Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache **BF**, vertreten durch CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, 1210 Wien, über die Beschwerde vom 18. Mai 2015 gegen die Bescheide des Finanzamtes für Großbetriebe vom 1. Juni 2021 (ursprünglich angefochtene Bescheide datiert mit 14. April 2015, erlassen vom Finanzamt Wien 1/23) betreffend Umsatzsteuer 2005 bis 2008 zu Recht:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Die zugrundeliegende Beschwerde wurde im ersten Rechtsgang mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31.8.2021, RV/7103059/2017, teilweise stattgebend erledigt.
In der Anfechtungserklärung der eingebrachten Amtsrevision machte das revisionswerbende Finanzamt ausschließlich geltend, das Bundesfinanzgericht habe den Vorsteuerabzug etwa aus den Rechnungen der "**H-GmbH**" (in der Folge: Reinigungsunternehmen) hinsichtlich der unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten zu Unrecht - weil diese Bedürfnisanstalten nicht der Erzielung von Einnahmen (und daher keiner unternehmerischen Tätigkeit) dienten - zugelassen.
Infolge der Amtsrevision wurde das BFG-Erkenntnis mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18.12.2024, Ro 2022/13/0006, (mit Verweis auf die dargelegten Gründe des Erkenntnisses desselben Tags, Ro 2022/13/0006) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Im Verfahrensgang des im ersten Rechtsgang erlassenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom 31.8.2021, RV/7103059/2017, findet sich zur relevanten Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Bedürfnisanstalten im Wesentlich ausgeführt:
"Bei der Beschwerdeführerin, einer Körperschaft öffentlichen Rechts (KöR), kam es in Folge einer durchgeführten Außenprüfung (Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 17.12.2014 bzw Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 20.2.2015) zu umfangreichen Vorsteuerkürzungen bzw Umsatzsteuerfestsetzungen. [Unter anderem wurden Feststellungen zum Punkt "Tz 9: Bedürfnisanstalten" getroffen].
In den mit 14.4.2015 (im Zuge einer nicht angefochtenen Wiederaufnahme des Verfahrens) erlassenen Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2005 bis 2008 wurden, den Prüfungsfeststellungen folgend, die entsprechenden Abänderungen vorgenommen.
Mit Beschwerde vom 18.5.2015 wurden die Umsatzsteuerbescheide hinsichtlich der bezeichneten Prüfungsfeststellungen fristgerecht angefochten und entsprechende Bescheidabänderungen beantragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.4.2017 wurde die Beschwerde vollumfänglich als unbegründet abgewiesen. Infolge des am 22.5.2017 fristgerecht erhobenen Vorlageantrags erfolgte mit Bericht vom 20.6.2017 die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.
Vom Bundesfinanzgericht wurden mehrere Vorhalte an beide Parteien ausgesendet, Fragen gestellt und Aufträge erteilt. Im umfangreichen Ausmaß erfolgten entsprechende Beantwortungen und Vorlagen von Dokumenten. Im Zuge des am 9.12.2020 abgehaltenen ersten mündlichen Verhandlungstermins wurde mit den Vertretern beider Parteien […] die Sach- und Rechtlage erörtert und das weitere Prozessprogramm festgelegt. […]
Tz 9: Bedürfnisanstalten
Nach den Prüfungsfeststellungen betreibe die Beschwerdeführerin Bedürfnisanstalten, die teilweise entgeltlich und teilweise unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Die Einnahmen aus der Benutzung der Bedürfnisanstalten kämen jedoch nicht der Beschwerdeführerin selbst zu, sondern seien Einnahmen jenes Reinigungsunternehmens ("**H-GmbH**."), das im Jahr 2000 im Rahmen einer Ausschreibung die Betriebsführung Reinigung und Sanitärwartung der öffentlichen Bedürfnisanstalten in **X** übernommen habe. Die Beschwerdeführerin mache jedoch für die Aufwendungen, die iZm den Bedürfnisanstalten stehen, den vollen Vorsteuerabzug geltend.
Umsatzsteuerpflichtige Einnahmen im Ansatz Bedürfnisanstalten gebe es nur in geringer Höhe. Diese entstünden aufgrund eines Vertragsverhältnisses mit einem privaten Unternehmer, der für die Aufstellung von Kondomautomaten in einzelnen Bedürfnisanstalten ein Entgelt zu zahlen habe.
Aufgrund fehlender Einnahmen liege nach Beurteilung durch die belangte Behörde kein BgA vor, weshalb die nachfolgend angeführten Vorsteuerkürzungen vorgenommen wurden.
| Jahr | Vorsteuerkürzungen in EUR |
| 2005 | 553.098,05 |
| 2006 | 545.523,95 |
| 2007 | 516.347,53 |
| 2008 | 552.214,54 |
Von Seiten der Beschwerdeführerin wird im Wesentlichen entgegnet, dass die Einnahmen des Reinigungsunternehmens die Ausgaben der Beschwerdeführerin reduzieren und dies den Einnahmenbegriff des § 2 Abs 1 KStG erfülle, sodass ein BgA vorliege und damit eine Vorsteuerabzugsberechtigung gegeben sei.
Darüber hinaus erziele die Beschwerdeführerin durch den Vertrag mit dem Kondomautomatenaufsteller bereits genügend hohe Einnahmen, die schon einen BgA begründen würden."
Von Seiten des Bundesfinanzgerichts erfolgte im ersten Rechtsgang hinsichtlich des Beschwerdepunkts der Bedürfnisanstalten eine vollumfassende Stattgabe, der volle Vorsteuerabzug, der vom Reinigungsunternehmen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer wurde zugestanden. Letztlich ging das Bundesfinanzgericht - sofern nicht ohnedies bereits aufgrund des gegebenen Außenverhältnisses eine Zurechnung zur Beschwerdeführerin vorzunehmen war - von einer umsatzsteuerlichen Reihenleistung aus. Es unterstellte demnach, dass das Reinigungsunternehmen an die Beschwerdeführerin leistete und diese letztendlich an die Kunden der Bedürfnisanstalten. Die erbrachten Leistungen sowie als Gegenleistung auch die vereinnahmten Benutzungsentgelte waren somit der Beschwerdeführerin zuzurechnen und begründeten bei ihr einen BgA. Die damit vorliegende unternehmerische/wirtschaftliche Tätigkeit berechtige die Beschwerdeführerin nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht zum Abzug der vom Reinigungsunternehmen verrechneten Umsatzsteuerbeträge.
Zumal an einzelnen Standorten der Bedürfnisanstalten den Kunden ein Benutzungsentgelt verrechnet, an anderen Standorten die Benutzung der Bedürfnisanstalten jedoch kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, lag teils eine unentgeltliche Leistungserbringung vor. Das Bundesfinanzgericht beurteilte im ersten Rechtsgang dazu, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der Bedürfnisanstalten und dem entrichteten Benutzungsentgelt gegeben sei. Den durch die Einhebung der Benutzungsentgelte erreichten Deckungsgrad von zwischen 13,63% und 16,24% erachtete das Bundesfinanzgericht im Hinblick auf die entsprechende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als ausreichend für einen vollen (100%-igen) Vorsteuerabzug der Beschwerdeführerin.
Wie ausgeführt, wurde das BFG-Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben (VwGH 18.12.2024, Ro 2022/13/0006). In den Entscheidungsgründen führt der Verwaltungsgerichtshof ua aus:
"25 Das Bundesfinanzgericht gelangte mit umfangreicher Begründung zur Ansicht, die Mitbeteiligte betreibe die revisionsgegenständlichen Bedürfnisanstalten im eigenen Namen und ging insoweit vom Vorliegen der Unternehmereigenschaft aus. Das Bundesfinanzgericht ging in seiner Entscheidung des Weiteren davon aus, die Bedürfnisanstalten stellten als solche insgesamt eine einheitliche Tätigkeit dar, unabhängig davon, ob am konkreten Standort von den Kunden ein Benützungsentgelt zu leisten ist oder nicht.
26 Das revisionswerbende Finanzamt bestreitet in der Revision nicht (anders noch im Beschwerdeverfahren), dass der Betrieb der Bedürfnisanstalten durch die Mitbeteiligte dem Grunde nach als unternehmerische Betätigung im Sinne des UStG 1994 anzusehen ist. Es wendet sich im Ergebnis lediglich gegen den vom Bundesfinanzgericht angenommenen Umfang des damit einhergehenden Vorsteuerabzugs.
27 Nach § 12 Abs. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer unter anderem die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
28 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann. Das Recht auf Abzug der für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen entrichteten Mehrwertsteuer ist nur gegeben, wenn die hiefür getätigten Ausgaben zu den Kostenelementen der besteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören (vgl. etwa EuGH 4.10.2024, Voestalpine Giesserei Linz GmbH, C-475/23, mwN; vgl. auch VwGH 19.4.2023, Ra 2022/13/0085, mwN).
29 Das angefochtene Erkenntnis enthält - auch ausgehend von seiner Prämisse, wonach die Bedürfnisanstalten insgesamt einheitlich betrieben würden - keinerlei Feststellungen zur Frage, inwieweit ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den fraglichen Eingangsumsätzen im Zusammenhang mit den unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten und zu besteuernden Ausgangsumsätzen besteht.
30 Das Vorliegen unmittelbarer Leistungsentgelte für diese Bedürfnisanstalten hat das Bundesfinanzgericht - in der Revision unbestritten - verneint. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den eingehobenen Benützungsentgelten und den unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten ist aus der Aktenlage auch nicht erkennbar, zumal der Leistungsempfänger (Kunde) das Benützungsentgelt nur für die Benützung einer bestimmten Bedürfnisanstalt (an einem konkreten Standort) leistet, wohingegen durch die einmalige Zahlung des Benützungsentgelts nicht auch die Benützung sonstiger (kostenpflichtiger) Bedürfnisanstalten (an anderen Standorten) der Mitbeteiligten inkludiert ist.
31 Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und - als solche - Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen. Werden die von einem Steuerpflichtigen erworbenen Gegenstände oder Dienstleistungen dagegen für die Zwecke steuerbefreiter Umsätze oder solcher Umsätze verwendet, die nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden, so kann es weder zur Erhebung der Steuer auf der folgenden Stufe noch zum Abzug der Vorsteuer kommen (vgl. etwa EuGH 8.9.2022, Finanzamt R, C-98/21; vgl. erneut VwGH 19.4.2023, Ra 2022/13/0085, mwN).
32 Feststellungen, wonach die Aufwendungen im Zusammenhang mit den unentgeltlich betriebenen Bedürfnisanstalten zu den allgemeinen Aufwendungen der Mitbeteiligten gehörten und (als solche) Kostenelemente der von ihr erbrachten Dienstleistungen - nämlich der entgeltlichen Zurverfügungstellung von Bedürfnisanstalten an bestimmten Standorten - sind, können dem angefochtenen Erkenntnis ebenfalls nicht entnommen werden.
33 Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass wenn eine Körperschaft Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, die anteilig der Ausführung steuerpflichtiger Umsätze und mit einem weiteren Anteil deren nichtunternehmerischen (aber nicht unternehmensfremden) Zwecken dienen, ihr der Vorsteuerabzug jeweils mit jener Quote zusteht, die sich aus dem Verhältnis der Verwendung für steuerpflichtige Zwecke einerseits und für nichtunternehmerische Zwecke andererseits ergibt (vgl. EuGH 12.2.2009, VNLTO, C-515/07; vgl. VwGH 27.7.2016, 2013/13/0083; 27.2.2019, Ra 2017/15/0074; 21.3.2022, Ra 2019/15/0158, jeweils mwN).
34 Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben."
Im fortgesetzten Verfahren fand am 18.3.2025 vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung statt, bei der die Sach- und Rechtslage - insbesondere hinsichtlich der vom Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 18.12.2024, Ro 2022/13/0005 und Ro 2022/13/0006, getroffenen Aussagen - umfassend erörtert wurde.
I. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
1. Einleitende rechtliche Ausführungen zur Beschwerdeführerin
Beschwerdeführerin ist die Stadt **X**. In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist einleitend dazu auszuführen, dass sie als Körperschaft öffentlichen Rechts (KöR) gemäß § 2 Abs 3 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994) nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig ist und derart nur insoweit der Umsatzsteuer unterliegt.
Als BgA einer KöR gilt gemäß § 2 Abs 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG 1988) jede wirtschaftlich selbständige Einrichtung, die ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht zur Erzielung von Einnahmen oder im Falle des Fehlens der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr von anderen wirtschaftlichen Vorteilen und nicht der Land- und Forstwirtschaft dient. Die Absicht einen Gewinn zu erzielen ist dabei nicht gefordert.
Demgegenüber liegt gemäß § 2 Abs 5 KStG 1988 eine privatwirtschaftliche Tätigkeit nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient. Die derart benannten Hoheitsbetriebe umfassen im Wesentlichen die Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Aufgaben einer KöR und stellen grundsätzlich keinen BgA dar, sind somit vom unternehmerischen Bereich einer KöR abzugrenzen. Für umsatzsteuerliche Zwecke gelten jedoch gemäß § 2 Abs 3 UStG 1994 Wasserwerke, Schlachthöfe, Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften stets (fiktiv) als BgA.
Unternehmereigenschaft iSd UStG kommt gemäß § 2 Abs 3 UStG 1994 nur der Trägerkörperschaft zu. Unternehmer kann also nur die KöR als solche sein, die einzelnen BgA können als Teile des Unternehmens betrachtet werden. Folglich kann auch nur der KöR als solcher gemäß § 12 Abs 1 UStG 1994 die Berechtigung zum Vorsteuerabzug zukommen.
Im Umsatzsteuerrecht sind die unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten, insbesondere die Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie; MwStSyst-RL) bzw vor 2007 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977. Verfahrensgegenständlich sind die Jahre 2005 bis 2008 relevant, aus Vereinfachungsgründen finden sich im Folgenden grundsätzlich jedoch nur die jeweiligen Bestimmungen der MwStSyst-RL benannt.
In Art 2 Abs 1 MwStSyst-RL finden sich die der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätze angeführt, worunter (in beschwerdegegenständlich relevanter Hinsicht) gemäß Buchstabe c auch Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, fallen.
Nach Art 9 Abs 1 MwStSyst-RL gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Als wirtschaftliche Tätigkeit gelten dabei nach Unterabsatz 2 ua alle Tätigkeiten eines Dienstleistenden, insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.
Der Begriff der KöR wird vom Unionsrecht nicht ausdrücklich bezeichnet. KöR werden somit generell von den benannten Vorschriften des Art 9 bzw Art 2 MwStSyst-RL mitumfasst. Auch der Begriff des BgA ist dem Unionsrecht fremd (vgl dazu auch etwa VwGH 30.6.2015, 2011/15/0163; 27.7.2016, 2013/13/0083). In gebotener richtlinienkonformer Auslegung ist der nationale BgA-Begriff somit im Sinne des Erfordernisses auszulegen, dass von einer KöR eine wirtschaftliche Tätigkeit iSd Art 9 MwStSyst-RL erbracht wird, von ihr also (in beschwerdegegenständlich relevanter Hinsicht) insbesondere Gegenstände zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen genutzt werden und die jeweiligen Dienstleistungen der KöR (als Steuerpflichtige) gemäß Art 2 MwStSyst-RL gegen Entgelt erbracht werden.
Eine Dienstleistung gilt dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dann gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bilden muss (vgl etwa EuGH 3.3.1994, Tolsma, C-16/93; 5.6.1997, SDC, C-2/95; 26.6.2003, MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring, C-305/01; 29.10.2015, Saudacor, C-174/14; 12.5.2016, Gemeente Borsele, C-520/14). Als unerheblich erweist sich dabei, wenn der verlangte Preis über oder unter dem Selbstkostenpreis liegt. Entscheidend ist vielmehr ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen erbrachter Dienstleistung und Gegenleistung, die konkrete Höhe der jeweiligen Gegenleistung ist hingegen in der Regel nicht maßgeblich (EuGH 8.3.1988, Apple and Pear Development Council, 102/86; 20.1.2005, Hotel Scandic Gåsabäck, C-412/03; 12.5.2016, Gemeente Borsele, C-520/14).
Nach der spezielleren Vorschrift des Art 13 Abs 1 MwStSyst-RL gelten öffentliche Einrichtungen, wie ua auch Gemeinden, demgegenüber dann wiederum nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Eine derartige Ausübung liegt (nur) vor, wenn sie im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen tätig werden, also Tätigkeiten nicht unter den gleichen Bedingungen ausüben, wie private Wirtschaftsteilnehmer (vgl EuGH 16.9.2008, Isle of Wight, C-288/07; 4.6.2009, Salix, C-102/08). Führen öffentliche Einrichtungen derartige Tätigkeiten aus bzw bewirken sie solche Umsätze, gelten sie hinsichtlich dieser Tätigkeiten oder Umsätze hingegen dennoch als Steuerpflichtige, wenn eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde oder eine in Anhang I angeführte (beschwerdegegenständlich nicht relevante) Tätigkeit mit nicht unbedeutendem Tätigkeitsumfang vorliegt.
Daraus lässt sich ableiten, dass der dem Unionsrecht ebenso fremde Begriff des Hoheitsbetriebs richtlinienkonform somit derart aufzufassen ist, dass darunter von vornherein nur die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeübten Tätigkeiten zu subsumieren sind (wie etwa typischerweise die Polizei, Ämter, Schulen oder auch gewisse Einrichtungen der Daseinsvorsorge, wie etwa Friedhöfe, Anstalten zur Straßenreinigung, etc).
Art 168 MwStSyst-RL setzt für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug voraus, dass Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke der vom Steuerpflichtigen besteuerten Umsätze verwendet werden. Gefordert wird dafür ein entgeltlicher Umsatz, der, wie oben ausgeführt, bereits dann vorliegt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen erbrachter Dienstleistung und Gegenleistung vorliegt.
2. Zum Beschwerdepunkt Bedürfnisanstalten (Tz 9)
2.1 Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin verfügt über zahlreiche, quer über das Gemeindegebiet verteilte WC-Anlagen, sogenannte Bedürfnisanstalten. Die Zuständigkeit für die Bedürfnisanstalten war innerhalb der Verwaltungsorganisation der Beschwerdeführerin im Wesentlichen der Magistratsabteilung *** (***) zugeordnet.
Mit der laufenden "Betriebsführung und Reinigung" der WC-Anlagen beauftragte die Beschwerdeführerin ab dem Jahr 2000 die "**H-GmbH**." (in der Folge: Reinigungsunternehmen). Unter "Betriebsführung" wurde dabei im Wesentlichen (bloß) die laufende Reinigung, Wartung/Instandhaltung und, falls am konkreten Standort vorgesehen, die Einhebung des vorgeschriebenen Benutzungsentgelts verstanden.
Die Beauftragung beruhte auf einem zwischen der Beschwerdeführerin und dem Reinigungsunternehmen abgeschlossenen Werkvertrag, mit dem das Reinigungsunternehmen zunächst bis in das Jahr 2012 verpflichtet wurde. Der Vertrag wurde in der Folge verlängert, schließlich wieder neu ausgeschrieben und dabei wiederum dasselbe Reinigungsunternehmen beauftragt. Den Beauftragungen lag jeweils ein nach Maßgabe des Regimes des Bundesvergabegesetzes (BVergG) idgF europaweit ausgeschriebenes offenes Verfahren zu Grunde.
Die Gesellschaftsanteile der "**H-GmbH**." wurden von natürlichen Personen gehalten, die Beschwerdeführerin war daran weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt. Der Unternehmensgegenstand lautet: "Gebäudereinigung, Schneeräumung und Reinigung von Verkehrsflächen, Herstellung von Bodenmarkierungen auf Verkehrsflächen, Schädlingsbekämpfung, Betreuung von Gartenanlagen, Errichtung und Betrieb von Bedürfnisanstalten, Arbeitskräfteüberlassung, Beteiligung an und Geschäftsführung von anderen Unternehmen, Handel mit Waren aller Art."
Die Aufgaben des beauftragten Reinigungsunternehmens erschöpften sich im Wesentlichen in der an sämtlichen Standorten vorzunehmenden laufenden Reinigung und Wartung, worunter etwa die Vornahme einfacher Instandhaltungsarbeiten, wie beispielsweise das Auswechseln von Glühbirnen sowie das Nachfüllen/Nachbestücken mit Hygieneartikel zu verstehen ist. In den mit Wartungspersonal besetzten Standorten hatte das Reinigungsunternehmen darüber hinaus von den Kunden der Bedürfnisanstalten für die Kabinenbenutzung ein von der Beschwerdeführerin vorgeschriebenes Benutzungsentgelt einzuheben. Bei der Beauftragung des Reinigungsunternehmens handelte es sich um einen Gesamtauftrag, ohne Differenzierung, ob es sich im Einzelfall um einen Standort mit oder ohne Einhebung eines Benutzungsentgelts handelt.
Im Fall von auftretenden Schadensfällen (etwa mutwillige Beschädigungen, einfache Abnutzungen, etc) erfolgten vom Reinigungsunternehmen Meldungen an die Beschwerdeführerin. Letztere veranlasste daraufhin auf eigene Rechnung entsprechende Reparaturen.
Betreffend die Beschwerdeführerin ist auszuführen, dass sämtliche Anlagen von ihr errichtet wurden und in ihrem alleinigen Eigentum standen (bzw stehen). Nur die Beschwerdeführerin verfügt über das alleinige Recht auf Gebrauch, Veränderung, Belastung oder Veräußerung. Ende 2013 übertrug die Beschwerdeführerin einen größeren Teil der Standorte von der MA *** in die Zuständigkeit der **L**, das Beauftragungsvolumen des betreffenden Reinigungsunternehmens verringerte sich dadurch entsprechend.
Die Beschwerdeführerin blieb selbst für die Planung der Standorte, für Neuerrichtungen und Modernisierungen, für das Auflassen von Standorten, für den Abbruch von Kabinen, für laufende Instandhaltungsarbeiten (mit Ausnahme der einfachen, dem Reinigungsunternehmen überantworteten Arbeiten), sowie etwa auch für das Bereitstellen von aktuellen Übersichten für die allgemeine Öffentlichkeit zuständig. Insgesamt nahm die Beschwerdeführerin somit, mit Ausnahme jener ausdrücklichen Tätigkeiten, die vertraglich dem beauftragten Unternehmen übertragen wurden, sämtliche Aufgaben in Zusammenhang mit den Bedürfnisanstalten selbständig und durch eigene Bedienstete im Rahmen der eigenen Organisationsregelungen wahr.
Auch laufende Aufwendungen, wie etwa Strom, Gas, etc, wurden von der Beschwerdeführerin getragen und direkt von ihr an die jeweiligen Lieferanten entrichtet.
Die Beschwerdeführerin war auch Vertragspartnerin eines Kondomautomatenaufstellers und überließ an den unterschiedlichen Standorten Flächen an den Aufsteller zur Anbringung und Betreibung von Automaten. Sie vereinnahmte dafür im beschwerdegegenständlichen Zeitraum auf eigene Rechnung ein Entgelt von gesamt rund EUR 4.000,00 pro Jahr.
Schließlich verblieben auch die regelmäßigen Kontrollen sowie das Anordnen von Korrekturmaßnahmen im Zuständigkeitsbereich der Beschwerdeführerin bzw der zuständigen MA ***.
Im äußeren Erscheinungsbild der Bedürfnisanstalten war der Außenauftritt der Beschwerdeführerin klar erkennbar. Die einzelnen Anlagen sind im Wesentlichen gleich gebrandet. Vor Ort findet sich stets klar und gut sichtbar an mehreren Stellen "Öffentliches WC der Stadt **X**" angeführt. Zwar ist auf vereinzelten Aushängen auch das betreffende Reinigungsunternehmen erwähnt, im Verhältnis zur Benennung der Beschwerdeführerin jedoch in qualitativ und quantitativ deutlich untergeordneter Hinsicht. Allgemein lässt sich den Aushängen an den einzelnen Standorten entnehmen, dass es sich bei den Bedürfnisanstalten um Anlagen der Beschwerdeführerin handelt. Es ergibt sich hingegen nicht sofort, dass die Betriebsführung vom betreffenden Reinigungsunternehmen vorgenommen wird. Es ist davon auszugehen, dass der Außenauftritt/das Branding der Beschwerdeführerin von Kunden vor Ort sehr rasch wahrgenommen wird, hingegen der Außenauftritt des Reinigungsunternehmens kaum bemerkt wird.
Auf den offiziellen Websites der Beschwerdeführerin finden sich alle Standorte der Bedürfnisanstalten dargestellt (als "öffentliche WC-Anlagen" bezeichnet; vgl etwa ***; als Verantwortlicher für die Website findet sich angeführt "***"). Dabei ist auch ein Übersichtsplan für die einzelnen Standorte zu finden, bei dem jeweils angeführt ist, dass die Anstalten von der zuständigen Magistratsabteilung der Beschwerdeführerin verwaltet werden.
Sofern für die Kabinenbenutzung eine Benutzungsgebühr eingehoben wurde, erhielten die Kunden einen vorgedruckten Beleg, auf dem einerseits das Reinigungsunternehmen bezeichnet wird und sich andererseits auch der klare Hinweis "Im Auftrag der Stadt **X**" aufgedruckt findet.
Es ergibt sich daraus, dass primär die Beschwerdeführerin den Kunden gegenüber als Leistungserbringerin aufschien, die Kunden somit im Regelfall davon ausgingen, eine Leistung direkt von der Beschwerdeführerin empfangen zu haben.
Für die Benutzung der Bedürfnisanstalten war an jenen Standorten, an denen vor Ort Wartungspersonal eingesetzt ist, von den Kunden für die Kabinenbenutzung ein Benutzungsentgelt zu entrichten. An den übrigen Standorten war die Benutzung kostenfrei. Es wurde dabei von der MA *** vorgegeben, an welchen Standorten ein Benutzungsentgelt einzuheben war, bzw wurde auch die konkrete Höhe für die einzelnen Standorte vorgegeben.
Betreffend die Wettbewerbssituation bleibt darauf hinzuweisen, dass sich mittlerweile auch zahlreiche private (gewerbliche) Anbieter von WC-Anlagen am Markt befinden. Dies auch im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin.
Festzustellen ist, dass die Aufgabenwahrnehmung der Betreibung der Bedürfnisanstalten als solche bei der Beschwerdeführerin verblieb. Die Beschwerdeführerin wollte ihren Bürgern bzw der Öffentlichkeit Bedürfnisanstalten bereitstellen. Bloß mit der beschriebenen Betriebsführung und Reinigung wurde von der Beschwerdeführerin jeweils für bestimmte Zeiträume ein privates Reinigungsunternehmen beauftragt. Damit wurde lediglich die technische Durchführung teilweise an das Reinigungsunternehmen übertragen.
Die Beschwerdeführerin hat vom Reinigungsunternehmen Reinigungs- und Wartungs- und Instandhaltungsleistungen sowohl für die "entgeltlichen" Standorte als auch für die "unentgeltlichen" Standorte bezogen hat. Die von der Beschwerdeführerin für die Reinigungsleistungen entrichteten Honorare (einschließlich der einbehaltenen und verrechneten Benutzungsentgelte) können für gewisse Jahre (lediglich für die Jahre 2007, 2010 und 2014) unmittelbar den "entgeltlichen" sowie "unentgeltlichen" Standorten zugerechnet werden. Für die übrigen Jahre konnten von Seiten der Beschwerdeführerin konkret zuordenbare Zahlen betreffend die Zuordnung zu den "entgeltlichen" sowie "unentgeltlichen" Standorten nicht beigebracht werden.
Zusätzlich wurden von der Beschwerdeführerin (in geringerem Ausmaß) Honorare für andere Leistungen, im Wesentlichen für Instandhaltungsleistungen, entrichtet. Auch bei diesen Zahlen ist eine unmittelbare Zurechenbarkeit zu den "entgeltlichen" und "unentgeltlichen" Standorten nicht möglich.
Die bei den "entgeltlichen" Standorten einbehaltenen Benutzungsentgelte wurde von den Kunden der Bedürfnisanstalten direkt an das Reinigungsunternehmen entrichtet. Entsprechend den vertraglichen Regelungen behielt das Reinigungsunternehmen die Benutzungsentgelte als anteiligen Werklohn für die erbrachten Leistungen ein.
Als Werklohn für die Reinigungsleistungen kamen dem Reinigungsunternehmen derart einerseits die direkt vor Ort an einzelnen Standorten einbehaltenen Benutzungsentgelte zu und andererseits verrechnete das Reinigungsunternehmen der Beschwerdeführerin jährliche Honorare. Es erfolgte derart eine Verrechnung der einbehaltenen Benutzungsentgelten mit den Honorarforderungen des Reinigungsunternehmens, womit eine Verkürzung des Zahlungswegs vorlag. Die einbehaltenen Benutzungsentgelte waren somit klar der Beschwerdeführerin zuzurechnen.
Für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum ergeben sich sohin die nachfolgend dargestellten Einnahmen des Reinigungsunternehmens. Dargestellt finden sich die von der Beschwerdeführerin unmittelbar an das Reinigungsunternehmen entrichteten Beträge und die direkt vom Reinigungsunternehmen einbehaltenen Benutzungsentgelte (jeweils in EUR, netto).
| Jahr | Von der Beschwerdeführerin an das Reinigungsunternehmen entrichtete Nettohonorare betreffend Reinigung und Instandhaltung | Vom Reinigungsunternehmen einbehaltene Nettobenutzungsentgelte |
| 2005 | 2.765.490,25 | 319.880,42 |
| 2006 | 2.727.619,75 | 314.930,00 |
| 2007 | 2.581.737,65 | 375.515,83 |
| 2008 | 2.761.072,70 | 398.659,58 |
Für die Jahre 2007, 2010 und 2014 steht folgende Auswertung für die direkt den "entgeltlichen" Bedürfnisanstalten zuordenbaren Reinigungsausgaben der Beschwerdeführerin (vom Reinigungsunternehmen der Umsatzsteuer unterworfene und der Beschwerdeführerin für erbrachte Reinigungsleistungen verrechnete Entgelte), zur Verfügung (für die anderen beschwerdegegenständlichen Jahre, konnte eine solche Auswertung von Seiten der Beschwerdeführerin nicht beigebracht werden). Alle Beträge jeweils in EUR:
| Jahr | An die Beschwerdeführerin für Reinigungsleistungen verrechnete Entgelte gesamt | davon verrechnete Entgelte für Bedürfnisanstalten mit Personal | prozentueller Anteil verrechnete Entgelte für Bedürfnisanstalten mit Personal |
| 2007 | 1.873.347,33 | 1.192.338,01 | 63,65% |
| 2010 | 2.400.480,11 | 1.204.897,04 | 50,19% |
| 2014 | 1.831.139,67 | 893.136,97 | 48,77% |
Neben den dargestellten direkt zuordenbaren Entgelten für Reinigungsleistungen liegen noch weitere der Umsatzsteuer unterworfene und der Beschwerdeführerin verrechnete Entgelte insbesondere für Instandhaltungsleistungen vor. Diese können jedoch in keinem Jahr unmittelbar den "entgeltlichen" und "unentgeltlichen" Bedürfnisanstalten zugerechnet werden. Bei Ansatz des oben ausgewiesenen prozentuellen Anteils der bei Reinigungsleistungen verrechneten Entgelte für Bedürfnisanstalten mit Personal ergeben sich hinsichtlich der Entgelte für Instandhaltungsleistungen (bei Anwendung des ungerundeten Prozentsatzes) folgende Werte (jeweils in EUR):
| Jahr | An die Beschwerdeführerin für Instandhaltungsleistungen verrechnete Entgelte gesamt | prozentueller Anteil verrechnete Entgelte für Bedürfnisanstalten mit Personal | anteilige Instandhaltungs-entgelte für Bedürfnisanstalten mit Personal |
| 2007 | 708.390,32 | 63,65% | 450.872,45 |
| 2010 | 827.547,14 | 50,19% | 415.379,03 |
| 2014 | 518.219,03 | 48,77% | 252.760,94 |
Für die Jahre 2007, 2010 und 2014 lassen sich daraus folgende der Umsatzsteuer unterworfene und der Beschwerdeführerin verrechnete Entgelte für Reinigungs- und Instandhaltungsleistungen, die den "entgeltlichen" Bedürfnisanstalten zuzurechnen sind, ermitteln (jeweils in EUR):
| Jahr | Direkt zurechenbare Reinigungs-Entgelte für Bedürfnisanstalten mit Personal | Anteilig zurechenbare Instandhaltungs-Entgelte für Bedürfnisanstalten mit Persona l | Gesamte den Bedürfnis anstalten mit Personal zurechenbare Entgelte |
| 2007 | 1.192.338,01 | 450.872,45 | 1.643.210,45 |
| 2010 | 1.204.897,04 | 415.379,03 | 1.620.276,07 |
| 2014 | 893.136,97 | 252.760,94 | 1.145.897,91 |
Anders als für die oben dargestellten drei Jahre, liegen für die übrigen Jahre von 2005 bis 2014 keine detaillierten Auswertungen vor. Die konkreten Zahlen können auch nicht auf einfachem Wege (weder von den Verfahrensparteien noch vom Gericht) im Detail ermittelt werden. Vorliegend sind jedoch die von der Beschwerdeführerin gesamt entrichteten Entgelte, die die gesamten an die Beschwerdeführerin für Reinigungsleistungen als auch für Instandhaltungsleistungen verrechneten Entgelte, betreffend die "entgeltlichen" und auch die "unentgeltlichen" Standorte umfassen. Im Wege einer Verhältnisrechnung können im Schätzungswege jene Entgelte für Reinigungs- und Instandhaltungsleistungen, die den "entgeltlichen" Bedürfnisanstalten zuzurechnen sind, - für die vorliegend beschwerdegegenständlichen Jahre - wie folgt dargestellt werden (einschließlich der tatsächlich vorliegenden Zahlen für das Jahr 2007; jeweils in EUR):
| Jahr | Entgelte für Reinigungs- und Instandhaltungsleistungen, die den "entgeltlichen" Bedürfnisanstalten zuzurechnen |
| 2005 | 1.499.046,77 |
| 2006 | 1.478.518,89 |
| 2007 | 1.643.210,45 |
| 2008 | 1.496.652,22 |
2.2 Beweiswürdigung
Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich im Allgemeinen aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, aus den im Rahmen der abgehaltenen mündlichen Verhandlung vorgenommenen Befragungen sowie aus dem offenen Firmenbuch.
Insbesondere wurde von Seiten des Gerichts die Vorlage diverser Urkunden abverlangt, wie etwa Angebote und Verträge, sowie die Bekanntgabe konkreter Daten aus dem Rechnungswesen des Reinigungsunternehmens. Unter anderem wurde der Geschäftsführer des Reinigungsunternehmens vom Gericht auch aufgefordert, entsprechende Daten zur Aufteilung zwischen den entgeltlichen und unentgeltlichen Standorten der Bedürfnisanstalten bekannt zu geben.
In freier Beweiswürdigung traf das Bundesfinanzgericht die Feststellung, dass im äußeren Erscheinungsbild klar der Außenauftritt der Beschwerdeführerin erkennbar ist, bzw Kunden davon ausgehen, eine Leistung der Beschwerdeführerin zu erhalten. Diese Feststellungen basieren nicht nur auf den vorgelegten Dokumenten, durchgeführten Internet-Recherchen und vorgenommenen Befragungen, sondern auch auf durchgeführten Besichtigungen an Ort und Stelle an mehreren Standorten der Bedürfnisanstalten.
Die Feststellung, dass die vom Reinigungsunternehmen einbehaltenen Benutzungsentgelte mit den vom Reinigungsunternehmen an die Beschwerdeführerin zu verrechnenden Honoraren verrechnet wurden, gründet sich auf von der Beschwerdeführerin beigebrachten Vereinbarungen bzw Kalkulationen, aus denen sich die Verrechnung klar ergibt. Letztlich wurde die vorgenommene Verrechnung von Seiten der belangten Behörde auch nicht mehr in Zweifel gezogen.
Die Darstellung der von der Beschwerdeführerin an das Reinigungsunternehmen entrichteten Nettohonorare für Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten beruht auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Zahlen. Selbiges gilt für die für die Jahre 2007, 2010 und 2014 dargestellten Beträge, wobei diesbezüglich von Seiten der belangten Behörde geringfügige Anpassungen vorgenommen wurden.
Für die übrigen Jahre konnten die exakten Beträge von Seiten der Beschwerdeführerin nicht ermittelt werden bzw hätten die Beträge nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand dargestellt werden können. In Absprache mit beiden Parteien erfolgte daher eine Ermittlung durch das Bundesfinanzgericht im Schätzungswege.
2.3 Rechtliche Beurteilung
Ursprünglich erwies sich als strittig, ob der Beschwerdeführerin hinsichtlich der vom Reinigungsunternehmen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer bereits grundsätzlich der Vorsteuerabzug zusteht. Nach Auffassung der belangten Behörde stellten die Bedürfnisanstalten bereits mangels unmittelbar erzielter Einnahmen keinen BgA dar, weshalb generell keine Vorsteuerabzugsberechtigung gegeben sei.
Bereits im ersten Rechtsgang erkannte das Bundesfinanzgericht jedoch, dass die Benutzungsentgelte im Sinne einer umsatzsteuerlichen Reihenleistung der Beschwerdeführerin zuzurechnen sind. Zu unterstellen ist damit, dass das das Reinigungsunternehmen an die Beschwerdeführerin leistete und diese letztendlich an die Kunden der Bedürfnisanstalten. Auf Ebene der Beschwerdeführerin wird damit ein umsatzsteuerlicher BgA begründet, der die grundsätzliche Möglichkeit des Vorsteuerabzugs eröffnet.
Diese Zurechnung der Benutzungsentgelte an die Beschwerdeführerin hat zunächst zur Folge, dass die Benutzungsentgelte bei der Beschwerdeführerin der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind (siehe dazu im Detail weiter unten). Dies gründet sich ua auch darauf, dass die Beschwerdeführerin die Zurechnung der Entgelte/Einnahmen auch dafür benötigt, um überhaupt einen BgA begründen zu können und damit einen Vorsteuerabzug zu generieren.
Die vom Bundesfinanzgericht im ersten Rechtsgang weiter getroffene Beurteilung, dass die Bedürfnisanstalten als solche insgesamt eine einheitliche Tätigkeit darstellen, unabhängig davon, ob am konkreten Standort von den Kunden ein Benützungsentgelt zu leisten ist oder nicht, weshalb der volle (und nicht nur anteilsmäßige) Vorsteuerabzug zustehe, wurde vom Verwaltungsgerichtshof im aufhebenden Erkenntnis nicht geteilt (VwGH 18.12.2024, Ro 2022/13/0006).
Im nunmehr fortgesetzten Verfahren traf das Bundesfinanzgericht die obigen Feststellungen zur Zuordnung der jeweiligen Entgelte zu den ("entgeltlichen") Bedürfnisanstalten, bei denen ein Benutzungsentgelt eingehoben wurde und zu jenen ("unentgeltlichen"), deren Benutzung ohne Entgelt möglich war. Den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofs folgend steht der Beschwerdeführerin der Vorsteuerabzug - zumal kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den eingehobenen Benutzungsentgelten und den "unentgeltlichen" Standorten vorlag und die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen nicht zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehörten - mit jener Quote zu, die sich aus dem Verhältnis der Verwendung für steuerpflichtige Zwecke einerseits und für nichtunternehmerische Zwecke andererseits ergibt (vgl EuGH 12.2.2009, VNLTO, C-515/07; vgl. VwGH 27.7.2016, 2013/13/0083; 27.2.2019, Ra 2017/15/0074; 21.3.2022, Ra 2019/15/0158, jeweils mwN; 18.12.2024, Ro 2022/13/0006).
Diesen Ausführungen und den obigen Sachverhaltsfeststellungen entsprechend ergeben sich für die beschwerdegegenständlichen Jahre die nachfolgend dargestellten Entgelte, aus denen der Beschwerdeführerin der Vorsteuerabzug zusteht (jeweils in EUR):
| Jahr | Entgelte für Reinigungs- und Instandhaltungsleistungen, die den "entgeltlichen" Bedürfnisanstalten zuzurechnen sind | Zustehender Vorsteuerabzug |
| 2005 | 1.499.046,77 | 299.809,35 |
| 2006 | 1.478.518,89 | 295.703,78 |
| 2007 | 1.643.210,45 | 328.642,09 |
| 2008 | 1.496.652,22 | 299.330,44 |
Entsprechend den obigen Ausführungen sind die vom Reinigungsunternehmen einbehaltenen Nettobenutzungsentgelte der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Auf Ebene der Beschwerdeführerin sind sie nach § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 als erbrachte sonstige Leistungen eines Unternehmers gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens der Umsatzsteuer nach dem Normalsteuersatz nach § 10 Abs 1 UStG 1994 zu unterwerfen (jeweils in EUR):
| Jahr | Der Beschwerdeführerin zuzurechnende Benutzungsentgelte (netto) | Festzusetzende Umsatzsteuer |
| 2005 | 319.880,42 | 63.976,08 |
| 2006 | 314.930,00 | 62.986,00 |
| 2007 | 375.515,83 | 75.103,17 |
| 2008 | 398.659,58 | 79.731,92 |
3. Zur eingewandten Verjährung und zu den übrigen Beschwerdepunkten
Zur eingewandten Verjährung und zu den übrigen Beschwerdepunkten
[...]
wird auf die Entscheidungsgründe des im ersten Rechtsgang erlassenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom 31.8.2021, RV/7103059/2017, verwiesen.
4. Zusammenfassende Darstellung der vorgenommenen Abänderungen
Entsprechend der vorstehenden Ausführungen werden von Seiten des Bundesfinanzgerichts gemäß § 279 BAO folgende Bescheidabänderungen vorgenommen:
4.1 Verjährung Verbindungsbüros - ***NameBüro***
| Jahr | Erhöhung Vorsteuerabzug um EUR |
| 2005 | 210.773,44 |
4.2 Bedürfnisanstalten
| Jahr | Festsetzung Umsatzsteuer in EUR |
| 2005 | 63.976,08 |
| 2006 | 62.986,00 |
| 2007 | 75.103,17 |
| 2008 | 79.731,92 |
| Jahr | Erhöhung Vorsteuerabzug um EUR |
| 2005 | 299.809,35 |
| 2006 | 295.703,78 |
| 2007 | 328.642,09 |
| 2008 | 299.330,44 |
4.3 Anschaffung Kehrmaschinen
| Jahr | Verringerung Eigenverbrauch in EUR |
| 2005 | 23.944,58 |
| 2006 | 30.318,54 |
| 2007 | 30.664,14 |
| 2008 | 30.672,00 |
| Jahr | Negative VSt-Berichtigungen in EUR |
| 2005 | 12.781,15 |
| 2006 | 12.781,15 |
| 2007 | 12.781,15 |
| 2008 | 15.837,56 |
II. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Vorliegende Rechtsfragen wurden durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt (vgl VwGH 18.12.2024, Ro 2022/13/0006). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher nicht zuzulassen.
Wien, am 27. August 2025
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