Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in den Beschwerdesachen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, über die Beschwerden vom 4. April 2017 gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom 20. März 2017 und vom 3. August 2017 gegen den Bescheid vom 31. Juli 2017 betreffend die Festsetzung von Säumniszuschlägen, St.-Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit den Bescheiden vom 20. März 2017 machte das Finanzamt gleichzeitig mit den Bescheiden über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) betreffend die Jahre 2012 bis 2014 und mit Bescheid vom 31. Juli 2017 betreffend das Jahr 2015 Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) geltend.
Mit Eingabe vom 4. April 2017 erhob die Beschwerdeführerin jeweils das Rechtsmittel der Beschwerde betreffend die Säumniszuschläge 2012 bis 2014 und mit Eingabe vom 3. August 2017 betreffend Säumniszuschlag 2015.
In den Beschwerden wurde unter Wiederholung des Vorbingens aus einer Vorprüfung betreffend das Jahr 2011 wiederum vorgebracht, dass ein Werkvertrag vorliege und die Beschwerdeführerin nicht Arbeitgeberin sein könne. Weiters wurde vorgebracht, dass der Säumniszuschlag auf die Monate aufzuteilen wäre und dann unter € 50,00 liege.
In der Beschwerde gegen den Säumniszuschlag betreffend das Jahr 2015 wurde außerdem vorgebracht, dass der Bescheid keine Ausführungen zum Vorliegen eines groben Verschuldens enthalte und selbst bei Vorliegen einer unvertretbaren Rechtsansicht kein Säumniszuschlag in Betracht komme, weil die unvertretbare Rechtsansicht nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig vertreten worden wäre. Im Übrigen liege kein grobes Verschulden vor, wenn die zuständige Abgabenbehörde der Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen teile.
Das Finanzamt wies die Beschwerden mit den Beschwerdevorentscheidungen vom 22. Juni 2017 und vom 20. September 2017 als unbegründet ab.
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Ausführungen in den Beschwerden den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) ein.
Im Rahmen einer am 26. Juni 2025 durchgeführten Erörterung der Sach- und Rechtslage wurden nach Darstellung des Sachverhaltes vorgebracht, dass kein Verschulden an der Nichterklärung der Dienstgeberbeiträge und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gesehen werden könne. Die Anträge auf Entscheidung durch einen Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden zurückgenommen.
Nach Abweisung des Antrages auf Genehmigung einer unfallchirurgischen Ambulanz siedelte die Beschwerdeführerin aufgrund einer Vereinbarung mit den Belegärzten der Unfallchirurgie eine Wahlarztordination in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin an. Darin verpflichtete sich die Beschwerdeführerin nicht medizinisches Personal im erforderlichen Ausmaß bereitzustellen, soweit die Ärztegemeinschaft dieses nicht selbstständig auf eigene Rechnung beizieht. Der Vertrag regelte weiters den Betrieb, die Öffnungszeiten und die sachlichen Leistungen, die die Beschwerdeführerin zu erbringen hat, darunter auch die Bereitstellung, Erhaltung und Pflege der Räumlichkeiten, die Bereitstellung, Erhaltung und Pflege der für den Betrieb der Unfallchirurgie erforderlichen medizintechnischen und sonstigen Anlagen, Geräte und Ausrüstungen sowie die Anschaffung sämtlicher Medikamente und im OP benötigter Hilfsmittel.
Bezüglich der Abrechnung der Leistungen der Unfallchirurgie wurde vereinbart, dass sämtliche Leistungen von der "Klinik" zu erfassen nach dem Wahlarztsystem abzurechnen seien, wobei diese Abrechnung ausschließlich durch die Klinik erfolgen solle. Die gegenüber dem Patienten abzurechnenden Beträge bestimme sich hierbei nach den von der Ärzte-Gemeinschaft der Klinik bekannt gegebenen Rechnungsbeträgen.
Dienstnehmer der Beschwerdeführerin, die für die Anästhesiepflege im OP und in der Unfallambulanz beschäftigt wurden, gründeten die ***P-GmbH***. Diese Gesellschaft übernahm Leistungen in der Krankenpflege mit Schwerpunkt Intensiv- und Anästhesiepflege. Die Gesellschafter dieser Gesellschaft waren im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Wahlarztordinationen an die Weisungen der Wahlärzte und der Beschwerdeführerin selbst gebunden. Sie waren als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin einerseits dieser, als auch der kollegialen Führung der Krankenanstalt gegenüber weisungsgebunden. Die Beschwerdeführerin konnte auch im Rahmen der Wahlarztordination durch die Bestimmung der Arbeitszeiten Weisungen erteilen und hatte auch durch die Pflegedirektion Aufsichts und Kontrollrechte über die Tätigkeiten der diplomierten Gesundheit- und Krankenpfleger der ***P-GmbH***. Darüber hinaus hat sich die Beschwerdeführerin auch ein Mitspracherecht bezüglich der täglichen Ambulanzzeiten der Wahlarztordinationen ausbedungen. Die vollbeschäftigten Mitarbeiter reduzierten ihre Dienstzeiten bei der Beschwerdeführerin von 100 auf 75 % und glichen die Differenz auf das Vollbeschäftigungsausmaß durch die Erbringung von Diensten im Rahmen der ***P-GmbH*** in den Wahlarztordinationen aus. Die halbtägig beschäftigten Dienstnehmer änderten das Beschäftigungsausmaß von 50 % nicht. Der Beschwerdeführerin kam es darauf an, dass das Gesundheits- und Krankenpflegepersonal einheitlich gegenüber den Patienten auftrat, so wurde beispielsweise auch die gleiche Dienstkleidung verwendet.
Das Finanzamt erkannte die Dienstleistung auf Werksvertragsbasis nicht an und forderte die Dienstgeberbeiträge und die Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag nach.
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der vorlegenden Abgabenbehörde, insbesondere der Prüfungsfeststellungen der gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben (kurz GPLA) und den ergangenen Entscheidungen der Tiroler Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse und der Beschwerdeentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes.
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.
Der Säumniszuschlag ist somit eine objektive Säumnisfolge. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben sind grundsätzlich unbeachtlich (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 2).
Das Beschwerdevorbringen, dass der Säumniszuschlag auf die Monate aufzuteilen sei und dann unter € 50,00 liege, ist entgegenzuhalten, dass § 217 Abs. 10 BAO vorsieht, dass bei Abgaben, deren Selbstberechnung nach den Abgabenvorschriften angeordnet oder gestattet ist, die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben maßgebend ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO insoweit herabzusetzen oder nicht festzusetzen, als diesen an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Für die Herabsetzung oder Unterlassung der Festsetzung eines Säumniszuschlages kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Auffallend sorgloses Handeln schließt leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. VwGH 06.04.2016, Ro 2016/16/0007, mwN).
Die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachver-haltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hinter-grund. Der Antragssteller hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann (vgl. VwGH 25.2.2004, 2003/13/0117; VwGH 22.4.2004, 2003/15/0112 zu § 212 BAO).
Nimmt ein zur Selbstberechnung verpflichteter Schuldner oder Abfuhrpflichtiger die Selbstberechnung vor und entrichtet er (zeitgerecht) den selbst berechneten Betrag, so ist für die Beurteilung nach § 217 Abs. 7 BAO ausschlaggebend, ob ihn an der Fehlberechnung (d.h. an der zu niedrigen Berechnung) ein grobes Verschulden trifft. Dies wird beispielsweise nicht der Fall sein, wenn der Selbstberechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt (vgl. Ritz/Koran, aaO, Rz 48 zu § 217 BAO).
Ein grobes Verschulden liegt etwa nicht vor, wenn der Abgabepflichtige der Selbstberechnung die Rechtsprechung des VwGH, VfGH oder EuGH, eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde, eine Erlassmeinung des BMF oder eine Rechtsauskunft eines Fachexperten zugrunde gelegt hat (vgl. Ritz/Koran, aaO, Rz 48; Predota/Rzeszut in Rzeszut/Tanzer/Unger (Hrsg) BAO Kommentar2, Band 4, § 217 Rz 80 mwN).
Eine vertretbare Rechtsansicht setzt in den Beschwerdefällen voraus, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit des Dienstgeberbeitrages nur diese eine Rechtsansicht vorlag und kein Anhaltspunkt dafür besteht, diese Qualifikation anzuzweifeln (VwGH 06.04.2016, Ro 2016/16/0007).
Das Vorbringen, es habe ein Werkvertrag vorgelegen, vermag für sich allein gesehen nicht die Vertretbarkeit der Rechtsansicht zu begründen, da es nicht auf die gewählte Bezeichnung, wie Dienstvertrag oder Werkvertrag, ankommt, sondern auf das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 47 Tz 21; Jakom/Lenneis EStG, § 47 Rz 5 zweiter Absatz).
Hinzu kommt, dass bereit im Jahr 2011 in den Lohnsteuerrichtlinien (Rz 999a) von der Finanzverwaltung zum Thema "Poolschwestern" die Auffassung vertreten wurde, dass in solchen Fällen in der Regel ein Dienstverhältnis vorliegt. Je nachdem, ob die Gestaltung mit einer Arbeitskräfteüberlassung (Gestellung) vergleichbar ist oder ob eine Vermittlungsleistung vorliegt, ist der "Pool" ("Gesteller") oder das Spital als Arbeitgeber anzusehen. Bei einer Arbeitskräfteüberlassung ist derjenige als Arbeitgeber anzusehen, der die Arbeitnehmer dem Dritten überlässt und sie entlohnt, und nicht jener, der diese Arbeitskräfte in seinem Betrieb zur Arbeitsleistung einsetzt (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 47 Tz 13).
Die ***P-GmbH*** stellte der Beschwerdeführerin Rechnungen für Tätigkeiten, welche Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin (die Gesellschafter der KG) im Gebäude der Beschwerdeführerin für die Wahlarztordinationen ausübten. Die Beschwerdeführerin zahlte an die KG. Die Annahme einer Arbeitskräftegestellung liegt deshalb nahe.
Weiters ist die Rechtsprechung zur Haupt- und Nebentätigkeit zu beachten, wonach ein Steuerpflichtiger grundsätzlich gleichzeitig Arbeitnehmer und freiberuflich Tätiger sein kann, wenn diese Tätigkeiten ohne gegenseitige Verbindung selbständig nebeneinander stehen oder, mit anderen Worten, sich deutlich voneinander abheben (VwGH 05.07.1988, 87/14/0121; Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 47 Tz 51 mwN).
In den Beschwerdefällen erbrachten die Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin als "Selbständige" den Wahlarztordinationen gegenüber dieselben Leistungen wie im Rahmen ihrer Dienstverhältnisse zur Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin konnte daher nicht von einer vertretbaren Rechtsansicht ausgehen, weil Anhaltspunkte vorlagen, die die Zweifel an der Rechtsauffassung aufkommen lassen hätten müssen. Auf eine ihre Rechtsansicht stützende Rechtsprechung der Höchstgerichte, eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde bzw. eine entsprechende Erlassmeinung oder Auskunft durch eine Fachexpertin oder einen Fachexperten vermag sich die Beschwerdeführerin nicht zu berufen.
Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, oder objektiv fehlerhafte Rechtsauffassung nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (vgl. BFG 16.5.2017, RV/5101646/2015).
In der Situation der Beschwerdeführerin wäre es schon aufgrund der offensichtlich engen Verbindung der zwei Tätigkeiten des nicht medizinischen Personals geboten und auch zumutbar gewesen entsprechende Erkundigungen einzuholen (vgl. zB auch VwGH 20.01.2016, Ro 2014/17/0036). Da dies nicht erfolgt ist, ist von einer auffallenden Sorglosigkeit auszugehen und war daher eine Herabsetzung der Säumniszuschläge nach § 217 Abs. 7 BAO wegen Vorliegens groben Verschuldens abzuweisen.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass der Prüfer zunächst (für das Jahr 2015) selbst eine andere Meinung vertreten habe und Dienstverhältnisse zur ***P-GmbH*** angenommen habe, vermag im Hinblick auf das Fehlen einer tauglichen Vertrauensgrundlage im Zeitpunkt der Entstehung der Dienstgeberbeiträge nichts an der Beurteilung der Verschuldensfrage zu ändern.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Es liegen auch sonst keine zu lösenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am 15. Juli 2025
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