Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***
in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Lang und Schiller Steuerberatung GmbH & Co KG, Kirchstraße 9a, 6900 Bregenz,
betreffend den Bescheid des ***FA*** vom 30. August 2019
hinsichtlich Abweisung eines Antrages auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die Grunderwerbsteuer wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 i.V.m. § 26a Abs. 1 Z 1 GGG festgesetzt mit € 720,95:
| Grundstückswert | € 288.379,10 |
| Bemessungsgrundlage Hälfteanteil | € 144.189,55 |
| GrESt (0,5% gem. § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987) | € 720,95 |
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz ( B-VG) nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer stellte durch seine steuerliche Vertretung den Antrag gemäß § 201 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BAO auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer mit Abgabenbescheid, da die dem Finanzamt am 09.10.2018 bekannt gegebene Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer i.H.v. € 8.312,50 sich als nicht richtig erwiesen habe.
Der Beschwerdeführer habe den ideellen Hälfteanteil am Grundstück von seiner Lebensgefährtin erworben, weshalb die Berechnung der Grunderwerbsteuer entsprechend den Regeln für den begünstigten Personenkreis gemäß § 26a GGG i.V.m. § 7 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1987 zu erfolgen habe.
Der Antrag wurde seitens der Abgabenbehörde mit Bescheid abgewiesen und dazu ausgeführt, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hätten die Beteiligten keinen gemeinsamen Wohnsitz gehabt. Die eingereichten Unterlagen stellten keinen geeigneten Nachweis für einen gemeinsamen Wohnsitz dar. Die Selbstberechnung sei ohne Berücksichtigung einer Lebensgemeinschaft erfolgt, da diese zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch nicht bestanden habe.
Der Beschwerdeführer brachte durch seine steuerliche Vertretung Beschwerde gegen diesen Bescheid ein und erläuterte, er habe sich als Käufer des ideellen Hälfteanteiles an der Liegenschaft seiner Lebensgefährtin ***1*** ***2*** schon seit geraumer Zeit in einer Lebensgemeinschaft mit ihr befunden und einen gemeinsamen Hauptwohnsitz mit ihr gehabt. Wie aus den beigelegten eidesstattlichen Erklärungen zu ersehen sei, bestand der gemeinsame Hauptwohnsitz seit Jänner 2015 in ***3*** und ab April 2018, nach Übersiedlung zu der mit Kaufvertrag vom 24.05.2018 anteilig erworbenen Liegenschaft, in ***4***.
Seine Lebensgefährtin habe es verabsäumt, sich vom Wohnsitz ihrer Eltern in ***5*** umzumelden, als sie ihren eigentlichen Hauptwohnsitz bei ihm in ***3*** begründet habe. Deshalb sei auch ihre Adresse auf Seite 1 des Kaufvertrages falsch ausgewiesen worden. Davon ausgehend habe der die Selbstberechnung vornehmende Rechtsanwalt fälschlicherweise das Vorliegen eines begünstigten Personenkreises gemäß § 26 AGGG nicht berücksichtigt.
Beigelegt waren zwei eidesstattliche Erklärungen: Einerseits eines ***6***, wohnhaft in ***7***, der bestätigt, dass Frau ***1*** ***2*** und der Beschwerdeführer seit April 2018 ihren gemeinsamen Wohnsitz im Haus ***8***, innehätten.
Andererseits eines ***9***, der bestätigt, dass ***1*** ***2*** und der Beschwerdeführer von Jänner 2015 bis April 2018 ihren gemeinsamen Hauptwohnsitz in der ihm benachbarten Wohnung Nr. 7, ***10***, gehabt hätten.
Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in der ausgeführt wurde:
Der Umstand, dass schon länger eine Beziehung oder Lebensgemeinschaft bestehe, bedeute nicht, dass damit schon die Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung, nämlich insbesondere ein Hauptwohnsitz, vorlägen.
Im Kaufvertrag vom 24.05.2018 seien unterschiedliche Adressen als Wohnsitze der Verkäuferin und des Käufers angegeben worden. Für die durch den Beschwerdeführer verkaufte Wohnung in ***3*** sei laut Kaufvertrag eine Übergabe per 15.06.2018 vorgesehen worden und wiesen die Meldedaten der Erwerber tatsächlich eine Ummeldung erst mit 27.07.2018 aus. Es ergebe sich daher nicht, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz schon im April 2018 aufgegeben habe. Seine Lebensgefährtin habe keine Angaben zur Aufgabe ihres Wohnsitzes in ***5*** gemacht, auch seien auf beide Lebensgefährten an die selbe Adresse ausgestellte Rechnungen nicht vorgelegt worden.
Es sei daher der Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine begünstigte Besteuerung im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld nicht erbracht worden.
Der Beschwerdeführer brachte durch seine steuerliche Vertretung einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerden das Bundesfinanzgericht ein und erläuterte:
Die in der Beschwerdevorentscheidung aufgezeigte Abweichung hinsichtlich des Zeitpunktes des gemeinsamen Umzuges nach ***4*** habe keinerlei Auswirkung auf die Tatsache, dass Frau ***2*** und der Beschwerdeführer sich bereits seit geraumer Zeit vor Abschluss des Kaufvertrages vom Mai 2018 einen gemeinsamen Hauptwohnsitz geteilt hätten. Somit bestand ein solcher jedenfalls auch im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die fehlende Ummeldung des Hauptwohnsitzes der Lebensgefährtin von ***5*** auf die gemeinsame Wohnung in ***3*** stelle lediglich ein Meldeversäumnis dar. Da die Wohnung in ***3*** im Eigentum des Beschwerdeführers gestanden sei, gebe es auch keine Rechnungen, die auf den Namen seiner Lebensgefährtin ausgestellt wären. Jedoch seien dem Finanzamt Buchungsnachweise über einen monatlich von Frau ***2*** an den Beschwerdeführer überwiesenen Unkostenbeitrag i.H.v. € 100 für die Betriebskosten der gemeinsamen Wohnung in ***3*** vorgelegt worden. Diese Nachweise beträfen den Zeitraum Jänner 2017 bis inklusive Juni 2018. Eine monatliche Überweisung von Unkostenbeiträgen durch die Lebensgefährtin wäre unrealistisch, wenn die betreffende Wohnung nicht ihren Hauptwohnsitz dargestellt hätte. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung sei keinerlei Stellungnahme zu diesem Beweismittel erfolgt. Es werde neuerlich darauf hingewiesen.
Es habe zudem der kaufvertragsabschließende Rechtsanwalt, der die Berechnung und Meldung der Grunderwerbsteuer vorgenommen hatte, außergerichtlich einem Vergleich dahingehend zugestimmt, dass es sich um einen begünstigten Erwerb durch einen Lebensgefährten im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG i.V.m. § 26 Abs. 1 Z 1 GGG gehandelt habe.
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"Mit Kaufvertrag vom 24.05.2018 verkaufte ***1*** ***2*** die aufgrund des Einantwortungsbeschlusses vom ***11*** in ihrem Alleineigentum stehende Liegenschaft ***12***, zur ideellen Hälfte an ihren Lebensgefährten ***13*** ***14*** zu einem Kaufpreis von € 237.500."
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"Als Adresse der Verkäuferin schien laut Kaufvertrag jene ihres Elternhauses in ***5*** auf, an der sie bis 20.06.2018 mit Hauptwohnsitz gemeldet war."
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"Als Adresse des Käufers schien laut Kaufvertrag jene seiner Eigentumswohnung in ***15***, ***3***, auf, an der er bis 20.06.2018 gemeldet war."
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"Bereits geraume Zeit vor Abschluss des Kaufvertrages waren Frau ***2*** und Herr ***14*** Lebensgefährten mit gemeinsamem Wohnsitz."
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"Der vorerst selbstberechnete Grunderwerbsteuerbetrag wurde dem Finanzamt mit 09.10.2018 bekannt gegeben."
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"Der Antrag auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 201 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ",
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}Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf den Akteninhalt mit eidesstattlichen Erklärungen der Lebensgefährten und von Nachbarn sowie Kontoauszügen der Frau ***2***, die Überweisungen an Herrn ***14*** als Unkostenbeitrag dokumentieren.
Gemäß § 201 Abs. 1 BAO kann, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder dies gestatten, auf Antrag des Abgabepflichtigen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Die Festsetzung kann gemäß Abs. 2 Z 2 leg. cit. erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 lit. c GrEStG 1987 idF. BGBl. I Nr. 163/2015 gilt ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des GGG angeführten Personenkreis als unentgeltlich.
Gemäß Z 2 lit. a leg. cit. beträgt die Steuer beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken für die ersten € 250.000 0,5 %, für die nächsten € 150.000 2 %, darüber hinaus 3,5 % des Grundstückswertes.
§ 26a Abs. 1 Z 1 GGG umschreibt als begünstigte Erwerbsvorgänge die Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährtin einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, ….
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Gemäß § 2a BAO gelten die Bestimmungen der BAO sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten.
Strittig ist: Liegt gegenständlich das Erfordernis eines gemeinsamen Hauptwohnsitzes für einen begünstigten Erwerbsvorgang vor?
Unstrittig ist, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Verkäuferin bereits geraume Zeit vor dem Kaufvertrag eine Lebensgemeinschaft bestand.
Unstrittig ist weiters, dass der Antrag auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer mit Bescheid gemäß § 201 Abs. 1 BAO in Verbindung mit Abs. 2 Z. 2 leg. cit. fristgerecht binnen eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht wurde.
Die Abgabenbehörde gründet ihre ablehnende Haltung zu einer begünstigten Grunderwerbsteuerbemessung darauf, dass der Beschwerdeführer laut Melderegister bis 20.06.2018 mit Hauptwohnsitz in ***15***, ***3***, seine Lebensgefährtin hingegen bis 20.06.2018 in ihrem Elternhaus in ***5*** gemeldet war und eine gemeinsame Hauptwohnsitzmeldung erst ab 20.06.2018 im kaufgegenständlichen Objekt ***16***, ***4***, erfolgte.
Nun ist die polizeiliche Ab- und Anmeldung zwar ein Indiz für die Innehabung einer Wohnung, jedoch nicht allein entscheidend. Maßgebend ist vielmehr die tatsächliche Gestaltung der Dinge (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 26 Tz 4-7).
Auch in dem seitens der Abgabenbehörde zitierten Erkenntnis des BFG vom 24.04.2019, RV/5101069/2016, wird nicht ausgesprochen, dass der Begriff "Hauptwohnsitz" ausschließlich an der polizeilichen Meldung festzumachen ist. Vielmehr heißt es dort: "Das Vorliegen des Hauptwohnsitzes kann durch eine Meldebestätigung nachgewiesen werden …" Zumal die übereinstimmende Meldung im zitierten Fall vorlag, bedurfte es keiner weiteren Untersuchungen hinsichtlich der Wohnsitzfrage.
Gegenständlich vermögen die monatlichen Überweisungen über einen Unkostenbeitrag von € 100 seitens der Lebensgefährtin an den Beschwerdeführer (im Akt nachgewiesen für einen Zeitraum von 15.03.2017 bis 15.06.2018), welche nach plausibler Angabe der beteiligten Personen für die gemeinsam bewohnte Wohnung des Beschwerdeführers in ***3*** getätigt wurden, im Verein mit der eidesstattlichen Erklärung der beiden Lebensgefährten sowie eines Nachbarn davon zu überzeugen, dass die Lebensgefährten nach tatsächlicher Gestaltung der Dinge spätestens ab März 2017 die dem Beschwerdeführer gehörige Wohnung in ***3*** gemeinsam bewohnt haben.
Es mag dabei dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin bis 15.06.2018 (Datum der Übergabe an die Käufer laut Kaufvertrag) in seiner Wohnung in ***3***, oder schon ab April 2018 im Haus der Lebensgefährtin in ***4***, dessen Alleineigentümerin sie durch Einantwortung seit ***11*** war, wohnhaft war, zumal es nicht darauf ankommt, wo der gemeinsame Hauptwohnsitz der Lebenspartner lag, sondern, dass ein solcher bestand und beide Varianten aufgrund der Eigentumsverhältnisse möglich sind.
Im Zuge eines Vorhaltsverfahrens wurde die obenstehende Beurteilung des BFG der Abgabenbehörde samt einer durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers eingereichten Grundstückswert-Berechnung zur Kenntnis gebracht. Es langte ein Antwortschreiben an, wonach die Abgabenbehörde diese Berechnung als richtig anerkenne.
Insgesamt war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der Streitfrage gründet sich auf Feststellungen zum Sachverhalt, wie sie einer Revision nicht zugänglich sind und findet darüber hinaus Deckung in der Gesetzeslage.
Feldkirch, am 4. November 2025
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