Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Dr. Nicolaus Pomaroli MAS in der Beschwerdesache ***Bf1*** über die Beschwerde vom 24. Mai 2018 gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 27. April 2018 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden u. a. Ausgaben für Schuhe, Outdoorkleidung und allgemeine Shirts nicht als Werbungskosten anerkannt. Dies mit der Begründung, dass nur Kosten für typische Berufskleidung berücksichtigt werden können. Bei den geltend gemachten Aufwendungen für Bekleidung (Schuhe) handle es sich nicht um solche für typische Berufskleidung, weshalb die Ausgaben nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien.
Als Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, wurden (-) 458,16 Euro angesetzt.
Gegen diesen Bescheid wurde am 24. Mai 2018 auf elektronischem Weg Beschwerde erhoben, und hierzu ausgeführt, dass im (damaligen) Beruf der Beschwerdeführerin als Leiterin der Hauskrankenpflege ***Ort*** aus hygienischen Gründen untersagt (gewesen) sei, Berufskleidung privat zu nutzen. Die Kleidung werde am Dienstort gewaschen. Ein fester Schuh sei im Winter aufgrund ständiger Außendiensttätigkeit unbedingt erforderlich.
Sie habe nur Aufwendungen geltend gemacht, die ausschließlich beruflich erwachsen sind.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. Mai 2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Ausgaben für Bekleidung können nur dann zu Werbungskosten führen, wenn es sich um typische Berufskleidung oder um Arbeitsschutzkleidung handelt (zB Uniformen, Arbeitsmantel, Schutzhelme, weißer Mantel, Leinenhose eines Arztes, Kostüme von Schauspielern).
Auch wenn die Kleidung nur während der Tätigkeit als Krankenpflegerin verwendet werde und an der Arbeitsstelle verbleibe, ändere dies nichts daran, dass derartige Kleidungsstücke allgemein auch außerhalb einer beruflichen Tätigkeit verwendet werden könnten.
Die Beschwerde gilt als am 25. Mai 2018 beim Finanzamt eingelangt. Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin am 14. Juni 2018 den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Dieser langte am 19. Juni 2018 beim Finanzamt ein.
Dem Antrag hat das Finanzamt am 10. Juli 2018 durch Vorlage entsprochen.
Im Zuge ergänzender Ermittlungen hat das Verwaltungsgericht am 30. Oktober 2024 die Beschwerdeführerin ersucht, nachstehende Fragen innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:
"- Um welche Schuhe, deren Kosten zur Anerkennung beantragt wurden, handelt es sich im Detail? Bitte legen Sie ein Foto vor.
- Laut Finanzamtsakt müssten Rechnungen über 68,00 Euro, 32,76 Euro und 204,60 Euro bereits im erstinstanzlichen Verfahren berücksichtigt worden sein. Diese Rechnungen wurden jedoch abermals dem Vorlageantrag beigelegt. Welche Gegenstände betreffen diese Rechnungen jeweils? Bitte präzisieren Sie den Anfechtungsumfang Ihrer Beschwerde."
Das Ergänzungsersuchen wurde telefonisch insoweit beantwortet, als mitgeteilt wurde, dass "der angesprochene Schuh" nicht mehr existiere.
Die Beschwerdeführerin war im Beurteilungszeitraum als leitende Diplomierte Krankenpflegerin in der Hauskrankenpflege tätig. Sie verrichtete Außendienst mit Hausbesuchen. Aufgrund der Größe der Einrichtung war es dieser nicht möglich, die Berufskleidung zu stellen.
Im Jahr 2017 wurde Bekleidung für das gesamte Jahr (Winter und Sommer) zu einem Betrag von 639,36 Euro gekauft. Kleidung sowie Schuhe wurden nur während der Tätigkeit als Krankenpflegerin verwendet und verblieben an der Arbeitsstelle.
Angeschafft und geltend gemacht wurden sechs Hosen, vier T-Shirts, acht Berufshosen, vier Kasacks für Pflegepersonal, zwei Damenkasacks, zwei D-T-Shirts, ein Paar Speedcross 4 GTX W Poppy Red/Bar (Schuhe), eine New Manaslu Jkt, Women Hawalien Ocean, S (Winterjacke), ein Paar X-Scream 3D W lotus pink (Schuhe) sowie eine Padded Jkt. weary pink (Winterjacke).
Hiervon wurden 305,36 Euro bereits mit dem angefochtenen Bescheid anerkannt; diese entfielen mit einem Betrag von 68,00 Euro auf sechs Hosen und vier T-Shirts sowie mit einem Betrag von 204,60 Euro auf acht Berufshosen und zwei Winterjacken.
Die Ausbildungskosten in Höhe von 152,80 Euro wurden vollständig anerkannt. In Summe ergibt dies den im angefochtenen Bescheid unter "Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte" ausgewiesenen Betrag von 458,16 Euro.
Eine spezifische Beschaffenheit (Eignung) der gekauften Bekleidungsgegenstände, welche zugleich ihre allgemeine Verwendung außerhalb der beruflichen Tätigkeit grundsätzlich ausschließen würde, ist für das Gericht nicht erwiesen. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin keine Beweismittel beigebracht, welche diese Beschaffenheit und den daraus abzulesenden ganz überwiegenden Zweck hätten belegen können.
Die mitübersandten Fotodokumentationen mit ersichtlichen Aufdrucken beziehen sich wiederum ausschließlich auf jene Gegenstände, welche von der Abgabenbehörde unbestrittenermaßen bereits ersetzt worden waren.
Für die nicht schon auf Ebene der Abgabenbehörde anerkannten 334,87 Euro konnte hingegen kein ausschließlich konkreter Bezug zum ausgeübten Beruf glaubhaft gemacht werden. Zur Ermittlung der objektiven Beschaffenheit der Gegenstände wurde - u. a. - eine Recherche mittels Internetsuchmaschine durchgeführt.
Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Die Formulierung "Aufwendungen zur ...." bringt deutlich zum Ausdruck, dass der Aufwand dem Zweck der Einnahmenerzielung dienen muss. Es muss sich um Aufwendungen handeln, die ebenso im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehen, wie das Tätigwerden des Erwerbstätigen selbst. Der Zusammenhang muss sich aus der Sicht der Erwerbstätigkeit ergeben und ist daher sachlicher Natur (vgl. VwGH 17.9.1990, 89/14/0277 unter Hinweis auf die Vorjudikatur).
Aufwendungen für die Anschaffung von Bekleidungsstücken sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn es sich dabei nicht um typische Berufskleidung handelt (VwGH 26.4.2007, 2006/14/0036 unter Bezugnahme auf die hg. Erkenntnisse vom 8. Oktober 1998, 97/15/0079, 0080, und vom 28. April 1999, 94/13/0196).
Entscheidend für die Beurteilung als Berufskleidung ist, ob die Bekleidung sich aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheit von üblicherweise privat getragener ("bürgerlicher") Kleidung unterscheiden lässt (VwGH 23. 4. 2002, 98/14/0219). Typische Berufskleidung ist eine solche, die im Wesentlichen nur für die berufliche Verwendung geeignet ist. Es werden solche Kleidungsstücke dazu zu rechnen sein, die berufstypisch die Funktion entweder einer Schutzkleidung oder einer Art Uniform erfüllen (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 23. April 2002, 98/14/0219, Slg.Nr. 7704/F).
Entscheidendes Kriterium ist mit den Worten des Verwaltungsgerichtshofes eine ausschließliche betriebliche "Tragbarkeit" (so VwGH 10.9.1998, 96/15/0198; in einem solchen Fall würde jedoch eine - tatsächliche, dieser "ausschließlichen Tragbarkeit" allenfalls sogar zuwiderlaufende - überwiegende berufliche Verwendung bereits für die Abziehbarkeit ausreichen).
Bekleidung, die üblicherweise auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit getragen wird, gehört regelmäßig zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen der Lebensführung und führt dementsprechend nicht zu Werbungskosten. Dies gilt auch dann, wenn die Bekleidung tatsächlich nur während der Arbeitszeit resp. ausschließlich bei der Berufsübung getragen wird (VwGH 17.9.1990, 89/14/0277) oder wenn die Verwendung derartiger Kleidungsstücke im Interesse des Arbeitgebers liegt oder von diesem angeordnet wird (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 16 Anm. 23 "Arbeitskleidung" Lit.).
Ähnlich wie im Ausgangsfall zu VwGH 26.4.2007, 2006/14/0036, wurden die angeschafften Kleidungsstücke auch vorliegend nur während der Berufsausübung getragen, doch hat es sich hier wie dort gerade nicht um typische Berufskleidung gehandelt. Die Rechtsprechung des VwGH, wonach einerseits in Bezug auf die Beurteilung der Abziehbarkeit im Bereich der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 die gleichen Grundsätze gelten würden wie bei den Werbungskosten nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. die Literaturhinweise im genannten Judikat, welches allerdings Einkünfte aus selbständiger Arbeit eines Facharztes betraf), sind also auf den gegenständlichen Fall - in "umgekehrter Richtung" - anwendbar. Dies bedeutet, dass unter Berücksichtigung der zitierten Judikatur nur typische Berufskleidung zu Werbungskosten führen kann.
Allerdings ist auch im Beschwerdefall davon auszugehen, dass es sich jedenfalls bei den nicht im berufsspezifischen Fachhandel bezogenen Bekleidungsstücken wie z. B. Winterjacken ihrer Art nach nicht um Kleidungsstücke handelt, bei denen infolge ihres rein funktionalen Charakters eine außerberufliche Verwendung ausgeschlossen erscheint, und damit nicht um "typische Berufskleidung" im Sinne des Verständnisses des Verwaltungsgerichtshofes oder auch des deutschen Bundesfinanzhofes handelt (vgl. VwGH 26.4.2007, 2006/14/0036 unter impliziter Berufung auf BFH 6.12.1990, IV R 65/90, BStBl. II 1991, 348).
Diesfalls kann es sich aber nur um Stücke "bürgerlicher Kleidung" handeln ("tertium non datur"; zur Definition von Berufskleidung siehe oben; VwGH 23. 4. 2002, 98/14/0219), die - auch vor dem Hintergrund des Aufteilungs- und Abzugsverbotes nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 - selbst dann nicht zur steuerlich berücksichtigungsfähigen Arbeitskleidung wird, wenn sie bei der Berufsausübung getragen wird bzw. getragen werden muss und deshalb auch einem erhöhten Verschleiß unterliegt. Es handelt sich dabei geradezu um typische Aufwendungen, welche dem Abzugsverbot nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a leg. cit. unterliegen (vgl. VwGH 26.4.2007, 2006/14/0036, unter Berufung auf Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, III B, Tz. 5 zu § 20, Stichwort "Arbeitskleidung").
Hinsichtlich der Berufshosen, Kasacks oder mit einschlägigen Aufdrucken versehenen T-Shirts, worüber sich unter Umständen anderes sagen ließe, war das Bundesfinanzgericht nicht in die Lage einer Beurteilung unter dem Aspekt von deren Abziehbarkeit versetzt, zumal die getätigten Ausgaben hierfür bereits von der Abgabenbehörde anerkannt worden waren.
Was die gekauften zwei Paar Schuhe betrifft, ändert der Umstand, dass diese nur während der Tätigkeit als Krankenpfleger verwendet werden und an der Arbeitsstelle verbleiben, nichts daran, dass derartige Kleidungsstücke allgemein auch außerhalb einer beruflichen Tätigkeit verwendet werden können. Berufsbedingte Arbeitsschuhe wie etwa Sicherheitsschuhe, die bestimmte Sicherheitskriterien erfüllen müssen und deren Verwendung bei bestimmten Berufen vorgeschrieben ist, wurden nicht erworben. Derartige Schuhe sind auch für die Tätigkeit als Krankenpfleger grundsätzlich nicht erforderlich. Es geht aus den vorliegenden Rechnungen nicht hervor, dass solche Schuhe erworben worden wären.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gegenständlich sich stellende Rechtsfragen wurden allerdings entsprechend der in der rechtlichen Beurteilung wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst, sodass ihnen grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt.
Innsbruck, am 17. Dezember 2024
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