Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***R1***, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf_Adr***, vertreten durch Arnold Steuerberatungs- und Datenverarbeitungs OG, Hans-Maier-Straße 9, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom 25. März 2024 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 26. Februar 2024 betreffend Abweisung eines Nachsichtsansuchens gem. § 236 BAO, Steuernummer ***Bf_StNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. November 2025 in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
1. Am 21.02.2024 brachte die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden GmbH (Bf) über FinanzOnline ein Nachsichtsansuchen gem. § 236 BAO betreffend die Zwangsstrafe iHv € ***Betrag_1***, festgesetzt mit Bescheid vom 04.12.2023, ein.
Begründend wurde ausgeführt, der Geschäftsführer der Bf habe weder von der Erinnerung an die WiEReG-Meldung vom 17.08.2023, noch von der Ausstellung der Zwangsstrafenbescheide vom 10.10.2023 und vom 04.12.2023 Kenntnis gehabt. Diese Kenntnis habe er erst durch die Ausstellung eines Säumniszuschlagsbescheides und die Mahnung über den Rückstand auf dem Abgabenkonto der Bf erlangt, welche beide in Papierform zugestellt worden seien. Dem Geschäftsführer der Bf sei nicht bekannt gewesen, dass er über seinen persönlichen FON-Zugang die Nachrichten der Bf zugestellt bekomme. Eine Mailadresse, über welche eine Verständigung über eine Zustellung erfolgen könne, sei nicht hinterlegt. Die elektronische Zustellung sei mittlerweile gelöscht, und die WiEReG-Meldung vorgenommen worden.
Zum Nachweis wurden Screenshots aus FinanzOnline und der Anzeige der Logdaten von 01.01.2023 bis 21.02.2024 vorgelegt. Es wurde nochmals betont, dass keine Verständigung per Mail über die Zustellung der Zwangsstrafenbescheide erfolgt sei. Der Geschäftsführer der Bf öffne aufgrund seiner nichtselbständigen Tätigkeit FinanzOnline nicht regelmäßig.
2. Mit Bescheid vom 26.02.2024 wurde, nach Darlegung der Voraussetzungen für eine Nachsichtsgewährung gem. § 236 BAO, das Vorliegen einer sachlichen, ebenso wie einer persönlichen Unbilligkeit im Beschwerdefall verneint, das Nachsichtsansuchen daher abgewiesen. Es handle sich bei der Festsetzung von Zwangsstrafen um Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage. Ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis sei nicht eingetreten.
3. Gegen diesen Bescheid wurde am 25.03.2024 über FinanzOnline die Beschwerde eingebracht. Es wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid durch Bescheide zu ersetzen, mit welchen folgendem Begehren Rechnung getragen werde:- Die Zwangsstrafenbescheide vom 10.10.2023 und vom 04.12.2023 seien mangels richtiger Zustellung wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.- Beim Ermessen über die Höhe der Zwangsstrafe sei der Sachverhalt, nämlich die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten, die abgabenrechtliche Bedeutung der verlangten Leistung, und der Grad des Verschuldens der Bf, zu berücksichtigen.
Dieses Begehren wurde damit begründet, dass sämtliche im WiEReG-Zwangsstrafenverfahren ergangenen abgabenbehördlichen Schriftstücke über FinanzOnline in die Databox der Bf zugestellt worden seien. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2.11.2023, Ra 2023/13/0048, hätte jedoch die Zustellung in die persönliche Databox des zustellbevollmächtigten Geschäftsführers der Bf erfolgen müssen. Der Geschäftsführer der Bf habe erst nach Zustellung einer schriftlichen Mahnung am 21.02.2024 Einsicht in die Databox der Bf genommen, und so Kenntnis über den Sachverhalt erlangt. Die WiEReG-Meldung sei nach Kenntnisnahme umgehend erledigt worden.
Im Übrigen seien die lt. näher bezeichneter Literaturstelle zu berücksichtigenden Ermessenskriterien bei der Bemessung der Zwangsstrafen nicht beachtet worden.
4. Die Beschwerde wurde am 26.03.2025 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Einwendungen der Bf richteten sich ausschließlich gegen die Abgabenfestsetzung. Derartige Einwendungen seien jedoch nicht im Nachsichtsverfahren, sondern im Beschwerdeverfahren gegen die Abgabenfestsetzung vorzubringen. Gegenständlich hätte sohin, zumal die Zustellung am 21.02.2024 behauptet worden sei, binnen eines Monats ab diesem Zeitpunkt eine Beschwerde gegen die Abgabenfestsetzung erhoben werden müssen.
5. Im Vorlageantrag vom 22.04.2025 wurde das Vorbringen dahingehend ergänzt, dass die Bf durch die fehlende Zustellung der Zwangsstrafenbescheide vom 10.10.2023 und vom 04.12.2023 kein Verschulden treffe. Mangels Zustellung habe keine Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen. Daher liege eine sachliche Unbilligkeit vor. Weiters sei keine Erinnerung an die Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung an die Bf erfolgt. Die Meldung sei sofort nach Heilung der unwirksamen Zustellung am 21.02.2024 nachgeholt worden.
1. Die Bf ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), und fällt als solche in den Anwendungsbereich des WiEReG.
2. Die Bf wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ***Gründ_Datum*** gegründet, und ist seither ***A*** als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Bf im Firmenbuch eingetragen.
3. Mit Erinnerung vom 17.08.2023 wurde die Bf auf die bislang unterbliebene Meldung nach § 5 WiEReG hingewiesen und aufgefordert, die Meldung bis 09.10.2023 nachzuholen. Unter Einem wurde der Bf die Verhängung einer Zwangsstrafe iHv € ***Betrag_2*** angedroht.
Mit Bescheid vom 10.10.2023 wurde die angedrohte Zwangsstrafe von € ***Betrag_2*** festgesetzt. Gleichzeitig wurde die Bf unter Androhung einer weiteren Zwangsstrafe iHv € ***Betrag_1*** aufgefordert, die Meldung nach dem WiEReG bis 01.12.2023 nachzuholen. Der Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe iHv € ***Betrag_1*** erging am 04.12.2023.
Sämtliche genannten Erledigungen waren an die Bf, zH ***A***, adressiert, und wurden in die FinanzOnline-Databox der Bf zugestellt.
4. Am 09.02.2024 ergingen ein Säumniszuschlagsbescheid, sowie eine Mahnung iSd § 227 BAO in Papierform, da v.a. die Zwangsstrafe vom 04.12.2023 nicht entrichtet worden war.
5. Am 21.02.2024 nahm der Geschäftsführer der Bf Einsicht in deren FinanzOnline-Databox; mit selbem Datum wurde das beschwerdegegenständliche Nachsichtsansuchen gestellt.
Mit der Kenntnisnahme bzw. dem tatsächlichen Zugehen des Zwangsstrafenbescheides vom 04.12.2023 am 21.02.2024 an den Geschäftsführer der Bf als Empfänger iSd § 5 ZustG wurde dieser rechtswirksam zugestellt.
Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Akteninhalt und dem Vorbringen der Bf, und ist unstrittig.
1. § 236 BAO lautet:(1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach Lage des Falls ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die im § 236 vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu Recht, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (VwGH 20.05.2010, 2009/15/0008). Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung kann grundsätzlich nicht damit begründet werden, dass die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgt ist. Vielmehr muss die behauptete Unbilligkeit in Umständen liegen, die die Entrichtung der Abgabe selbst betreffen. Im Nachsichtsverfahren können daher nicht Einwände nachgeholt werden, die im Festsetzungsverfahren geltend zu machen gewesen wären (VwGH 04.06.2020, Ra 2019/15/0117). (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner/Leitner/Petrag-Wolf, Abgabenverfahren4 § 236 BAO [Stand 1.3.2025, rdb.at], mit den angeführten Verweisen auf hg. Rspr.)
2. Als (sachliche) Unbilligkeit iSd § 236 BAO wurde von der Bf im Vorlageantrag ausschließlich vorgebracht, dass die Bf infolge der unwirksamen Zustellungen der Erinnerung bzw. Androhungen iSd § 111 Abs. 2 BAO, sowie der Zwangsstrafenbescheide kein Verschulden treffe. Auch das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, wonach auch die erstmalige Erinnerung samt Androhung der ersten Zwangsstrafe vom 17.08.2023 erst am 21.02.204 zugestellt worden seien, und unmittelbar die versäumte Meldung nachgeholt worden sei, richtet sich in erster Linie gegen die Abgabenfestsetzung.
Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung ist grundsätzlich in Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der in der anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist. (Ritz/Koran, BAO8 § 236 BAO Rz 11, mwN)
Wie bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt, ist im Beschwerdefall eine sachliche Unbilligkeit iSd zitierten Literaturstelle nicht erkennbar. Die Bf war nach den Bestimmungen des WiEReG dazu verpflichtet, nach der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer eine Meldung von Änderungen vorzunehmen, oder bereits gemeldete Daten zu bestätigen. Diese Meldung wurde von der Bf unstrittig nicht aus Eigenem vorgenommen, weshalb seitens der Abgabenbehörde entsprechende Schritte zu setzen waren, wozu auch die Androhung und Festsetzung von Zwangsstrafen gehörte. Dass, wie von der Bf grundsätzlich richtig ausgeführt, keine wirksame Androhung von Zwangsstrafen stattgefunden hat, die Zwangsstrafenbescheide daher rechtswidrig ergangen sind, spielt keine Rolle: Auch rechtswidrige Bescheide, die nicht mit den vorgesehenen Rechtsmitteln bekämpft werden, erwachsen in Rechtskraft. Wurde die Erhebung von Rechtsmitteln unterlassen, kann dies nicht im Nachsichtsverfahren nachgeholt werden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage wurde im Beschwerdefall nicht aufgeworfen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am 13. November 2025
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