Schwagers, welcher einerseits selbst einen Lebensmittelhandel in Österreich betreibt (Aussage vor dem BFA), andererseits Angestellter des BF sein soll (Aussage vor dem BVwG). Die Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit wurden zudem durch die Vorlage des Reisepasses des BF vor dem BFA bestätigt.
Die am 01.06.2015 mit einem Visum erfolgte Einreise nach Österreich sowie der bestehende Aufenthaltstitel des BF bis 31.08.2016 ist aktenkundig. Der BF gab zwar in der Erstbefragung an, dass er am 30.04.2015 aus Bangladesch ausgereist sei, es ist jedoch davon auszugehen, dass er sich bei der Nennung dieses Datums schlichtweg geirrt hat. Dass die Ausreise erst am 31.05.2015 erfolgte ergibt sich aus den gesamten weiteren Angaben des BF im Verfahren, und auch in der Beschwerde, und ist dieses Ausreisedatum auch im vom BF im Rahmen der Erstbefragung vorgelegten Reisepass ersichtlich.
Festgestellt wird, dass der BF nach seinen eigenen Aussagen, nämlich sowohl vor dem BFA und vor dem BVwG, darlegte, dass er gar nicht in Österreich studieren wollte. Die (legale) Einreise in das Bundesgebiet mittels Studentenvisums war somit ein Akt, der die Glaubwürdigkeit des BF massiv beeinträchtigt.
Im Ergebnis bleibt übrig, dass der BF mit unwahren Angaben und mit falscher Motivation (ursprünglich erfolgreich) versucht hat einen Aufenthaltstitel zu erschleichen. Als der Aufenthaltstitel (für einen Studenten) bereits abgelaufen war und der BF, welcher keinerlei Studienerfolg (oder zumindest weitergehende Deutschsprachkenntnisse) aufweisen kann, sich illegal im Inland befand, wurde er offensichtlich angeleitet, sich als homosexuell darzustellen, weil er "als Homosexueller in diesem Land Asyl erhalten könnte".
Hinsichtlich seiner behaupteten Homosexualität verweist der BF auf eine Geschichte, deren Glaubwürdigkeit genauso gering ist wie seine studentische Motivation, nach Österreich zu gelangen. Seine Homosexualität habe der BF nach seinen eigenen Angaben in Bangladesch seit 2004 mit fünf verschiedenen Personen ausgelebt. Eine Verfolgung durch staatliche Organe oder Akteure hat der BF nicht vorgebracht, sondern verweist auf eine Anzeige aus 2017 - zwei Jahre nach seiner Einreise ins Bundesgebiet.
Diese - handschriftliche, in Kopie vorgelegte - Anzeige eines Bekannten seines früheren Partners in Bangladesch, welcher diese erstattet, nachdem er den BF über Jahre erpresst haben soll, ist unglaubwürdig. Dies ergibt sich nicht nur aus den falsch angegebenen Namen des BF (in der Anzeige: " XXXX "; laut Pass des BF: " XXXX ") und seines Vaters (laut Anzeige: " XXXX ", laut Angabe des BF: " XXXX "), sondern auch des unterschiedlichen Alters (in der Anzeige: "29" statt des im Jahr 2017 tatsächlichen Alters des BF von "30"). Aber selbst, wenn dies auf Grund von phonetischen Verschiebungen zu Gunsten des BF ausgelegt werden kann, bleibt es unerklärlich, weshalb der vermeintliche Erpresser den BF angezeigt haben soll, würde doch damit auch eine Einnahmequelle versiegen. Es ist auch unglaubwürdig, dass der BF die finanziellen Leistungen während seines Aufenthaltes in Österreich über seine Mutter habe abwickeln lassen, ohne dass diese nach den näheren Umständen gefragt hätte; diesbezüglich blieb der BF jede Erklärung schuldig. Im Gegenteil, vor dem BVwG behauptete der BF, dass er über seine Homosexualität nie mit seiner Mutter gesprochen habe, sondern lediglich mit seinen Partnern. Auch diesbezüglich gewinnt der BF nicht an Glaubwürdigkeit.
Die im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG vorgelegte "Anzeige", welche der BF erst am 22.11.2019 erhalten haben will, zerstört die Glaubwürdigkeit des BF endgültig. Dass die Mutter des BF, zu der er fast im täglichen Kontakt steht, ihm davon über ein halbes Jahr nichts erzählt habe, weil der BF "in Sorge sei", ist unverständlich, weil sie ihm dieses Dokument nunmehr doch im Wege des Schwagers, der von Bangladesch nach Österreich reiste, zukommen hat lassen. Der BF hat es auch unterlassen eine Übersetzung in deutscher Sprache vorzulegen, was dem selbstständig tätigem BF durchaus zumutbar ist. Da der BF somit nicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im zumutbaren Ausmaß mitgewirkt hat, muss er es gegen sich verwenden lassen, dass dieses Dokument keiner weiteren Beurteilung unterzogen wird.
Über sein Coming-Out, seine Gefühle und sein Verhältnis zu anderen Menschen hat der BF keine tiefgehenden Emotionen gezeigt.
Widersprüchlich blieb der BF auch hinsichtlich seiner sexuellen Kontakte in Österreich. Eine Teilnahme an der Regenbogenparade ist kein Beweis für die Homosexualität eines Menschen, auch nicht die Teilnahme an allfälligen Veranstaltungen von XXXX . Abgesehen davon behauptet der BF in der Verhandlung vor dem BVwG "Mitglied" von XXXX zu sein, obwohl in seiner Beschwerde ausgeführt wird, dass der BF gar nicht Mitglied von XXXX werden könne. Befragt, ob er eine Beziehung habe, antwortete der BF mit einem klaren "Nein" vor dem BVwG. Eine Einvernahme eines Zeugen, wie vom BF in der Beschwerdeschrift angeregt, wurde vor dem BVwG nicht wiederholt und erscheint auch im Hinblick auf die Feststellung des erhobenen Sachverhaltes entbehrlich, weil die Motivationslage der Erreichung eines Aufenthaltstitels in Österreich durch die Aussage eines anderen Asylwerbers im Sinne einer gegenseitigen Unterstützung nur eine bedingte Bedeutung zukommt. Letztlich hat der BF durch mehrmalige falsche Tatsachenbehauptungen seine Glaubwürdigkeit komplett verloren.
Im Einzelnen ist auf folgende tiefergehende Beurteilung zurückzugreifen:
Das Datum der Asylantragstellung ergibt sich aus der im Verwaltungsakt befindlichen Niederschrift der Landespolizeidirektion. Dass sich der BF von 31.08.2016 bis zur Stellung seines Asylantrags am 16.03.2018 illegal im Bundesgebiet aufhielt, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt und wurde dies auch in der Beschwerde bestätigt. Der Beschwerde wurde ein Schreiben der Magistratsabteilung 35 beigelegt, wonach der BF am 30.08.2016, also einen Tag vor Ablauf seines Aufenthaltstitels, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stellte. Der Verlängerungsantrag des BF wurde am 12.01.2018 abgelehnt.
Dass der BF seit seiner Einreise Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezog, nunmehr selbständig tätig ist, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen (zB Sozialversicherung) bzw. strafrechtlich unbescholten ist, geht aus einer Einsichtnahme in die österreichischen amtlichen Register (Grundversorgungs-Informationssystem, GISA, Strafregister) hervor.
Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des BF gründen auf die vorlegte Kursbestätigung (Deutsch A1) sowie dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Dass der BF im Bundesgebiet über kein Familienleben verfügt, ergibt sich aus den Angaben des BF im Verfahren. Auf die Frage, ob der BF über Familienangehörige in Österreich verfügt, gab der BF im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA an, dass der Ehemann seiner Schwester in Wien lebe und ein Lebensmittelgeschäft in Wien habe. Genauere Angaben machte er dazu nicht, weshalb nicht von einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis auszugehen ist; im Gegenteil, der BF schilderte vor dem BVwG, dass der Schwager Mitarbeiter des BF sei. Dass der BF gemeinsam mit dem Ehemann seiner Schwester gelebt hat oder lebt, wurde vom BF nicht angegeben.
Zu sexuellen Partnern in Österreich befragt, gab der BF selbst an, dass dies nichts "Fixes" sei.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus den diesbezüglich unbedenklichen Angaben des BF im gesamten Verfahren. Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des BF sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
II.2.2. Seinen Fluchtgründen legte der BF das Vorbringen zu Grunde, dass er homosexuell sei, und aus diesem Grund strafrechtlich verfolgt würde. Er führte dazu aus, dass er mit seinem Partner gemeinsam in einer Wohnung gelebt habe und am 13.06.2014 von einem Freund seines Partners beim Geschlechtsverkehr mit seinem Partner erwischt worden sei. Dieser Freund seines Partners habe daraufhin monatliche Geldzahlungen vom BF verlangt, damit er ihn nicht verrate. Der BF habe diesem ab Oktober 2017 kein Geld mehr gegeben, woraufhin dieser am 03.12.2017 Anzeige bei der Polizei erstattet habe.
Mit seinen im Verfahren getätigten Ausführungen ist es dem BF nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, dass dieser Vorfall sich vor seiner Ausreise tatsächlich so zugetragen hat. Die diesbezüglichen Angaben des BF stellen sich - wie im angefochtenen Bescheid dargelegt - über das gesamte Verfahren hinweg als kurz und allgemein gehalten bzw. unplausibel dar. Hinsichtlich dieses Vorbringens war dem BF in einer Gesamtschau seiner Angaben vor der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht - wie im Folgenden dargelegt wird - daher die Glaubwürdigkeit abzusprechen.
II.2.2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der BF seinen Herkunftsstaat legal mit einem Aufenthaltstitel "Studierender" verließ und daher davon auszugehen ist, dass er nach Österreich einreisen wollte, um - nach Abschluss seines Bachelortitels - sein Studium fortzusetzen. Auch wenn der BF nach Stellung seines Asylantrags angab, dass der Zweck seiner Einreise am 31.05.2015 gewesen sei, dass er als Homosexueller Angst gehabt habe, ist festzuhalten, dass er diesen Grund am 16.03.2018 im Rahmen seines Asylverfahrens erstmals angab. Wieso der BF diesen Grund erst nach zweieinhalbjährigem Aufenthalt in Österreich geltend machte, vermochte er im Verfahren nicht zu begründen.
Inwieweit der Umstand, dass der BF nicht bereits am ersten Tag seines illegalen Aufenthalts einen Asylantrag stellte, für die Glaubwürdigkeit des BF spreche, wie in der Beschwerde ausgeführt wird, wurde nicht dargelegt. Gerade der Umstand, dass der BF sich vor Stellung seines Asylantrags bereits zweieinhalb Jahre (davon über ein Jahr illegal) in Österreich aufhielt und die Einreise mittels Studentenvisums erfolgte, spricht gegen eine bereits erfolgte Verfolgung des BF im Herkunftsstaat.
II.2.2.2. In Bezug zu den im Asylverfahren erstmals geschilderten Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates ist auszuführen, dass es bei den diesbezüglichen Schilderungen des BF zu mehreren Ungereimtheiten kam.
Der BF gab an, dass ein Freund seines Partners den BF und seinen Partner beim Geschlechtsverkehr erwischt habe, weil dieser überraschend in der Wohnung des BF aufgetaucht sei. Dazu gab der BF an, dass dieser Freund einen Schlüssel von der Wohnung gehabt habe, wovon der BF aber nichts gewusst habe. Zudem sei dieser Freund üblicherweise in der Nacht zum Trinken in die Wohnung des BF gekommen. Diese Angaben erscheinen äußerst unplausibel, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der BF angab, dass er seine Homosexualität in Bangladesch geheim halten habe wollen.
Er gab zu seiner Wohnsituation an, dass er mit seinem Partner gemeinsam in einer Wohnung gelebt habe und dass jeder gedacht habe, dass sie lediglich Freunde und Zimmerkollegen wären. Es ist daher nicht keineswegs nachvollziehbar, wieso gerade in dieser Geheimhaltungskonstellation der Partner des BF einem Freund, der offenbar nichts von der Beziehung des BF und seinem Partner gewusst haben soll, einen Schlüssel von der gemeinsamen Wohnung geben sollte. Es wäre zu erwarten, dass dem Partner des BF bewusst sein sollte, dass eine wie vom BF geschilderte Situation leicht eintreten könnte, wenn man den Wohnungsschlüssel - noch dazu ohne Wissen des Partners - an eine Person weitergibt. Daher ist nicht davon auszugehen, dass sich die vom BF geschilderte Geschichte so zugetragen hat.
II.2.2.3. Aber auch die weitere Schilderung des BF erweist sich aufgrund eines deutlichen Widerspruchs als unglaubhaft. Der BF gab an, dass er dem Freund seines Partners ab dem Vorfall am 13.06.2014 bis Oktober 2017 Geldzahlungen geleistet habe. Zunächst lässt sich nicht erklären, dass der BF in seiner freien Erzählung mit keinem Wort darauf eingegangen ist, wie die Zahlungen nach seiner Ausreise aus Bangladesch am 31.05.2015 erfolgten. Im Bescheid wird dazu ausgeführt, dass dazu keine Beweismittel wie Bestätigungen von Bargeldtransfers vorgelegt wurde. Erstmals in der Beschwerde wurde dazu angeführt, dass die Mutter des BF die Zahlungen nach der Ausreise des BF aus Bangladesch weiter leistete.
Der BF gab zuvor in der Einvernahme durch das BFA an, dass seine Eltern und Geschwister erst nach der Anzeige am 03.12.2017 von seiner Homosexualität erfahren hätten. Der BF gibt also an, dass seine Mutter über zwei Jahre Geldzahlungen an eine Person geleistet haben soll, die den BF damit erpresst habe, dass sie die Homosexualität des BF ansonsten nicht geheim halten würde, ohne ihr den Grund für die Geldzahlungen zu nennen. Der BF gab nichts Näheres dazu an, welchen Grund er seiner Mutter als Erklärung für die regelmäßigen Geldzahlungen erzählt habe. Angesichts der nicht unbeträchtlichen Beträge (zuerst 10.000 Taka, danach 5.000 Taka monatlich) erscheint nicht nachvollziehbar, wie der BF vor seiner Mutter solche Zahlungen nicht nur rechtfertigen konnte, sondern diese sogar dazu beauftragte, die Zahlungen selber durchzuführen, was sie nach den Angaben des BF bis September 2017 auch getan haben soll. Auch die Tatsache, dass der BF erstmals in der Beschwerde angab, dass seine Mutter für ihn die Zahlungen leistete, lassen seine Angaben dazu äußerst unglaubwürdig erscheinen.
II.2.2.4. Der BF legte im Verfahren vor dem BFA eine "Anzeige" vom 03.12.2017 vor, wonach laut Übersetzung der Antragsteller bekannt gebe, dass er seit fast vier Jahren den BF bei homosexuellen Handlungen gesehen habe und er diese Sache seinen Freunden herumerzählt habe. Derzeit würden viele Leute Drohungen machen. Er sei am 02.12.2017 von einer angeführten Telefonnummer (Anm: mit österreichischer Vorwahl) angerufen und bedroht worden.
Auch der Inhalt der Anzeige, dass der Antragsteller einen Tag zuvor von einer österreichischen Telefonnummer angerufen und bedroht worden sei, entbehrt jeglicher Logik, da nicht ersichtlich ist, womit der BF den Antragsteller bedroht haben soll. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wieso der Antragsteller dies in die Anzeige aufnehmen sollte.
Abgesehen davon erscheint auch der Zeitpunkt der "Anzeige" nicht plausibel, da der BF zu diesem Zeitpunkt bereits über zwei Jahre - davon mehr als ein Jahr bereits illegal - in Österreich lebte und da - wie oben dargelegt - absolut unglaubwürdig erscheint, dass der BF über seine Mutter bis September 2017 Geldzahlungen an den Freund seines ehemaligen Partners gezahlt haben soll.
Auch in Zusammenschau mit den Länderberichten, wonach echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen problemlos gegen Zahlung erhältlich sind, wird davon ausgegangen, dass es sich bei der vom BF vorgelegten "Anzeige" um eine Fälschung handelt.
II.2.2.5. Das Fluchtvorbringen des BF erweist sich aufgrund der zahlreichen Ungereimtheiten gesamthaft als nicht glaubhaft.
Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dass dem BF im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme nicht ausreichend Gelegenheit gegeben worden sei, sein Fluchtvorbringen umfassend vorzubringen, ist dem entgegenzuhalten, dass die Einvernahme vor dem BFA mit einer Unterbrechung von fünf Minuten ungefähr vier Stunden dauerte. Es ist daher davon auszugehen, dass dem BF auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausreichend Gelegenheit gegeben wurde, sein Vorbringen darzulegen. Dem BF wurde zudem erneut im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit gegeben, seine Fluchtgründe darzulegen. Doch auch mit seinen Angaben im Rahmen der Verhandlung vermochte der BF nicht, die sich im Verfahren ergebenden Widersprüche und Ungereimtheiten aufzulösen. Die erst im Rahmen der Asylantragstellung dargelegten Fluchtgründe wurden insgesamt - auch im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht - nur vage dargelegt und waren nicht geeignet, die behauptete homosexuelle Ausrichtung des BF nachvollziehbar glaubhaft zu machen.
An dieser Beurteilung ändert auch nichts der Umstand, dass der BF in Österreich mit der Organisation " XXXX " in Kontakt getreten ist. Auch die Vorlage diverser Fotos des BF mit anderen Männern, unter anderem bei der Teilnahme der Regenbogenparade, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu gelangen. Hinsichtlich der Teilnahme des BF an der Regenbogenparade ist anzumerken, dass eine Teilnahme an der Veranstaltung nicht nur homosexuellen Personen vorbehalten ist und auch dieser Umstand eine homosexuelle Orientierung des BF nicht belegt. Das gleiche gilt für die Unterkunftnahme des BF in einer Wohnung von XXXX . Auch im vom BF vorgelegten Empfehlungsschreiben wird lediglich ausgeführt, dass gemeinsam mit dem BF Community-Lokale besucht werden.
Wie bereits oben ausgeführt, war dem BF hinsichtlich seines Vorbringens zu seiner sexuellen Orientierung bereits auf Grundlage seiner Ausführungen zu den Geschehnissen in Bangladesch die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Dass der seit Juni 2015 in Österreich aufhältige BF erst im März 2018 in Kontakt zu der Organisation " XXXX " trat erweckt vielmehr den Eindruck, dass diese Aktivitäten lediglich gesetzt wurden, um den Eindruck zu erwecken, Kontakt zur homosexuellen Szene in Österreich aufgenommen zu haben.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das Fluchtvorbringen des BF sich bereits dem Grunde nach als nicht konsistent dargestellt hat, sich die Schilderungen des BF zu jenen Vorfällen, die sich vor seiner Ausreise in Bangladesch ereignet hätten und wegen derer er nachträglich in das Blickfeld der Behörden geraten sein soll, als unglaubwürdig erwiesen haben und dem Fluchtvorbringen des BF, einer von Seiten der Behörden ausgehenden Verfolgungsgefährdung ausgesetzt zu sein, somit die Grundlage entzogen war.
Zudem haben sich im Ermittlungsverfahren auch keine (sonstigen) Anhaltspunkte ergeben, dass der BF aus sonstigen Gründen in Bangladesch eine ihn konkret betreffende Verfolgungsgefährdung zu befürchten hat. Dass die vom BF behauptete Verfolgungsgefährdung auf Grund einer homosexuellen Orientierung den einzigen Fluchtgrund darstellt, gab der BF schon bei der Behörde zu Protokoll.
II.2.3. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch und die darin angeführten Quellen. Das Länderinformationsblatt zu Bangladesch (Gesamtaktualisierung Frühjahr 2019) wurden dem BF mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht - mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb angemessener Frist - zur Kenntnis gebracht.
Darin wird eine Vielzahl von Berichten verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen zusammengefasst, die ein ausgewogenes Bild betreffend die allgemeine Situation in Bangladesch zeigen. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal diesen vom BF bzw. seinem Vertreter auch nicht substantiiert entgegengetreten worden ist. Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass die vom BF in der Beschwerde vorgelegten Länderberichte nicht im Widerspruch zum Länderinformationsblatt stehen und im Vergleich zu den in den Länderfeststellungen zitierten Berichten auch teilweise älteren Datums sind.
Selbst unter Zugrundelegung einer bestehenden Homosexualität wäre keine andere Entscheidung zu treffen gewesen. Es besteht keine konkrete strafrechtliche Gefährdung für Homosexuelle im Herkunftsland des BF. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verkannt, dass Bangladesch - auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerde diesbezüglich herangezogenen Berichten, insbesondere der ACCORD-Anfragebeantwortung zu Bangladesch vom 30.05.2018 betreffend die Lage von LGBT-Personen - nicht ausgeschlossen werden kann, dass Homosexuelle in Bangladesch etwaigen Diskriminierungen ausgesetzt sind (vgl. zur Asylrelevanz dieser Diskriminierungen erneut die Ausführungen unter Punkt II.3.1.1.). In manchen Bevölkerungsschichten in Bangladesh wird Homosexualität zudem gesellschaftlich nicht oder nur gering akzeptiert. Es ist demgegenüber aber maßgeblich, dass eine (strafrechtliche) Verfolgung in jüngster Zeit nicht mehr bekannt wurde und offensichtlich auch nicht mehr realisiert wird. Dazu wird auch in der oben angeführten ACCORD Anfragebeantwortung bestätigt, dass sexuelle Handlungen zwar nach Abschnitt 377 des Strafgesetzbuches illegal seien, dieses Gesetz jedoch keine Anwendung finde. Mit seinen Ausführungen hat der BF sogar indirekt dies bestätigt, gab er doch mehrmals an, dass er mit zumindest fünf Personen über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren (von 2004 bis zu seiner Ausreise 2015) in Bangladesch homosexuelle Beziehungen hatte, ohne konkret von staatlicher Seite oder staatlichen Akteuren bedroht worden zu sein.
Wenn in der Beschwerde auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aus den Jahren 2015 und 2016 hingewiesen wird, im Rahmen derer bengalischen Beschwerdeführern, auf Grundlage der in diesen Entscheidungen herangezogenen Länderberichten, Asyl gewährt wurde, gilt darauf hinzuweisen, dass als (damalige) Entscheidungsgrundlage die Länderberichtslage aus den Jahren 2012 und 2013 herangezogen wurden, die aktuelle Länderberichtslage jedoch nicht den Schluss zulässt, dass in Bangladesch aufhältige homosexuell orientierte Männer derzeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu fürchten hätten.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen
Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).
Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative
(§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Ausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist ein Flüchtling, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, 2016/19/0074).
Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).
Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 2005 setzt gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus. Gleichfalls nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber.
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
So entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650; vgl. auch Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2004/83/EG - StatusRL, ABl. L Nr. 304, 12, sowie Putzer, Leitfaden Asylrecht2, [2011], Rz 31). Allgemein gehaltene Behauptungen reichen jedenfalls für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).
Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. VwGH 31.05.2001, 2001/20/0041; 23.07.1999, 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln
(vgl. VwGH 14.12.2000, 2000/20/0494; 06.10.1999, 98/01/0311;
14.10.1998, 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH 21.09.2000, 98/20/0361;
04.05.2000, 99/20/0599).
Wie der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, ist es dem BF mit seinem Vorbringen nicht gelungen, eine in seinem Herkunftsstaat bestehende konkrete Bedrohungssituation für seine Person glaubhaft zu machen. Dem BF war hinsichtlich seines Vorbringens, homosexuell zu sein und aus diesem Grund einer Verfolgungsgefährdung ausgesetzt zu sein, die Glaubwürdigkeit abzusprechen.
Auch wenn dem Vorbringen des BF, in Bangladesch aufgrund einer (homo-)sexuellen Orientierung einer Verfolgungsgefährdung ausgesetzt zu sein, die Glaubwürdigkeit abzusprechen war, ist der Vollständigkeit halber im Hinblick auf die Frage einer in Bangladesch für homosexuell orientierte Männer generell bestehenden Verfolgungsgefährdung auf das (auch in der Beschwerde des BF zitierte) Urteil des EuGH vom 07.11.2013, C-199/12 bis C-201/12, zu verweisen, in welchem dieser zur Frage einer Verfolgung wegen einer sexuellen Orientierung folgende Vorgaben aufgestellt hat (vgl. auch VwGH, 20.09.2018, Ra 2018/20/0043):
"Art. 10 Abs. 1 lit. d der Statusrichtlinie ist dahin auszulegen, dass das Bestehen strafrechtlicher Bestimmungen, die spezifisch Homosexuelle betreffen, die Feststellung erlaubt, dass diese Personen als eine bestimmte soziale Gruppe anzusehen sind (vgl. Rn. 49). Der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, stellt noch keine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 iVm Art. 9 Abs. 2 lit. c der Statusrichtlinie dar. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, das eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar (vgl. Rn. 61). Die nationalen Behörden haben, wenn ein Asylbewerber geltend macht, dass in seinem Herkunftsland Rechtsvorschriften bestünden, die homosexuelle Handlungen unter Strafe stellten, im Rahmen ihrer Prüfung der Ereignisse und Umstände nach Art. 4 der Statusrichtlinie alle das Herkunftsland betreffenden relevanten Tatsachen einschließlich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften dieses Landes und der Weise, in der sie angewandt werden, zu prüfen, wie dies in Art. 4 Abs. 3 lit. a der Statusrichtlinie vorgesehen ist (vgl. Rn. 58). Von einem Asylwerber kann nicht erwartet werden, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden (vgl. Rn. 71)."
Auch wenn nicht verkannt wird, dass Homosexualität gemäß den Länderfeststellungen in Bangladesch verpönt ist und es in Einzelfällen auch zu Diskriminierungen und Misshandlungen kommt, erreicht dieses (gesellschaftliche) Diskriminierungspotential nicht ein derartiges Ausmaß, dass davon auszugehen wäre, dass bereits jeder in Bangladesch lebende homosexuell orientierte Mann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu fürchten hätte. Auch im Hinblick auf die oben angeführte Judikatur des EuGH ist nicht davon auszugehen, dass aufgrund des in Bangladesch vorliegenden Straftatbestandes betreffend homosexuelle Handlungen eine generell vorherrschende Verfolgungsgefährdung für sexuell aktive homosexuelle Männer besteht.
Der BF führte - bei Wahrunterstellung seiner Angaben zu seiner Homosexualität - aus, dass er vor seiner Ausreise aus Bangladesch insgesamt fünf Beziehungen zu Männern geführt hat, und er konnte sein Leben unbehelligt führen, die Schule besuchen und einen Universitätsabschluss absolvieren. Er führte zwar an, dass viele Personen in Bangladesch von seiner Homosexualität gewusst und ihn deshalb gemieden hätten sowie dass sich in der Moschee niemand neben ihn habe setzen wollen; eine asylrelevante Verfolgung lässt sicher daraus aber noch nicht ableiten.
Im Ergebnis ergaben sich im gesamten Verfahren auch keine Hinweise auf eine begründete Verfolgung des BF aus anderen, in der GKF genannten Gründen. Insbesondere gibt es nach den getroffenen Feststellungen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Staatsangehörige aus Bangladesch, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, diesfalls asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären oder die Lage in Bangladesch dergestalt ist, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der BF in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides sohin abzuweisen.
II.3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; 05.04.1995, 95/18/0530; 04.04.1997, 95/18/1127; 26.06.1997, 95/18/1291; 02.08.2000, 98/21/0461).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 Asyl 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören - der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen.
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028; siehe auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81 ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.
Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine glaubhaften Hinweise und keine darauf Bezug nehmenden Ausführungen des BF selbst, dass der BF einen Sachverhalt verwirklichte, welcher in Bangladesch mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wird nicht verkannt, dass gemäß den getroffenen Länderfeststellungen homosexuelle Handlungen in Bangladesch unter Haftstrafe gestellt sind, es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aus den oben angeführten Länderberichten auch hervorgeht, dass Gerichtsverfahren oder gar Verurteilungen von Homosexuellen auf Grund dieses Straftatbestandes nicht bekannt sind. Auch machte der BF selbst hierzu keine konkreten Angaben. Auch aus den übrigen Länderfeststellungen geht nicht hervor, dass die auf homosexuelle Handlungen stehende Freiheitsstrafe tatsächlich verhängt wird und indizieren - bei Wahrunterstellung - dies selbst die vom BF getätigten Angaben, wonach er und sein Partner seit längerer Zeit miteinander gelebt hätten, ohne dabei (strafrechtliche) Konsequenzen erlitten zu haben, offensichtlich keine weiteren Verfahrens- oder Ermittlungsschritte gesetzt worden sind.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in wesentlichen Bereichen als nicht unproblematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG 2005 subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.
Der BF vermochte im Verfahren nicht darzulegen, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Er konnte eine aktuelle Bedrohungssituation nicht mittels konkreter Angaben, untermauert durch Bescheinigungsmittel, dartun. Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung genügt - nach der Rechtsprechung des VwGH und EGMR wie oben ausgeführt - nicht. Im Verfahren haben sich aufgrund der Angaben keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, dass gerade der BF einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde.
Es handelt sich beim BF um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der gut ausgebildete BF als Erwachsener in Bangladesch keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können sollte. Der BF ist in Bangladesch aufgewachsen und hat dort die überwiegende Zeit seines Lebens verbracht. Er hat dort die Schule besucht und einen Abschluss einer Universität. Er wurde in Bangladesch sozialisiert und verfügt in Bangladesch über familiäre Anknüpfungspunkte. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass im Fall seiner Rückkehr auch im Rahmen seines Familienverbandes - seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester sowie weitere Verwandte leben in Bangladesch - eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung gewährleistet ist. Darüber hinaus steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das - wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Es besteht für den BF auch die Möglichkeit eine Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Diese umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft und soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung zu Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner wird eine praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung angeboten. Aus den Länderberichten ergibt sich zudem, dass Rückkehrer, auch ohne Institutionen im Rahmen der Rückkehrhilfe aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich alleine gestellt sind.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass in Bangladesch geringe politische Stabilität herrscht und eine schlechte Infrastruktur, unzureichende Stromversorgung sowie eine langsame Umsetzung der Wirtschaftsreform besteht. Allerdings ist die Wirtschaft seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen und auch die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Es ist daher davon auszugehen, dass die Versorgung der Bevölkerung zumindest grundlegend gesichert ist. Aus den Länderberichten geht auch nicht hervor, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemein existenten Notlage im Herkunftsstaat des BF (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor.
Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse konnten nicht festgestellt werden.
Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher ebenso als unbegründet abzuweisen.
II.3.3. Zu den Spruchpunkten III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem
8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), wenn dies zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel notwendig ist (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen im Fall des BF nicht vor, weil der Aufenthalt des BF weder geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der BF Opfer von Gewalt wurde. Weder hat der BF das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem
(§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der BF ist als Staatsangehöriger von Bangladesch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und ihm kommt kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des
Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Vom Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z. B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind.
Der Ehemann der Schwester des BF lebt in Österreich. Der BF hat nicht vorgebracht, dass er mit diesem zusammengelebt hat, er lebt auch in Österreich nicht mit diesem zusammen und brachte auch keine finanzielle Abhängigkeit vor. Seine Ausweisung bildet daher jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Schutz des Familienlebens.
Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des BF eingreifen. Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt jedoch insofern eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte".
Was den BF betrifft, ist festzuhalten, dass sich dieser seit Juni 2015 - somit viereinhalb Jahre - im Bundesgebiet aufhält. Eine fortgeschrittene Integration im Bundesgebiet konnte nicht festgestellt werden. Der BF ist zwar selbsterhaltungsfähig, verfügt jedoch lediglich über sehr geringe Deutschkenntnisse. Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass der BF besondere Integrationsbemühungen, etwa in Form von gemeinnützigen Tätigkeiten, gezeigt hat. Von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung in die österreichische Gesellschaft kann daher nicht ausgegangen werden. Zudem ist die Dauer des Aufenthaltes nicht als derart lang zu bezeichnen, dass diese ausreichend ins Gewicht fallen könnte. Zu berücksichtigen ist auch, dass der BF zwar legal in das Bundesgebiet einreiste, sich aber nach Ablauf seines Aufenthaltstitels bis zur Stellung seines Asylantrags eineinhalb Jahre illegal in Österreich aufhielt.
Der BF hat den Großteil seines bisherigen Lebens in Bangladesch verbracht, ist dort aufgewachsen und hat eine Schul- und Universitätsausbildung absolviert. Zudem halten sich die Mutter, ein Bruder und eine Schwester sowie weitere Verwandte des BF in Bangladesch auf. Auf Grund der noch nicht allzu langen Abwesenheit des BF sowie des ständigen Kontaktes mit seinen verwandten in Bangladesch ist davon auszugehen, dass er in Bangladesch nach wie vor über ein soziales Netzwerk verfügt. Beim BF ist daher jedenfalls von einer deutlich stärkeren Bindung des BF zu seinem Heimatland auszugehen.
Der BF hat in einer Gesamtschau kein besonderes Maß an persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Integration dargetan. Die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet reichen nicht aus, um unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK von einer Rückkehrentscheidung Abstand zu nehmen.
Dass der BF strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Insgesamt betrachtet ist daher davon auszugehen, dass die Interessen BF an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten.
Die Verfügung einer Rückkehrentscheidung ist daher im vorliegenden Fall geboten und auch nicht unverhältnismäßig.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Bangladesch ist gegeben, weil nach den tragenden Gründen der vorliegenden Entscheidung keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach
§ 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides sind daher ebenfalls abzuweisen.
II.3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.
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