Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 30. Oktober 2024 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 9. Oktober 2024 betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Veranlagung zur Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Eine Veranlagung zur Einkommensteuer 2017 unterbleibt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
I. Sachverhalt/Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (Bf) hat im Jahr 2017 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus einem Werkvertrag in Höhe von ***14*** erzielt. Eine Abgabenerklärung für das Jahr 2017 wurde weder anhand amtlicher Vordrucke noch elektronisch eingereicht. Das Finanzamt hat die Bf auch nicht zur Abgabe einer Steuererklärung für das Jahr 2017 aufgefordert.
2. Am 27.08.2024 hat die Bf nachstehendes Schreiben persönlich beim ***FA*** eingereicht.
"Sehr geehrte Damen und Herren,
ich gebe nun meine Unterlagen für die Veranlagung der Vorjahre 2017-22 persönlich ab. Eigentlich sollten meine Unterlagen bereits bei Ihnen sein - siehe Schriftverkehr".
Weiters wurde beantragt, Ausgaben wie ***11***, Kilometergelder für Werkverträge beim ***10***, Ratenzahlungen für die Wohnung, etc. zu berücksichtigen. Dem angeführten Schreiben wurden diverse Belege angeschlossen. Für das Jahr 2017 wurden eine Zahlungsbestätigung vom 04.12.2023 für ***11*** per ***12*** in Höhe von € ***1*** sowie Arztrechnungen übermittelt.
3. Das angeführte Schreiben wurde von der Abgabenbehörde (zunächst) als Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer 2017 gewertet und mit Bescheid vom 09.10.2024 zurückgewiesen. Dies deshalb, weil der Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist (von fünf Jahren) eingebracht worden sei.
4. Gegen den genannten Bescheid wurde mit Eingabe vom 30.10.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, wie mehrfach mitgeteilt, sei der Bf bezüglich der Einkommensteuer ein Fehler passiert, geschuldet einer falschen Auskunft ihres (damaligen) Steuerberaters. Aus diesem Grund seien auch die Eingaben für die Jahre 2017-2021 nicht korrekt gewesen. Da die Bf keine Angaben gemacht habe, seien die Bemessungsgrundlagen der Jahre 2018-2020 geschätzt worden. Im Jahr 2022 seien alle Dokumente aus den Jahren 2017-2021 nachgereicht worden. Es sei zu Neuberechnungen der Abgaben der Jahre 2018-2020 durch die Abgabenbehörde gekommen. Die Bf habe dem Finanzamt seit dem Jahr 2022 dreimal die Unterlagen der Jahre 2017-2022 übermittelt, zuletzt persönlich im August 2024. Aus diesem Grund sei auch die Fünfjahresfrist gewahrt.
5. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 20.11.2024 wurde ausgeführt, im Beschwerdefall sei für das Jahr 2017 der Tatbestand des § 41 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 wegen des Bezugs anderer Einkünfte von über € 730,00 erfüllt (Pflichtveranlagung). Das der Abgabenbehörde zukommende Recht bzw. die sie treffende Pflicht, eine Abgabe festzusetzen, sei allerdings durch die Verjährung befristet. Das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer 2017 habe mit Ablauf des Kalenderjahres 2022 geendet, weshalb die Beschwerde abzuweisen gewesen sei.
6. Im rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht vom 12.12.2024 wurde vorgebracht, die Bf habe bereits im Juni 2022 für die Jahre 2017-2020 einen Einspruch gemacht und alle Unterlagen nachgereicht. Nach einem Telefonat im Jahr 2022 seien neuerlich alle Unterlagen für die Jahre 2017-2020 abgegeben worden. Für die Jahre 2018, 2019 und 2020 seien sodann im Oktober/November 2022 neue Sachentscheidungen getroffen worden. Das Jahr 2017 sei jedoch ignoriert worden, obwohl die Unterlagen zeitgleich eingereicht worden seien.
7. Im Vorlagebericht der Abgabenbehörde vom 17.07.2025 wurde nochmals dargelegt, dass die Unterlagen (Belege) für das Jahr 2017 erstmals im Jahr 2024 bei der Abgabenbehörde eingereicht worden seien. Dies sei außerhalb der gesetzlichen Frist (31.12.2022) erfolgt, weshalb der Antrag als verspätet eingestuft und gemäß § 207 BAO zurückgewiesen worden sei. Den Rechtsmitteln gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2018-2020 seien keine Unterlagen für das Jahr 2017 beigelegt worden.
8. Die Belege für das Jahr 2017 (Bestätigung ***11*** vom 04.12.2023 und Arztrechnungen) wurden der Abgabenbehörde im Jahr 2024 übermittelt. Ein Schreiben mit dem Betreff "***15***" vom 28.06.2022 ist nicht bei der Abgabenbehörde eingelangt.
II. Beweiswürdigung:
1. Die Bf ist jeglichen Nachweis dafür schuldig geblieben, dass sie im Jahr 2022 Belege für das Jahr 2017 der Abgabenbehörde übermittelt hat. Von der Bf wurde im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht (zunächst) vorgebracht, die Unterlagen des Jahres 2017 seien der Abgabenbehörde am 28.06.2022 und am 20.10.2022 mittels Einschreiben übersendet worden.
Das Schreiben vom 20.10.2022, das beim Finanzamt am 25.10.2022 eingelangt ist, wurde als Einspruch zu Einkommensteuerbescheid 2018 und 2020 sowie Vorauszahlungsbescheid 2022 bezeichnet. Die mit diesem Schreiben übermittelten Dokumente wurden wie folgt aufgelistet: Zwei Schreiben vom Juni 2022 (abgegeben in einem Umschlag), Auszug ***3***, § 109a-Meldung ***4***, Versicherungsdatenauszug (***5***/***6***), Arztrechnungen der Jahre 2018-aktuell, Finanzamtsbestätigungen der Unfallversicherung aus den Jahren 2018-2020 und Kreditraten aus den Jahren 2018-2021. Belege/Dokumente aus dem Jahr 2017 finden in diesem Schriftstück keine Erwähnung. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass mit der Eingabe vom 20.10.2022 keine derartigen Belege vorgelegt worden sind. Auch hat die Bf über Vorhalt des Verwaltungsgerichtes in diesem Zusammenhang nur dargelegt, der angeführte Einspruch sei mit Hilfe des Konsumentenschutzes und des Beraters erfolgt. Es sei bedauerlich, wenn dieser falsch gemacht worden sei. Dieses Vorbringen ist weder verständlich noch enthält es irgendein relevantes Sachverhaltssubstrat.
2. Was die Einsprüche vom 28.06.2022 (Einspruch zu Einkommensteuerbescheid 2020 sowie Vorauszahlungsbescheid 2022 und Einspruch zu Einkommensteuerbescheid 2018 sowie zu Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2018) anbelangt, ist festzuhalten, dass darin ein Übermitteln nachstehender Unterlagen vermerkt wurde: 2018: Lohnzettel, Dienstreise 2018, § 109a-Meldung ***4***, Arztabrechnungen, Studium - Zahlungen und Beträge, Kreditraten; 2019: Lohnzettel, § 109a-Meldung ***4***, Arztabrechnungen sowie Bestätigungen über die ***7***/***5*** und Kreditraten. Hinweise auf das Übermitteln von Belegen aus dem Jahr 2017 ergeben sich aus diesen Einsprüchen nicht. Anzumerken ist, dass die dem Verwaltungsgericht vorgelegten Einsprüche den Eingangsstempel des Finanzamtes vom 25.10.2022 aufweisen.
3. Bei den Unterlagen des Jahres 2017 hat es sich neben diversen Arztrechnungen um eine Bestätigung datiert mit 04.12.2023 über einen Betrag von ***1*** gehandelt (***11*** für den ***13*** "***8***" der ***9***). Eine postalische Übermittlung einer offenkundig erst im Jahr 2023 ausgestellten Bestätigung an das Finanzamt im Jahr 2022 bzw. ein Einwurf eines derartigen Dokumentes in den Postkasten der Abgabenbehörde am 20.10.2022 und 04.06.2023 ist weder durchführbar noch denkmöglich. Das Verwaltungsgericht hält daher auch das Vorbringen in der Eingabe vom 28.08.2025, wonach die Unterlagen aller Jahre (sohin auch die Bestätigung ***11*** 2017 und Arztrechnungen 2017) am 20.10.2022 und am 04.06.2023 in den Postkasten des Finanzamtes eingeworfen worden seien, für nicht glaubhaft. Dass Unterlagen bei der Finanzverwaltung mehrmals (viermal) eingelangt und in Verstoß geraten sein sollen, ist weder feststellbar noch glaubwürdig noch gängige Praxis in der Finanzverwaltung. Gleiches gilt für ein bewusstes "Nichtbearbeiten gewisser Jahre", wie die Bf in der Eingabe vom 28.08.2025 zum Ausdruck gebracht hat.
4. Im Vorlageantrag vom 12.12.2024 wurde (auch) behauptet, dass die Bf im Juni 2022 für die Jahre 2017-2020 einen Einspruch gemacht und alle Unterlagen vorgelegt habe. Dieses Vorbringen ist nicht verständlich; ist doch im Jahr 2022 kein Einkommensteuerbescheid 2017 ergangen. In der Vorhaltsbeantwortung vom 28.08.2025 wurde hiezu erklärend ausgeführt, nach dem Erhalt von Einkommensteuerbescheiden und Vorauszahlungsbescheiden im Juni 2022 habe die Bf das Finanzamt ***2*** telefonisch kontaktiert. Von der Sachbearbeiterin sei ihr mitgeteilt worden, dass für die Jahre 2017 und 2021 keine Einkommensteuererklärungen abgegeben worden seien. Dies könne im Zuge der Beeinspruchung der anderen Jahre nachgeholt und mittels eines Infoschreibens mitgeteilt werden. Die Bf habe sodann alle Unterlagen aus den Jahren 2017-2021 kopiert sowie die weiteren Schreiben übermittelt. Diese Ausführungen hält das Bundesfinanzgericht für unglaubwürdig; enthalten doch - wie bereits dargelegt- weder die Einsprüche vom 28.06.2022 noch der Einspruch vom 20.10.2022 Hinweise auf eine Urkundenvorlage 2017. Ebenso wenig wird in den genannten Eingaben auf ein Telefonat mit der Abgabenbehörde hingewiesen. Gleiches gilt für den Verweis auf ein Infoschreiben. Die bloße Bekanntgabe einer Telefonnummer durch die Bf stellt keinen Nachweis dafür dar, dass sie von der Abgabenbehörde zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 aufgefordert worden ist.
5. In der Eingabe vom 28.08.2025 wurde (erstmals) behauptet, die Bf habe ein Schreiben mit dem Betreff "***15***" datiert mit 28.06.2022 versendet. Das genannte Schriftstück wurde dem Bundesfinanzgericht in Kopie nicht übermittelt und fand im erstinstanzlichen Verfahren (Beschwerde vom 30.10.2024 und Vorlageantrag vom 12.12.2024) keine Erwähnung. In der Beschwerde vom 30.10.2024 wurde ausgeführt, dass seit dem Jahr 2020 insgesamt dreimal die Unterlagen aus den Jahren 2017-2022 abgegeben worden seien, zuletzt (persönlich) im August 2022.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde dargelegt, dass die Unterlagen aller Jahre am 28.06.2022 und am 20.10.2022 per Einschreiben übermittelt worden seien. Darüber hinaus sollen die Unterlagen auch am 20.10.2022 und am 04.06.2023 in den Postkasten der Abgabenbehörde eingeworfen worden sein. Ebenso sei eine persönliche Abgabe aller Unterlagen im August 2024 erfolgt. Allein mit diesem Vorbringen hat die Bf weder das Einlangen eines Schreibens mit dem Betreff "***15***" noch das Einlangen von Unterlagen des Jahres 2017 bei der Abgabenbehörde in den Jahren 2022 und 2023 nachgewiesen. Auf Punkt II.3 dieses Erkenntnisses verwiesen.
III. Rechtslage und Erwägung:
1. Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 vorliegen.
Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG zu veranlagen, wenn1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7 oder 8 EStG 1988 zugeflossen sind,[ … ].
Liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 EStG nicht vor, hat das Finanzamt gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt wird (Antragsveranlagung).
2. Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich fünf Jahre (§ 209 Abs. 1 BAO). Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 BAO).
Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Für die zu veranlagende Einkommensteuer entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird (§ 4 Abs. 2 BAO).
Ein Übermitteln von Belegen des Jahres 2017 hat die Bf nicht nachgewiesen. Im Streitfall ist daher vom Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes auszugehen; hat doch die Bf neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von € ***14*** erzielt. Dass die Bf von der Abgabenbehörde zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2017 aufgefordert worden ist, hat das Beweisverfahren nicht ergeben. Die Verjährungsfrist für die zu veranlagende Einkommensteuer 2017 beträgt fünf Jahre. Das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2017 endete somit mit Ablauf des Kalenderjahres 2022. Eine Veranlagung zur Einkommensteuer hatte daher zu unterbleiben.
IV. Zulässigkeit einer Revision:
Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt, und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch das Gesetz ausreichend beantwortet sind.
Innsbruck, am 24. September 2025
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